29.01., Freitag: Buschcamp No. 2 vor Bremer Bay - Free Willy
Cecil wird in der sich bildenden Menschentraube von Sarah getrennt und
leicht abgedrängt. Dadurch bekommt am Ende nur noch Sarah einen
Sitzplatz auf dem Oberdeck. Neben ihr haben sich zwei Typen mit ihren
dicken Rucksäcken breitgemacht. Die Bank bietet durchaus Platz für vier
Personen, doch Cecil bevorzugt es zu stehen und im Stillen darüber zu
schimpfen, wie unhöflich manche Menschen sind. Bis zum Bremer
Canyon, dem Aufenthaltsgebiet der Orcas, werden wir etwas mehr als eine
Stunde unterwegs sein. Cecil ist es bald leid zu stehen und außerdem
wollen wir unten an der Bar schauen, ob wir bereits etwas zu essen
abgreifen können. Immerhin haben wir nichts gefrühstückt und bisher gab
es lediglich winzige Stückchen Kuchen und Melone. Kurz hinter uns kommen
unsere Freunde mit ihren Rucksäcken die Treppe hinunter und
verschwinden im Unterdeck. Tolle Aktion.
Leider finden wir hier
unten zunächst nichts Essbares. Neben Tee und Kaffee gibt es lediglich
Kekse und Müsli-Riegel, doch Süßkram hatten wir bereits genug. Sarah
sogar etwas zu viel, denn ihr wird ein bisschen schlecht. Es herrscht
aber auch ein ordentlicher Seegang. Neben uns liegt bereits eine Frau
auf dem Boden, die das offensichtlich nicht so gut verträgt. Zwei Männer
geht es sogar noch schlechter. Sie lehnen abwechselnd über der Reling
und füttern die Fische. Cecil organisiert einen Tee für Sarah, doch der
macht es eher noch schlimmer. Bei dem ganzen Gewürge um uns herum wird
jetzt sogar Cecil ein wenig schlecht. Unsere Rettung ist ein
anderer Mann, den wir dabei beobachten, wie er aktiv ein paar Toast bei
der Besatzung bestellt. Wir wussten nicht, dass das hier so abläuft,
doch probieren es gleich darauf auch. Unsere Schinken-Käse-Toasts
kriegen wir sogar frei Haus aufs Oberdeck serviert. Dort schaukelt es
zwar noch ein wenig mehr, doch wir müssen nicht mehr das Elend der
Seekranken beobachten. Zunächst sieht es so aus, als würde das Toast bei
Sarah nur noch alles schlimmer machen. Doch kurz darauf geht es und die
Übelkeit lässt nach. Wenige Minuten später sind wir beide wieder oben
auf und können den Rest der Fahrt genießen. Offensichtlich war es doch
nur ein leerer Magen, der die Symptome einer Seekrankheit hervorgerufen
hat.
