18.01., Montag: Parkplatz im Stirling Ranges NP - Mt Magog & Talyubelup

Der Tag empfängt uns mit einer recht frischen Temperatur und einer leichten Brise, doch wir sind trotzdem frohen Mutes und kommen gut aus dem Bett. Während das Wasser für unsere Heißgetränke aufkocht, checkt Cecil den Ölstand von Koby. Der 10k-Check ist mittlerweile überfällig, doch weiterhin sieht alles gut aus. Nach dem Frühstück packen wir zusammen und machen uns auf den Weg.
Auf unserem Weg in den Stirling Ranges NP entdeckten wir unvermittelt eine Tankstelle in dem kleinen Örtchen Cranbrook. Ohne zu zögern, fahren wir ran und tanken auf. Es ist die Rettung in der Not. Ohne diesen Tankstopp hätten wir wohl nicht durch den Park fahren können, wie wir es geplant haben. Damit war der ganze Ärger von gestern, dass wir nicht in Mt Barker aufgetankt haben, völlig sinnlos. Aber auch das ist jetzt nicht mehr von Belang. Koby ist bereit für weitere Abenteuer und wir erst recht. 
Über die asphaltierte Salt Lake Road, die tatsächlich von einer paar ansehnlichen Salzseen gesäumt wird, erreichen wir die Einfahrt des Stiling Ranges NP. Ab hier geht es über eine Gravelroad. Zunächst lassen wir es langsam angehen, daher gibt es noch keinen Grund den Reifendruck zu verringern. Wir sind keine 5 km weit gekommen, da lauert uns hinter einem Hügel ein Tannenzapfenskink mitten auf der Fahrbahn auf. Gerade so können wir ausweichen und ein paar Meter später anhalten. Wir zücken Kamera und GoPro, doch der Skink rührt sich keinen Zentimeter mehr. Das ist dann doch recht schnell langweilig. 
 
 
Der erste Lookout, den wir kurz darauf erreichen, ist ebenfalls nicht sehr aufregend. Inmitten der dichten Vegetation bietet sich einem nur ein kleines Fenster, durch das man nur ein paar begrünte Hügel zu Augen kriegt. 
 
 
Da der Weg bis dorthin zunehmend rauer wurde, lassen wir sicherheitshalber 30 kPa aus allen Reifen ab. Bis zum Parkplatz vor dem Mount Magog sind es vom Lookout aus nur wenige Kilometer und es ist kein weiteres Auto zu sehen. Den Gipfel haben wir wohl für uns. Perfekt! 
 
 
Der Pfad auf den Mt Magog ist 3,5 km lang, der Gipfel 856 m hoch. Der erste Kilometer ist noch recht zahm. Auch auf dem zweiten ahnen wir nicht warum dieser Weg als “Grade 5” eingestuft wurde. Die höchste Schwierigkeitsstufe beim Wandern, die in Western Australia vergeben wird. Teilweise wird auf den Infotafeln ein Überlebenstrainig empfohlen, bevor man einen solchen Pfad in Angriff nimmt. Langsam zieht die Steigung an und gegen Ende wird uns schmerzhaft bewusst was “Grade 5” bedeutet und warum der Weg auf den Mt Magog diese Klassifizierung verdient hat. 
Es ist als würde man den Berg über Stufen erklimmen, die für Riesen geschaffen wurden. Dazu ist der Untergrund unbefestigt. Immer wieder rutscht man auf dem losen Geröll aus. Wir lassen einen großzügigen Sicherheitsabstand zwischen uns, um nicht von einem Steinschlag getroffen zu werden, den der Vorausgehende losgetreten hat. Unserer Meinung nach würde der Hang es durchaus zulassen ihn in Serpentinen zu erklimmen. Doch die Macher dieses Pfades hatten anderes im Sinn. Warum um den heißen Brei herum, wenn man auch einfach auf direktem Weg auf den Gipfel kraxeln kann? 
 

