07.12., Donnerstag: Gravel Pit vor Pemberton - Natural Spa
Sarah startet mit einem 20-minütigem Workout in den Tag. Cecil räumt etwas auf und kümmert sich darum die überschüssige Solarenergie zu verwerten. Seit wir den neuen Kühlschrank haben, kommen wir kaum hinterher den Strom zu verbrauchen, den unsere beiden Solarpanele erzeugen. Unser alter hat noch damit geworben viel weniger Strom zu verbrauchen, als ein herkömmliches Gerät mit Kompressor. Offensichtlich ist das Gegenteil der Fall. Unsere Freundin Luci würde sagen: ein echter “game changer”. Recht hat sie.
Heute geht es zurück an die Küste. Margaret River ist unser Ziel. Heimat zahlreicher Winzereien und einer Schokoladenfabrik. Doch wir halten zunächst Ausschau nach einem McDonald's. Nur für das kostenfreie Wlan, versteht sich. Tatsächlich werden wir nicht fündig. Margaret River kann es sich anscheinend leisten große Fastfood-Ketten aus ihrem Gebiet zu halten. Dem Ort tut das wirklich gut. Die Innenstadt ist geradezu entzückend. An der verkehrsberuhigten Hauptstraße reinen sich kleine Cafés, Bistros und Boutiquen aneinander. Die Architektur versetzt einen unweigerlich in die Gründerzeit zurück. Es ist als stecke Margaret River in einer Zeitkapsel. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Gerne würden wir diese Atmosphäre noch weiter in uns aufsaugen, doch wir brauchen wirklich dringend Internet. Und ja, die Ironie ist uns bewusst.
Am örtlichen Informationszentrum bekommt Sarah eine brüchige Verbindung zustande. Wie das Schicksal so spielt hat sie just an diesem Tag ihr Führungszeugnis der deutschen Polizei erhalten. Zwar hat sie den australischen Behörden bereits bestätigt, dass alle Dokumente in ihrer derzeitigen Verfügung vorhanden sind, aber natürlich will sie die neue Datei trotzdem schnellstmöglich hochladen. Daher ist sie etwas enttäuscht, als sie lediglich die Nachricht über die Ankunft des Dokuments erhält anstatt sofort ein entsprechende Kopie.
Um die Wartezeit zu versüßen, schlägt Cecil vor direkt nach Yallingup zu fahren. Dort wollen wir ein echtes Natur-Highlight erleben. Eine Art natürlicher Whirlpool. Gegen Mittag wären wir dann zurück in Margaret River. Bis dahin hat Sarahs Papa bestimmt das Dokument eingescannt und an sie verschickt. Zur Zeit ist es in Deutschland mitten in der Nacht. Jetzt auf eine Antwort zu warten macht sowieso keinen Sinn. Der Vorschlag trifft auf fruchtbaren Boden.
Unterwegs reiht sich ein Weingut an das Nächste. Neben der Straße rollt eine leicht hügelige Landschaft an unseren Fenstern vorbei. Das Wetter könnte kaum besser sein. Zumindestens wenn man in den Genuss einer Klimaanlage kommt. Die Temperatur ist erneut mühelos über 30 Grad geklettert und das schon kurz nach dem Frühstück.
Der Parkplatz des “Natural Spa” in Yallingup ist bereits hoffnungslos überfüllt. Etwas entfernt finden wir noch eine freie Fläche und legen direkt die Badesachen an. Viel mehr werden wir wohl nicht brauchen. Ist es wirklich so voll, wie der Parkplatz vermuten lässt, werden wir wahrscheinlich nicht lange hier verweilen. Wir mögen keine Orte, an denen sich die Menschen tummeln und dicht an dicht gedrängt ihre oft unschönen Körper präsentieren.
Auf dem Weg ans Wasser dauert es nicht lange bis sich der Weg gabelt. Zu unserer Rechten sieht man nichts als Menschen. Daher braucht es keine lange Überlegung und wir wählen den Pfad, der nach links führt. Die Bucht, die wir kurz darauf erreichen, ist eine wahre Augenweide. Gesäumt von großen Felsen und Granitblöcken rollen tosend die Wellen durch das türkis-blaue Wasser auf den Strand. Es ist ähnlich wie bei einem Wasserfall. Man könnte problemlos stundenlang einfach nur da sitzen und dieses Naturschauspiel bewundern.
Doch dieser Platz wurde uns als “natural spa” angepriesen. Wir machen uns daher auf den Weg ein entsprechendes Becken zu finden. Es wird eine ganz schöne Kletterpartie und mehr als einmal müssen wir über kleine Felsspalten springen. Trotz der Mühen sind alle natürlichen Pools, die wir unterwegs passieren bereits besetzt. Unweigerlich kommen wir an der Stelle heraus, die wir ursprünglich meiden wollten. Jetzt allerdings erkennen wir, warum sich hier Mensch und Maus versammelt haben.