Kurz bevor wir den Canyon erreichen, wird das Außendeck am
Bug geöffnet. Wir entscheiden eher zufällig, uns auf der linken Seite zu
positionieren, doch das sollte am Ende ein wahrer Glücksfall sein. Die
ersten Orcas entdeckt zunächst nur die Crew. Allerdings haben wir im
Vorfeld erfahren, dass Orcas maximal fünf Minuten unter Wasser bleiben
können. Im Vergleich zu anderen Walen mag das eine wirklich kurze Zeit
sein, doch für uns Menschen hier an Board kommt es uns wie eine Ewigkeit
vor. Dann endlich tauchen sie wieder auf. In etwas 100 m
Entfernung können wir die Gruppe immer wieder sehen. Ab zu auf der
rechten Seite des Schiffs, doch meisten links wo wir stehen. Sogar ein
kleines Jungtier ist mit von der Partie. Erstaunlich sind die großen
Rückenflossen, welche den Tieren den Beinamen “Schwertwal” eingebracht
haben. Bei ausgewachsenen Männchen kann diese Flosse mehr als 1,5 m lang
sein! Ein paar Mal kommen die Tiere zum Luftholen an die
Oberfläche, dann verschwinden sie wieder für ein paar Minuten. Doch es
dauert dieses Mal nicht lange, bis wir sie erneut sichten. Einmal kommen
sie dem Boot sehr nah. Ein Wal taucht direkt an unserer Position
darunter hindurch. Die nächsten vier Stunden verbringen wir damit
unseren Platz zu verteidigen und so viel von den Orcas zu Gesicht zu
bekommen wie nur möglich. Am Anfang kommen die Wale recht häufig
an die Oberfläche. Das heißt aber nicht, dass sie leicht abzulichten
sind. Manchmal kann man eines der Tiere bereits erahnen, bevor es
auftaucht, doch in den meisten Fällen kann man nur reagieren. Für den
Bruchteil einer Sekunde taucht dann der schwarz-weiße Kopf mit dem
prominenten weißen Fleck über dem Auge auf. Davon eine Aufnahme zu
machen grenzt an ein Ding der Unmöglichkeit. Wir versuchen trotzdem
unser Möglichstes. An Gelegenheiten mangelt es dagegen nicht. Immer
wieder steigen die Wale zum Atmen auf. Manchmal ist sogar ein wenig
Spielerei und ein paar Sprünge zu beobachten.
Wenn die Wale
wieder abgetaucht sind, um im Canyon erneut nach Nahrung zu suchen,
helfen Wasservögel dabei die Gruppe erneut auszumachen. Diese haben sich
darauf spezialisiert den Orcas zu folgen. Sobald irgendwo ein Wal
auftaucht, ist immer eine Gruppe Möwen oder Albatrosse ebenfalls vor
Ort. Die Vögel haben berechtigte Hoffnung etwas vom Fang abzubekommen
und erkennen viel früher als Menschen, wo die Tiere wieder auftauchen.
Hauptsächlich ernähren sich Orcas übrigens von Kalmaren und anderen
Tintenfischen. Allerdings nicht das Kleinzeug, welches einem auf einer
Pizza Frutti-di-Mare serviert wird. Die Portionen sind dem Appetit eines
Orcas angepasst. Ein Riesenkalmar misst mit seinen Tentakeln locker
über 10 Meter.
Wo wir gerade schon beim Essen sind. Wir haben uns
vorgenommen das Maximum aus dem bezahlten Preis herauszuholen. Das
heißt, wir versuchen so viel es geht vom Buffet abzustauben und man kann
sagen wir machen einen wirklich guten Job. In jeder freien Minute
organisiert einer von etwas neues zum Snacken. Es gibt Wraps,
Sandwiches, kleine Pasteten und Mini-Pizza. Dazu etliche Limo-Dosen.
Ohne Zucker versteht sich. Das setzt zu schnell an. Einer der Passagiere
geht sogar noch weiter. Den Mann haben wir schon mehrmals über der
Reling hängen gesehen. Trotzdem schlägt auch er immer wieder ordentlich
beim Essen zu. Offenbar nur, um es kurz darauf wieder der Nahrungskette
zuzuführen. Das geht uns dann doch ein wenig zu weit. Uns geht es
mittlerweile richtig gut und wir genießen die Fahrt in vollen Zügen.
Im
Verlauf der Tour verlieren immer mehr unserer Mitreisenden das
Interesse an den Walen. Neben denen, die mit Seekrankheit zu kämpfen
haben, ziehen sich auch immer mehr “gesunde” Menschen zurück. Schon bald
ist das Unterdeck und alle Sofas mit schlafenden Menschen übersät. Wir
bedauern die, die die Tour nicht genießen können und verurteilen
diejenigen, die offenbar einfach keine Lust mehr haben und lieber ein
Nickerchen machen. Aber eigentlich kann es uns nur recht sein. Von den
Toastie-Ecken, die ab und zu sogar von der Crew geliefert werden,
kriegen wir umso mehr. Dazu bedienen wir uns ausgiebig an abgepackten
Crackern und Käse. Das müssen wir nicht mal direkt essen, sondern hält
sich auch noch über die Tour hinaus. Allerdings muss man auch zugeben,
dass die Walsichtungen seit dem fulminanten Anfang immer seltener
wurden. Doch andere Tiere wie Albatrosse und einmal sogar ein Hai direkt
neben dem Boot, helfen die Durststrecken zu überbrücken.
