31.07., Freitag: Boodjamulla NP - Auf den Spuren der Regenbogenschlange

Wir genießen heute den Luxus, nicht direkt beim ersten Klingeln des Weckers aufspringen zu müssen. Kein Ziel, das erreicht werden muss. Kein Zelt, welches sich nicht einpacken lassen will. Daher lauschen wir ganz entspannt dem unglaublichen Vogelgezwitscher. Heute haben wir den ganzen Tag Zeit, uns dem Boodjamulla NP zu widmen. Der Name hat, wie so oft bei den Natur-Highlights in Australien, seinen Ursprung in der Kultur der Aborigines. In ihrer Sprache bedeutet “Boodjamulla” so viel wie “Regenbogenschlange”. Dieses mystische Wesen bahnte sich einst, in der “Traumzeit”, ihren Weg durch das Terrain und hinterließ dabei markante Schluchten und Erhebungen.
Wenn man so will, wird eine dieser Schluchten heute vom Lawn Hill Creek gefüllt, an dessen Ufer wir Campen. Nachdem wir gestern die Indarri Falls und den Upper Gorge bereits per Kanu erkundet haben, widmen wir uns heute dem östlichen Teil des Parks der, abgesehen von dem von gestern, noch drei weitere Wanderwege bietet. Nur einer davon verspricht eine gewisse Anstrengung, daher erscheint er uns am interessantesten. 
 
In der Tat verlangen die Stufen, die uns erneut auf ein Fels-Plateau führen, ein wenig Muskelkraft. Doch wir sind mittlerweile gut trainiert und schnell wieder bei Atem. 
 
 
 
Direkt am Ausgang der Treppe erwartet uns nur 20 Meter weiter ein Aussichtspunkt. Bereits auf dem Weg dorthin stolpert Cecil, wortwörtlich, fast über einen kleinen Lizard. Der nimmt unsere Anwesenheit ganz locker und lässt geduldig Fotos und Videos von sich machen. 
 
 
Von dem Aussichtspunkt selbst hat mein einen schönen Blick über das Tal. Zu unserer Linken können wir den Campingplatz sehen (und sogar Koby entdecken), mittig schimmert ein Teil des Lawn Hill Creek hindurch, der auf der rechten Seite von einer rötlichen Felswand gesäumt wird. Das Gelände ist bedeckt von dichter, tropischer Vegetation. Überall schießen Palmen aus den Baumkronen empor, so hoch wie vierstöckige Häuser. Wir machen Aufnahmen mit der Drohne, Fotos, Videos und Selfies. Mit all unseren Kameras haben wir an guten Plätzen ein ganz schönes Pensum zu erledigen. 
 



 
Dann machen wir uns auf den 1,6 km langen Rundwanderweg, der einmal am Rand des Plateaus entlang führt. Ein felsiger Pfad, aus dem gleichen rötlichen Gestein, wie die umliegenden Felswände, führt uns vorbei an etlichen grünen Spinifex-Büschen. Ein herrlicher Farbkontrast, den wir noch dazu ganz allein genießen dürfen.
An einer Stelle des Weges kann man in der Schlucht den Fluss erspähen. Diese Gelegenheit lässt sich Cecil nicht entgehen und holt erneut die Drohne heraus. Der Wind ist unerfreulich stark. Während in einer Tour die entsprechende Warnmeldung auf dem Bildschirm blinkt, gelingen trotz der Widrigkeiten ein paar Aufnahmen. Zudem ist die Verbindung teils sehr schwach, da Cecil die Drohne für einige Einstellungen in die Schlucht hinab steuert. Doch am Ende kann er sie unversehrt zurückfliegen und landen. 
 



 

Kurz vor Ende der Runde des Wanderwegs erreichen wir einen Lookout über die “lower gorge”. Dieses Areal namens “Wild Dog Dreaming” ist für die Aborigenes ein heiliger Ort. Man wird daher gebeten von Foto- und Video-Aufnahmen abzusehen. An besagter Stellen kreuzt sich der Lawn Hill Creek x-förmig. Für einen Moment lassen wir die Szenerie auf uns wirken. Allein der Schönheit der Natur wegen, würden auch wir diesen Ort als heilig erklären. 
 
Nachdem wir das Plateau wieder verlassen haben, gehen wir direkt einen angrenzenden Wanderweg an. Es ist noch früh am Tag und unsere Wanderlust noch nicht befriedigt. Über den “Botanical Walk” gelangen wir durch einen Palmenwald ans Ufer des Lawn Hill Creek. Das Wasser schimmert grünlich und die Vegetation hängt tief darüber. Einige Meter vor uns spiegelt sich die Felswand im Wasser. Einfach paradiesisch...
 



