20.11., Freitag: Burswood Lodge Apartments - Bad timing
Im Auto müssen wir feststellen, dass sich der Riss in der Scheibe
ausgebreitet hat. Die notdürftige Reparatur des Steinschlags hat
dementsprechend nichts gebracht. Unsere Laune hebt das keinesfalls an.
Auf dem Weg zum “Royal Perth Hospital” geht es über teils fünfspurige
Autobahnen durch dichten Verkehr. Damit fängt der Spaß jedoch nur an. Am
Krankenhaus angekommen scheinen die dortigen Parkplätze dem Personal
vorbehalten zu sein. Mit Koby passen wir jedoch in keines der
umliegenden Parkhäuser, da er mit dem Dachzelt schlicht zu hoch ist.
Erfolglos kreisen wir einmal über den offenen Parkplatz der
Feuerwehrstation nebenan. Jetzt haben wir nur noch eine Chance. Hinter
dem Krankenhaus haben wir im Vorbeifahren einen zweiten, nicht
überdachten, Parkplatz gesehen. Hoffentlich ist dort noch etwas frei. Bereits
an der ersten Ampel stehen wir jedoch vor einem völlig ungeahnten
Problem. Wir dürfen nicht wie geplant nach rechts abbiegen. Damit
startet eine wahre Odyssee durch das Straßengewirr in der Innenstadt von
Perth. Bald fragen wir uns nicht mehr, ob noch etwas frei ist auf dem
Parkplatz, sondern ob wir diesen jemals erreichen werden. Nach einer gut
30 minütigen Irrfahrt erreichen wir endlich unser Ziel. Am
Ticketautomaten muss im Voraus gezahlt werden. Wir ziehen einen
Parkschein für zwei Stunden. Ohne Vorstellung wie lange der Test dauert
und was passiert, wenn wir die Parkdauer überziehen, machen wir uns zu
Fuß auf den Weg zum Krankenhaus.
Die Klinik erreichen wir nach
nur wenigen Gehminuten. Trotzdem empfanden wir den Weg als unangenehm.
Das Tragen der Maske ist extrem ungewohnt. Es ist warm und man wird hier
und da mit leicht verachtendem Blick angestarrt. In der Schlange vor
dem Krankenhaus fallen wir unter den anderen Wartenden zum Glück nicht
mehr auf. Eine Mitarbeiterin läuft umher und nimmt von allen die
persönlichen Daten auf und stellt kurze Fragen zu Einreise und eventuell
aufgetretenen Symptomen. Wir fragen nach ihrer Einschätzung bezüglich
der Wartezeit. Mit 1-1 ½ Stunden sollten wir rechnen. Das würde mit
unserem Parkticket gerade so hinhauen.
Ursprünglich hatten wir
geplant die Wartezeit zu nutzen und unsere Mahlzeiten für die kommenden
Wochen zu planen. Allerdings können wir uns nicht wirklich auf dieses
Thema konzentrieren. Die Situation ist einfach zu ungewohnt. Dazu wird
es langsam knuffig unter der Sonne und Sarah müsste dringend Mal. Kurzum
sind die Gegebenheiten nicht ideal. Wir verbringen daher einen Großteil
der Wartezeit damit das Geschehen zu beobachten oder unseren eigenen
Gedanken nachzuhängen. Vom Rasenplatz vor dem Gebäude verläuft
die Schlange über einen Fußweg und verschwindet anschließend in einer
Art Tunnel. Nach gut einer Stunde stehen wir vor eben diesem. Am Ende
wartet ein weiterer Mitarbeiter, der nach und nach die wartenden
“Patienten” hinein lässt. Dahinter vermuten wir die Räume, in denen man
getestet wird. Als wir kurz darauf durch die Tür geleitet werden, finden
wir uns jedoch in einem Warteraum wieder. Eine Stunde ist vergangen und
wir befinden uns jetzt erst im offiziellen Wartebereich. Langsam werden
wir doch ein wenig nervös bezüglich des Parkscheins.
Wir sind
kurz davor einem Mitarbeiter Bescheid zu geben, damit einer von uns los
kann, um etwas mehr Geld in den Automaten zu werfen, als wir in den
nächsten Raum gebeten werden. Bei einem Mitarbeiter hinter einem
Computer müssen wir unsere Pässe vorlegen sowie Fragen zu unserem
Beziehungsstatus und Ähnliches beantworten. Sogar die Frage nach unserer
Religion wird gestellt. Wozu auch immer das gut sein mag. Doch erst die
Frage nach unserer Krankenversicherung lockt uns schlussendlich aus der
Reserve. Da der Test kostenlos ist, sind wir davon ausgegangen unsere
Versicherung bliebe bei der Sache außen vor. Wahrscheinlich wird sie
aber relevant, wenn wir positiv getestet werden. Da wir die
entsprechenden Unterlagen online gespeichert haben, müssen wir zunächst
unsere Handys aus dem Flugmodus holen und auf Netz warten. Etwas
erschrocken stellen wir fest, dass wir von der G2G Now App aufgefordert
wurden uns einzuchecken. Den ersten Aufruf haben wir bereits verpasst
und wir müssen eine Erklärung schreiben, warum wir nicht reagiert haben.
