12.01., Dienstag: Torbay Inlet Camp Area - Valley of the Giants
Wir kommen heute schlecht aus dem Bett. Es ist zwar erst viertel nach sechs, doch dem Maßstab der letzten Tage nach ist das schlecht. Und das obwohl die vergangene Nacht zwar ziemlich frisch, aber ruhig war. Immerhin belebt uns das Wetter, welches draußen auf uns wartet. Kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Das dichte Blätterdach lässt zwar lediglich ein paar Strahlen hindurch, doch man kann mit Sicherheit sagen, dass es ein schöner Tag wird.
Was sich leider nicht über Nacht geändert hat, sind Sarahs Schmerzen in den Beinen. Besser gesagt in den Waden. Seit zwei Tagen hat sie extreme Probleme und wird von Krämpfen geplagt. Sie versucht so gut es geht mit Dehnübungen und Magnesium Abhilfe zu schaffen, doch bisher schlägt nichts an. Aber sie ist eine Kämpferin. Auf unsere Pläne für die kommenden Tage hat das natürlich keine Auswirkungen. Glücklicherweise beinhalten die auch nur kurze Wanderungen.
Bevor es weitergeht, postet Sarah noch zwei Tage. Hier auf der Rest Area haben wir erstaunlicherweise Empfang. Die Verbindung ist zwar recht langsam, doch es geht. Cecil packt währenddessen bereits so gut es geht zusammen. Die Bremsen sind leider über Nacht nicht verschwunden und so beginnt dieser Kampf von neuem. Wieder gewinnen wir haushoch.
Erst unterwegs zum Walpole-Nornalup NP suchen wir unser konkretes Ziel aus. Über den Hilltop Drive, einer Scenic-Route durch den Nationalpark, erreichen wir zunächst den Hilltop Lookout. Der hinterlässt ein bisschen gemischte Gefühle. Einerseits ist die Aussicht wirklich wunderschön. Andererseits ist deutlich zu erkennen, dass ein Teil der Waldes gerodet wurde, um freien Blick bis zum Ozean zu ermöglichen.
Nur ein paar hundert Meter weiter, erreichen wir den Parkplatz, von dem der Kurzwanderweg zum Giant Tingle Tree startet. Der Walpole-Nornalup NP beheimatet drei endemische Arten des Tingle Trees. Besonders beeindruckend ist der Rot-Tingle, der an seiner Basis nicht selten einen Umfang von mehr als 20 Metern aufweist. Damit kompensiert er sein relativ kurzes Wurzelwerk. Von seinem stabilen Fundament aus wächst der Rot-Tingle nicht selten bis zu 70 Meter gen Himmel. Der Giant Tingle Tree ist sowohl im Umfang an der Stammbasis als auch in Bezug auf die Höhe ein wahrer Gigant. Ganze 24 Meter misst der Baum am Boden und er ragt ganze 75 Meter hoch in den Himmel.
Was allerdings am meisten beeindruckt ist, dass der gesamte untere Stamm bis auf wenige Zentimeter Rinde ausgehöhlt wurde. Oft ist dafür eine ganze Reihe von Angriffen verantwortlich. Im Laufe der Zeit werden sie Opfer von Waldbränden, Schädlings- und Pilzbefall. Über die Jahrhunderte, der älteste Tingle Tree bringt es auf ein stolzes Alter von 400 Jahren, wird so selbst ein solch gigantischer Baum ausgehöhlt. Zu seinem Glück befinden sich alle nährstoffführenden Schichten ganz in der Nähe der Rinde. In jedem Fall kommt man sich ziemlich klein vor, wenn man im Inneren eines so gigantischen Baumes steht. An dieser Stelle ein kleiner Einschub am Rande. Wer sich schon einmal gefragt hat, warum einige Bäume, darunter auch die Tingle Trees, oft so eigenartige Knubbel und Wülste aufweisen, dabei handelt es sich um eine Art Narbengewebe. Auslöser ist immer eine Verletzung des Gewebes. Zum Beispiel durch den Befall eines Pilzes das Eindringen von Schädlingen oder einem schlichten Sturmschaden. Der Baum forciert daraufhin das Wachstum an dieser Stelle. Offene Stellen werden schnellstmöglich wieder geschlossen und die Probleme im Keim erstickt. Vielleicht nicht schön, aber doch faszinierend.