 
Nach nicht mal einem Kilometer sind wir zurück an der Kreuzung zum “Island Stack”-Walk, den wir zuvor gegangen sind. Nicht erstaunlich also, dass wir noch mehr wollen. Ein dritter Weg schafft hoffentlich Abhilfe. Der “Wild Dog Dreaming”-Pfad führt uns an die Flusskreuzung, die wir vor nicht zu langer Zeit bereits von oben bestaunen durften. Hier ist allerdings einiges los. Ziemlich dicke Leute laufen ziemlich langsam vor uns und der schmale Weg bietet kaum Chancen auf Überholmanöver. An dem einzigen Aussichtspunkt, direkt an der Flusskreuzung, hat sich ein älteres Pärchen niedergelassen und mümmelt Cracker. 
 

 
Nicht, was wir von einer schönen Wanderung erwarten. Daher haken wir den Weg ab und machen uns schnellstmöglich auf den Rückweg zu Koby.
Bereits um halb 12 sind wir zurück auf dem Camping-Platz. Trotz der eher geringen Anstrengungen plagt uns ein quälender Hunger, den wir mit Joghurt stillen. Dann brauchen wir erstmal eine Weile, um herauszufinden, was wir mit diesem angebrochenen Tag noch anstellen wollen. Das eigentliche Tagesziel ist erreicht, doch es ist noch so viel Tag übrig. Natürlich könnten wir jetzt noch die Wanderwege zu den Indarri-Falls und dem “Upper Gorge” beschreiten. Doch dort ist es jetzt sicher recht voll. Ein Großteil der Touristen, besonders die, die nur für einen Tagesbesuch herkommen, zieht es dort hin. Wir entscheiden uns daher dagegen und machen uns an die Planung der nächsten Tage. 
Man glaubt kaum, wie viel Zeit dafür verwendet werden muss, einen vernünftigen Tagesplan oder eine praktikable Reiseroute auszuarbeiten. Doch sollte man sich die Zeit dafür durchaus nehmen. Vor allem, wenn man kein Highlight in den Nationalparks verpassen möchte oder irgendwo in der Einöde mit leerem Tank ausrollen möchte. 
Zunächst überlegen wir, was wir morgen früh machen. Unseren Stellplatz müssen wir bis 11 Uhr geräumt haben. Doch es würde reichen, wenn wir bis dahin in die Day-use-Area umgeparkt haben. Das wollen wir machen und dann die Indarri-Falls und den Upper Gorge doch noch zu Fuß erkunden. Wir hoffen, auf weniger Menschen, ein paar Tiere und gute Drohnen-Aufnahmen.
Den Boodjamulla NP wollen wir anschließend in Richtung Norden verlassen. Über eine Offroad-Piste führt uns der Weg entlang des Golf von Carpentaria nach Borroloola. Ab dort sollen die Straßen wieder überwiegend asphaltiert sein. Da Borroloola bereits im Northern Territory liegt, müssen wir vorher noch unsere “border declaration” abschicken. Dafür brauchen wir Internet. Ursprünglich haben wir gedacht, das in Gregory Downs zu erledigen, dem nähesten Ort, der über eine “normale” Straße erreicht werden kann. Erneut studieren wir die Karten und entdecken dabei, dass wir Benzin auch schon in Adel's Grove bekommen könnten. Mit einem vollen Tank könnten wir dann direkt zum Roadhouse in Hells Gate. Die Straße soll zwar sehr hart zu fahren sein, doch wir würden bestimmt 200km Umweg über Burketown und Doomadgee sparen. Neuer Plan ist daher, wenn möglich bereits in Adel's Grove unsere Berechtigung zur Grenzüberquerung zu erhalten und dann direkt nach Hells Gate zu fahren. 
Um unsere Vorräte aufzufüllen haben wir bereits vor Tagen die Stadt Katherine ausgewählt. Dort gibt es zumindest den ersten Woolworths jenseits der Grenze. Der Weg dorthin führt uns ab Hells Gate über den “Savanah Way”. Dieser besteht hauptsächlich aus gravel roads und ist nur spärlich befahren. Bis nach Borroloola stehen uns knapp 600 km “Waschbrett-Piste” bevor. Durch den Limmen-Nationalpark geht es dann weitere 300 km nach Roper Bar. Tankstellen und offizielle Übernachtungsmöglichkeiten sind hier rar gesäht. Eins kann man nach dieser ersten genaueren Recherche auf jeden Fall schon jetzt annehmen: Es wird ein Abenteuer. Nimmt man jetzt noch die ganzen warnenden Kommentare vor Krokodilen ernst, sowohl auf als auch abseits der Straße, dann wird das wohl ein ganz schön aufregendes Abenteuer... 