 
Es dauert gut 1:20 Std. bis wir den höchsten Punkt des Mt Magog erreichen, durchgeschwitzt und völlig platt, aber auch stolz. Unterwegs hat Cecil ein Wallaby gesehen und Sarah eine Schlange. Beides könnten wir uns aber genau so gut auch eingebildet haben. Im Grunde hatte man keine Gelegenheit sich umzuschauen. Der Aufstieg war anspruchsvoll, herausfordernd und super steil. Nur für wenige Sekunden konnten wir überhaupt den Blick heben, bevor es wieder darum ging den nächsten Schritt mit Bedacht zu platzieren. Der wenige Atem, der uns in diesem Moment noch bleibt, wird uns geraubt, als wir unsere Köpfe heben und sich der Ausblick vor uns entfaltet. Vom Gipfel des Mt Magog überblickt man fast die gesamten Stirling Ranges. Einzig der Bluff Knoll, mit 1095 m Höhe das Aushängeschild des Parks, versteckt sich ein wenig. Dem gegenüber erkennen wir die Erhebungen des Porongurup NP, auf denen wir gestern standen und am Horizont können wir sogar die Halbinsel bei Albany ausmachen, über die sich der Torndirrup NP erstreckt. 
 


  



Der Rückweg gestaltet sich fast genauso anstrengend. Man muss sich noch mehr darauf fokussieren, wo man seinen nächsten Schritt platziert. Es gleicht eher einem kontrollierten fallen. Immer darauf bedacht, nicht auf dem losen Gestein wegzurutschen. Als es langsam flacher wird, ziehen wir unbewusst das Tempo an. Das macht es natürlich nicht gerade leichter. Wir sind ordentlich bedient, als wir endlich wieder bei Koby ankommen. 
Eine kleine Stärkung haben wir uns wohl mehr als verdient. Es gibt etwas Obst und im Anschluss ein paar Cracker mit Käse, Salami-Sticks und Dips. Wieder halbwegs bei Kräften, fahren wir weiter. Immerhin steht für heute noch ein zweiter Gipfel auf dem Programm. 
 
Beim Talyuberlup sind es nur 1,3 km auf dem Weg zum Gipfel. Vom kleinen Parkplatz aus machen wir uns direkt auf den Weg. Die Beine protestieren zwar bereits, doch wir beißen die Zähne zusammen. Besonders Cecil bekommt dafür recht früh eine Quittung. Schon auf den ersten Metern fühlt es sich für ihn an als würde sein Rucksack locker eine Tonne wiegen und die Beine sind schwer wie Blei. 
Sarah scheint dagegen erst jetzt aufzublühen. Sie übernimmt daher die Führung und Cecil versucht so gut es geht an ihr dran zu bleiben. Allerdings hilft es alles nichts. Öfter muss er Pausen einlegen. Der Kreislauf pumpt wie verrückt. Doch das hat fast etwas beruhigendes. Schon seit Wochen hat Cecil Schmerzen in der linken Brust. Jetzt kann er schwerwiegendes endgültig ausschließen. Das Herz rast zwar, aber Pausen legt es dabei dankbarerweise nicht ein. (Kleiner Spaß ;) )
Nur noch wenige Meter vom Gipfel entfernt, erreichen wir einen Felspalt. Im Reiseführer noch als Highlight der Wanderung beschrieben, warnen hier oben Schilder vor dem Betreten. Zu Beginn der Wanderung wurde man sogar darauf hingewiesen, dass der Gang durch die “Cave” verboten sei. Aber ist das jetzt die “Cave” und ist es verboten? Die Schilder warnen lediglich vor den Gefahren. Wenn man in Australien unterwegs ist, trifft man alle Nase lang auf solche Schilder und oft verbergen sich dahinter die wahren Juwelen. Damit wollen wir keine leichtsinnig Taten provozieren, doch oft lohnt es sich hier ein bisschen rebellisch zu sein. Da das Schild wie gesagt nur vor Steinschlägen warnt und einen dazu auffordert auf dem Weg nicht zu stoppen, wagen wir den Gang durch die Höhle. Der Fels über uns wirkt tatsächlich fragil und scheint mit seinem extremen Übergang den Gesetzen der Natur zu trotzen. Lautlos, schnell, aber doch vorsichtig, bahnen wir uns einen Weg über die großen Felsblöcke. Es dauert keine zwei Minuten und wir beide sind durch, doch es fühlt sich wirklich so an als hätten wir gerade etwas zu viel riskiert. Nochmal machen wir das nicht. 
 