Zurück auf dem Highway geht es weiter zum Giant Tree Top Walk. Dort kann jeder auf einem erhöhten Pfad einen Spaziergang entlang der Baumwipfel übernehmen. Vorausgesetzt man ist bereit die 21$ Eintritt zu berappen und offensichtlich sind das einige. Der Parkplatz platzt fast aus allen Nähten. Die Kombination aus Eintrittsgebühr und Massenandrang hält uns davon ab, uns auf diesen Pfad zu begeben. Stattdessen erkunden wir den Ancient Empire Walk. Dieser verläuft zwar auf Bodenniveau, wartet dafür aber erneut mit großen Tingle Trees auf und sogar Quokkas sollen hier leben.
Natürlich wissen wir, dass die Chancen gegen Null gehen, hier eines der kleinen Beuteltiere zu erspähen, trotzdem halten wir die Augen offen. Der Pfad führt über Schotterwege und Holzstege, die durch tiefen Grad führen. Tatsächlich erkennt man darin oft kleine Schneisen, die offensichtlich durch die Bewegung von Tieren zeugen. Doch wie erwartet, läuft uns kein Quokka über den Weg. Im Endeffekt hatten wir eine nette kleine Wanderung, mehr aber auch nicht.
In der Conspicuous Bay bekommen wir eine ganz andere Seite des Parks zu sehen. Statt dichtem Wald und Baumriesen stehen wir nach einem kurzen Marsch steil bergauf auf einer Aussichtsplattform, von der aus wir eine Bucht voll ungezähmter Schönheit überblicken. Beidseitig erstrecken sich kleine Landzungen auf das Meer. Dazwischen rollen unablässig große Wellen unter lautem Getöse an den Strand. Zum Surfen sind die eher weniger geeignet, doch sie machen sich gut auf Fotos und Videos. Sogar Alli kommt zum Einsatz, obwohl sie ordentlich mit den Wind zu kämpfen hat.
Nur ein paar Kilometer weiter östlich liegt der William Bay Nationalpark. Im Grunde hält der wenig für uns bereit. Es gibt zum Beispiel keine Wanderwege. Wir statten ihm trotzdem einen Besuch ab, denn die Elephant Rocks sollen einen Abstecher Wert sein. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung riesiger Granitblöcke in einer der Buchten des NP.
Als wir auf den Parkplatz ankommen, sind wir kurz davor direkt wieder kehrt zu machen. Wir können kaum glauben, wie viele Menschen sich hier tummeln. Nur mit Glück bekommen wir einen Parkplatz im offiziellen Bereich. Sonst hätten wir auch irgendwo in der Botanik abseits der Zufahrtsstraße parken müssen, wie es bereits hunderte andere getan haben.
Der kurze Fußweg zur Bucht mit den Elephant Rocks verheißt ebenfalls nichts Gutes. Ganze Horden von Kindern und Erwachsenen, die sich wie welche benehmen, verstopfen den Weg. Hier und da wurden Kinderwagen zurückgelassen, nachdem es offenbar zu anstrengend wurde diese durch den tiefen Sand zu schieben. Endlich vor Ort müssen wir uns noch an einer indischen Großfamilie vorbei drücken, dann haben wir es geschafft. Die Bucht ist voller Menschen. Der Strand und das Wasser ist dazwischen kaum noch zu sehen. Sogar die Felsen, wegen denen wir hergekommen sind, werden beklettert und als Sprungtürme genutzt. Cecil zieht sich bereits nach wenigen Augenblicken wieder aus dem Trubel zurück. Sarah hält noch etwas durch. Sie hat die Hoffnung, doch noch ein Bild zu kriegen, auf dem nicht nur Menschen zu sehen sind.
Auf dem Rückweg entscheiden wir uns für den Weg, der am Green Pool vorbeiführt. Es erwartet uns ein ähnliches Bild. Egal wo man hinschaut, man sieht fast ausschließlich Menschen. Wir können nicht nachvollziehen, wie man diesen Ort noch als schön und einladend empfinden kann. Wir für unseren Teil wollen so schnell es geht wieder weg hier.