Wir kommen über die Felsen geklettert. Hinter uns das Meer, vor uns die Menschenmassen in einem kleinen Wasserbecken. Neben uns verläuft eine Art Einschnitt durch das Gestein. Bei der nächsten Welle, die tosend gegen die Felsen schlägt, wird eine enorme Menge Wasser durch diesen Einschnitt gedrückt. In einer Art Wasserfall läuft es anschließend in den Pool. Ein paar Kinder sitzen direkt in der Schneise und johlen vor Freude, als das kühle Nass mit solcher Kraft auf sie einprasselt, dass sie fast weggespült werden. Das Wasserbecken unter ihnen sprudelt, wie in einem Whirlpool. Kurz ringen wir mit uns, ob wir uns wirklich mit all den anderen Touris drängen wollen, doch am Ende siegt die Neugier. Das wollen wir hautnah erleben.
Das Wasser in dem kleinen Pool ist dauerhaft in reger Bewegung. Es sprudelt und blubbert förmlich. Man kann kaum durch die Oberfläche schauen. Was den Weg zum wahren Ort des Geschehens nicht gerade ungefährlich macht. Am Grund liegen große Felsblöcke. Quasi blind Tasten sich unsere Füße vor und nicht selten landet man ungewollt bis zum Kinn im Wasser. Zum Glück passiert aber nichts Schlimmeres. Wenn man hier ungünstig abrutscht, kann es schon ziemlich wehtun. Wir ergattern kurz nach unserer Ankunft einen der zwei Plätze, an denen das Wasser nach jeder Welle weitestgehend ungehindert herunterkommt. Noch dazu kommen wir gerade zur rechten Zeit. Eine Serie sehr großer Wellen donnert gegen die Steine hinter uns und beschert uns dadurch einen astreinen Whirlpool-Effekt. Von oben massiert einem das Wasser die Schulterpartie und um einen herum sprudelt das Wasser wohlig um den Körper. Einzigallein die Wassertemperatur lässt zu wünschen übrig.
Nach ein paar Durchgängen entscheidet Cecil, dass das Ganze noch gefilmt werden muss. Schnell holt er die GoPro und platziert sich damit an geeigneter Stelle. Und das keinen Moment zu spät. Eine gigantische Welle überspült das gesamte Areal. Cecil sieht zwar die eindrucksvolle Wolke aus Gischt am anderen Ende des Spalts, doch kann gar nicht so schnell reagieren, wie das Wasser angeschossen kommt. Nur mit aller größter Mühe kann Sarah sich noch halbwegs im Pool halten und wird nicht einfach davon gespült. Genug Spa für heute.
Zurück bei Koby fliegt Cecil die Szenerie noch kurz mit Alli ab. Dann machen wir uns auf den Rückweg.
In der Nähe von Margaret River befinden sich zwei Campgrounds und wir wollen auf gut Glück probieren, auf einem davon für heute Nacht einen Stellplatz zu ergattern. Unterwegs melden sich unsere Mägen. Ein leichtes Hungergefühl übernimmt die Kontrolle. Im Hinterkopf erinnern wir uns an die Schokoladenfabrik von Margaret River, und dass man dort kostenlose Proben naschen kann. Wenn das mal nicht gut klingt.
Am Eingang werden wir direkt mit den gratis Kostproben versorgt. Drei Becher mit kleinen Schoko-Drops. Weiße, dunkle und Milchschoklade. Letztere schmeckt am besten, aber auch die zartbittere Variante hat etwas. Sonst müssen wir schnell feststellen, dass es sich im Grunde um einen großen Laden handelt, der Schokolade in allen Formen und Farben verkauft. Durch ein kleinen Fenster hat man zwar Einsicht in einen Teil der Produktion. Doch es ist lediglich eine Mitarbeiterin aktuell vor Ort. Der Prozess läuft dementsprechend schleppend. Es würde wohl Stunden dauern, bis wir die Entstehung einer einzelnen Praline nachvollziehen konnten. Am Ende widerstehen wir dem Verlangen ein fast lebensgroßen Bilby oder ein Quokka aus Schokolade zu kaufen. Die wären eh zu schade zum Essen. Ganz ohne Leckerei können wir den Laden dann aber auch nicht verlassen. Wir gönnen uns fünf Pralinen für 2$ das Stück. Die wandern allerdings zunächst direkt in den Kühlschrank. Für heute hatten wir genug Schoki.
