07.08., Freitag: Gravel Pit bei Katherine - Upgrade für Koby

Ganz wie erwartet, war die Nacht eher unruhig. Es gab zwar einige Tiefschlafphase. Die meiste Zeit jedoch haben wir wildes Zeug geträumt. Vor allem von durchlöcherten Reifen mitten im Outback, die nicht mehr zu flicken sind. Zum Glück bleibt es bei den Alpträumen. Unseren lädierten Reifen hat die Nacht in der Tat ganz gut überstanden. Ein erneutes aufpumpen ist daher zunächst nicht nötig und wir können wie gewohnt erstmal frühstücken. Nachdem alles abgewaschen und das Zelt eingepackt ist, machen wir uns an die Reparatur des Reifens. Mittlerweile sind wir echte Profis. Die ganze Aktion dauert daher nicht sehr lang. Zu unserer Freude stellen wir fest, dass nicht unser bereits geflicktes Loch erneut aufgegangen ist. An uns lag es also nicht. Das neue Loch ist rein zufällig nur wenige Zentimeter von dem alten entfernt.

Wir stehen wieder auf vier ausreichend gefüllten Reifen und sind gegen halb 10 Uhr unterwegs. Keine schlechte Zeit, wenn man die Umstände bedenkt. Unterwegs gehen wir durch, was wir in Katherine alles machen lassen wollen. Natürlich brauchen wir mindestens einen Reifen. Besser zwei. Außerdem wollen wir die Federung auf Schäden prüfen lassen und die Ursache für das erneute Aufleuchten der “Check Engine”-Lampe erfahren. Koby braucht mal eine gründliche Durchsicht. Wir haben keine Lust darauf, vor jeder Gravelroad vorsichtshalber umzudrehen, aus Angst es könnte etwas Größeres kaputt gehen. Wir brauchen unsere Offroad-Maschine zurück. 
 