 
 
Über einen letzten Anstieg erreichen wir den Gipfel. Besonders Cecil ist erleichtert. Vielleicht etwas zu bildlich, stellt er seine Erschöpfung dar, indem er sich auf dem Gipfel fallen lässt und in die Fötus-Haltung geht. In diesem Moment eine reine Show für die Kamera, doch nur wenige Minuten zuvor hat er sich tatsächlich danach gefühlt. Der Tulyaberlup hat ihm ganz klar seine Grenzen aufgewiesen. Kein Wunder. Nach Wochen der Quarantäne, des süßen Lebens und ohne einen Hauch Sport zwischendurch, ist diese Reaktion, nachdem man gerade den Talyuberlup bestiegen hat, eigentlich normal. 
 
 
Auf 783 Metern weht eine ganz schön steile Brise. Entgegen aller Warnungen lässt Cecil Alli² aufsteigen. Die kleine Drohne sieht sich einem wirklich harschen Wind gegenüber. Zum ersten Mal kommt die Befürchtung auf, dass so sehr man sie auch in eine Richtung steuert, der Wind sie in eine andere treibt. Kurze Panik entsteht als Alli² immer weiter von uns weg geweht wird. Doch in einer kurzen windstillen Phase schafft es Cecil sie zu landen und wieder sicher in ihrem Koffer zu verpacken. Wir haben kaum den Gipfel verlassen, aber auch noch nicht erneut die Höhle passiet, da versucht es Cecil erneut. Es ist immer noch sehr windig, doch es gelingen ein paar Aufnahmen. Zufrieden packt er ein und schultert Alli² für den Abstieg.
 
 


 
Der Rückweg ist abermals sehr mühsam. Während man darauf bedacht ist den nächsten Schritt möglichst sicher zu platzieren, muss man zudem pieksige Gräser und stachelige Büsche erdulden. Bergab hat Cecil meist weniger Probleme als Sarah. Doch heute erwischt es auch ihn. Auf ein paar losen Steinen rutscht das rechte Bein weg. Reflexartig schnellt das linke Bein ebenfalls hoch und winkelt sich unwillkürlich an. Die Spitze des Schuhs verhakt sich im Boden. Alle Bänder im Bein werden bis auf das Maximum gedehnt. Kurz bevor etwas reißt, kriegt Cecil seinen rechten Arm auf den Boden. Doch in der rechten Hand hält er auch die GoPro. Ein kurzer Check, doch offensichtlich ist nichts großartig beschädigt. Der weitere Absteig verläuft beruhigenderweise problemlos. 
 

 
Endlich wieder bei Koby gibt es das volle Programm, um Cecil aufzupäppeln. Von Sarah bekommt er einen Stein in Herzform, den sie den ganzen Weg vom Gipfel getragen hat. Darüber hinaus kann er endlich die Schuhe ausziehen und, zumindestens bis er wieder hinters Steuer muss, seine Flipflops anziehen. Zur Krönung gibt es ein Magnesium-Wasser aus dem Kühlschrank. Das tut gut.
 
 
Die “Scenic Route” führt weiter bis zum Highway im Osten. Unterwegs lachen uns einige Gipfel entgegen, die es in den nächsten Tagen zu besteigen gilt. Noch haben sie gut lachen, doch wir lassen uns nicht einschüchtern. Auch nicht von dem stattlichen Schattenriss des Toolbrunup, der mit seinen 1052 Metern die zweithöchste Erhebung im NP bildet.
Offenbar haben sich entlang der Strecke die Wildtiere darauf spezialisiert besonders gefährliche Situationen hervorzurufen. Doch dieses Mal sind wir vorbereitet. Wieder liegt ein Hügel vor uns und wieder ein Reptil dahinter. Nochmal lassen wir uns jedoch nicht auf dem falschen Fuß erwischen und weichen dem stattlichen Waran gekonnt aus. 
 