Noch auf dem Parkplatz checkt Sarah erneut ihre Nachrichten. Ihr Papa hat das Führungszeugnis mittlerweile geschickt und sie lädt es direkt hoch. Morgen, spätestens Übermorgen, sollten wir auch das australische Dokument in den Händen halten. Danach können wir nur noch abwarten und die Daumen drücken. Bevor es weitergeht, versuchen wir noch einen Stellplatz zu buchen. Einer der Campgrounds ist bereits ausgebucht. Bei dem zweiten kann man nicht online vorbuchen. Es bleibt uns nicht viel mehr übrig als es vor Ort zu probieren.
Auf halber Strecke passieren wir einige Höhlen. Diese kann man im Rahmen von Touren besichtigen. Irgendwie reizt uns das aber heute so gar nicht. Trotzdem halten wir bei einer an, denn hier haben wir nochmal den erhofften Handy-Empfang. Cecil kann damit Musik für das Video von Rottnest-Island herunterladen und Sarah postet im Anschluss.
Zwei Runden drehen wir über den Baranup Campingplatz, doch es ist bereits alles voll. Langsam sind wir ein wenig genervt von dem Platzmangel in Western Australia. Mittlerweile sind wir sogar bereit ein paar Scheine in die Hand zu nehmen, doch einfach alle Plätze sind hoffnungslos ausgebucht und das auf Wochen oder gar Monate im Voraus. Es bleibt uns nichts anders übrig als unserem Notfallplan nachzugehen. In der Gegend um Pemberton haben wir ein paar kostenlose Plätze entdeckt. Allerdings bedeutet das eine weitere lange Fahrt. Außerdem passieren wir unterwegs die Hamelin Bay. Hier soll man beim Schnorcheln fast garantiert Rochen zu Gesicht kriegen. Eigentlich war das für morgen geplant. Jetzt wird es wohl ein sehr langer Tag.
An der Hamelin Bay angekommen, plagt uns erneut großer Hunger. Die Schokoladen-Eskalation scheint komplett vergessen und unsere Mägen schreien nach mehr. Vom Parkplatz aus müssen wir über den Strand und dann den halben Campingplatz, natürlich komplett ausgebucht, latschen, bis wir an einem kleinen Kiosk ankommen. Ziemlich enttäuschend, kriegen wir hier keine Pommes. Stattdessen muss es eine “sausage roll” tun, mehr oder weniger Hackfleisch in einer Art Blätterteig. Gar nicht mal schlecht.
Bereits auf dem Hinweg meinen wir vom Strand aus ein paar Schatten im Wasser gesehen zu haben. Waren das etwa schon die versprochenenen Rochen? An der Bootsrampe sollen sie sich besonders gerne aufhalten. Da geht es jetzt hin. Tatsächlich finden wir die Rochen dort. Leider kommt keine wahre Freude auf. Der Strand ist voller Menschen und ein paar besonders dumme Exemplare haben nichts besseres zu tun als die Rochen mit Fischködern anzufüttern. Sobald sie vorbeischwimmen, ermutigen sie ihre kleinen Kinder die Tiere anzufassen. Cecil platzt fast der Kragen, doch er reißt sich zusammen. Mit dieser Klientel würde das kein gutes Ende nehmen. Die Kerle wiegen locker das dreifache und während sie in der einen Hand das Kind führen, hält die andere eine Bierdose. Dem Anschein nach nicht die erste. Am Strand weisen eine ganze Reihe Schilder darauf hin, wie man sich den Tieren gegenüber verhalten sollte. Offensichtlich sind sie des Lesens nicht mächtig. Uns tun die Kinder ein wenig Leid.
Mit einem resignierenden Kopfschütteln verlassen wir den Strandabschnitt an der Bootsrampe und suchen uns ein etwas ruhigeres Plätzchen. Wir können einfach nicht verstehen, wie dumm manche Menschen sind. Uns würde es vollkommen ausreichen diese majestätischen Tiere zu beobachten. Es ist nicht nötig sie zu füttern oder zu streicheln, um sich ihrer zu erfreuen. Man muss ihnen nicht mal besonders nah kommen. Mit einer geschätzten Körperlänge von 1,40m und einem fast nochmal genau so langen Stachel sieht man sie auch mit gebührendem Abstand.
Während wir den Strand entlanglaufen, geht es immer mal wieder ins Wasser. Ab und zu meint man einen Schatten erkannt zu haben. In der Hoffnung auf einen Rochen zu treffen, setzten wir die Masken auf und Schnorcheln los. Doch in allen Fällen handelte es sich entweder um ein Bündel Seegras oder eine optische Täuschung. Dazu ist das Wasser extrem trüb. Wenn wir die Rochen wirklich noch aus nächster Nähe sehen wollen, bleibt uns nichts anderes übrig als zur Bootsrampe zurückzugehen.
