13.10., Dienstag: Kernot Range Rest Area - Early-Birds

Der erste Wecker klingelt pünktlich um 4 Uhr morgens. Am besten gar nicht erst auf die Schlummertaste drücken. Tatsächlich werden wir recht schnell wach, nachdem wir uns aus dem Bett gezwungen haben. Das Zelt ist in Rekordzeit verpackt. Abfahrt. 
Etwas überraschend sind wir sogar zu früh. An der Schranke vor dem Park müssen wir daher noch zehn Minuten warten, bevor uns der Einlass gewährt wird. Die Mitarbeiterin im Kassenhaus scheint ebenfalls ein wenig überrascht, dass kein weiteres Auto mit ansteht. “Looks like you're the early birds”, ruft sie uns mit einem breiten Lächeln aus dem Glaskasten zu, in dem sie sitzt. Dann öffnet sie die Schranke und wir setzen unsere Fahrt zum “Uluru” fort. Unterwegs bemerkt Sarah, dass wir in diesem Moment offensichtlich die einzigen Touristen im Nationalpark sind. Wahrscheinlich hat mittlerweile bereits ein weiteres Fahrzeug die Schranke passiert, doch für einen kurzen Moment lassen wir diesen Gedanken wirken. Das können nämlich auch nicht viele Leute behaupten. Es ist noch immer komplett dunkel. Doch wir erahnen die Außmaße des Parks trotzdessen und wir kennen die grobe Richtung, in die der “Uluru” einsam auf die Sonne wartet. Wir sind unterwegs ihm Gesellschaft zu leisten. Für einen kurzen Moment fühlen wir uns wie die einzigen Menschen auf der Welt. Alles was vor uns liegt haben wir für uns allein. Ein erhebendes Gefühl. 
Auf dem Parkplatz der “Sunrise Viewing-Area” angelangt, müssen wir zwei mal den etwas verspielten Lageplan begutachten, um herauszufinden, welcher der etlichen Wege uns zur Aussichtsplattform führt. Nachdem wir uns für einen Weg entschieden haben, fahren zwei weitere Autos auf den Parkplatz. Auf der Plattform werden wir jedoch zunächst alleine sein. Genug Zeit also uns den besten Platz zu suchen und unsere Kameras in Position zu bringen. 
Die GoPro kann Cecil unproblematisch mit Hilfe des flexibelen Dreibeins auf dem Geländer befestigen, welches die Plattform umringt. Sarah probiert derweil etwas mit ihrer Kamera herum. Anstatt auf die Automatik zu bauen, versucht sie sich an den manuellen Einstellungen. Der noch sehr präsente Mond, bietet ein gutes Versuchsobjekt. Währenddessen schaffen es die ersten Lichtstrahlen über den Horizont. Auf der GoPro wirkt alles noch schwarz wie die Nacht. Die Bilder, die Sarah mit ihrer Kamera aufnimmt, wirken dagegen bereits taghell. Verrückte Technik! 
Allmählich beginnt sich die Plattform zu füllen. In unserer Ecke am Geländer bleiben wir jedoch weitestgehend ungestört. Der “Uluru” ist nun deutlich zu erkennen. Im blassen Licht der Dämmerung kann er allerdings noch nicht sein volles Potential entfalten. Doch sobald die ersten Sonnenstrahlen auf den Stein treffen, beginnt die farbenfrohe Show. Von einem leichten Orange wechselt der Farbton gegen Ende in ein glühendes Rot. Im Hintergrund wechselt der Himmel ebenfalls seine Farbe. Erst blass und weißlich, schafft er schon bald einen herrlichen Kontrast. Am Ende ist es ein perfektes Azur-Blau, während der “Uluru” feuerrot leuchtet. Gebannt bewundern wir dieses Naturschauspiel. 
 




 
Gegen halb 7 scheint sich die Szenerie nicht mehr bemerkenswert zu verändern. Wir bauen ab und verlassen die Aussichtsplattform. Kurz schlendern wir noch durch die parkähnliche Anlage, doch den besten Blick hatte man definitiv von der Plattform. Gut, dass wir so zeitig dort waren und einen der besten Plätze belegen konnten.
Auf dem Rückweg zu Koby bemerken wir, wie hungrig wir sind. Ursprünglich war geplant noch vor Sonnenaufgang einen Apfel zu essen. Das haben wir irgendwie verpeilt. Es hätte aber auch nicht viel genützt. Der Hunger ist so groß, ein kleiner Apfel hätte da auch keinen Unterschied gemacht. Wir machen uns auf den Weg zum Parkplatz am “Uluru”. Bevor wir diesen zu Fuß umrunden, wollen wir dort frühstücken. 
Vor Ort sehen wir uns heftigem Wind gegenüber. Wir sind frustriert, fast schon verzweifelt. Der Hunger ist riesig, aber bei diesen Böen ist es absolut hoffnungslos etwas auf unserem Gaskocher zuzubereiten oder Nahrung auf den Plastiktellern zu behalten. Für den Moment bleibt uns nichts anderes übrig als uns mit einem Müsli-Riegel zufrieden zu geben. Das Magenknurren sollte damit zumindestens für einen kurzen Moment aufhören. Vielleicht lässt uns die Wanderung um den “Uluru” ein wenig unseren Hunger vergessen. Wir starten ohne Frühstück auf den 10,5 km langen Pfad. 
 
