14.07., Dienstag: Bedford Weir Camping Area - Die “Empty”-Marke
Der Baum, hinter dem wir geparkt haben, hat uns die Nacht über vor den gleißenden Scheinwerfern der Road-Trains geschützt. Doch in keinster Weise vor deren Lärm. Zudem ist es im Verlauf der Nacht empfindlich kalt geworden. Wir liegen dick eingepackt unter unseren Decken und wollen dieses Refugium zunächst gar nicht verlassen. Während wir so daliegen, kommt Cecil auf die Idee noch vor dem Frühstück das Zelt einzupacken. So könnten wir zum Carnarvon NP fahren. Dort angekommen, könnten wir einen Blick auf die Uhr werfen und wüssten wie viel Zeit wir fürs Frühstück haben. Wenn wir hier bleiben, würden wir uns eh nur alles abfrieren. Das anschließende Verstauen des Zeltes wird in keinster Weise ein Paradebeispiel. Nicht nur, dass alles noch mit einer dünnen Schicht Raureif bedeckt ist, fer Reißverschluss macht auch noch Mucken. Am Ende haben wir wohl keine Zeit gespart und müssen regelmäßig kontrollieren, ob wir noch über alle Finger verfügen. Nächstes Mal frieren wir uns die Finger lieber wieder beim Zubereiten des Frühstücks ab. So viel steht fest. Aber eigentlich hoffen wir auch immer wieder, dass es endlich warm wird und es kein nächstes Mal gibt.
Um Punkt 8 Uhr kommen wir in Injune an. Cecil geht direkt in den hiesigen Baumarkt. Etwas überrascht von der frühen Kundschaft findet sich trotzdem schnell ein hilfsbereiter Mitarbeiter. Ziel ist es ein hitzebeständiges Klebeband zu erstehen, welches das Kabel vom Solarpanel schützen soll. Unsere ausgefuchste Konstruktion leitet eben dieses ziemlich knapp am Endrohr entlang. Leider ist hier nichts passendes zu finden. Vielleicht tut es auch ein wenig Alufolie? Die Fahrten bis hier her hat das Kabel auch ohne jeglichen Schutz durchgehalten. Wir verschieben diese Entscheidung erstmal.
Zum Carnarvon Nationalpark sind es laut einem Schild weitere 150 km. Die nächste Stadt ist dann nur noch 14 km entfernt. Wir entscheiden daher nicht nochmal zu tanken. Immerhin haben wir noch 250 km im Tank. 1,24 $/Liter ist uns auch viel zu teuer. Als wir unseren Abzweig erreichen, haben wir bezintechnisch noch gute 150 km Reichweite. Ein Wegweiser eröffnet uns jedoch recht überraschend, dass der Carnarvon NP 40 km abseits des Highways liegt. Mit ein wenig einfacher Mathematik ergibt sich daher folgende Rechnung:
40 km zum NP + 40 km zurück zum Highway + 60 km nach Rolleston = 140 km
Demnach haben wir einen mehr als schmalen Puffer von lediglich 10 km. Kurz überlegen wir, erst nach Rolleston zu fahren und dort aufzutanken. Das würde jedoch einen zusätzlichen Weg von 120 km bedeuten und mehr als eine Stunde dauern. Wir entscheiden uns dagegen und setzen all unser Vertrauen in Koby und seinen, über die letzten Etappen immer geringer gewordenen, Benzin-Durst. Die Tankanzeige ist kurz vor dem roten Bereich und steht damit sinnbildlich auch für unseren Mageninhalt. Wir haben mittlerweile einen solchen Hunger, dass wir es kaum noch aushalten können. Auf dem jetzt schon sehr vollen Parkplatz, finden wir noch eine freie Lücke und bauen direkt Tisch und Stühle auf.
Auf dem Weg zu den Wanderwegen kommen wir am Visitor-Center vorbei. Das ist zwar aufgrund von Corona noch immer geschlossen, doch wir erhalten alle Informationen auch auf Tafeln in der Nähe. Hier können wir jedoch lediglich feststellen, dass uns unser Reiseführer bereits alle Wanderwege offenbart hat. In der Tat gibt es einen Hauptweg, der gute 10 Kilometer weit durch die Schlucht führt. Von diesem zweigen in Abständen Nebenwege ab. Ohne Druck einen Weg auswählen zu müssen, gehen wir frohen Mutes einfach drauf los.
Zurück am Abzweig zum Amphitheater lockt ein Hinweis, dass der “Ward's Canyon” nur noch 900 Meter von hier entfernt ist. Überredet, den nehmen wir auch noch mit. Und wir werden nicht enttäuscht. Gleich zu Beginn des Abtechers werden wir von einem kleinen (ca. 4 m hohem), aber feinem Wasserfall begrüßt. Den dahinter liegenden Canyon kann man fast bis zum Ende erlaufen. Anfang des 20. Jahrhunderts haben hier die Ward-Brüder ihr saisonales Camp gehabt. Die zwei haben ihr Geld mit dem Verkauf von Possum-Fellen verdient und einen besseren Ort zum Nächtigen kann man sich heute wie damals wohl kaum vorstellen. Felsüberhänge schützen vor Wind und Wetter. Ein Bach, der in zuvor genanntem Wasserfall mündet, fließt mitten durch die Schlucht. Kings-Farn, die größte aller Farn-Arten, sorgt für ein paradiesisches Feeling und Schatten, falls sich doch mal ein Sonnenstrahl verirrt. Diesen Farn findet man sonst nur im deutlich feuchterem Norden von Queensland, genauer gesagt auf der York-Peninsula.