Gegen
13 Uhr dreht das Boot ab und es geht auf den Rückweg. Ab jetzt haben wir
Zeit uns voll und ganz unserer Nebenmission zu widmen. Da passt es gut,
dass ab jetzt alkoholische Getränke serviert werden. In der
Beschreibung der Tour war stets von einem Getränk die Rede, doch die
Crew scheint sich darum nicht wirklich zu kümmern. Cecil belässt es bei
zwei Light-Bieren, da er noch fahren muss. Für Sarah gibt es keinen
Grund sich zurückzuhalten. Nach drei Gläsern Champagner hat aber auch
sie ihr Soll erfüllt. Nebenbei tun wir unser Bestes das Ganze gute Essen
vor dem Mülleimer zu bewahren. Es gibt Würstchen in Blätterteig, eine
kleine Tüte Chips, noch mehr Cola-Zero und etwas mehr abgepackter Käse
landet im Rucksack. Den Bug haben wir mittlerweile fast für uns allein.
Trotz des rauschenden Windes unterhalten wir uns angeregt und genießen
ansonsten einfach die Fahrt.
Kurz vor dem Hafen hält das Boot an
einer kleinen Insel. Darauf lebt eine kleine Robbenkolonie. Damit haben
wir nun wirklich nicht gerechnet und es zahlt sich aus, dass wir auf
dem Außendeck geblieben sind. Es dauert nicht lang und alle drängen sich
dort, um ein Foto zu bekommen. Von bester Position aus können wir eine
kleine Robbe beobachten die eine große ärgert. Dazu noch ein echtes
Alphatier, eine mit herzzereißend großen Kulleraugen und eine, die ein
paar Runden im Wasser dreht. Was für herrliche Tiere. Es macht immer
wieder Spaß Robben zu beobachten.
Auf den letzten Metern zurück
in den Hafen finden wir uns wieder an der Bar ein. Neben den letzten
zwei Sandwich-Ecken steckt Cecil noch eine Birne ein, während Sarah
weiter unsere Vorräte an Crackern und Käse aufstockt. Mit dem guten
Gefühl wirklich alles aus dieser Tour herausgeholt zu haben, verlassen
wir das Boot. Davor bekommen wir noch je eine Postkarte und einen
Lutscher in die Hand gedrückt. Um kurz vor 15 Uhr sind wir zurück bei
Koby.
In Bremer Bay kaufen wir noch ein paar Eier und tanken
auf. Wasser finden wir leider keines. Weder Trinkwasser noch Wasser,
welches wir wenigstens zum Abwaschen nutzen könnten. Noch haben wir aber
genug Vorräte, also sollte das kein großes Problem werden. Mangels
einer Alternative machen wir uns wieder auf den Weg zu der Stelle, an
der wir bereits die letzten zwei Nächte verbracht haben. Kurz vor
unserem Abzweig passiert ein großer Goana die Straße. Wir finden ihn im
Gebüsch wieder, nachdem wir geparkt haben und können sogar noch ein paar
Aufnahmen machen.
Im Windschatten von Koby beginnt Cecil am Abend damit Stichpunkte zu schreiben. Sarah widmet sich derweil einem Sudoku. Kurz darauf wird es ihr draußen jedoch zu kalt und sie geht bereits hoch ins Zelt. Cecil schafft es noch einen Tag für den Blog auszuformulieren. Anschließend folgt er Sarahs Beispiel. Wir gucken noch unsere Serie weiter. Abendbrot sparen wir uns heute, doch es gibt noch ein paar Cracker und Käse vom Boot ;)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen