06.02., Samstag: Varley Rest Area - Wir hätten im Bett bleiben sollen

Wir verlassen heute das Zelt erst, als es irgendwann zu warm wird. Überraschenderweise ist es draußen dafür alles andere als warm. Eine durchgehende Wolkendecke überzieht den Himmel und es windet ordentlich. Während wir frühstücken setzt auch noch Nieselregen ein. Gezwungenermaßen ziehen wir daher unter das Zelt um. Das hilft allerdings nicht viel, da der Regen vom Wind auch dorthin getrieben wird. Ein echter Stimmungskiller, der uns in der Folge dazu bringt, zunächst wieder ins Zelt zu gehen.
 
 
Eigentlich war geplant wandern zu gehen. Aber bei dem Wetter bringt das wohl nichts als schlechte Laune. Es fühlt sich zwar ein bisschen komisch an wieder im Bett zu liegen und Serie zu gucken, doch im Moment ist nicht viel mehr drin. Wir schauen also eine Folge Designated Survivor und hoffen, dass sich in dieser Zeit das Wetter bessert.
Tatsächlich ist es ein wenig freundlicher, als wir knapp eine Stunde später wieder die Leiter herunterkommen. Nach dem Abwaschen, wir sind gerade dabei abzutrocknen, setzt erneut Regen ein. Allerdings lassen wir uns nicht erneut ins Zelt zurückdrängen. Jetzt ziehen wir durch und packen ein. Nach der Reinigung und einer frischen Schicht Silikon-Öl läuft es mit dem Reißverschluss an der Plane schon deutlich besser. An den Ecken ist es weiterhin kniffelig, doch mittlerweile haben wir die nötigen Handgriffe drauf.

Die Fahrt nach Ravensthorpe zieht sich gefühlt ewig. Gut, es sind auch immerhin 135 Kilometer, aber nach australischem Maßstab ist das nicht viel. Vielleicht liegt es auch am Wetter. Immer wieder regnet es. Da macht es einfach keinen Spaß unterwegs zu sein. Endlich angekommen, ist es an der Zeit zu überlegen, ob wir trotzdem wandern gehen oder die Sache abblasen. Als Entscheidungshilfe gehen wir erneut die Beschreibung der Wanderung durch. Angeblich kann man in der Gegend häufig Bürstenschwanz-Wallabies sehen. Das schlechte Wetter könnte unseren Chancen darauf sogar noch erhöhen. Damit ist es entschieden. Wir gehen wandern.
Kaum sind wir vom Highway abgebogen, da schüttet es plötzlich wie aus Eimern. Sofort zweifeln wir an unserer Entscheidung, fahren jedoch zunächst weiter. Wenig später endet die asphaltierte Straße und geht in eine Gravelroad über. Die befindet sich allerdings in einem so guten Zustand, dass wir mit knapp hundert Sachen an einem Warnschild vorbeizischen. Im Augenwinkel erkennen wir noch “4-WD-Track!”. Allerdings bleiben die Straßenverhältnisse weitestgehend unverändert. Ab und zu gilt es sandige Passagen zu durchfahren, doch Allradantrieb ist dafür nicht nötig.
Am Start des Wanderweges ist kein Schild oder Ähnliches zu finden. Zum Glück haben wir uns vom Tablet navigieren lassen. Andernfalls wären wir an dem winzigen Parkplatz wohl einfach vorbeigefahren. Bevor es losgeht, stärken wir uns mit einem Stück Pizza. Währenddessen frischt der Wind weiter auf und wieder beginnt es zu regnen. Schnell flüchten wir ins Auto und sitzen die Husche aus. Nachdem der Regen wieder in Niesel übergegangen ist, machen wir uns auf den Weg.

Über einen sehr schmalen Pfad bahnen wir uns den Weg zum No Tree Hill. Die Vegetation besteht hauptsächlich aus Banksia-Gewächsen. Diese verfügen über gezahnte Blätter. Die restlichen Pflanzen können wir nicht bestimmen, doch sie haben alle eines gemein. Sie sind äußerst pieksig. Schon nach wenigen Metern sind Cecils Beine mit Striemen übersät. Sarah war noch nie so froh darüber, eine lange Hose an zu haben. Trotzdem ist es auch in dieser äußerst unangenehm. Dazu ist alles vom Regen nass und langsam weichen Hosen und vor allem unsere Schuhe durch. Als es wieder stärker zu regnen beginnt, müssen der Rucksack und Sarahs Kamera in ihre wasserdichten Hüllen verpackt werden. Wallabies haben wir bisher noch keine zu Gesicht bekommen. Es kommt der Gedanke auf: “Wir hätten im Bett bleiben sollen.”
 

Auf dem No Tree Hill angekommen, sind wir von der Aussicht ziemlich enttäuscht. Mannshohe Büsche versperren in fast alle Richtungen einen freien Blick. Lediglich die Sicht auf die Gipfel der Berge im Fitzgerald NP ist ganz nett. Bei den dunklen Wolken überall aber auch nicht mehr als das. Wir knipsen ein schnelles Foto, eher als Beweis als wegen des schönes Motivs, dann geht es direkt auf den Rückweg.
 

Den Rückweg über quatschen wir ein wenig und bewundern die Hakea-Pflanzen. Mit einer Größe von bis zu 2,5 m sticht sie deutlich aus der Menge heraus. Die Royal Hakea setzt sich zudem durch ihre auffälligen Blätter ab. In ihrer Farbe variieren sie von Rot über Orange und Gelb bis Grün. Sie erinnern uns damit ein wenig an eine Verkehrsampel. Tatsächlich entsteht dieser Effekt durch eine Mangelerscheinung. Die Royal Hakea wächst ausschließlich in und um den Fitzgerald Nationalpark. Die Böden dort sind oft trocken und nährstoffarm. Um zu überleben, entzieht die Pflanze, wenn nötig, den Blättern mangelnde Nährstoffe. Diese verfärben sich daraufhin. Im Normalfall sind die Blätter durchgängig grün. Im heimischen Garten würde die Royal Hakea daher eine weit weniger auffällige Erscheinung bieten.
 

Zurück bei Koby ziehen wir eine eher nüchterne Bilanz. Kein Wallaby hat sich uns gezeigt, wir sind abwärts der Hüfte nass bis auf die Knochen und mit Kratzern übersäht. Lediglich der Fakt, dass wir uns bewegt haben, könnte auf die Haben-Seite geschrieben werden. Immerhin 6 km sind wir gewandert. Um zurück zum Highway zu gelangen, folgen wir weiterhin dem 4-WD-Track. Das ist deutlich kürzer, als auf dem gleichen Weg zurück zu fahren. Wie erwartet ist die Piste auch hier nicht sehr anspruchsvoll. Ein bisschen sandig hier und da, aber abgesehen davon eine normale Gravelroad.
In Ravensthorpe legen wir lediglich einen kurzen Stopp zwecks Tanken ein. Leider bekommen wir kein Netz, sodass wir die Benzinpreise nicht vergleichen können. Bis zum nächsten Ort würden wir noch kommen. Aber ob es dort günstiger ist, wissen wir nicht. Als wir sehen, dass 98er bei der Shell nur 1,47$ kostet, schlagen wir ohne weiter nachzudenken zu. Von Ravensthorpe sind wir 45 Minuten bis nach Lake King unterwegs. An der dortigen Rest Area soll es laut Campermate kostenlose heiße Duschen geben. Unterwegs fallen nur noch gelegentlich ein paar Tropfen vom Himmel.
In Lake King angekommen, steigt Sarah aus und schaut an dem Toiletten-Block bei den Frauen nach einer Dusche. Doch vergeblich. Wir drehen nochmal eine Runde. Vielleicht haben wir die Duschen bereits verpasst. Aber es gibt keine weiteren Einrichtungen. Wenn dann hätte die Dusche dort sein müssen. Wir sind ziemlich enttäuscht. Dann kommt uns eine Idee. Vielleicht ist es wie damals in Wellstead. Dort befand sich eine Dusche auf den Behinderten-WC. Cecil wagt einen Blick und Bingo. Wir gehen nacheinander duschen und es gibt endlich frische Kleidung. Damit wird es allerdings knapp. Cecil zieht bereits seine letzte Boxershorts aus der Kiste und auch bei T-Shirts und Socken wird es bald eng. Das sollten wir bald in Angriff nehmen.