Bevor es nach Albany geht, legen wir einen kurzen Zwischenstopp in Denmark ein. Eigentlich wollte Cecil sich hier in die Wellen stürzen. Doch wir haben etwas Zeitdruck. Die zwei Campingplätze in der Nähe von Albany sind laut den Kommentaren bei Campermate und Wiki-Camps äußerst beliebt. Man soll daher besser früher als später aufschlagen. Da beide Plätze direkt im Meer liegen, ist die Hoffnung nicht unberechtigt, dass Cecil dann auch dort Wellen findet. Statt einem Aufenthalt am Strand gibt es daher nur einen kleinen Snack aus der Bakery und weiter geht die Fahrt.
Am Cosy Corner Beach befinden sich laut Campermate zwei Plätze. Den Schildern nach ist Cosy Corner West mittlerweile für Camper gesperrt und auch bei Cosy Corner East hält ein Schild schlechte Nachrichten für uns bereit. “No vacancies. Camp is full”, ist darauf zu lesen. Wir drehen trotzdem eine Runde, doch das Schild sollte recht behalten. Letzte Hoffnung ist das Torbay West Camp ein paar Kilometer weiter in Richtung Stadtgrenze. Jetzt heißt es Daumen drücken. Im Umkreis von 100 km befindet sich sonst keine weitere Möglichkeit kostenlos zu campen. Und die bei denen man bezahlen muss, sind eh meist schon auf Wochen ausgebucht.
Vor Ort parken wir Koby auf einem freien Platz und melden uns pflichtbewusst beim Camp-Host. Dabei handelt es sich um einen alten Mann. Der kann kaum noch laufen kann und noch viel schlechter können wir ihn verstehen. Dazu hat er nicht wirklich im Blick, wie viele Plätze noch frei sind. Wir könnten gerne eine Runde drehen und selber schauen. Wenn allerdings Tische oder Stühle auf dem Platz stehen, sind diese Tabu.
Tatsächlich sind etliche Plätze auf diese Art reserviert. Im ersten Moment finden wir das ziemlich frech und haben wir so auch noch nicht gesehen. Doch im Grunde ist es nichts anderes als wenn ein Camper seinen Caravan oder ein Zelt stehen lässt. Warum sollten Camper mit Dachzelt, so wie wir, dann keine Möglichkeit haben ihren Platz zu behaupten? Außerdem finden wir weiter hinten noch eine freie Stelle.
Nachdem alles aufgebaut ist, macht sich Cecil auf den Weg zum Meer. Der ist deutlich länger als gedacht. 10 Minuten später ist er immer noch ein gutes Stück weit weg, doch von einer kleinen Anhöhe aus kann er sehen das die Wellen sehr klein sind.
Damit wird der Nachmittag wohl nicht dem Bodyboarden gewidmet. Stattdessen macht sich Cecil daran Daten zu sichern. Auf den Speicherkarten der GoPro, der Dashcam und Alli ist bereits wieder einiges an Material aufgelaufen. Sarah übernimmt den Laptop im Anschluss an ihr Workout. Trotz eines ledierten Beins hat sie sich zum Sport überreden können. Der Fokus lag dabei auf dem Bauch, um das Bein ein wenig zu schonen. Wenig später sind auch die neuen Daten von Sarahs Kamera und unseren Handys gesichert.
Der Platz füllt sich gegen Abend zunehmend. Da wir direkt an einer Stichstraße zu den weiter entfernten Stellplätzen stehen, haben wir ordentlich Verkehr vor der Haustür. Es ist immer das selbe Spiel. Ein Wagen fährt rein, muss hinten wenden, da kein Platz mehr frei ist und kommt wenig später wieder bei uns vorbei. Man kommt sich vor wie auf einer Rest Area am Highway. Doch die Nähe zu Albany macht diesen Ort einfach dermaßen beliebt, dass Mann und Maus hier auf einem Ort zum Übernachten hoffen. Uns ist zwar unwohl bei dem Gedanken, doch wir sollten unseren Platz morgen, falls wir zum Torndirrup NP fahren, wohl mit Tisch und Stühlen als reserviert kennzeichnen.
Während langsam die Sonne untergeht, widmet sich Cecil dem Tagebuch und Sarah nutzt die Zeit zum Stricken. Im letzten Licht des Tages essen wir zu Abend. Danach folgt eine leichte Phase der Unlust. Außerdem wird es schnell kühl, sobald die Sonne weg ist. Cecil schafft es noch gerade so einen Tag fertig zu schreiben, damit dieser morgen gepostet werden kann. Dann ist Schluss für heute. Oben im Zelt gucken wir noch eine Folge unserer Serie und kurz darauf ist Schlafenszeit.
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