2018 sind wir diesen Weg gejoggt. Gemeinsam mit unserem Tour-Guide, für den das Tradition war. Wir erkennen daher Vieles wieder, doch heute haben wir die Zeit alles zugenießen. Und natürlich ausgiebig Fotos und Videos aufzunehmen. Bei unserem Lauf hatte Sarah lediglich ihr Handy dabei. Besonders gute Motive bieten eine riesige Höhle, die in ihrer Erscheinung an das Maul eines Haifischs erinnert, und eine von der Erosion freigelegte Fläche, die stark einer Röntgenaufnahme des menschlichen Gehirns ähnelt. 
Ungefähr auf halber Strecke beginnen unsere Beine zu protestieren. Wir sind wirklich froh, als wir nach einer leichten Biegung Koby auf dem Parkplatz erspähen können. Gute 2:20 Stunden haben wir heute für die Umrundung des gigantischen Steins benötigt. Bevor es zur “Sunset View-Area” geht, wo es hoffentlich weniger windet und wir endlich frühstücken können, geht es nur nochmal schnell auf die Toilette. Zu unserer Freude ist diese 260 m vom Parkplatz entfernt gebaut worden. Das heißt wieder mehr als einen halben Kilometer laufen. Langsam könnten wir mal eine Pause gebrauchen. 
 






 
Kurze Zeit später erreichen wir den Parkplatz, von dem wir gestern den Sonnenuntergang beobachtet haben. Auch hier windet es stark, doch Rührei und Toast gelingen uns im Windschatten von Koby. Von dort aus haben wir leider keinen Blick auf den “Uluru”, aber diesen Kompromiss gehen wir ein. Direkt nach dem Abwasch ziehen wir um und genießen von da an die Aussicht. 
Nach ein paar Minuten absoluter Ruhe und Zufriedenheit nach dem Frühstück, fängt es in unseren Köpfen langsam wieder an zu arbeiten. Wir entscheiden noch heute unseren Weg in Richtung “South Australia” fortzusetzen. Sonnenauf- und -untergang am “Uluru” waren annähernd perfekt. Die Wanderwege sind alle erkundet. Wozu noch warten?
Während wir versuchen unser erstes Ziel in “South Australia” auszuwählen, verirren wir uns im unübersichtlichen System der dortigen Nationalparkverwaltung. Fast jeder Park erhebt eine Eintrittsgebühr. Schnell lohnt sich da ein “Multi-Park-Pass”. Doch wir können nicht herausfinden, ob damit auch Campinggebühren abgedeckt werden können, wie es unser Reiseführer angibt. Denn in “South Australia” werden alle Campingplätze über ein Online-System verwaltet. Ohne vorherige Buchung ist eine Übernachtung auf einem der Plätze unmöglich. Wir wissen jetzt schon, dass das ein ziemliches Problem wird. Die Netzabdeckung lässt im Outback und den Nationalparks mehr als zu wünschen übrig. Wer sich das also ausgedacht hat, hat scheinbar nicht viel Gehinrschmalz verwendet... Besser wir versuchen das nochmal in einem der Informationszentren zu klären. Ein solches befindet sich in Coober Pedy. Unterwegs könnten wir noch einen Abstecher in die “Painted Desert” machen, eine Wüstenlandschaft, die wie der Name bereits verrät, aussehen soll wie gemalt. So oder so müssen wir zunächst zurück zum “Stuart Highway”. Kurz vorher befindet sich die letzte Rest-Area vor der Grenze. Bis dorthin sind es immerhin noch 150 km. Für heute sollte das reichen.
Koby hat fast nur noch Luft im Tank. Allerdings führen wir noch 35 Liter Benzin in unseren Kanistern mit uns. Uns bleibt es daher erspart in Yulara Auftanken zu müssen. Dort zahlt man gute 2$ pro Liter. Am Highway werden die Preise deutlich günstiger. In Coober Peddy kostet der Liter nur noch 1,20$. Ein klein wenig werden wir in Curtain Springs nachtanken, dann sollten wir es bis dorthin schaffen. Unser Verbrauch lag zuletzt bei nur 13,9 Litern auf 100 km. Es scheint als hätte der “Fuel Doctor”, den wir bei “Don Kyatt” in Alice Springs erhalten haben, Wirkung gezeigt. 
Bevor wir uns auf den Weg machen, bauen wir also alle Kanister aus und befüllen Koby. Ein paar letzte Fotos und Selfies am “Uluru”, dann geht es los. 
 
