06.09., Sonntag: Devil's Marbles Campground - Die Eier der Regenbogenschlange

Diese Nacht haben wir nur dank Ohropax ab und zu ein Auge zumachen können. Heftige Winde haben unablässig unser Dachzelt durchgeschüttelt. Die Metallstreben quietschten, der Regenschutz schlackerte. Ein wahrlich ohrenbetäubendes Konzert unterschiedlichster Störgeräusche. 
Am Morgen hat sich die Situation noch nicht nennhaft verbessert. Zum Frühstücken ziehen wir uns in den Windschatten von Koby zurück. Um uns herum wirbelt die Luft immer noch frenetisch. Nur eine kurze Unaufmerksamkeit und es pustet einem den Belag vom Toast. Immerhin müssen wir erneut keine Kühlschrankopfer beklagen. Nicht mal der Käse hat sich der anhaltend mangelhaften Kühlkette geschlagen gegeben.
Während wir versuchen das Zelt einzupacken, lässt der Wind erneut seine Muskeln spielen. Türen werden urplötzlich mit einer unvorstellbaren Kraft zugedrückt, während man sich noch dazwischen befindet. Beim ersten Versuch die Plane über das eingeklappte Zelt zu werfen, segelt diese ohne Umwege zurück in unsere Arme. Kurzum erschweren uns die Bedingungen den ohnehin verhassten Zusammenbau des Zeltes noch um ein Vielfaches.
 
Wir erreichen die “Devil's Marbles” um kurz vor halb 10 Uhr. Als Erstes halten wir an der “Day-Use”-Area. Lediglich um zu checken, ob es hier wirklich ein kostenfreies WLAN gibt. Tatsächlich ist dem so. Wir planen, dass zu einem späteren Zeitpunkt auszunutzen. 
Auf dem eigentlichen Campingplatz angekommen, sind wir ganz alleine. Zu dieser verhältnismäßig frühen Stunde ein sehr seltener Anblick. Für einen kurzen Moment verwundert uns das. Doch gleich darauf nutzen wir diese Gelegenheit, uns den bestmöglichsten Platz auszusuchen. Man könnte meinen wir stehen etwas … unorthodox. Doch wir haben derzeit noch das Gefühl der ganze Platz würde uns gehören. Wen kümmert es also?
 

 
Nachdem wir unser mobiles Solarpanel platziert haben, geht es direkt los den ersten Wanderweg zu erkunden.
 

 
Mitten in der Wüste. Irgendwo im Nirgendwo zwischen Tennant Creek und Alice Springs liegt eine bizarre Ansammlung oft kugelrunder Felsen. Europäische Entdecker nannten sie die “Devil's Marbles”, was sich in etwa mit “Murmeln des Teufels” übersetzen lässt. Für die indigene Bevölkerung allerdings stellen die Kugeln die Eier der Regenbogenschlange (“Boojamulla”) dar, die sie auf dem Weg durch den Kontinent hier abgelegt hat. Wie auch immer man es erklären möchte, die Kugeln aus massivem Gestein wirken in der Tat recht unwirklich, während man sich seinen Weg durch die verstreuten Formationen bahnt. 
 










 
Auf unserem Weg sind wir weitestgehend ungestört. Ab und an lassen wir uns zu einer kleinen Alberei hinreißen. Irgendwie tut es gut mal abzuschalten. Tiere sind keine zu sehen und wir erwarten auch bald schon keine Sichtung mehr. Nicht einmal ein Vertreter, der sonst immer präsenten Spezies, der Vögel lässt sich blicken.
 
Zurück bei Koby macht sich Sarah ans Stricken. Cecil versucht seinerseits das bisher unbrauchbare Ventil zu reinigen, welches wir kurz vor Darwin auf einem Schrottplatz erstanden haben. Nachdem der gröbste Druck entfernt ist, lässt es sich zumindest öffnen. Doch nun schließt es nicht mehr. Cecil baut es kurzerhand trotzdem ein und startet einen Testlauf. Das Ventil ist im Nachhinein weiterhin geöffnet. Das Risiko, dass bei einem dauerhaft geöffneten EGR-Ventil zu viele Abgase zurück in den Motor gelangen, ist zu hoch. Daher reinigt Cecil erneut das Ventil, welches wir in Grafton erstanden haben. Der Testlauf wird auf dem Weg nach Alice Springs erfolgen. 
Als wir den Campingplatz heute morgen so frei vorgefunden haben, glaubten wir bereits an ein Wunder. Sollte es uns wirklich vergönnt sein, diesen unglaublichen Ort gaz für uns allein zu haben? Immerhin ist heute Sonntag. Den ganz normalen Wochenendbverkehr haben wir nicht zu fürchten. Bis etwa 16:30 Uhr leben wir diesen Traum. Dann allerdings füllt es sich schnell und wir vermissen schnell die Abgeschiedenheit des Outbacks. Immer mehr Autos, Caravans und Wohnmobile treffen ein. Der Geräuschpegel nimmt zu und die freie Sicht auf die umliegenden Felsformationen proportional ab. 
Nachdem Sarah Sport gemacht hat und Cecil mit dem Tagebuch beschäftigt war, haben wir einen ordentlichen Hunger. Allerdings wollen wir uns den Sonnenuntergang nicht entgehen lassen. Daher machen wir uns mit leerem Magen auf den Weg zum Aussichtspunkt. Leider sind wir dort oben alles andere als allein. Gefühlt ist die gesamte Belegschaft des Campingplatzes hier oben. Wir versuchen es trotzdem zu genießen. Cecil stellt die GoPro für einen Zeitraffer auf und Sarah war zum Glück weise genug eine Packung Cracker mitzubringen. So lässt sich das Spektakel durchaus aushalten.
 

Nachdem wir zum Abendessen unsere Reste von gestern verarbeitet haben, starten wir die geplante Nachtwanderung. 
 

Wir haben große Hoffnung auf ein Rock-Wallaby zu treffen. Der 1,5 km lange “Yakkula Walk” scheint dafür perfekt. In der kompletten Dunkelheit schalten wir nur bei begründetem Verdacht die Taschenlampe ein. Wie ein Lichtschwert durchschneidet der Strahl die Umgebung. Doch er trifft nichts außer Gestein und Gestrüpp.
Zurück bei Koby haben wir eine gewichtige Entscheidung zu treffen. Wir könnten noch fleißig sein. Fotos sortieren. Tagebuch schreiben. Wir könnten aber auch diesen magischen Ort genießen und versuchen, die ein oder andere Sternschnuppe zu erhaschen. 
Nehmt es uns nicht übel, aber wir haben uns für Letzteres entschieden. Wir wissen, es gibt ein paar treue Seelen da draußen, die unseren nächsten Eintrag kaum erwarten können. Doch heute Abend müssen wir auch mal genießen. Wenn wir nichts mehr erleben, gibt es auch nichts mehr zu berichten ;)


P.S.: Der Sternenhimmel hier draußen ist es wert, ihm seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Unbeschreiblich schön! Vielleicht gehen ja auch einige Wünsche in Erfüllung :)

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