Am Ortsrand von Katherine angelangt, verunsichert uns ein Schild. Müssen wir ins Zentrum oder in die “Business Area”? Wir biegen zunächst in eine Nebenstraße ab und Sarah versucht eine Werkstatt anhand einer Karte auf dem Handy auszumachen. Ausgerechnet diese Straße ist unnötig schmal und es gibt daher keinen Platz am Rand zum Anhalten. Nach ein paar hundert Metern können wir endlich auf dem Parkplatz vor ein paar Läden halten. Cecil wagt einen Kontrollblick auf den geflickten Reifen. Leider bietet sich ihm ein unschönes Bild: Der Reifen ist bereits wieder platt. Jetzt muss es schnell gehen. Wir haben eine Werkstatt gefunden und machen uns auf den Weg. Panik macht sich breit, da wir nicht auch noch die Felge beschädigen wollen. Dann wird es richtig teuer. Um das zu vermeiden, halten wir an einer Tankstelle direkt auf dem Weg und wollen nochmal Luft auf den Reifen geben. Ein Caravan-Fahrer ist gerade dabei seine vier Reifen, plus die vier am Gespann zu befüllen. Cecil hält direkt neben ihm, springt aus dem Wagen, erklärt kurz die Situation und bekommt dann dankbarerweise den Schlauch in die Hand. Der freundliche Camper gibt ab und zu den Druck durch, da wir die Anzeige nicht sehen können. Bei knapp 2 bar, geben wir den Schlauch zurück und sind auch schon wieder auf der Straße. Unterwegs zur rettenden Werkstatt werden wir von einem Fußgänger aufgehalten, der den Zebrastreifen vor uns in Zeitlupe passiert. Seinetwegen verpassen wir auch noch die folgende Ampel. Sicherheitshalber halten wir gleich darauf erneut bei einer Tankstelle und füllen nochmal Luft nach. Dabei entdeckt Cecil, dass es sich dieses Mal gleich um zwei Löcher dicht nebeneinander handelt. Der Reifen ist wirklich nicht mehr zu gebrauchen. Mit ach und krach erreichen wir “Brownies Workshop”. Cecil macht sich daran den Wagenheber herauszuholen, um Koby abzustützen. Oder doch besser den Kompressor und einfach nochmal Luft nachfüllen. Er weiß es nicht. Er kann nicht mehr klar denken. Sarah fragt derweil in der Garage nach Hilfe. Schroff und eiskalt wird sie allerdings abgewiesen. Reifen machen sie hier nicht, sagt der unfreundliche Typ. Da müssten wir noch weiter die Straße runter. Das darf doch nicht wahr sein. Cecil packt wieder ein und erneut müssen wir mit plattem Reifen losrollen. Gleich an der nächsten Ecke sehen wir wieder eine Tankstelle. Doch hier ist kein Schlauch für Luft zu entdecken. Die verbleibenden 750 m zur Werkstatt müssen wir daher ohne Nachschub hinter uns bringen. Dort angekommen, fahren wir ohne zu halten direkt in die offene Garage. Völlig aufgebracht, schildern wir einem der Mitarbeiter die Situation. Der bleibt ganz cool. Wir sollten mit dem Boss reden, bezüglich eines neuen Reifens. Das mit dem Auto macht er schon. Tatsächlich stehen nur Sekunden später zwei riesige Wagenheber unter Koby. In Windeseile heben diese ihn in die Luft und Koby fliegt förmlich. Die Felge sieht unbeschädigt aus. Uns fällt ein Stein vom Herzen. 
Der Mechaniker, mit dem wir kurz darauf erneut zu tun haben, ist nur sehr schwer zu verstehen. Der hellste Schrauber scheint er ebenso wenig zu sein. Zwischendurch rät er uns, den kaputten Reifen zu behalten. Der sei der jüngste und sieht seiner Meinung noch ganz gut aus. Mal abgesehen von dem riesigen Loch, welches er wohl übersehen hat. Wir sind etwas verwirrt, ob dieser skurrilen Einlage. Es dauert erstaunlich lang, ihm klar zu machen, welche zwei Reifen wir ersetzt haben wollen. 
Die nächste Kuriosität lässt nicht lange auf sich warten. Kurzerhand werden unsere Vorderreifen nach hinten gepackt und die neuen Reifen auf die Vorderachse montiert. Selbst der Boss scheint etwas erstaunt von dieser Aktion, nickt sie kurz darauf jedoch ab. Cecil fragt nach, wozu das gut sein soll. Angeblich wirkt sich das positiv auf das Lenkverhalten aus. Wir nehmen das erstmal so hin, wollen es aber in der nächsten Werkstatt nochmal prüfen lassen, in der sich mal ein Profi unsere Federung anguckt. Die hat mittlerweile so viele harte Schläge wegstecken müssen, dass wir vor unserem nächsten Outback-Abenteuer lieber wissen wollen, ob noch alles in Ordnung ist. Die Hartgummi-Teile, die letzten Barrieren zwischen Achse und Radaufhängung sind auf der linken Seite bereits gebrochen und rechts nicht mehr vorhanden. Das muss dringend geprüft werden! 
Während wir darauf warten, dass unsere neuen Reifen montiert werden, suchen wir nach einer günstigen Gelegenheit einen der anderen Mechaniker abzufangen und nach einer Meinung zu unserem Ersatzreifen zu bitten. Dieser rät uns diesen Reifen auch besser auszutauschen. Immerhin hat er auch schon sechs Jahre auf dem Buckel und die Alterungsrisse auf der Innenseite können selbst wir sehen, wenn man nur weiß, wo man gucken muss. Wir fackeln nicht lange und wollen einen weiteren neuen Reifen haben. Kostenpunkt am Ende: 780$. 245$ bezahlen wir pro Reifen. Hinzu kommen je 15$ für die Entsorgung der Altreifen. Vielleicht ist das der Grund, weshalb so viele Reifen einfach am Straßenrand entsorgt werden. Wir sind jedoch umweltbewusst genug und zahlen die Gebühr, um unser reines Gewissen zu wahren.

