11.10., Sonntag: Mt Connor Lookout - Kings Canyon
Wir kommen gut aus dem Bett und sind am Ende doch wieder spät dran. Um viertel vor acht beginnen wir mit dem Abwasch. Geplant war um diese Uhrzeit abzufahren. Jetzt aber schnell. Noch fix Zähneputzen und dann geht es los. Zum Glück haben wir, wie immer, einen zeitlichen Puffer gelassen.
Unterwegs auf der Gravelroad in Richtung “Kings Canyon” steht plötzlich ein Auto mit Warnblinker in einer Kurve mitten auf der Fahrspur. Natürlich denken wir sofort an eine Panne. Doch nur so lange, bis wir Sekunden später die Kamel-Schar sehen, die offensichtlich gerade die Straße gequert hat. Wir halten ebenfalls an. Bestimmt zehn Tiere trotten langsam auf die offene Ebene abseits der Schotterpiste. Einige grasen hier und da bevor sie sich wieder ihrer Gruppe anschließen. Am liebsten würde Cecil die Drohne starten lassen, doch dafür bleibt nicht genügend Zeit.
Gegen 08:45 Uhr starten wir unseren Wandertag im “Kings Canyon”, dem absoluten Highlight des “Watarrka Nationalparks”. Bis zu 150 m hoch sind die Wände der Schlucht. Der “Rim Walk” führt auf dem umliegenden Plateau einmal um den gesamten Canyon. Über eine Brücke passiert man dabei den “Kings Creek”, der über Jahrtausende die Schlucht geformt hat. Da in der Region des “Kings Canyon” regelmäßig extreme Temperaturen herrschen und die Hochplateaus kaum Schatten bieten, wird der “Rim Walk”, wie gestern erwähnt, an besonders heißen Tagen ab 9 Uhr morgens gesperrt. Ursprünglich hatten wir zunächst geplant den “Creek Walk” zu erkunden, der im Flussbett in die Schlucht führt. Vor Ort wollen wir es jedoch nicht riskieren, dass der “Rim Walk” später eventuell gesperrt ist. Den “Creek Walk” können wir heute Nachmittag nachholen.
Gleich zu Beginn wartet der Wanderweg mit einer Herausforderung auf. Es gilt einen steilen Anstieg auf das Plateau zu absolvieren. Vor uns klettert eine ältere Frau teilweise auf allen Vieren den Hang hinauf. Das ist wirklich etwas übertrieben, doch der Aufstieg ist in der Tat nicht ohne. Oben angekommen, wird man direkt mit herrlichen Blicken über die Schlucht belohnt.
Hinter uns läuft ein jüngeres Pärchen, vor uns wandert ein Damen-Duo. Wir sind davon etwas genervt. Man fühlt sich unweigerlich gehetzt oder genötigt in einem Zwischensprint zu überholen. In gewisserweise wird dafür die Deadline verantwortlich sein. Der Großteil der Wanderer startet vor 9 Uhr. Wir versuchen die Ruhe zu bewahren und die Wanderung einfach zu genießen.
Nach einem genialen Ausblick auf die südliche Klippe nehmen wir den 600 m langen Abstecher zu einem weiteren Lookout mit. Teilweise in der Hoffnung nicht nur auf einen schönen Blick, sondern auch einige unserer Weggefährten loswerden zu können. Der Plan geht allerdings ganz schön nach hinten los. Am Aussichtspunkt ist noch mehr los, als auf dem Hauptpfad. Dazu reden viele Menschen auffallend laut. Es fällt schwer sich bei dieser Geräuschkulisse auf die Schönheit der Natur zu konzentrieren.
