11.05., Dienstag: Bush Camp am Mt Abrupt - Im Känguru-Paradies
Es tröpfelt noch ein wenig, als der Wecker klingelt. Wir stehen um kurz nach sieben auf. Der Himmel zeigt sich derzeit noch bedeckt. Am Horizont können wir bereits die Sonne erahnen. Dazu grasen ein paar Wallabies auf der Wiese. Ab heute läuft es wieder, denken wir.
Während wir den Abwasch erledigen, was ein ganz schöner Berg ist, nachdem wir gestern im Streik waren, nimmt ein Unglück seinen Lauf. Eine Windböe erfasst die Campingstühle, die am rechten Hinterrad angelehnt waren. Dort haben wir ebenfalls die Stöcker für unser Stockbrot abgestellt. Cecils Stock überlebt den Aufprall nicht. Damit geht wohl eine Ära zu Ende. Mehr als ein Jahr lang hat uns dieser Stock begleitet, doch jetzt ist er wohl kaum noch zu gebrauchen. Oder?
Wir müssen beide ganz schön schlucken. Es ist schon beachtlich, welch enge Verbindung man zu so manchem Stück des Inventars aufgebaut hat. Und noch ist es auch zu früh sich von dem Stock zu trennen. Immerhin ist er nur knappe 15 Zentimeter kürzer. Wir entscheiden, das macht ihn noch nicht komplett unbrauchbar. Für den Moment landet er zurück an seinem angestammten Platz.
Der Morgen wird anschließend nicht viel besser. Wir haben arge Probleme mit dem Gas, da es schlicht viel zu kalt ist. Bei der Zubereitung des Rühreis wird der Koffer umgeweht, den wir immer als Windschutz aufstellen, und dieser stößt eine Tasse fast um. Sie kippt nicht, doch es schwappt trotzdem eine Menge über. Dazu steht das zweite Mal innerhalb einer Stunde ein großer Abwasch an. Ein Blick auf die angrenzende Wiese lässt jedoch allen Ärger schnell verfliegen. Diese füllt sich immer weiter mit Kängurus und Wallabies.
Das Zelt einzupacken geht noch recht schnell von der Hand. Es dauert jedoch etliche Kleinigkeiten wieder an seinen Platz zu bringen und einen Raum für den angefallenen Müll zu finden. Nachdem das endlich geschafft ist, drehen wir eine letzte Runde über die Wiese. Leider ist auf einmal kein Beuteltier mehr zu sehen. Wir sind trotzdem gut gelaunt. In den letzten Tagen haben sie uns bereits genug Freude bereitet. Wahrscheinlich wäre ihnen der Abschied schlicht zu schwer gefallen, daher sind sie ohne große Zeremonie davon gehopst.
Gegen 10 Uhr kommen wir endlich los. Der direkte Weg zurück nach Halls Gap ist unvermittelt gesperrt. Die Umleitung entpuppt sich als recht großzügiger Umweg, doch uns bleibt nichts anderes übrig. Trotzdem passieren wir erneut die riesige Wiese, die, wie immer, von etlichen Emus und Kängurus besiedelt wird. Es ist schier unglaublich, wie viele das sind. Nach einem kurzen Stopp in der Stadt, um unseren Müll loszuwerden, machen wir uns auf den Weg in die Berge. Dort machen wir als erstes Station am Reed Lookout. Von diesem aus ist es nur ein sehr kurzer Weg zu den “Balconies”. Die Aussicht ist aufgrund des bewölkten Himmels sicher nicht perfekt, doch trotzdessem beeindruckend. Noch bis vor ein paar Jahren durfte man einen der “Balkone” betreten. Der Weg dorthin ist immer noch gut zu erkennen. Besonders Cecil juckt es ein wenig, die Barriere einfach zu überspringen, doch am Ende bleiben wir brav. Es wird sicher einen Grund für die Sperrung geben.
Spontan entscheiden wir uns erneut die Mackenzie Falls anzufahren. Nach dem vielen Regen sind diese vielleicht besonders spektakulär. Bereits auf dem Parkplatz werden wir erneut von Emus und Kängurus begrüßt. Der Weg hat sich allein daher bereits gelohnt. Am Wasserfall angekommen, haben wir nicht das Gefühl, dass deutlich mehr Wasser über die Kante kommt. Anhand eines Bildvergleichs können wir bestätigen, dass sich nichts geändert hat. Entweder ist das Wasser bereits über Nacht durchgelaufen oder der Regen hat sich in einem anderen Tal gesammelt. Einen Versuch war es jedoch wert.
Als nächstes fahren wir zum Barooka Lookout. Laut den Infos aus dem Internet, soll dieser ganz toll sein. Die Stichstraße bis zum Aussichtspunkt ist immerhin 5 km lang und zieht sich. Endlich oben angekommen ist die Aussicht mittelmäßig. Es zieht aber auch gerade wieder zu. Eine zweite Plattform befindet sich zudem derzeit nach einem Waldbrand noch im Wiederaufbau. Wir sind uns sicher, dass der Blick von dort aus besser wäre. Diesen Abstecher hätten wir uns rückblickend daher sparen können.
Auf der Liste für unser Programm am Vormittag verbleibt damit nur noch ein Besuch der Silverband Falls. Erneut geht es über eine Stichstraße in ein Tal. Diese wandelt sich sogar zu einer Einbahnstraße. Ein Glück, denn die Piste ist gerade so breit wie Koby. Anderswo in Australien müssten wir unter gleichen Umständen jederzeit mit Gegenverkehr rechnen. Trotzdem ist die Belastung für Mensch und Maschine hoch. Es lohnt sich aber auch dieses Mal. Der Silverband Fall macht seinem Namen alle Ehre. Wie ein Silberstreifen fällt er in einem schmalen Strahl gut 10 Meter. Umgeben von Regenwald und ganz allein vor Ort, genießen wir dieses Juwel abseits der Touristenströme.
