05.03., Freitag: Temple Gorge Campground - Kängurus in der Kennedy Range
Eine halbe Stunde nachdem der Wecker geklingelt hat, stehen wir auf. Zuvor haben wir noch den Sonnenaufgang vom Zelt aus beobachtet. Vor allem in solchen Momenten wird uns bewusst, dass es ziemlich besonders ist, was wir hier machen. Dazu gestaltete sich die Nacht durchaus ruhig. Sarah hat in der Nacht zwei vorbeifahrende Autos wahrgenommen. Cecil hörte lediglich das dritte, kurz bevor der Wecker klingelt. Sobald wir jedoch das Zelt verlassen, erwarten uns direkt wieder hunderte Fliegen.
Aus schierer Angst, dass uns das Gleiche passiert wie gestern beim Zubereiten des Hähnchens, gibt es heute kein Rührei. Stattdessen kochen wir zwei Eier im Wasser, welches wir anschließend nutzen um Tee und Kaffee aufzubrühen. Obwohl Cecil die Eier mit Hilfe einer Nadel angestochen hat, platzt eines auf. Die Eiweißstückchen gehen im Kaffee allerdings unbemerkt unter. Nach einer Runde Toast, die ohne weitere Zwischenfälle verläuft, erledigen wir den Abwasch und packen danach zusammen.
Bis zur Gascoyne Junction fahren wir 40 Kilometer. Der Ort markiert die letzte Bastion der Zivilisation. Dahinter liegt das wahre Outback und etliche Rinderfarmen. Für knapp 1,52$/Liter tanken wir erneut auf. Ohne vollen Tank schaffen wie die angedachte Tour nicht und ab hier wird es ganz bestimmt nur noch teurer. Auf den letzten 175 km lag Koby's Verbrauch bei lediglich 14,23l/100km. Es wäre schön, wenn er in diesem Bereich bliebe. Ein frommer Wunsch, aber man darf wohl noch träumen.
An den öffentlichen Toiletten im Ort legen wir einen kurzen Stopp ein. Handy-Empfang haben wir hier keinen. Das war fast schon zu erwarten. Frohen Mutes machen wir uns dennoch wieder auf den Weg. Es ist reiner Zufall, dass wir das örtliche i-Site passieren und sicherheitshalber doch nochmal anhalten. Sarah geht hinein und erkundigt sich nach den Straßenverhältnissen. Die Straße bis zur Kennedy Range ist freigegeben. Von dort aus kann man direkt bis zum Mount Augustus. Allerdings ist auf diesem Teilstück äußerste Vorsicht geboten. Unterwegs lauern Auswaschungen und ähnliche Gefahren. Immerhin war die Strecke bis gestern noch als unpassierbar eingestuft worden. Wir sind jedoch gewillt diese Chance zu ergreifen. Koby packt das schon.
An der “Stadt”grenze macht uns ein Schild etwas stuzig. Angeblich sind sämtliche Straßen weiterhin geschlossen. Noch vor wenigen Minuten wurde uns gesagt, der Weg sei frei. Wir ignorien die Schilder daher und setzen unseren Weg unbeirrt fort. Nachdem der Asphalt in eine Schotterpiste übergegangen ist, lassen wir ein wenig Druck aus den Reifen. Die Straße befindet sich zwar in einem recht guten Zustand, aber heute sind wir lieber vor- als nachsichtig.
Bis zur Grenze des Nationalparks müssen wir 60 km zurücklegen. Es folgt eine kurze Stichstraße in das Gebiet. Diese ist ziemlich rau. Immer wieder warten schlecht zu sehende Senken, doch Cecil erkennt die meisten zum Glück im Voraus. Es rumpelt daher nicht zu doll, während wir unseren Weg ins Herz der Kennedy Range bahnen. Diese haut uns auf den ersten Blick aus den Socken. Das Hochplateau erhebt sich gute 50 Meter und erstreckt sich auf beiden Seiten bis zum Horizont. Auf halber Strecke in die erste Schlucht hinein, stoßen wir auf zwei Kängurus. Sie hüpfen im ersten Moment vor uns weg, verharren dann jedoch. Alli ist bereits in der Luft. Es gelingen durchaus sehenswerte Aufnahmen.
Der weitere Weg zur Drapers Gorge ist mindestens genauso spannend. Es geht durch, immerhin trockene, Flussbetten, die dafür aber sandig und steinig sind. An den kritischen Stellen lassen wir Koby einfach rollen und schaffen es so auch ohne Allradantrieb bis zum Parkplatz, von dem aus unsere erste Wanderung startet.
Der ist nicht mehr als eine brache Fläche, doch wir können Koby in geordneter Weise abstellen und uns für die Wanderung fertig machen. Während Cecil das nahe WC-Häuschen aufsucht, entdeckt Sarah weitere Beuteltiere in einer nahen Felsspalte. Vermeintlich eine Kolonie Rock-Wallabys. Die sucht allerdings geschlossen das Weite als die Tür der Toilette zu knallt. Cecil konnte nicht anders, als schleunigst die Flucht zu ergreifen. Alles ist dort übersät mit Spinnennetzen und deren Erzeugern. Sarah schaut ihn zwar vorwurfsvoll an, doch Cecil bekommt davon kaum etwas mit, da er noch eine ganze Weile damit beschäftigt ist die klebrigen Gewebe zu entfernen.