Der junge Mann uns gegenüber hält uns derweil mit Smalltalk auf Trab.
Wo wir schon waren, will er wissen. Wo es demnächst hingeht und wo wir
es bisher am schönsten fanden. Wir können uns jedoch kaum auf seine
Fragen konzentrieren. Zu hoch ist die Anspannung. Das letzte was wir
brauchen, sind Probleme mit der Polizei direkt an Tag zwei unserer
Quarantäne. Plötzlich klingelt Sarahs Handy. Die Polizei ist am anderen
Ende und möchte wissen, wo sie sich befindet. Sie erklärt die Situation
und der Polizist scheint damit nicht erfreut, aber ausreichend zufrieden
gestellt zu sein. Wir können uns ein wenig entspannen.
Während
weitere Daten von uns im Computer landen, fragen wir nach, wie genau
hier in Perth auf einen gültigen Parkschein geachtet wird. Der
Mitarbeiter rät uns lieber noch ein paar Dollar nachzuzahlen. Besonders
im Zentrum würde peinlich genau kontrolliert werden. Da Sarahs
Datenaufnahme bereits abgeschlossen ist, macht sie sich auf den Weg.
Unser Ticket ist bereits 10 min abgelaufen. Sie fragt schnell den einen
Arzt, ob es eine Abkürzung über das Gelände zur anderen Straßen gebe. Er
zeigt ihr den Weg, dann flitzt sie los.
An der Parkuhr angelangt wirft sie hastig etwas Geld nach. Während
sie Koby aufschließt, um das Ticket aufs Armaturenbrett zu legen,
bekommt sie erneut einen Anruf. Es ist wieder die Polizei und dieses Mal
wollen sie Cecil sprechen. Erst ist der Polizist etwas verwirrt über
die Telefonnummersituation. Sie steht an der Ampel und versucht dem
Polizisten zu erklären, warum Cecil gerade nicht ans Telefon gehen kann.
Der Polizist gibt ihr fünf Minuten. Danach wäre es besser, wenn Cecil
erreichbar ist, wenn wir weitere Probleme vermeiden wollen. Sobald die
Ampel auf grün geschaltet hat, startet Sarah einen Sprint zurück zur
Klinik. Völlig atemlos erreicht sie das Wartezimmer und informiert
Cecil. Sie ist den Tränen nahe. Der ganze Stress mit der Polizei ist
einfach etwas zu viel.
Cecil wird von der App erneut zu einem
“Check-In” aufgefordert. Anhand der Standort-Informationen seines Handys
wird erkannt, dass er sich nicht an der angegeben Quarantäne-Adresse
befindet. Erneut gibt er an, sich zwecks des Tests im Krankenhaus zu
befinden. Fast schon glauben wir die Angelegenheit sei damit erledigt,
doch kurz darauf klingelt erneut Sarahs Handy. Dieses Mal geht Cecil
ran. Der Polizist weist darauf hin, dass wir zu jeder Zeit erreichbar
sein müssen. Bei den ersten Versuchen wäre er direkt an die Mailbox
weitergeleitet worden. Beinahe hätte er einen Streifenwagen zu unserer
Adresse geschickt. Aktuell sieht er keinen weiteren Grund zur Sorge,
doch einen weiteren Check-In sollten wir besser nicht verpassen. Das ist
wohl gerade noch einmal gut gegangen.
Wenig später sitzen wir
im Behandlungszimmer, in dem ein junger Arzt unsere Tests vornimmt. Mit
einem Stäbchen wird ein Abstrich im Rachenbereich gemacht. Der folgende
Abstrich in beiden Nasenlöchern ist schon ein wenig unangenehm, aber man
überlebt es. Lediglich ein paar Tränen schießen einem unweigerlich in
die Augen. Sollte der Test negativ ausfallen, werden wir darüber per SMS
informiert. Bei einem positiven Befund erhalten wir einen Anruf. Wir
bekommen noch ein paar Dokumente in die Hand gedrückt und dann war es
das auch schon. Keine 10 Minuten hat der gesamte Vorgang beansprucht.