Auf ungefähr halber Strecke des Rim Walks steigt man über eine Treppe hinab in die Schlucht. An einem Wasserloch, dem “Garden of Eden”, sind wir für einen Moment ganz allein. Wir genießen die Ruhe, lauschem den Rauschen der Blätter und dem Gesang einiger Vögel. Es ist wirklich paradiesisch. Bis eine Gruppe junger Menschen eintrifft. Schlagartig ist die gesamte Atmosphäre des Ortes zerstört. Einer der, offensichtlich besser erzogener, Jugendlichen entschuldigt sich sogar für die Störung. Wir lächeln mild und machen uns wieder auf den Weg.
Wir steigen auf zum Plateau, welches den südlichen Rand des Canyons bildet. Hier kommt uns alles noch sehr vertraut vor. Bei unserer ersten Reise nach Australien, 2018, haben wir diesen Teil der Schlucht bereits erkundet. Damals noch im Rahmen einer geführten Tour.
Kurz bevor wir das Ende des Weges erreichen, zweigt der “Giles Track” in östliche Richtung ab. Eigentlich ein Mehrtageswanderweg, aber der erste Teil nahe des “Kings Canyon” soll laut unserem Reiseführer in eine sehenswerte Landschaft führen, eine Art “Lost City”, geprägt von bienenkorbartigen Felssäulen.
Das Buch sollte recht behalten. Die Felsdome sind wirklich die zusätzlichen Kilometer wert. Allerdings ist der Weg hindurch oft schwer zu erkennen. Schilder oder anderweite Markierung sind rar gesäht. Unser Ziel ist der “Watarrka Lookout”. So ganz wissen wir nicht, wo sich dieser befindet. Mittlerweile sind wir auch unsicher, ob er ausgeschildert ist.
Nach knappen 2 km drehen wir um. Unterwegs hatten wir bereits einige tolle Aussichten. Sicherlich ist eine davon unter versierten Wanderern als “Watarrka Lookout” bekannt. Uns reicht es jedenfalls.
Auf dem Rückweg darf Alli² zwei Mal eine kleine Runde drehen. Bei einem Flug geht die Verbindung für einen kurzen Moment verloren. Immer eine unangenehme Situation, aber jetzt kein Grund mehr zur Panik. Cecil hat eine wichtige Einstellung nach dem kürzlichen Unglück angepasst.
Sobald Fernbedienung und Drohne keine Verbindung mehr haben, leitet das System einen automatischen Rückflug zum Startpunkt ein. In den Einstellungen kann die Rückflughöhe angepasst werden. Standardmäßig ist eine Höhe von 20 Metern eingestellt. Eventuell ist das Alli am “Chamber's Pillar” zum Verhängnis geworden. Cecil hat die automatische Sequenz vermeintlich abgebrochen. Dann sollte die Drohne normalerweise einfach schweben und auf “manuelle” Rettung warten. Heißt man nähert sich mit der Fernbedienung oder umgeht das blockierende Objekt. Mittlerweile glaubt Cecil, dass das, warum auch immer, nicht geklappt hat. Der Rückflug wurde eingeleitet. Alli ist auf 20 Meter gesunken und dann schlicht gegen die Steinsäule geflogen. Die Fundstelle und der beträchtliche Schaden, legen dieses Szenario nahe.
Wie auch immer. Cecil hat die Höhe für einen automatischen Rückflug auf das legale Maximum von 120 m angepasst. Ein weiterer Disaster, wie es am “Chamber's Pillar” stattfand, sollte damit zumindest unwahrscheinlicher werden. Aber trotzdem stoppt uns kurz das Herz, als wir das fiese Signal hören, dass die Verbindung unterbrochen ist. Daher reicht es mit Fliegen für heute erstmal.
Zurück auf dem “Rim Walk” treffen wir endlich auf einen Lizard, der nicht annähernd so kamerascheu ist, wie seine Artgenossen zuvor.
Obwohl wir schon ganz schön platt sind, überreden wir uns den “Creek Walk” tatsächlich noch anzugehen. Wir können uns zwar nicht vorstellen, dass wir begeistert werden. Aber man muss einen Weg erst gehen, bevor man über ihn urteilen kann. Außerdem besteht immer die Chance auf ein Tier zu treffen. Und so eine Begegnung wertet jeden Wanderweg signifikant auf.