Zurück in Halls Gap ist es Zeit für das Mittagessen. Wir halten dafür an dem Sportplatz, der wie gewohnt von unzähligen Kängurus bevölkert wird. Bevor wir uns dem Joghurt mit Müsli und Apfel widmen, verbringen wir gute zehn Minuten damit einfach zu beobachten. Bei so vielen Tieren ist immer etwas los. Da hüpft eines oder gähnt. Dann kratzt sich ein anderes, während wenige Meter daneben ein Joey bei seiner Mama trinkt.
Vor dieser tollen Kulisse findet Sarah die Kraft das Bezahlformular für den RFDS auszufüllen. Damit ermächtigt sie denselbigen die fälligen 16.000$ von ihrem Konto abzubuchen, die nach einem Schlangenbiss für ihren Transport von Tom Price nach Port Hedland angefallen sind. Von der Versicherung hat sie noch immer nichts gehört, ob diese Auslagen am Ende übernommen werden. Auch ihr Vater hat bisher niemanden erreichen können. Doch die Frist für die Zahlung ist morgen. Sarah gibt zwar ihre Einwilligung für die Abbuchung, bittet aber darum, noch ein wenig mit dem Einzug zu warten. Wir hoffen jeden Tag auf eine erlösende Nachricht der Versicherung.
Es ist bereits nach 15 Uhr und das Wetter wird wieder schlechter. Für heute stand noch die Besteigung des Mount William auf dem Plan. Kurz überlegen wir, ob es unter diesem Umständen Sinn macht, doch es heißt entweder jetzt oder nie. Die Straße zum Parkplatz ist extrem kurvig und führt steil 10 km bergauf. Wir wundern uns, ob überhaupt noch eine Strecke zum Wandern übrig bleibt. Am Parkplatz angekommen, sind wir umhüllt von dichtem Nebel. Dazu regnet es mal wieder. Bis zum Gipfel sind es von hier aus weitere 4 Kilometer zu Fuß. Das ist es wohl nicht wert, um am Ende vor einer weißen Wand zu stehen. Wir brechen daher ab und fahren zurück zur Hauptstraße.
Nach 25 km erreichen wir einen Platz, den uns Wiki-Camps angezeigt hat. Dieser ist bereits recht voll, doch an einem Ende sehen wir noch einen freien Platz. Cecil muss ordentlich kurbeln, doch dann haben wir unsere Position erreicht. Genau in diesem Moment kommen zwei Männer auf uns zu. Sie behaupten den ganzen Platz für mehrere Tage gebucht zu haben und demnächst würden Ranger kommen, die das bestätigen könnten. Wir können das nicht wirklich glauben, da der Platz kostenlos und ohne Vorbuchung ist. Wir wollen uns aber nicht mit ihnen anlegen. Es bleibt uns daher nichts anderes übrig als wieder umständlich aus der Lücke auszuparken und weiterzufahren.
Wir finden kurz darauf einen weiteren Platz. Von einem matschigen Feldweg fahren wir ein paar Meter in den Wald auf eine kleine Lichtung. Sofort bauen wir Zelt und Awning auf. Im Moment regnet es ausnahmsweise nicht, doch wer weiß, wie lange das so bleibt. Ein wenig scheint es noch immer zu tröpfeln. Vielleicht kommt das aber auch nur aus den Blättern über uns. Wie auch immer. Sicher ist sicher.
Cecil macht sich anschließend direkt daran etwas Feuerholz zu sammeln. Heute allerdings nur das Kleinzeug. Er hat schlicht keine Lust größere Stämme zu zersägen. Sarah macht unter dem Awning derweil Sport. Am Feuer können wir uns beide anschließend aufwärmen. Cecil beginnt gerade damit Stichpunkte zu schreiben, da beginnt es erneut zu regnen. Für den Moment müssen wir uns zurückziehen, doch es wird zum Glück nicht sehr doll. Wenig später sind wir zurück an der Feuerstelle. Sarah genießt die Wärme und die Ruhe. Cecil dagegen ist ein wenig genervt. Er hatte geplant heute produktiv zu sein und viel zu schreiben. Doch bisher macht das Wetter einen Strich durch die Rechnung.
Da das Wetter auf absehbare Zeit nicht besser zu werden scheint, entscheiden wir erstmal zu essen. Die Carbonara ist erneut vorzüglich. Doch auch danach regnet es weiterhin. Wir machen uns daher anschließend bettfertig. Cecil deprimiert es wie der Abend am Ende verlaufen ist. Er hatte Pläne und kann diese schlicht nicht umsetzen. Wir haben schon mehrfach probiert im Zelt zu arbeiten, doch Mangels einer Rückenlehne, ist das höchstens für ein paar Minuten möglich.
Sarah versucht etwas Mut zu machen und Cecil aufzuheitern. Das Wetter wird bestimmt wieder besser und dann kann er schreiben, was das Zeug hält. Doch es hilft alles nichts. Cecil ist tief in Gedanken versunken. Sarah übernimmt daraufhin das Schreiben der letzten Stichpunkte für heute. Im Gegensatz zu Cecil findet sie eine geeignete Position. Halb liegend hat sie das Tablet vor sich und benutzt die Tastatur auf dem Bildschirm. Nachdem alles eingetippt ist, schalten wir das Licht aus.






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