19.01., Dienstag: Woogenilup North Rest Area - Stufen bis zum Horizont

Wie vermutet, startet die Roadtrain, die gestern zu später Stunde neben uns geparkt hat, gegen halb fünf den Motor. Kurz darauf rollt er auch schon los. Da Sarah mit Ohropax schläft, bekommt davon aber nur Cecil etwas mit. Der ist daraufhin wach und das noch vor dem Wecker. Zum Glück aber nicht viel zu früh und kurz darauf kann er daher guten Gewissens Sarah aufwecken. Als erstes packen wir das Zelt ein. Wir befinden uns bereits im Nationalpark und das Campen ist hier höchstwahrscheinlich untersagt. Es gilt daher schnellstmöglich unsere Spuren zu verwischen. Sollte jetzt ein Ranger vorbeikommen, erwischt er uns höchstens beim Frühstücken. Das ist legal. Nach einer milden Nacht startet auch der Tag mit warmen Temperaturen. Spätestens nachdem der Reißverschluss der Zeltplane wieder einmal etwas mehr rumgezickt hat, ist uns so richtig warm und wir wechseln in kurze Sachen und Flipflops. Doch es ist stark bewölkt. Eigentlich waren für heute die Besteigung des Mt Hassel und des Toolbrunup geplant. Beides Wanderungen mit hohem Schwierigkeitsgrad. Dazu liegt der Toolbrunup im Herzen der Stirling Ranges. Wir gehen davon aus, dass dieser Gipfel das Highlight wird. 
Wegen des Wetters fürchten wir jetzt, dass die Strapazen des Aufstiegs am Ende nicht mit den erhofften Aussichten belohnt werden. Nicht bei dieser Wolkendecke. Ein kurzer Check des Wetterberichts bringt wenig erfreuliches, aber eine Entscheidung. Morgen scheint die Sonne nicht viel länger, doch es sind wenigstens nur noch 29 Grad, statt den für heute angesagten 35. Kurzerhand stellen wir unseren Plan um. Heute geht es stattdessen auf den Mt Trio und den Bluff Knoll. Die Pfade dort sind nicht ganz so herausfordernd, was uns bei diesen Temperaturen sicher entgegenkommt. 
Unterwegs wollen wir einen Stopp beim Campingplatz nahe des Toolbrunup einlegen. Der befindet sich direkt an der Station der Ranger und soll neben öffentlichen Toiletten auch Trinkwasser bieten. Allerdings sehen wir nur ein paar heruntergekommene Hütten und verwahrloste Wege. Das ist seltsam, denn wir sind der Meinung, dass man den Platz online noch buchen konnte. Zum Glück reichen unsere Wasservorräte noch aus. 
 
Unseren Aufstieg zum Gipfel des Mt Trio starten wir gegen kurz nach acht. Nur ein anderes Auto parkt bereits auf der kleinen Fläche vor dem Wanderweg. 1,75 km gilt es zurückzulegen bis man den höchsten Punkt des Berges auf 856 m erreicht hat. Bis auf geschätzte 700 m steigt man über zahllose Stufen hinauf. Der Kreislauf kommt ordentlich in Fahrt, doch die Anstrengung hält sich noch in Grenzen. Unterwegs bieten sich unglaubliche Blicke auf die schroffen Felsformationen unter dem Gipfel. Die massiven Strukturen und Felsüberhänge wirken im fahlen Licht, welches durch die Wolken dringt, wahrscheinlich noch besser als bei strahlendem Sonnenschein. Es hat etwas mystisches und wirkt wie eine Szene aus “Herr der Ringe”. Kurz vor dem Ende der Stufen kommen uns die Insassen des anderen Wagens entgegen. “Quite steep” (“Recht steil”), meint der eine kurz angebunden zu uns. Recht hat er. Dann erreichen wir den Bergrücken. Laut dem Infoschild zu Beginn des Pfades ist es aber hier ein leichter Spaziergang bis zum Ende des Pfades. Eine unglaubliche Untertreibung, denn die Steigung ist weiterhin ordentlich. Schnaufend erreichen wir den Gipfel. Es bietet sich uns zwar eine schöne Sicht, doch jetzt nerven die Wolken ein wenig. Auf dem Weg hinauf waren wir noch dankbar für den Schatten. Jetzt wirkt das Panorama vor uns farb- und trostlos. Man kann nicht alles haben. 
 