Leider läuft uns nichts mehr über den Weg und die Wanderung ist so unspannend, wie wir befürchtet haben. Der Blick aus dem Flussbett auf die umliegenden Wände der Schlucht ist längst nicht so spektakulär, wie es anders herum der Fall war. Aber einen Versuch war es wert und jetzt können wir aus Erfahrung sagen: Diesen Wanderweg kann man getrost weglassen.
Am Parkplatz füllen wir ein paar unserer Wasserflaschen auf und nutzen kurz das kostenfreie Wlan. Mit Hilfe des Internets können wir “Campermate” auf dem Tablet reparieren. In letzter Zeit wollte die App einfach nicht mehr starten. Viele Nachrichten haben wir nicht erhalten, aber noch wichtiger auch keine Hiobsbotschaften. Unsere Untermieter verhalten sich ruhig und haben offensichtlich noch alle Wohnungsschlüssel beisammen.
Vom “Kings Canyon” aus, setzen wir unseren Weg in Richtung “Uluru” fort. Unterwegs legen wir einen Tankstopp an der “Kings Creek Station” ein. Ab hier werden die Benzinpreise nur noch teurer. Mit einem vollen Tank und unseren Kanistern sollten wir es bis zum “Uluru” und anschließend weiter zum Highway schaffen. Dort ist wieder mit humanen Preisen zu rechnen. Aktuell gehen wir von einer Gesamtstrecke von 650 km aus. Unsere Reichweite beträgt voraussichtlich 700 km. Das könnte eine Punktlandung werden.
Auch für uns gibt es etwas Treibstoff. In Form eines Eises. Während wir das essen, kommt ein Mitarbeiter aus dem kleinen Laden neben der Tankstelle. Er lädt uns ein bei der Fütterung der Kamele dabei zu sein. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen.
Insgesamt acht weibliche Kamele beherbergt die “Kings Creek Station” derzeit. Acht Kamele und einen Esel. Der wurde bereits als Jungtier in das selbe Gehege gesteckt und hat sich wunderbar in die Gruppe eingefügt. Sobald die Kamele auf die Wiese gehen, reiht sich der Esel nahtlos in die Kette ein.
So eine Reihe von Kamelen wird übrigens “Zug” genannt. Das und noch viel mehr, erfahren wir, während die Tiere sich über die vegetarischen Essensreste aus der Küche und Heu hermachen. Ihr wollt noch mehr Fakten zu Kamelen? Kein Problem!
Entgegen der gängigen Annahme wird im Höcker kein Wasser, sondern Fett gespeichert. Trotzdem scheinen sie Wasser in schier gigantischen Mengen aufnehmen. Bis zu 100 Tage kommt ein Kamel ohne Wasser aus. Ist dann ein Quelle gefunden, trinkt ein einzelnes Tier bis zu 40 Gallonen in gerade einmal 30 Minuten. Das sind unglaubliche 150 Liter. 5 Liter pro Minute. Wahnsinn. Und es geht noch weiter.
Bis zu 65 km/h schnell kann ein Kamel rennen. Ein Tiger ist nicht schneller unterwegs. Dazu sind sie fast so gefährlich wie ein Tiger. Mit ihren Beinen können sie in einem 365-Grad-Radius austreten. Man ist in der Nähe eines Kamels daher nirgendwo sicher. Pferde treten nur nach hinten aus. Damit kann man umgehen. Vielleicht mit ein Grund dafür, dass sie sich so gut gegen Angreifer verteidigen können und mitunter ein stolzes Alter erreichen. Im Schnitt wird ein Kamel 20 Jahre alt. Der Rekord liegt bei 36 Jahren.
Wir haben den Anschein, der junge Mann, der da bei den Höckertieren im Gehege steht, könnte noch ewig weiter solche Fakten aufzählen. Nach einer halben Stunde schwirrt uns jedoch ein wenig der Kopf und wir müssen auch noch ein paar Kilometer fahren. Wir bedanken uns für seine Einladung und ziehen uns zurück.