Nach einer kurzen Internet-Recherche wählen wir eine Werkstatt namens “Beaurepairs” für unseren Federung-Check aus. Erst später lernen wir, dass es sich dabei um eine landesweite Kette handelt. Das tut allerdings wenig zur Sache. Außer wenn man bedenkt, dass wir in Zukunft am liebsten nur noch zu “Beaurepairs” wollen, wenn es irgendwelche Probleme gibt. Doch wir greifen vor. Der erste Kontakt war in jedem Fall nicht für jeden von uns erfreulich. Auf dem Parkplatz der Werkstatt werden wir direkt, von einem nicht gerade kleinem, Hund begrüßt. Neugierig schnuppert er herum und findet natürlich sofort den Weg zu Sarah. Er sucht förmlich den Kontakt, schnuppert und leckt über ihre Füße. Das ist zu viel. Sie flüchtet ins Auto, während Cecil sich auf den Weg zum Office macht. 
In dem kleinen Büro wird er sofort sehr freundlich empfangen. Nachdem das Anliegen grob beschrieben ist, verspricht der junge Mann am Computer einen Mechaniker zu schicken, der sich den Wagen anguckt. Wir sollen währenddessen vor die Garage fahren. Kurz darauf erscheint der “echte” Mechaniker. Der Typ aus dem Büro steht größtenteils auch dabei, genau wie ein weiterer Kollege. Zwischenzeitlich liegen sie alle drei unter Koby, um sich ein genaues Bild zu verschaffen. Es ist direkt eine kumpelhafte Atmosphäre. Sie scheinen unsere Sorgen und Probleme zu verstehen. Vor allem den Umstand, dass wir mit dem Wagen unseren ganzen Hausstand durch die Gegend kutschieren. Die Diagnose fällt eindeutig aus. Die hinteren Federn sind durch das hohe Gewicht übermäßig komprimiert. Ihre ursprüngliche Funktion, heftige Stöße abzudämpfen, ist daher mehr als eingeschränkt. Man rät uns, stärkere Federn einzubauen, da eine deutliche Gewichtsreduzierung nicht möglich scheint. Etwas ängstlich fragt Cecil danach, wie viel der Spaß ungefähr kostet. Mit Material und Einbau müssen wir mit guten 500$ rechnen. Ein lautes Lachen ist da nur noch schwer zu vermeiden. Das sind keine 300€ und damit viel weniger als gedacht. Es braucht daher keine lange Abstimmung und die Sache ist entschlossen. Es folgt der Haken an der Sache. Die Federn müssen aus Darwin angeliefert werden. Ein Einbau ist daher erst am kommenden Montag möglich. Wir bleiben trotzdem dabei. Die nächste Gravelroad wollen wir ohne Angst um unseren Koby (und uns) in Angriff nehmen. Da nehmen wir auch eine Wartezeit über das Wochenende in Kauf. 300$ müssen wir als Anzahlung dort lassen. Die Ursache für die “Check Engine”-Lampe soll dann im gleichen Zuge am Montag gefunden werden.

Der McDonald's in Katherine versorgt uns nur dürftig mit Wlan. Cecil googelt, wie man ein defektes EGR-Ventil reparieren kann, Sarah schaut nach einer Lösung für unseren kaputten Reißverschluss an der Zeltplane. Erfreulicherweise lassen sich angeblich beide Probleme in Eigenregie beheben. Das Ventil kann angeblich mit einem Spray gereinigt werden, welches speziell designt ist, hartnäckige Kohlenstoffablagerungen zu beseitigen. Da diese oft zu einem Defekt führen, haben wir damit einen vielversprechenden Ansatzpunkt. Das Problem mit dem Reißverschluss kann gleichermaßen einfach gelöst werden. Vorausgesetzt wir können einen neuen Verschluss auftreiben. (Zungenbrecher: Der Reißverschluss-Verschluss verschließt den Reisverschluss.)

Nachdem wir die wichtigsten Sachen in Erfahrung bringen konnten, brechen wir unsere Internet-Session ab. Die Verbindung ist zu schlecht. Es macht keinen Spaß. Direkt gegenüber befindet sich eine Filiale von AutoPro. Die, so scheint es, können wir fußläufig erreichen. Zu unserer Überraschung können wir dies wirklich. Nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit in Australien. Denn wie oft sind wir schon zu Fuß los gegangen, da unser Ziel in Sichtweite auf der anderen Straßenseite lag. Und wie oft haben wir es kurz darauf bereut. Australien scheint vielerorts nicht sehr fußgängertauglich. Fast erinnert es an Amerika. Es ist eine Autofahrer-Nation. An Passantenampeln, sofern welche vorhanden sind, wartet man eine Ewigkeit. Sobald diese dann doch mal auf Grün schalten, bleiben einem nur knappe zwei Sekunden den vierspurigen Highway zu überqueren, während ein rot blinkendes Ampelmännchen zusätzlichen Druck aufbaut, schleunigst die Kreuzung zu verlassen. Es ist ein wahres Wunder, dass wir die Autopro-Filiale unbeschadet erreichen. Im Laden finden wir schnell ein neues Luftdruckmessgerät. Ein geeigneter Reiniger, um die Kohlenstoff-Ablagerungen im EGR-Ventil zu entfernen, wird uns von einem der Verkäufer empfohlen. Bezüglich eines Achsenstands sind wir noch immer unsicher. Außerdem planen wir nicht in naher Zukunft weitere Reifen zu wechseln.

