19.04., Montag: Fish Hole - Gescheiterte Bushwalker

Cecil hält es gegen halb sechs einfach nicht mehr aus. Die Blase drückt zu sehr. Er ist erstaunt, wie hell es um diese Uhrzeit bereits ist. Wir sollten überlegen, den Wecker etwas früher zu stellen. Jede Stunde Sonnenlicht ist kostbar. Eine Stunde später stehen wir dann tatsächlich auf. Cecil macht schnell den Gaskocher sauber. Die Sauerei des übergekochten Nudelwassers von gestern ist größer als wir gestern in der Dunkelheit absehen konnten. Das Teewasser braucht anschließend eine gefühlte Ewigkeit bis es endlich kocht. Das restliche Frühstück klappt daraufhin ohne weitere Verzögerung. 
 
 
Um zwanzig vor neun verlassen wir den Platz. An der Zufahrtsstraße nach El Questro ist eine große Infotafel aufgestellt worden. Es steht viel darauf, doch die einzige wichtige Information für uns ist, dass eine Eintrittsgebühr fällig wird. Keine Neuigkeiten, die unsere Laune heben. Wir sind gespannt, wieviel wir zahlen müssen. 
Die 16 km lange Gravelroad, die zur El Questro Station führt, befindet sich in einem ziemlich schlechten Zustand. Man kann Bemühungen erkennen, dass zu ändern, doch noch sind nicht alle Schäden der vergangenen Regenzeit behoben worden. Dazu müssen wir mehrfach Flüsse durchqueren. Der letzte ist ganz schön tief. Das Wasser schwappt bis über die Trittleiste, doch wir schaffen es unbeschadet ans andere Ufer. Immerhin wurde dadurch der Schlamm von unserer Fahrt nach Tunnel Creek abgespült.
 
 
Inmitten der Wildnis, taucht dann eine Art kleines Dorf vor uns auf. Es gibt einen Campingplatz, einfache Hütten und die in der Luxusvariante. Außerdem mehrere Restaurants, einen kleinen Shop und die Touristen-Information. Bei letzterer müssen wir die verlangten Eintrittsgebühren entrichten. Von der großen Grasfläche neben der Zufahrtsstraße hebt gerade ein Hubschrauber ab, um ein paar gut betuchten Gästen die Umgebung aus der Vogelperspektive zu zeigen. Alles wirkt ein wenig so, als wäre dieser Ort eher etwas für die besser verdienenden. Hoffentlich spiegelt sich das nicht in den Eintrittspreisen wieder. Am Ende ist es nur halb so schlimm. Für einen Pass, der für sieben Tage gültig ist, zahlen wir 22$. Der Tageseintritt hätte mit 12$ zu Buche geschlagen und wir sind uns sicher, dass wir mindestens zwei Tage benötigen. Die Rechnung ist daher recht einfach. Die Mitarbeiterin, die uns den Pass verkauft, ist sehr freundlich und hilfreich. Wir bekommen eine Karte, auf der sie die Highlights markiert und Orte, die nach der Regenzeit noch nicht wieder zugänglich sind. 
Die Formalitäten sind geklärt und die Gebühr entrichtet. Wir können es kaum erwarten, endlich etwas von der Umgebung zu sehen. Unser erstes Ziel ist der Saddleback Ridge Lookout. Nach etwa 1 km Fahrt liegt erneut eine Flussdurchquerung vor uns. Bevor wir diese angehen, steigt Cecil aus. Das Wasser sieht bereits aus der Ferne tief aus. Dazu ist der Untergrund sehr steinig. Cecil winkt daraufhin ab. Er ist daraufhin etwas genervt, doch das tun wir Koby lieber nicht an.
Stattdessen fahren wir zurück zum Parkplatz an der Station und legen von dort aus den Weg zu Fuß zurück. Am Fluss angelangt, ziehen wir die Schuhe wieder aus und durchqueren das Wasser. Ganz vorsichtig. Die Steine sind rutschig und teilweise sehr spitz. Provisorisch trocknen wir am anderen Ufer unsere Füße und schlüpfen zurück in die Wanderschuhe. 
 
 
Über die Allrad-Piste geht es anschließend einen Hügel hinauf. Es ist sehr steinig und steil. Wir sind froh, dass wir das den Reifen von Koby nicht zugemutet haben. Dafür geraten wir ordentlich ins Schwitzen. Die Sonne brennt mit voller Kraft und die Steigung ist ordentlich. Nach 45 Minuten Schinderei erreichen wir den Aussichtspunkt. Der Blick ist gut, doch wir hatten uns noch mehr erhofft. Ein Highlight, so wie es angepriesen wurde, ist es sicher nicht. Wir sind mittlerweile aber wahrscheinlich auch einfach verdorben.
 

