23.02., Dienstag: Carnarvon Capricorn Holiday Park - Werkstatt Hopping

Trotz erneut hoher Temperaturen im Zelt, war die vergangene Nacht erstaunlich geruhsam. Einzig ein paar wirkliche schlechte Träume haben Sarah ein wenig Schlaf geraubt. Der Wecker erlöst sie zum Sonnenaufgang. Vom Bett aus können wir diesen entspannt genießen. Anschließend schlafen wir beide nochmal ein und brauchen gut eine Stunde bis wir uns endlich aufraffen können. Draußen hören wir bereits wieder das Surren der tausenden Fliegen, die nur auf uns warten. 
Zum Glück ist die Plage heute nicht ganz so groß wie gestern. Das Frühstücken läuft daher besser als gedacht. Dafür schwitzen wir schon wieder enorm. Vermutlich ist das Thermometer bereits jetzt um kurz nach acht über die 30°-Marke geklettert. Passenderweise erweist sich der Reißverschluss an der Zeltplane heute als besonders unkooperativ. Der Schweiß fließt in strömen, als wir endlich losfahren können. Mit der Klimaanlage auf voller Pulle geht es auf nach Carnarvon. 
In der kleinen Stadt angekommen, halten wir als erstes bei einem KfZ-Elektriker. Der Fensterheber auf der Beifahrerseite ist weiterhin defekt. Die nette Dame im Büro meint zwar, dass sie derzeit auf Wochen ausgebucht seien, doch wenn wir gegen 13 Uhr nochmal vorbeikommen, könnte sich einer der Mechaniker das Problem wenigstens kurz anschauen. Damit sind wir zufrieden und fahren weiter. Auf zur nächsten Werkstatt. 
Nachdem wir vor einigen Tagen große Probleme mit dem Allradantrieb von Koby hatten, hoffen wir hier in Carnarvon auf kompetente Schrauber, die uns damit helfen können. Vor der Werkstatt unserer ersten Wahl versperrt eine Kette den Zugang zu dem Hangar ähnlichen Bau. Telefonisch ist niemand zu erreichen. Wir wollen gerade weiterfahren, da sichten wir doch noch jemanden. Cecil setzt bereits an, unser Problem zu schildern, da unterbricht der Mann sofort. Vor April hätte er keine Termine frei. Das ist schade, denn im Grunde wirkt er sympathisch und engagiert. Um letzteres zu unterstreichen, empfiehlt er uns direkt weitere Werkstätten in der Stadt. Schon bei unserer zweiten Wahl bekommen wir eine positive Rückmeldung. Um 14 Uhr können wir erneut vorbeikommen, dann schaut sich jemand Koby an. Das passt perfekt mit unseren anderen Termin beim Elektriker. Durchaus zufrieden, setzen wir unser Programm fort. Als nächstes auf der Liste: ein Stopp im örtlichen i-Site. 
Hier bekommen wir weit weniger gute Nachrichten. Bereits online haben wir gesehen, dass die Straßen zur Kennedy Range und dem Mount Augustus derzeit gesperrt sind. Das wird uns nochmals bestätigt. Nach heftigem Regen sind die Pisten größtenteils überschwemmt und selbst mit einem Allrad-Fahrzeug nicht passierbar. Wie lange die Straßen noch zu bleiben, ist ungewiss. Voraussichtlich aber noch mindestens eine Woche, denn in den kommenden Tagen ist erneut Regen vorhergesagt. Wie es aussieht, müssen wir diesen Abstecher wohl auslassen.
Da es in Carnarvon keinen McDonald's gibt, fahren wir zur Bibliothek und hoffen dort auf Wlan. Unsere Hoffnung wird nicht enttäuscht, allerdings erhalten wir hier nur 30 Minuten Zugang zum Internet. Dann mal ran an den Speck. Wir wollen Campingplätze für die kommenden Nächte buchen und müssen uns um eine neue Auslandskrankenversicherung kümmern. Beide Recherchen ziehen sich und kosten uns einiges an Nerven. Immerhin sind wir jetzt schlauer. Entscheidungen müssen später getroffen werden. Es ist bereits kurz vor eins und unser Termin beim Elektriker steht an. 
Vor der Werkstatt müssen wir noch einen Moment warten. Wir nutzen die Gelegenheit schnell etwas aufzuräumen. Dann kommt ein Mechaniker und nimmt sich Koby an. Gute zwanzig Minuten später ist das Problem identifiziert. Es ist schlicht der Schalter kaputt, mit dem die Elektronik des Fensterhebers betätigt wird. Da der Schalter auf der Fahrerseite sozusagen über ein Verlängerungskabel zu dem auf der Beifahrerseite verbunden ist, funktioniert es auch mit diesem nicht. Immerhin könnte ein Ersatzteil voraussichtlich morgen hier sein. Wr nicken es ab und der Mechaniker tätigt den entsprechenden Anruf. Kurz darauf bekommen wir schlechte Nachrichten. Das entsprechende Teil wird nicht mehr produziert. Es bleibt uns nicht anderes übrig, als unser Glück auf einem Schrottplatz zu probieren. Die Diagnose kostet uns 30$. Na immerhin wissen wir jetzt, woran wir sind. 
Bei der zweiten Werkstatt kommen wir etwa zehn Minuten zu früh an. Wir verfließen förmlich in der Sonne, aber Schatten ist keiner zu finden. Mittlerweile ist die Temperatur auf über 41 Grad gestiegen. Endlich sind wir an der Reihe. Doch anstatt eine Probefahrt zu machen oder einen Blick auf den Unterboden zu werfen, stellt der Mechaniker uns lediglich ein paar Fragen. Daraufhin ist er sich sicher, dass das sogenannte Transfercase ausgetauscht werden muss. Dieses Teil beinhaltet die Mechanik, die bei zugeschaltetem Allradantrieb, die Kraft des Motors zusätzlich auf die Vorderachse überträgt. Auf die Frage wie teuer der Spaß wird und wann die Reparatur erledigt werden kann, werden wir an die Damen im Büro verwiesen. 
Nachdem die Daten von Koby im System sind, wird er auf eine Hebebühne gefahren. Das Teil kann eventuell aus zweiter Hand in Perth besorgt werden, doch dafür werden Fotos benötigt. Uns bleibt wieder nichts anderes übrig als geduldig zu warten. Ab und zu kommt ein Hund vorbei, der offensichtlich zum Inventar der Werkstatt gehört. Natürlich hat der nur Augen für Sarah. Sie schlägt sich jedoch recht gut und gerät nicht in Panik. Cecil versucht natürlich das Tier so gut es geht von ihr abzulenken. Bestimmt eine Viertelstunde warten wir, nur um am Ende gesagt zu bekommen, dass sich später jemand bei uns meldet. Es scheint komplizierter als gedacht, das benötigte Teil aufzutreiben. Der Mechaniker mahnt uns nochmals, Koby so wenig wie möglich zu bewegen. Ein defektes Transfercase könnte auch im normalen Fahrbetreib erhebliche Schäden an anderen Teilen anrichten. Wir nehmen die Warnung ernst, doch es gibt Sachen, die wir noch zu erledigen haben.
 