In voller Montur machen wir uns kurze Zeit später auf den Weg. Die Wanderung in die Drapers Gorge ist als 2km return Weg der Klasse 4 beschrieben. Bevor wir den Parkplatz verlassen, passieren wir ein Warnschild. In der Region herrschen demnach zuweilen extreme Temperaturen. Aufgrunddessen seien bereits Menschen hier im Nationalpark gestorben. Na das kann ja heiter werden. Da es sich lediglich um einen 2 km Return-Wanderweg handelt, schätzen wir unsere Chancen zu überleben jedoch sehr hoch ein.
Direkt durch die Schlucht führt uns ein schmaler Pfad. Unterwegs bieten sich uns traumhafte Kulissen. Einige Vertiefungen sind mit Wasser gefüllt. Für echte Wasserfälle hat der vergangene Regen allerdings wohl nicht ausgereicht. Wir halten es darüber hinaus für unwahrscheinlich, dass jemals jemand einen echten Wasserfall erblicken wird. Im Normalfall sollte der Rest des Parks und die Straßen dann so überschwemmt sein, dass man nicht bis hier her kommt.
Ein Wasserloch markiert offensichtlich das Ende des Weges. So schön es auch vom Boden aus ist, so gerne würde Cecil Alli in die Luft schicken. Allerdings scheitert das Vorhaben an dem mangelnden GPS-Signal. Der Talkessel scheint sämtliche Satteliten von unserer Position abzuschirmen. Statt sich darüber lange zu ärgern, macht sich Cecil selbst auf den Weg die Gegend zu erkunden. Ein Frosch im Wasser wird das vermeintliche Highlight seiner Expedition.
Wir befinden uns bereits auf dem Rückweg, als es Cecil erneut mit Alli probiert. Tatsächlich können jetzt genug Satelliten erreicht werden und die kleine Drohne hebt ab. Auf dem Rest des Rückwegs sind wir voll damit beschäftigt unsere Ruhe zu bewahren. Das Areal ist mit Fliegen regelrecht verseucht. Während man sich mit den Händen Luft zufechelt, schlägt man, mehr oder weniger ungeplant, auch jedes Mal ein paar Fliegen weg. Die Temperatur steigt derweil. Könnte es jetzt noch besser werden?
Wie der Tod in Latschen kommen wir wieder bei Koby an. Leider stand die Sonne während wir gewandert sind nicht ideal für unsere Kameras. Cecil will das nicht auf sich sitzen lassen. Doch statt erneut in die Schlucht zu gehen, kommt abermals Alli zum Einsatz. Noch während Cecil alles vorbereitet, sichtet Sarah weitere Kängurus. Tatsächlich gelingen wieder Aufnahmen mit Alli, doch anschließend schämen wir uns ein wenig, da der Lärm der Rotoren die Beuteltiere aus ihrer Höhle verjagt hat. Wir entschuldigen uns dafür vielmals.
Nicht weit von der Drapers Gorge befindet sich die Temple Gorge. Dort kann man campen und das ist unser nächstes Ziel. Ein Schild am Eingang des Parks hat darauf hingewiesen, dass pro Person und Nacht 11$ Campinggebühren anfallen. Diese werden von Camp Hosts oder Rangern eingesammelt. Vor Ort sind wir allerdings zunächst allein. Mit ein wenig Glück campen wir daher kostenlos.
Von unserem Platz aus genießen wir einen herrlichen Blick auf eine Felswand der Temple Gorge. Während wir Zelt und Awning aufbauen, haben wir noch immer ordentlich mit der Hitze und den Fliegen zu kämpfen. Nach ein paar Minuten im Schatten und einer kleinen Brotzeit wird es langsam besser. Direkt danach setzen wir die Fliegennetze auf und können so gewappnet ein wenig entspannen. Plan ist es die Mittagshitze auszusitzen, bevor wir uns zur zweiten geplanten Wanderung aufmachen. Mit einem guten Buch in der Hand gelingt uns das Recht gut.
Um kurz vor 16 Uhr brechen wir wieder auf. Auf dem Weg in die Temple Gorge sichten wir gleich zu Beginn wieder ein Känguru. In dieser Hinsicht läuft es bei uns heute richtig gut. Durch ein trockenes Flussbett sucht man sich einen eigenen Weg durch die Schlucht. Schon nach etwa einem Kilometer gabelt sich der Weg. Wir entscheiden zunächst den längeren und anspruchsvolleren rechten Abzweig zu erkunden. Es folgt ein Pfad, der sich tatsächlich zu ziehen scheint. In unregelmäßigen Abständen sind kleinere Klettereinlagen zu absolvieren und die Spinnennetz-Dichte nimmt zu. Bald muss Cecil einen Stock zur Hilfe nehmen, um alle auf unserem Weg entfernen zu können.