 
Der Rückweg zieht sich etwas, aber das sind wir schon fast gewohnt. Bergauf liegt uns schlicht mehr. Es ist eine wahre Wohltat die heißen Füße im kalten Wasser des Flusses abzukühlen, als es wieder auf die andere Seite geht. Wieder bei Koby haben wir unsere ersten 6,7 km zurückgelegt. Einen kleinen Snack zum Mittag haben wir uns damit durchaus verdient. Auf einer Wiese, die an den Parkplatz angrenzt, lassen wir uns ins Gras nieder. Zur Stärkung gibt es ein paar Cracker mit Dip und Käse.
Als nächstes steht die Wanderung zum Champagne Pool auf dem Plan. Der Parkplatz, von dem der Weg startet, liegt kurz vor dem tiefen Fluss, den wir das erste Mal gerade so durchquert haben. Das ist uns aber so nicht bewusst und wir sind so auf den Fluss konzentriert, dass wir die kleine Parkfläche gar nicht wahrnehmen. Stattdessen fahren wir durchs Wasser und bemerken unseren Fehler erst am anderen Ufer. Kurz überlegen wir, ob der Wanderweg es wert ist, Koby erneut durch das tiefe Wasser zu quälen. Dann drehen wir um und kreuzen den Fluss abermals. Dann kann die Wanderung starten. Cecil läuft voran. Klar, denn der Weg ist überspannt von zahlreichen Spinnennetzen. Sarah ist ihm von Herzen dankbar, dass er diese allesamt mit seinem Gesicht entfernt. Wenn auch unfreiwillig. Darüber hinaus bereitet auch der Untergrund einiges an Schwierigkeiten. Entweder hüpfen wir über loses Gestein oder müssen durch weichen Sand stapfen, der hier und da von glitschigen Wurzeln überwachsen ist. In jedem Fall muss man aufpassen, wo man hintritt. Von der Umgebung bekommen wir in der Folge kaum etwas mit, da wir zwangsläufig den Blick meistens nach unten richten müssen.
 


 
Die ersten 2 km legen wir in elend langen 45 Minuten zurück. Bis zu dem riesigen Boab, vor dem wir jetzt stehen, wurde der Weg bereits wieder gepflegt. Was uns dahinter erwartet, weiß keiner. Die Dame, von der wir heute morgen unseren Pass gekauft haben, meinte aber, es wäre erlaubt weiterzugehen. Also laufen wir weiter. 
 
 
Es wird zunehmend schwerer den Weg zu erkennen. Teils entdecken wir alte Markierungen, doch wir sind extrem langsam unterwegs. Bis zum Champagne Pool sind es vom Boab noch weitere 3 km. Wenn es so weitergeht, wird das eine mehrtägige Wanderung. Immerhin ist die Karte, die wir immer zur Hand haben, recht akkurat. Wir finden mit ihrer Hilfe bis zu der Stelle, an der der Fluss überquert werden muss. Hier ist wohl Endstation. Selbst mit dem besten Willen können wir keinen Weg durch das Dickicht und über den schlammigen Boden finden. Sarah will das nicht akzeptieren, wagt es trotzdem und versinkt mit beiden Füßen bis zu den Knöcheln im Morast. Geknickt geben wir auf und treten den Rückzug an. 
 

 
Zurecht ärgern wir uns ein wenig. Der ganze Weg war im Grunde umsonst. Dazu sind wir in unserer Ehre als selbsternannte Bushwalker gekränkt. Wir dachten ein unmarkierter Pfad, sei kein Problem für uns. Falsch gedacht. Selten mussten wir eine Wanderung abbrechen und das nagt an uns. Natürlich zieht sich der Rückweg auch noch. Wir brüten über unseren eigenen dunklen Gedanken und haben für den Moment schlicht keine Lust mehr. 
Nach zwei Stunden sind wir zurück bei Koby. Ganze 4,4 km haben wir währenddessen an Strecke gemacht. Doch das sind alles nur Zahlen. Es war physisch und emotional aufreibend. Wir wollen nur noch zurück zum Campingplatz. Ein weiteres Mal müssen wir den tiefen Fluss durchqueren, ein weiteres Mal geht alles gut. Die restliche Strecke ist anschließend kein Problem.
 
 
Um 15:30 Uhr erreichen wir den Platz. Ein anderer Camper ist bereits vor Ort, doch nicht auf unserer Fläche. Also alles gut. Wir sinken in die Stühle und brauchen einen Moment für uns. Eine unglaubliche Müdigkeit überkommt uns. Der Tag hat uns wirklich geschafft. Um nicht komplett zu versacken, machen wir uns daran das Zelt aufzubauen. Sarah kann sich anschließend tatsächlich noch zum Sport aufraffen. Cecil schafft es ein bisschen Tagebuch zu schreiben. 
Als Sarah fertig ist, entdeckt sie zufällig einen großen Riss im Reifen hinten links. Zum Glück nur in der Lauffläche und nicht im Mantel. Doch es ist fragwürdig, ob wir es mit dem Schaden noch bis nach Alice Springs schaffen. Wir hoffen eher, dass der Pneu noch bis Kununurra aushält und uns nicht schon hier um die Ohren fliegt. 
 

 
Wir essen heute ein wenig früher zu Abend. Der Sonnenuntergang ist für Viertel nach fünf angesagt und wir haben keine Lust im Dunkeln zu essen. Danach übernehmen die Mücken die Regie. Mit einer ordentlichen Schicht Anti-Mücken-Spray, halten wir es jedoch noch eine ganze Weile draußen aus. Cecil bringt den angefangenen Tagebucheintrag zu Ende, während Sarah am Handy ein Sudoku löst. Anschließend tauschen wir die Positionen. Sarah tippt die Stichpunkte von heute ein, Cecil holt sein Handy heraus und bearbeitet Videos. 
Gegen halb sieben haben wir genug. Mit der Festplatte und ein paar Chips unterm Arm, gehen wir hoch ins Zelt. Die Filmauswahl fällt auf “Dallas Buyers Club”. Wahrlich kein schlechter Streifen. Um ca. 21:30 Uhr läuft der Abspann und es ist Zeit für uns zu schlafen.

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