 

 
Einen Stellplatz für die kommende Nacht haben wir im Vorfeld nicht ausgemacht. Gleich an der Kreuzung zu Highway befindet sich ein asphaltierter Platz direkt an der Straße. Wir sind skeptisch, doch im Zweifel dürfte man dort nächtigen. Für uns ist das allerdings nichts. Unterwegs passieren wir einen weiteren Parkplatz, doch auch dieser befindet sich direkt an der Straße. Uns zieht es weiterhin zu der Rest Area, die uns Wiki-Camps vorgeschlagen hat. Dort angekommen sind wir direkt enttäuscht. Zwar befindet sich ein dünner Streifen Vegetation zwischen dem Highway und dem Rastplatz, doch die gesamte Fläche ist asphaltiert und noch dazu abschüssig. Wir werden also unser Vorzelt nicht im Boden verankern können. Noch dazu wird Sarah, sollten wir hier unser Lager aufschlagen, in der Nacht unweigerlich auf Cecil rollen. Das Gefälle verlangt es so. Wir unternehmen einen verzweifelten Versuch auf dem schmalen Streifen Wiese neben der Rest Area zu parken, doch auch dort ist die Neigung zu stark. 
Unterwegs haben wir einen anderen Parkplatz passiert. Dieser ist nun unsere letzte Chance. Der Platz ist in keiner unserer Apps verzeichnet. Zu allem Überfluss passieren wir kurz vorher die Grenze den Nationalparks. Im Grunde wissen wir, dass das Campen hier wohl nich erlaubt ist. Und doch handelt es sich um einen offiziellen Parkplatz. Zur Not können wir sagen wir waren zu müde um weiterzufahren. Was nicht einmal gelogen wäre. Wir sind beide ziemlich platt. Um so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen, lassen wir das Dachzelt zunächst eingeklappt. 
 
 
Obwohl es im Grunde nur noch nach Müßiggang gelüstet, macht sich Cecil daran Stichpunke zu schreiben und Sarah sortiert am Laptop Fotos. Nebenbei, oder besser hauptsächlich, beschäftigt uns aber das wir noch immer kein Visum erhalten haben. Nach reiflicher Überlegung vereinbaren wir mit unseren Untermietern eine Verlängerung des Vertrags bis Ende März. Sollte bei uns alles schiefgehen, können wir sicherlich irgendwo unterkommen. Halten wir sie dagegen zu lange hin, haben wir die Arschkarte. Um es einmal klar auszudrücken. Wenn die beiden ausziehen, bleiben wir auf den Kosten sitzen. Gegen 19:30 Uhr ist Cecil fertig damit die Stichpunkte von heute zu schreiben. Es wartet eine zweite Portion Nudeln auf uns, gefolgt von etwas Abwasch und dem Aufbau des Zeltes. 
 

 
Direkt im Anschluss werden die Zähne geputzt und wir gehen hoch ins Zelt. Es ist nicht ausgesprochen kühl draußen, doch auch nicht gerade einladend. Da schauen wir uns lieber, in unseren Decken eingewickelt, zwei Folgen Designated Survivor an. 
Es ist kurz vor halb 11 als wir das Licht ausschalten. Cecil versucht direkt zu schlafen, während Sarah noch ein angefangenes Sudoku abschließen möchte. Genau in diesem Moment trifft eine eRoadtrain auf der Rest Area ein. Dem Platz entsprechend bleibt ihm gar nicht übrig als direkt neben uns zu parken. Für gut fünf Minuten lässt der Fahrer den Motor und alle Systeme laufen. Bitte lass es keinen Kühl-Truck sein. Die lassen die Maschinen zwangsläufig die ganze Nacht laufen. 
Kurze Zeit später kommt der Motor des Lastzugs zum Stehen. Es folgen noch ein paar pfeifende Geräusche einiger Ventile, dann ist es ruhig auf dem Platz. Bis ungefähr 5 Uhr morgens sollten wir jetzt Ruhe haben. Immerhin ist es schon fast Mitternacht. Ein kleiner Trost sind die recht milden Temperaturen. Cecil schläft seit einer Ewigkeit mal wieder in T-Shirt und Boxerhorts. Licht und Schatten.

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