Dort angekommen haben sich die kurzsichtigen Väter zum Glück verzogen. Leider haben es ihnen die Rochen gleichgetan. Aber nach etwas Suche finden wir doch noch einen. Sarah schwimmt direkt neben dem Tier, Cecil versucht mit der Kamera in der Hand irgendwie hinterherzukommen. Verdammt sind die Viecher schnell. Dabei gleiten sie so mühelos. Es ist als wollten sie uns Menschen und unsere lächerlichen Schwimmfähigkeiten verspotten.
Wir probieren es noch ein paar weitere Male, doch im Grunde haben wir keine Chance. Selbst wenn man nur wenige Zentimeter von den Rochen entfernt ist, sieht man so gut wie nichts. Ein wenig enttäuscht geben wir kurze Zeit später auf. Irgendwie haben wir uns das alles etwas anders vorgestellt.
Nach einer kalten Dusche am Strand eilen wir zurück zu Koby und ziehen ein paar trockene Sachen an.
Das erste Free-Camp in der Nähe von Pemberton befindet sich 80 km östlich der Hamelin Bay. Vor Ort müssen wir jedoch erneut lesen, dass der Platz nur für in sich geschlossene Camper zugelassen ist. Obwohl es eine Toilette gibt. Das soll uns mal jemand erklären. Wir wollen allerdings kein Risiko eingehen. Das letzte, was wir heute noch gebrauchen könnten, wäre Stress mit der Polizei.
Bis zum nächsten Platz ist es nicht weit. Unterwegs passieren wir noch einen Parkplatz. Der befindet sich jedoch direkt an der Straße. Nicht einmal ein paar Bäume oder Büsche trennen das Areal vom Highway. Wir müssten wohl um einiges verzweifelter sein, bevor wir an so einem Ort unser Zelt aufschlagen würden.
Endlich erreichen wir den von Wiki-Camps vorgeschlagenen Platz. Nicht mehr als ein kleiner Wendekreis etwas abseits der Hauptstraße. Ein Apollo-Bus hält bereits eine Ecke der Fläche besetzt, doch wir finden Problemlos noch Platz für uns. Der Himmel ist mittlerweile durchgehend bewölkt, doch unser Solarpanel erzeugt trotzdem noch ein wenig Strom.
Bevor wir das Zelt aufbauen, bekommt der Reißverschluss eine frische Schicht Silikon-Öl aufgetragen. Wir lassen es ein wenig trocknen und beginnen währenddessen mit dem Kochen. Also ehrlich gesagt beginnt Sarah mit dem Kochen. Cecil gibt seinem Gehirn kurz eine Pause und er spielt etwas am Handy. Aufgaben wie den Mais abgießen oder mal kurzzeitig den kochenden Quinoa im Auge behalten, übernimmt er jedoch ohne zu murren.
Es ist mal wieder Zeit für Curry. Aus Blumenkohl, Mais, Zucchini, Quinoa, Kokosmilch und Feta wird es zusammengerührt. Sarah hebt dieses Gericht wieder in den 7. Himmel. Cecil scheint sich langsam daran zu gewöhnen. Ein Lieblingsessen wird es jedoch sicher nicht.
Der Abwasch erfolgt anschließend in der Abenddämmerung und das Zelt bauen wir auf, als es kurz darauf schon fast dunkel ist. Wenn es dann soweit ist, fackelt die Sonne nicht lange. Dann ist es von einem Moment auf den nächsten zappenduster. Aus Erfahrung haben wir schon immer unsere Stirnlampen bereitgelegt. Es dauert nicht lang und das Zelt steht. Danach geht uns zugegeben ein wenig die Energie verloren. Für heute wollen wir nur noch ins Bett und höchstens noch eine Folge gucken. Völlig überraschend, findet Cecil dann doch noch ein bisschen Kraft und macht sich daran die Stichpunkte von heute zu schreiben. Immerhin war einiges los.
Gegen halb 9 kommen tatsächlich noch zwei Vans auf den Platz gefahren. Kurz versuchen sie etwas abseits zu parken und stellen sich dann doch genau neben uns. Wir versuchen uns davon nicht weiter stören zu lassen. Um 21 Uhr geht Sarah hoch ins Zelt. Cecil schreibt noch die Stichpunkte zu Ende und folgt ihr dann. Unseren Plan noch eine Folge zu gucken verwerfen wir. Oder besser gesagt Sarah. Sie ist schlicht zu müde. Kein Wunder nach diesem ereignisreichen Tag.
Dagegen hat Cecil noch ein paar Reserven. Er lässt den Tag damit ausklingen ein angefangene Football-Spiel weiter zu schauen und anschließend noch ein wenig zu lesen. Dann ist aber auch wirklich Schluss. Morgen ist auch noch ein Tag.
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