Der kleine Ort Varley liegt auf direktem Weg zum Wave Rock, unserem nächsten Ziel. Die dortige Rest Area wird von den Usern bei Wiki-Camps und Campermate gleichermaßen in den Himmel gelobt. Angeblich ist Wasser, Strom, Wasserkocher, Toaster, eine Mikrowelle und sogar eine Waschmaschine verfügbar. Das alles noch dazu kostenlos. Allerdings soll der Platz recht klein sein und nur Fläche für 5-6 Fahrzeuge bieten. Wir hatten daher bereits schon Befürchtungen, ob wir überhaupt noch einen Platz bekommen. Immerhin ist es bereits 17 Uhr, als wir ankommen. Doch zu unserer Überraschung sind wir allein.
Tatsächlich finden sich in einer Art Schuppen alle angepriesen Geräte. Steckdosen und Wasser sind ebenfalls vorhanden. Dazu ein paar Zeitschriften und Bücher, die hier wohl von anderen Campern zurückgelassen wurden. Eine Art Tauschbörse nach dem Motto “Take one, leave one”. Gleich neben den Toiletten entdecken wir im Außenbereich sogar eine Dusche. Aus der kommt nur kaltes Wasser, aber immerhin. An einem heißen Tag hätte uns das ausgereicht.
Kurz nach uns fährt ein Auto mit Caravan auf den Platz. Ganz allein bleiben wir daher nicht, doch das war zu erwarten. Am Himmel zeigen sich gelegentlich kleine blaue Flecken. Sogar das Solarpanel lädt für einen kurzen Moment unsere Batterie. In jedem Fall hat der Regen wohl für heute Feierabend. Dafür dreht der Wind ein wenig mehr auf. Wir sind gespannt, wie es später beim Kochen läuft. Doch darum müssen wir uns jetzt noch keine Gedanken machen. Sarah macht erstmal Sport und Cecil schreibt Tagebuch.

Fast 1 ½ Stunden sind wir am Abend mit Kochen beschäftigt. Mit nur einer Kochplatte wird selbst eine Reispfanne mit Gemüse und Hähnchen zu einer zeitlichen Herausforderung. Dafür schmeckt es am Ende hervorragend. Während des Kochens gibt es immer wieder kleine Regenschauer. 
 
 
Nach dem Abwasch hören wir gemeinsam ein bisschen Musik. Bei dem ein oder anderen Song singen wir beschwingt mit. Um 22 Uhr verabschiedet sich Sarah ins Bett. Cecil versucht noch ein wenig am Tagebuch weiter zu schreiben.

Eine gute Stunde versucht er sich, doch am Ende schafft er lediglich einen halben Tag zu schreiben. Es ist wie eine Art Schreibblockade. Nichts klingt im ersten Versuch richtig und es kommt einfach kein Fluss rein. Cecil akzeptiert sein Schicksal und bricht ab. Bevor auch er hoch ins Zelt geht, guckt er noch eine Folge seiner Comic-Serie. Ungefähr nach der Hälfte fängt es unvermittelt an heftig zu regnen. Stoisch bleibt Cecil auf seinem Platz unter dem Zelt sitzen und schaut die Folge noch bis zum Ende. Die Klamotten trocknen hoffentlich bis morgen früh.

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