 
Bei Woolworths ist es verhältnismäßig leer. Das könnte daran liegen, dass wir ausnahmsweise nicht an einem Samstag einkaufen. Dafür stellt sich uns heute eine andersartige Herausforderung. Wir haben enormen Hunger. Allerdings finden wir im Supermarkt nichts, was uns wirklich zusagt. Die anderen Läden im Einkaufscenter stehen größtenteils leer. Es hilft daher nichts und wir versuchen mit unseren knurrenden Mägen so schnell es geht den Einkaufszettel abzuarbeiten. In Windeseile ist alles verstaut und wir suchen uns ein nettes Plätzchen, um endlich etwas zu essen. 
Notgedrungen greifen wir auf unsere Vorräte zurück. Am schnellsten geht es eine Portion Linsensuppe aufzuwärmen. Nicht das ideale Essen bei diesen Temperaturen, doch das ist uns mittlerweile egal. Auf einem Parkplatz an einer Art Kanal parken wir im Schatten einer Palme und essen. Wir sind überrascht, also Cecil ist überrascht, wie gut uns die Suppe heute schmeckt und viel wärmer, als uns ohnehin bereits war, wird uns dadurch auch nicht. 
Anschließend haben wir nichts weiter zu tun und es entsteht eine gewisse Ratlosigkeit. Von der Werkstatt haben wir noch immer nichts gehört. Wie es aussieht, müssen wir die Nacht hier in Carnarvon verbringen. Im Einkaufscenter steht kostenloses WLAN zur Verfügung. Für die Recherche, wo wir heute Nacht einen Platz buchen, fahren wir daher dorthin zurück. Bevor wir loslegen, ergreifen wir die Iniative und rufen bei der Werkstatt an. Leider gibt es keine Neuigkeiten bezüglich unseres Ersatzteils. Sie hoffen uns morgen Vormittag eine Rückmeldung geben zu können. Wir beginnen zu denken, dass wir an den falschen Laden geraten sind. Viele Caravan Parks in Carnarvon sind erschreckend schlecht bewertet. Bei unserer Recherche haben wir schnell das Gefühl, lediglich eine Wahl zwischen Pest und Cholera zu haben. Am Ende entscheiden wir uns für einen Platz gute 5 km außerhalb des Stadtzentrums. Der ist bei Campermate, Wiki-Camps und Google noch am besten bewertet und sogar verhältnismäßig günstig. Leider können wir nicht mehr online buchen, dann hätten wir 5% Rabatt erhalten, doch telefonisch wird uns ein Stellplatz zugesichert. Wir können zwar nur einen mit Zugang zum Strom bekommen, doch mit 25$ die Nacht ist dieser noch immer günstig.
Nachdem Koby geparkt ist und wir ausgestiegen sind, überwältigt uns eine fremdartige Geräuschkulisse. Es muss sich wohl um Zikaden handeln, die zwar unsichtbar bleiben, dafür aber einen infernalischen Lärm verursachen. Es ist wortwörtlich ohrenbetäubend. Wir flüchten daher direkt in den Pool. Für etwa zehn Sekunden ist das Wasser erfrischend, dann übernimmt wieder die Hitze. Auf dem Rückweg legen wir einen Zwischenstopp in der Camperküche ein. Die ist ausgestattet mit allem was man braucht, nur befindet sie sich ein bisschen weit von unserem Stellplatz entfernt. Wir werden sehen, ob wir von ihr Gebrauch machen. 
Wovon wir zum Glück nicht zu weit weg sind, ist der Wlan-Hotspot. Die Verbindung ist wirklich einwandfrei. Endlich mal gute Nachrichten. Während Sarah Sport macht, heute gezieltes Training für den Hintern, beliest sich Cecil zum Thema Transfercase und sichtet etliche Videos die zur Selbsthilfe anleiten. Es kommt uns einfach spanisch vor, dass der Mechaniker sich kein eigenes Bild gemacht hat, sondern lediglich aufgrund unserer Aussagen entschieden hat. Und diese Entscheidung könnte am Ende eine Rechnung von mehreren tausend Dollar nach sich ziehen. Cecil legt sich selbst unter Koby, findet sogar das entsprechende Teil, doch von außen ist nichts zu erkennen. Wir sind uns trotzdem einig, dass wir uns eine zweite Meinung einholen sollten. 
Zum Abendessen machen wir uns heute Wraps mit Hähnchen. Während der Vorbereitungen werden wir weiterhin von den Zikaden beschallt. Dazu befindet sich unser Platz in direkter Nähe zu den Toiletten. Das bietet uns natürlich einen Vorteil, doch es herrscht auch regelmäßig Verkehr vor unserer Hütte. Immerhin daran können wir uns schnell gewöhnen. Die Zikaden dagegen sind unmöglich zu ignorieren. Gelentlich fällt es schwer bei dem Lärm einen klaren Gedanken zu fassen. Gut, dass wir beim Essen nicht groß denken müssen. 
Nachdem der Abwasch erledigt ist, beginnen wir das Potential unseres Stellplatzes zu nutzen. Zum ersten Mal haben wir eine sogenannte “powered Site”, also einen mit eigener Steckdose. Normalerweise verzichten wir darauf, da wir uns auch wunderbar mit Solarenergie versorgen können und die powered Sites teurer sind. Hier hatten wir allerdings keine Wahl und wenn wir es schon bezahlen, wollen wir es auch nutzen. Geräte, die nicht über USB geladen werden können, können mit Zugang zu einer herkömmlichen Steckdose natürlich deutlich komfortabler mit Strom versorgen werden. Laptop und die Rasierer von Cecil kommen als erstes ans Netz. 
Den restlichen Abend widmen wir der Arbeit am Tagebuch. Sarah schreibt heute die Stichpunkte, während sich Cecil um die Bearbeitung der Videos kümmert. Sobald eines fertig ist, lädt Sarah es hoch. Bei dem guten Wlan hier, ist das sogar eine wahre Freude. Dieses wird nebenbei ebenfalls genutzt, um unsere Handies und den Laptop mit den neuesten Updates zu versorgen. 
Wir sind gerade voll im Arbeitsrausch, da stößt Sarah ihr Weinglas um. Natürlich aus versehen, doch das hilft ja nichts. Der Inhalt ergießt sich über die ganze Technik auf dem Tisch. Tablet, Tastatur, Powerbank und selbst das neue Handy bleiben nicht verschont. Das meiste scheint dem Gröbsten entkommen zu sein, doch die Tastatur trieft förmlich. Es wird sich zeigen, ob sie dieses klebrige Bad überlebt hat. Für den Moment wischen wir sie lediglich ab und lassen sie anschließend in Ruhe trocknen.
Das kleine Unglück holt uns zurück in die Realität. Ein Blick auf die Uhr bewegt uns dann sogar dazu für heute Feierabend zu machen. Es ist bereits erstaunlich spät. Bevor wir hoch ins Zelt gehen, springen wir kurz unter die Dusche. Danach ist es fast halb eins und es herrschen noch immer 28 Grad. Mal sehen, ob wir bei diesen Temperaturen überhaupt ein Auge zumachen können. Nach einer Folge unserer Serie, wollen wir es zumindestens probieren. In diesem Sinne: gute Nacht. 
 
 
Tierische Besucher im Bad:
 


 


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