Die Ereignisse der letzten Stunden haben ein großes Loch in unseren Mägen hinterlassen. Wir steuern ein chinesisches Restaurant an, in der Hoffnung dort die Leere füllen zu können. Zu unserer Überraschung gibt es kein klassisches Menü. Stattdessen erwartet uns eine Art Büffet und eine ungeduldige Mitarbeiterin, die uns nicht viel Zeit für Überlegungen lässt. Am Ende löffeln wir ein buntes Durcheinander aus Reis, Nudeln, Hühnchen, Ei und Gemüse aus einer Plastikschale. Bestimmt nicht das beste Essen, aber die Mischung haut es raus.

Frisch gestärkt, machen wir uns auf zu einem Kramladen, in der Hoffnung einen neuen Reißverschluss-Verschluss zu finden, sowie neue Nadeln zum Reparieren der Plane. Doch nichts von beidem können wir auftreiben. Im i-Site sammeln wir ein paar Prospekte ein und nutzen das kostenlose Wlan, um nach weiteren Geschäften zu suchen, die uns eventuell einen neuen Reißverschluss-Schließer verkaufen können. Die Suche bleibt leider erfolglos. Cecil fragt schließlich sogar, aber der junge Angestellte kann auch nicht wirklich weiterhelfen. Wir fahren vom i-Site nur wenige Meter, bis wir die Autowäsche erreichen. Hier erwartet uns ein wahres Highlight. Für Sarah ist es das erste Mal, dass sie einen Hochdruck-Kärcher in der Hand hält. Cecil schmeißt eine Münze in den Automaten, Sarah zieht den Hebel am Griff und fliegt fast Weg. Doch kurze Zeit später hat sie die Situation unter Kontrolle und sichtlich Spaß daran. Insgesamt werfen wir 5$ in die Anlage. Das Ergebnis ist noch nicht perfekt, aber immerhin sind wir das Gröbste an Schmutz losgeworden. 
Für 1,13$/Liter tanken wir voll und erledigen im Anschluss unseren Einkauf. Danach fahren wir knappe 15 Minuten zu einem Platz, den wir bei Wiki-Camps gefunden haben. Dabei handelt es sich lediglich, um einen Feldweg der im spitzen Winkel von der Straße auf eine brache Fläche führt. Wir erreichen diesen Ort gegen halb fünf und sind offensichtlich die Ersten. Doch nachdem wir unsere Plank-Challenge absolviert haben (u.a. 2:10 Min im Unterarm-Stütz), füllt sich das Areal langsam. Cecil säubert noch die Plane vom Zelt, Sarah macht noch weiter Sport. Und dann ist es endlich wieder soweit … Burger-Time! Wir essen selbstgemachten Burger und es ist wieder ein wahres Fest. Leider sind wir erneut etwas zu spät und es ist bereits dunkel, als wir uns Burger Nr. 2 widmen. 
 



Spontan entscheiden wir uns gegen eine morgige Wanderung im Nitmiluk NP. Im Grunde entscheiden wir uns gegen alles Aktive. Wir wollen einfach hier bleiben, einen entspannten Tag erleben und uns erholen. 
Nachdem diese Entscheidung gefällt ist, schreibt Cecil Stichpunkte und Sarah löst ein Sudoku. Eigentlich ist die Welt sehr in Ordnung. So lang bis unsere französischen Nachbarn entscheiden eine kleine Party zu feiern. Laute Musik und noch lauteres Geschrei. Was wir aber auch immer für ein Glück haben bei der Wahl unserer Stellplätze. Noch dazu ist eine Menge Viehzeug in der Luft. Als Cecil davon etwas direkt ins Auge bekommt, reicht es ihm. Wir machen uns fertig und gehen hoch ins Zelt.

Ab und zu donnern ein paar Road-Trains über den Highway und von nebenan wummert gelegentlich der Bass eines ansonsten kaum erkennbaren Songs. Zum Glück sind wir so müde, dass uns das nicht lange abhält, bevor wir in einen tiefen Schlaf sinken.

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