Ein wenig steckt uns noch der gestrige, sehr aktive, Tag in den Knochen. Doch wir schaffen es uns aus unseren Campingstühlen zu erheben und die heutige Plank-Challenge anzugehen. Die Positionen im Unterarmstütz und im Stütz mit gestreckte Arm müssen wir mittlerweile schon über 70 Sekunden halten. Doch noch können wir das Pensum ordentlich absolvieren. Und auch wenn es keine 10 Minuten dauert, hat man am Ende doch ein kleines Workout absolviert . Zumindest für Cecil ist das so ausreichend. Sarah macht, wie immer, noch ein weiteres Workout und eine Yoga-Session. In der prallen Sonne war das nicht gerade die beste Idee, doch sie bleibt weitestgehend unversehrt, nur etwas Sonnenbrand auf dem Scheitel ;)
Nicht weniger anstrengend ist die Reparatur der Zeltplane, der sich Cecil in dieser Zeit widmet. Abgesehen von dem ausgeleihertem Reißverschluss sind die Nähte von zwei Ecken der Pläne aufgerissen. Auch mit einer recht dicken Nadel ist es schwer durch das lederähnliche Material zu bohren. In einem ersten Durchgang werden alle Löcher aufgebohrt. Im Anschluss ist es trotzdem sehr schwer den dicken Faden durchzuziehen. Im Verlauf der Arbeit muss immer wieder die Zange vom Tool benutzt werden. Eine Nadel geht irgendwann kaputt. Kurz vor der Verzweiflung wird Cecil immerhin mit einer Ecke fertig. Das muss erstmal reichen. Die verbleibende Nadel benötigt Sarah zudem fürs Stricken. Bevor also der Haussegen schief hängt, heißt es erstmal Feierabend. Neue Nadeln landen auf der Einkaufs-Liste. 
Nicht ungenutzt wollen wir die Chance auf eine Dusche lassen. Zwar verspricht diese nur kaltes Wasser, aber wir haben es bitter nötig. Tatsächlich ist es sehr frisch, doch genau so fühlen wir uns auch danach. Nach ein wenig Stricken und lesen, geht es ans Aufräumen. In dem Bewusstsein, dass wir nicht sofort am nächsten Tag abreisen müssen, hat eine ungeahnte Unordnung Einzug gefunden. Nachdem alles wieder an seinem Platz ist und wir auch das Awning bereits wieder eingepackt haben, geht es ans Kochen. Es gibt Kartoffeln mit Quark. Etwas aufgepeppt durch eine Süßkartoffel, frisch geraspelte Gurke und einem Quark aus Tzatziki von Chris und Sour-Cream. Genau das Richtige für diese Temperaturen. 
 
 
Während des ganzen Koch-Prozesses haben wir alles sofort an dem nahen Wasserhahn abgespült. Der Abwasch am Ende fällt daher sehr übersichtlich aus. Im Schein der noch spontan angebrachten Lichterkette, sitzen wir am Tisch. Sarah strickt und Cecil schreibt am Tagebuch. Gegen 21:45 Uhr werden die Geräusche im Busch um uns zu laut, um sie ignorieren zu können. Nachdem wir es bestimmt zum dritten Mal recht laut im nahen Unterholz haben knacken hören, lassen wir alles stehen und liegen und machen uns auf den Weg in Richtung der Quelle. 
Erstaunlicherweise sind sehr possierliche Wallabies für den Radau verantwortlich. Quer über unseren Weg springt erst ein sehr kleines Wallaby (ca. 30 cm hoch und damit nicht viel höher als die Füße lang sind), gefolgt von einem etwas größerem Exemplar. Mit etwas Abstand kommt “Papa”, der es auf immerhin die doppelte Größe seines Sprösslings bringt. Wir nehmen die Verfolgung auf und können so die niedliche Känguru-Parade kurz darauf ein weiteres Mal beobachten. 
Ein gelungener Abschluss für diesen schönen Tag!

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