Der
Rückweg verläuft problemlos. Bei einem kurzen Erkundungsgang heute
morgen (also natürlich sind wir nicht spaziert, sondern haben einfach
die zweite Treppe genommen), haben wir eine alternative Zufahrt auf den
hinteren Parkplatz entdeckt. Der Weg zu unserem Apartment ist dadurch
nur noch halb so lang. Das wird uns spätestens zu Gute kommen, wenn wir
nach abgeschlossener Quarantäne wieder alles einpacken müssen. Wir
schnappen uns noch ein paar Sachen aus dem Auto und beenden damit
unseren “Freigang”. Um ehrlich zu sein, sind wir froh, als hinter uns
die Tür vom Apartment ins Schloss fällt. Hier kann uns hoffentlich nicht
so viel passieren, wie heute Vormittag.
Jetzt können wir Koby auch vom Balkon sehen. |
Damit wir unsere
Quarantäne auch wirklich genießen können, brauchen wir dringend mehr
Datenvolumen. Bei Woolworths gibt es eine SIM-Karte, die man online mit
einem gewünschten Tarif aktivieren kann. Bei dem Anbieter gibt es sogar
aktuell günstige Weihnachtsangebote, sodass wir nicht lange überlegen
müssen. Wir brauchen diese SIM-Karte, d.h. wir sollten noch heute
bestellen. Somit verbringen wir den frühen Nachmittag damit einen
Essensplan aufzustellen und die nötigen Zutaten bei Woolworths online
inklusiver der SIM-Karte zu bestellen. Recht früh stellen wir fest, dass
es uns absolut nicht liegt Lebensmittel im Internet zu kaufen. Es fehlt
die Möglichkeit zu vergleichen und oft ist es unnötig kompliziert, ein
bestimmtes Produkt zu finden. Außerdem haben wir das Gefühl das hier und
da die Preise etwas höher sind.
Neben Lebensmitteln bestellen
wir zudem noch etwas beim Spirituosengeschäft unseres Vertrauens. Hier
ist es weniger der Bestellvorgang, der uns fast zur Verzweiflung treibt,
als der Bezahlvorgang. Cecil versucht zunächst alles mit Paypal zu
bezahlen. Dafür wird jedoch von Paypal eine 2-Faktor-Authentifizierung
verlangt. Eine entsprechende SMS könnte an Cecils deutsche
Mobilfunknummer gesendet werden. Damit fällt Paypal also weg. Ein
anschließender Versuch alles per Kreditkarte zu zahlen gelingt ebenfalls
nicht. Angeblich wurde die Zahlung seitens der DKB blockiert. Bei Sarah
tritt in beiden Fällen dasselbe Problem auf. Nach einem ewigen Hin und
her und etlichen Versuchen legt Sarah kurzerhand einen australischen
Paypal-Account an und damit klappt die Bezahlung schließlich.
Danach
brauchen wir beide dringend eine mentale Pause. Sarah macht zu diesem
Zweck Sport, während sich Cecil den Abwasch vornimmt. Am Abend widmet
sich Sarah dann etwas schönem. Sie möchte bei Decathlon neue
Wanderschuhe bestellen. Die haben Filialen zwar nur in Victoria und NSW,
liefern jedoch auf dem ganzen Kontinent. Und wenn man schon einmal
dabei ist, schadet es ja nicht sich auch mal die sonstige Produktpalette
anzuschauen ;)
Cecil macht sich derweil daran einen “Invitation
letter” zu verfassen. Roseanna hat sich bereit erklärt, uns einen
solchen auszustellen, doch uns gebeten ihn zuvor zu verfassen. Ein
solcher Brief kann uns bei unserer Bewerbung um ein Touristenvisum
behilflich sein. Allerdings gestaltet sich die Sache deutlich
komplizierter als gedacht. Das wird mittlerweile irgendwie zum Standard.
Den bereits verfassten formlosen Brief kann Cecil direkt in den
Papierkorb schieben. Der Brief muss unter anderem Adressen und
Geburtsdaten aller genannten Personen enthalten. Zudem unsere
Passnummern und den von Roseanna ausgeübten Beruf. Doch am Ende ist ein
entsprechendes Dokument verfasst und an Roseanna geschickt. Morgen
erhalten wir ein unterschriebenes Exemplar zurück, welches wir an unsere
Bewerbungen anhängen können.
Nachdem wir den Rest Pizza von
gestern gegessen haben, ist die Luft raus. Gegen halb 10 geht Sarah ins
Bett. Cecil schafft es auch nur noch die Stichpunkte von heute zu
notieren. Um kurz nach 10 geht das Licht aus und damit ein
nervenaufreibender Tag zu Ende.
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