Auf etwa halber Strecke entdecken wir einige Ziegen über uns auf dem Rand der Klippe. Es sind drei ausgewachsene und zwei Jungtiere. Zunächst wirkt es so, als hätten sich die Kleinen verlaufen. Das Gemecker der beiden klingt daher für uns teils herzzerreißend. Doch mit ein paar Sätzen schließen sie flink zu den Erwachsenen auf und fressen weiter sämtliches Grünzeug auf ihrem Weg. Dafür wird es daraufhin für uns brenzlig. Die Gruppe befindet sich jetzt genau über uns. Wir wechseln auf die andere Seite des Flussbettes und beobachten die Tiere erneut. In diesem Moment tritt eines der Jungtiere einen Steinschlag los. Ziemlich große Brocken schlagen genau dort auf die Felsen, wo wir gerade eben noch standen. Sofort ändert sich unser Verhalten gegenüber dieser Tiere. Statt sie als niedlich zu betrachten, sind es für uns ab jetzt wahre Todbringer, vor denen wir uns besser in Acht nehmen.
Ohne weitere Anschläge auf unser Leben, aber trotzdem ordentlich durchgeschwitzt, erreichen wir das Ende des Pfades. Wieder markiert von einem kleinen Wasserpool im Fels. Noch während wir am Verschnaufen sind, entdeckt Sarah einen Freckled Monitor, Varanus tristis, Trauerwaran. Leider posiert er nur ganz kurz für unsere Kameras, bevor er unter den Felsen verschwindet. Da das Wasser nicht zum baden einlädt, machen wir uns wenig später wieder auf den Rückweg.
An der Gabelung wählen wir nun den linken Abzweig. Dieser Teil der Schlucht liegt jedoch bereits größtenteils im Schatten und das Wasserloch am Ende ist trocken. Highlight ist daher ein Muster im Fels, welches stark an einen Totenkopf erinnert und stimmungsvoll illuminiert wird. Plötzlich durchfährt der Ruf einer Ziege die Stille. Sie scheinen ganz nah zu sein. Besser wir bewegen uns so weit es geht weg von den Felswänden oder bleiben ganz dicht. Wer weiß, wann der nächste Stein von der Klippe getreten wird.
Gegen 17:30 Uhr sind wir zurück auf dem Platz. Noch immer ist keine weitere Menschenseele zu sehen. In diesem Fall könnte das allerdings ein Nachteil für uns darstellen. So konzentrieren sich sämtliche Fliegen der Kennedy Range und Umkreis nur auf uns. Zum Glück sehen wir Hoffnung am Horizont. Die Sonne wird hier bereits früh hinter den Felsen untergehen. Damit sollten wir noch vor 19 Uhr Schatten bekommen und kurz darauf auch nicht mehr gegen die Fliegen kämpfen müssen. Es ist jedoch schon ein neuer Feind auf dem Schlachtfeld aufgetaucht. Scharen von Ameisen attackieren unsere Füße und egal wie oft wir mit Tisch und Stühlen umziehen, sie scheinen uns regelrecht zu verfolgen. Hier im Outback hat man offensichtlich nie seine Ruhe vor den Insekten.
Ab 18 Uhr macht Sarah Sport, während Cecil sich das Tablet schnappt und mit dem Schreiben beginnt. Hinter der Range schwindet das letzte Licht des Tages. Die Fliegen drehen daher ein letztes Mal richtig auf. Dazu scheinen die Mücken nahtlos ihren Platz übernehmen zu wollen und auch anderes Viehzeug ist bereits unterwegs. Es wird uns wohl auch in der Nacht nicht langweilig werden. Bis kurz vor 20 Uhr schreibt Cecil. Sarah ist mittlerweile fertig mit ihrem Sport und hat erneut ihr Buch herausgeholt.
Wir versuchen das Ganze Getier um uns herum so gut es geht zu ignorieren. Der Sternenhimmel ist bereits jetzt eindrucksvoll und wird sicher noch besser, je dunkler es wird. Ob wir das allerdings noch erleben ist fragwürdig. Wenn wir weiterhin so belagert werden, ziehen wir uns wohl eher frühzeitig ins Zelt zurück. Als wolle sie uns in diesem Gedanken bestärken, klettert in diesem Moment eine Jägerspinne ordentlichen Ausmaßes an einem der Tischbeine hinauf. Cecil kann sie zwar entfernen, doch ihre Strategie ging auf. Wir essen so schnell es geht und gehen danach hoch.
Oben gucken wir die letzten zwei Folgen der zweiten Staffel Élite. Das Ende ist spannend und war so nicht zu erwarten. Wir haben auf jeden Fall Lust auch die dritte Staffel zu schauen. Beim Zähneputzen bilden wir uns ein, dass das Viehzeug weniger geworden ist. Doch jetzt sind wir zu müde noch in die Sterne zu gucken. Morgen sollten wir versuchen länger draußen auszuhalten. Das Firmament ist atemberaubend schön.
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