 



 
Für ein wenig Zerstreuung sorgt ein großes Insekt. Eine Art rote Wespe, die uns ununterbrochen anfliegt. Wegrennen bringt nichts. Sie folgt uns auf Schritt und Tritt. Es hilft wohl nur Gewalt. Mit seinem Kappie, schlägt Cecil das Vieh mehrfach weg. Endlich versteht es die Signale und schwirrt ab. Besser wir machen uns auf den Rückweg bevor es mit Verstärkung zurückkehrt. 
Bergarb ist der Weg noch immer fordernd, doch wir sind mittlerweile schon schlimmeres gewohnt. Nicht einmal die Knie beschweren sich. Wieder bei Koby ist es noch ein wenig zu früh für Lunch. Also erst einmal weiter. Der Bluff Knoll steht als nächstes auf unserer Gipfelstürmer-Liste. Die Zufahrtsstraße ist, im Gegensatz zu allen bisherigen, asphaltiert und führt steil den Hang hinauf. Man hat das Gefühl etwas zu schummeln. Hoffentlich bleiben da noch genug Höhenmeter übrig, die wir zu Fuß zurücklegen können. Auf dem Parkplatz angekommen, vergeht uns jedoch fast die Lust. Unzählige Autos sind dort geparkt und es wuseln ein paar Menschen umher. Kaum vorzustellen, wie voll es auf dem Gipfel sein muss. Auf den Schock gibt es zunächst eine Birne und ein paar Salami-Sticks. 
 
 
Gut gestärkt und mit dem Willen uns von den ganzen Leuten nicht nerven zu lassen, machen wir uns auf den Weg. Die Tagestemperatur scheint langsam seinen Höhepunkt zu erreichen. Von Beginn an führt der Pfad über endlose Treppenstufen stetig bergauf. Die Stufen sind etwas höher als gewöhnlich, doch gut befestigt und daher kein Vergleich zu dem gekraxel auf so manch anderen Gipfel. Eine Wanderin, die uns entgegenkommt, fragt ungläubig, ob wir jetzt noch hoch wollen. Nachdem wir bejaht haben, wünscht sie uns viel Spaß. Das wird jetzt ganz schön heiß. Tatsächlich macht uns die Hitze langsam zu schaffen. Es muss eine Qual sein hier bei vollem Sonnenschein zu wandern. Danke Wolken. Die Treppe erscheint bald endlos. Immer wenn man das Gefühl hat bald da sein zu müssen, macht sie lediglich eine kleine Biegung und es erstrecken sich weitere Stufen bis zum Horizont. Die 3,1 km bis auf den Gipfel legt man über eine einzige lange Treppen zurück. Immerhin muss man nicht bei jedem Schritt befürchten abzurutschen oder unerwartet durch Felsspalten klettern. Der Kopf kann weitestgehend ausgeschaltet werden. Einfach nur einen Fuß vor den anderen setzen. Immer weiter. Irgendwann wird das Ende erreicht sein. 
Als es geschafft ist, sind wir überrascht, dass es nicht so voll ist wie befürchtet. Der Gipfel des Bluff Knoll auf 1095 m ist aber auch eher ein Plateau als eine Spitze. So ist genug Platz für jeden. Etwas abseits der kleinen Grüppchen finden wir eine ruhige Stelle. Zeit Alli die Aussicht zu zeigen. Es ist zwar fast so windig wie auf dem Mt Trio, doch hier kann es Cecil wagen. Anschließend genießen wir noch ein wenig die Szenerie. Die ist ohne Frage herrlich. Man hat einen tollen Blick über die Umgebung und das selbst bei bedecktem Himmel. Trotzdem können wir den Hype nicht verstehen. Klar, es ist der höchste Gipfel in den Stirling Ranges. Doch wir hatten schon bessere Aussichten und schönere Pfade auf den Gipfel. 
 