Unsere Abenteuerlust ist damit gestillt. Unsere Beine verlangen, dass wir uns auf den Heimweg machen. Während des Rückwegs über den sehr gepflegten, und daher recht öden, Maintracks, schlängeln wir uns gekonnt an älteren, dickeren oder einfach langsameren Wanderern vorbei. Fast haben wir uns schon damit abgefunden auch heute keine nennenswerte Tiersichtung verbuchen zu können, da raschelt es plötzlich verdächtig im Gras neben uns. Sofort halten wir Inne und suchen das Dickicht ab. Tatsächlich entdecken wir ein Wallaby im hohen Gras. Besser gesagt nur den Kopf, der ab und zu hervorragt. Trotzdem ein sehr schönes Erlebnis. Nur kurz bevor wir Koby erreichen, sehen wir ein weiteres Beuteltier in voller Pracht nur wenige Meter vom Wanderweg entfernt. Diese Sichtung bildet den Abschluss unserer Wanderung im Carnarvon NP. Wir haben immerhin 16 km in guten 4 ½ Stunden zurückgelegt. Nach zwei Wochen Wander-Pause und unter Berücksichtigung, dass Sarah jetzt 30 ist, gar nicht so schlecht.
Kurz darauf folgt das nächste Abenteuer. Nochmal zur Erinnerung: Die nächste Tankstelle ist ungefähr 103 km entfernt und wir haben, nach einer Schätzung, noch Sprit für 108 km im Tank. “No worries”, das wird schon. Auf dem Weg sinkt die Tanknadel erstmals auf den Strich, der mit einem E für “Empty” gekennzeichnet ist. Auf unseren bisherigen Trips, bei denen uns Spritmangel drohte, zum Beispiel nach Broken Hill, schien das “E” auf der Anzeige eine Art unsichtbare Barriere darzustellen. Sehr angespannt, aber noch witzelnd, kommen wir der Tankstelle immer näher. Doch jetzt liegt die Nadel inzwischen sogar unter dem “Empty”-Strich. Diese Anspannung ist kaum auszuhalten. Wir zählen die Kilometer laut mit und hoffen, einfach nur, dass es reicht… und wir nicht die letzten Kilometer mit Kanister laufen müssen ;) Als wir die rettende Tankstelle erreichen, stehen 496 km auf dem Tachometer. Nach bisherigen Erfahrungswerten, wären wir lediglich 4 Kilometer weiter gekommen. Trotz eines eher gehobenen Preises, tanken wir lieber voll. Wir lernen daraus, dass wir unsere Routen und Tankstopps besser planen müssen. Aber auch, dass wir uns auf Koby verlassen können ;)Mit vollem Tank machen wir uns auf in Richtung Cape Hillsborough NP. Trotz hoher Camping-Gebühren haben wir uns entschieden, uns die Sand-Wallabies am Strand nicht entgehen lassen zu wollen und daher mal tiefer ins Portmonaie zu greifen. Dieser liegt noch gute 700 km entfernt. Um nicht wieder direkt am Wochenende dort anzukommen, gilt es Strecke zu machen. Nach dem unentspanntem Morgen und den 16 km Wandern, wollen wir eigentlich nur noch schlafen. Das stellt einen gewissen Konflikt dar. Mit Hilfe von Campermate finden wir einen kostenlosen Platz gute 120 km entfernt. Auf unserem Weg dorthin, wird es bereits dunkel. Die Lichtverhältnisse sind diffus und das Risiko auf Wildunfälle steigt. Ohnehin schon leicht angespannt, da hinter jeder Kurve ein ahnungsloses Tier auf dem Asphalt sitzen könnte, freut sich Cecil dann richtig, als wir in den Feierabend-Verkehr einer Mine geraten. Während wir auf diese zugefahren sind, hatte die Szenerie noch etwas malerisches. Gleißendes Licht erfüllte schon meilenweit im voraus die pechschwarze Nacht. Doch jetzt, inmitten sehr nervöser Arbeiter, die nur noch schnell nach Hause wollen, ist so gar nichts von der Bergbau-Romantik zu spüren.
Ziemlich geschafft, aber ohne Blut an unserer Bull-Bar, erreichen wir gegen 18:45 Uhr den Campingplatz. Gute 450 km haben wir heute abgespult und sind dazu noch 16 km gewandert.
Nach kurzer Irrfahrt finden wir einen geeigneten Stellplatz. In der Dunkelheit der Nacht ist es immer sehr schwer auszumachen, wo man stehen sollte, wo man stehen kann und wo man am Ende steht. Deshalb wollen wir es auch vermeiden, im Dunkeln irgendwo anzukommen. Nach dem Abendessen erledigen wir den Abwasch inklusive dem Geschirr von heute morgen. Das Zelt ist recht schnell aufgebaut und wir finden im Anschluss sogar noch Zeit über die folgende Reiseroute nachzudenken.
Die York-Peninsula erscheint recht interessant. Ein Großteil ist nur mit einem Allrad-Fahrzeug erreichbar. Das sorgt für weniger Andrang der gemeinen Touristen. Die allgegenwärtigen Krokodile tun wohl ihr eigenes dazu. Manche Stellen sind zudem nur per Fähre erreichbar. Campermate und Wiki-Camps zeigen auf der anderen Seite eine Vielzahl freier Campingplätze. Das klingt genau wonach wir suchen.
Als letztes suchen wir nach einem geeigneten Ort, an dem wir morgen (hoffentlich) das Panel-Projekt abschließen können. Am Ende des Tages wollen wir im besten Fall Cape Hillsborough erreichen. Das liegt noch gute 4 ½ Stunden entfernt.
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