Bis zu unserem Stellplatz für die kommende Nacht haben wir noch eine gute Stunde Fahrt vor uns. Es ist bereits 16:30 Uhr. Besser wir verlieren keine Zeit mehr. Keine 500 m von der Station entfernt, treffen wir jedoch erneut auf Kamele. Dieses Mal wilde. Drei Tiere trotten seelenruhig am Straßenrand entlang und knabbern hier und da an ein wenig Grünzeug herum. Natürlich müssen wir dafür doch noch einmal anhalten und freuen uns.
Den Rastplatz am “Mount Connor” erreichen wir gegen halb sechs. Immer wieder wird der Berg, der sich gut sichtbar am Horizont erhebt, mit dem “Uluru” verwechselt. Am witzigsten ist immer noch die Geschichte einer Familie aus, die ein Foto vom “Mount Connor” geknipst haben und wieder abgefahren sind. In der festen Überzeugung am “Uluru” gewesen zu sein. Der ist allerdings immer noch über 100 km entfernt. Und wenn man den echten “Uluru” bereits gesehen hat, fällt man ganz bestimmt nicht mehr auf den “Fake” herein. Trotzdem bietet der Berg eine schöne Aussicht.
Die Rest Area selbst können wir leider nicht zu den besseren zählen. Direkt am Highway, recht klein und dazu ist der schmale Asphaltstreifen, auf dem das Campen erlaubt ist, recht abschüssig. Für eine Nacht jedoch wird es ausreichen. Wir haben absolut keine Lust mehr weiter zu fahren.
Während Sarah Sport macht, wirft Cecil einen Blick in den Reiseführer. Wir haben 2018 schon ein gutes Stück des Nationalparks erkundet, doch der ist definitiv einen zweiten Besuch wert. Auf jeden Fall möchten wir erneut einen Sonnenauf- und -untergang am “großen Stein” erleben. Bei unserem ersten Besuch hat uns ein Gewitter zumindest letzteres vermiest.
Nach dem Abendbrot fassen wir daher folgenden Plan. Tagsüber geht es nach “Kata Tjuta”, auch als die “Olgas” bekannt. Hier sind wir mindestens einen der zwei Wanderwege noch nicht gegangen. Welcher das war, wird sich morgen zeigen. Wir werden wohl der Einfachheit halber beide angehen. Danach geht es zum “Uluru” und wir warten auf den Sonnenuntergang. Nach einer voraussichtlich kurzen Nacht, geht es übermorgen erneut zur Aussichtsplattform. Den Sonnenaufgang lassen wir uns natürlich ebenfalls nicht entgehen. Und mit dem Basewalk, um den Uluru, den wir damals gejoggt sind, schließen wir das Kapitel “Northern Territory”. Im Anschluss geht es direkt weiter nach South Australia. Wir hoffen das Wetter spielt bei unserem Plan mit.
Die Anspannung des Tages fällt im Anschluss von uns ab. Es war anstrengend, aber auch sehr schön. Besonders bei Cecil haben die Wanderungen Spuren hinterlassen, doch wir können uns noch aufraffen. Immerhin die Stichpunkte für den heutigen Tagebucheintrag werden noch zu Papier gebracht. Um kurz vor 20 Uhr ist jedoch Schluss für heute. Oben im Zelt schaffen wir es nur noch mit Mühe ein paar Seiten zu lesen. Da hilft nur noch eine ordentlich Portion Schlaf. Gute Nacht.
Hallo ihr zwei, wieder ein toller Tagesbericht mit super Fotos. Leider funktionieren die Videos nicht. Liebe Grüße aus Berlin. Gerd
AntwortenLöschenDanke für den Hinweis. Aktuell können wir das Problem noch nicht ausfindig machen. Wir suchen eine Lösung.
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