 

 
 

 
Was man dem Berg zugute halten kann, ist sein vergleichsweise angenehmer Abstieg, weil die Stufen guten Halt geben und keine Wegrutschgefaher besteht. Uns zittern trotzdem ein wenig die Beine, als wir gute 50 Minuten später wieder bei Koby anschlagen. Uns steckt damit aber auch bereits die siebte Gipfelbesteigung in drei Tagen in den Knochen. Besser wir gönnen uns gleich mal unser Magnesium-Getränk. Noch schnell aus den dicken Wanderschuhen in luftige Flipflops, dann retten wir uns in den Schatten eines überdachten Picknicktisches. 
Damit ist unser Wandertag für heute beendet. Es gilt einen Platz für die Nacht zu finden und dieses Mal einen legalen. Den finden wir 36 km vom Bluff Knoll entfernt ein gutes Stück jenseits der Parkgrenze. Zwar ist der halbe Platz mit den Fahrzeugen eines Bautrupps belegt, doch wir passen noch dahinter. Obwohl es weiterhin bedeckt ist, ist die Hitze total drückend. Wir sind wie erschlagen und schaffen es gerade so noch unsere Stühle aus dem Kofferraum zu holen. Danach geben wir für eine gute Weile keinen Mucks von uns. Wir vegetieren einfach vor uns hin.
Als wir wieder einigermaßen klar denken können, widmen wir uns kurz unseren Handys. Unter anderem schicken wir eine Nachricht an unsere derzeitigen Untermieter. Wir bieten an den Vertrag bis Ende März zu verlängern. Zwar haben wir noch keine Rückmeldung bezüglich unserer Visa erhalten, doch wir wollen auch nicht das Risiko eingehen, dass sie sich etwas Neues suchen und wir plötzlich auf unserer Miete sitzen bleiben.
Zu mehr reicht es dann aber noch nicht. Unsere Gehirne verlangen weiterhin eher nach leichter Kost. Perfekte Voraussetzungen für eine Runde Kniffel. Obwohl das bei uns schon auch eine Art Wettkampf ist. Den bisher immer Sarah für sich entscheiden konnte. Doch heute gewinnt Cecil überraschend die erste Runde und das deutlich. Währenddessen kommt ein anderes Auto mit Dachzelt auf dem Parkplatz an. Ein Pärchen steigt aus und ohne Umschweife machen sie sich auf den Weg zu uns. 
Das junge Paar streckt uns ihre Hände entgegen. Wir zögern kurz, bevor wir die Geste erwiedern. Schlimm wie man doch von Corona beeinflusst ist. Dazu sind wir super verschwitzt und nur leicht bekleidet. Sarah trägt obenrum nur einen Sport-BH, Cecil nur seine Bordshorts. Wir werden nach dem Bluff Knoll gefragt und wie wir die Wanderung fanden. Natürlich vergleichen wir direkt mit den anderen Gipfeln. Unsere Gegenüber sind völlig überrascht, dass es hier noch mehr gibt als den Bluff Knoll. Die Information müssen sie offensichtlich erst einmal verarbeitet. Als dazu noch eines ihrer Handys klingelt, verabschieden sie sich entgültig. Uns ist das nicht unrecht. Die zweite Runde Kniffel steht an.
Wie bereits ein Durchgang eins, gelingt Cecil erneut ein Kniffel. Auch sonst läuft es und so gewinnt er auch diese Runde. Wir beide erinnern uns nicht daran, wann das das letzte Mal passiert ist. Sarah widmet sich anschließend lieber ihrem Sport und Yoga. Sehr zufrieden macht sich Cecil ans Schreiben der Stichpunkte von heute. Danach bauen wir zusammen das Zelt auf und bereiten das Abendessen zu. 
Gegen 20:15 Uhr ist Cecil mit einem weiteren Eintrag im Tagebuch fertig. Sarah liest diesen direkt durch und postet nachdem ein paar fehlende Kommata ergänzt wurden. Oder auch mal eines weggenommen wird, wenn es zu viel war. Wozu hat man denn einen Lektor (kleiner Spaß des Autors). (Problem ist nur, dass der Lektor auch keine Ahnung hat, weil Informatiker ;-) ) Das Posten geht heute relativ schnell. An dem entsprechenden Tag war nicht viel los und wir haben kaum Bilder geschweigedenn ein Video. Vielleicht müssen wir mehr Fotos von unserem Camper-Alltag schießen. Was meint ihr?.
Um halb 10 machen wir uns bettfertig und gehen hoch ins Zelt. Anstatt noch zu lesen oder Serie zu gucken, geht direkt das Licht aus. Besser wir gönnen uns etwas Schlaf. Immerhin stehen morgen weitere zwei Gipfel auf dem Programm. Die letzten verbliebenden im Stirling Ranges NP. Mt Hassel und das vermeintliche Highlight: der Toolbrunup. Wir freuen uns schon drauf.

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