 
Knappe 80 km sind es bis nach Curtain Springs. Die Straße ist flach und eintönig. Das frühe Aufstehen macht sich bemerkbar. Während Sarah teilweise wegdöst, kann Cecil zum Glück wachbleiben und uns sicher zum Roadhouse fahren. 
Nach einer groben Berechnung tanken wir lediglich 10 Liter für je 1,75$ nach. Damit sollten wir es bis zur nächsten Tankstelle am Highway schaffen. Neben uns wird ein Camper-Pärchen vom Besitzer mit Werkzeug ausgestattet. Auf dem kleinen Kombi, den die beiden fahren, ist ebenfalls ein Dachzelt montiert. Vor wenigen Minuten haben sie uns damit auf der Straße überholt. Mit guten 130 km/h bei erlaubten 110. Offensichtlich hängt ihr Zelt nur noch an ein paar wenigen Schrauben und wäre beinahe vom Dach gerissen worden. Ziemlich mutig unter diesen Umständen so zu rasen. Und dann noch nicht einmal eigenes Werkzeug zu haben. Manche Menschen haben einfach mehr Glück als Verstand. Aber da sollten wir uns wohl nicht melden, nach unserer offenen Autotür in der Nacht.
Nach weiteren 40 km erreichen wir die letzte Rest-Area vor dem “Stuart Highway”. Eine weitere befindet sich direkt an der Grenze zu “South Australia”. Den neuesten Kommentaren bei “Campermate” zur Folge, hat dort aktuell die Polizei ihr Lager aufgeschlagen. Es ist nicht herauslesbar, ob der Platz trotzdem weiterhin für normale Reisende geöffnet hat, aber uns ist das eh nichts. Wir haben bestimmt nichts zu verbergen, aber der Gedanke daran von etlichen Polizisten beobachtet zu werden, missfällt uns. Auch wenn wir wahrscheinlich nirgendwo sicherer wären als dort. Zum Glück fühlen wir uns auch ganz allein und inmitten der Natur sicher genug. Die erste Rest-Area hinter der Grenze würden wir erst gegen 17 Uhr erreichen. Uns reicht es allerdings bereits jetzt. Wir bleiben hier.
 
 
Bevor Sarah mit ihrem Sport loslegt und Cecil sich dem Tagebuch widmet, erledigen wir die Abrechnung der letzten Tage. Wir nutzen bereits seit einigen Jahren eine App, um unsere Ausgaben zu erfassen. Eine wirklich praktische Möglichkeit und auch offline nutzbar. Wir wechseln uns einfach beim Bezahlen ab und halten damit die Waage. 
Am Abend finden wir heute kein einziges Wölkchen am Himmel. Trotzdem ärgern wir uns nicht darüber, nicht mehr am “Uluru” zu sein. Der Sonnenuntergang hier hat auch etwas für sich und wir können ihn ganz allein von einer Düne aus bewundern. 
 
 
Vielleicht begegnet uns hier sogar noch das ein oder andere nachtaktive Tier. Wenn wir es schaffen lange genug wach zu bleiben. 
Zurück auf dem Platz essen wir unsere heutige Portion Kartoffeln mit Quark. Eine beeindruckend große Sternschnuppe ermutigt uns auf eine Nachtwanderung zu gehen. Das muss ein Zeichen gewesen sein. Vielleicht haben wir es falsch interpretiert.
Wir dachten die Sternschnuppe bedeutet, wir sehen heute noch ein paar Tiere. Rückblickend wollte sie wohl eher sagen: Seht mich an. Macht euch keine Mühe auch noch nach Tieren zu suchen. Wir entdecken in jedem Fall nichts Lebendiges im Schein der Taschenlampe. 
Zu allem Überfluss sorgt der Reißverschluss am Eingang des Zeltes für arge Probleme. Trotz etlicher Versuche, Silikon-Öl und Einsatz einer Zange, will er nicht mehr vernünftig schließen. Für heute muss der aufrollbare Schutz reichen, den wir herunterlassen und zuziehen. Besonders gewitzte Insekten würden jetzt sicher einen Weg ins Zelt finden. Hoffen wir, dass es nicht zu viele Schlauberger hier draußen gibt. 
Cecil schläft im Anschluss direkt ein. Sarah probiert noch ein Soduku am Handy zu lösen. Irgendwann muss sie aufgeben. Gezwungenermaßen. Eine Motte hat es bereits in das Zelt geschafft. Ob sie nun besonders schlau ist oder einfach nur Glück hatte, bleibt ungeklärt. So oder so macht Sarah lieber das Licht aus, bevor noch weiteres Viehzeug angelockt wird. 
Wir werden sehen, wie geruhsam diese Nacht wird. 

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