05.08., Mittwoch: Gravel Pit hinter Roper Bar - Drei Tage, drei Platte
Es ist 7 Uhr am Morgen und wir gehen so gut es geht unserer Routine nach. Schon ungewohnt, wenn man plötzlich noch eine dritte Person in der Gruppe hat. Erschwerend kommt hinzu, dass Coen nur kurz einen Kaffee trinkt und sich dann schon bereit macht für die Wanderung. Das setzt uns ziemlich unter Druck. Zum Glück haben wir heute nur Flatbread und müssen nicht noch toasten. Auch wenn Coen keinerlei Anzeichen macht, fühlen wir uns gehetzt.
Um 9 Uhr sind auch wir bereit und wir machen uns auf die “Southern Lost City” zu erkunden. Der Wanderweg führt gleich zu Beginn durch die Sandsteinsäulen. Der Name “Lost City” stammt wohl daher, dass die Felsformationen entfernt an kegelförmige Gebäude erinnern.
Auf dem Rückweg über das Hinterland, können wir einen Blick auf die “Western Lost City” werfen. Die sieht noch deutlich imposanter aus. Doch man erreicht sie nur über eine 60 km lange Stichstraße und benötigt zudem eine Erlaubnis der Parkranger. Ein kurzer Abstecher mit der Drohne ist allerdings drin.
Kurz darauf entdeckt Cecil einen recht zutraulichen Lizard. Mit seinem lustigen Nicken sorgt er für gutes Video-Material.
Nur wenige Meter vor dem Campground ist es dann nochmal Zeit für eine Drohnen-Session. Cecil wird langsam sicherer im Umgang mit der Steuerung und so entstehen recht actionreiche Flüge dicht an den Felssäulen vorbei.
Allerdings lässt die Landung noch zu wünschen übrig. Der auserkorene Stein ist leicht abschüssig und so rutscht Alli nach der Landung ab und landet im Sand. Doch bis auf ein paar Kratzer an den Rotorblättern scheint alles noch heil zu sein.
Während wir das Zelt zusammenpacken, ist Coen bereits fertig. Kein große Kunst, wenn man im Auto schläft. Doch es setzt uns wieder unter Druck. Zum Glück kommt er mit anderen Campern ins Gespräch, was uns etwas Luft verschafft.
Nachdem auch wir alles verstaut haben, geht es weiter zu den “Butterfly Falls”. Schon kurz nach dem Start kreuzt ein größerer Lizard die Straße. Sarah wertet das als gutes Omen und fügt sofort hinzu, dass wir uns, wie Coen, auch eine Dashcam zulegen sollten, um solche Momente einfangen zu können.
Es ist wieder ein sehr heißer Tag. Doch die “Butterfly Falls” verschaffen uns nicht die erhoffte Abkühlung. Nicht mal ein Rinnsal ergießt sich über die Felskante und das Wasser unten im Pool wirkt dreckig und abgestanden. Trotzdem ist es ganz nett hier und Coen zeigt uns ein paar Buschbienen, die Nektar aus den Wasserlilien sammeln.
Weiter geht es zum einzigen freien Campingplatz im Park, den wir bei Campermate gefunden haben. Coen fährt vor. Aber auf dem Platz, den wir gute 100 km später erreichen, prangt ein Schild, welches das Campen verbietet. Wir checken die Karte und sind offensichtlich bereits am richtigen Abzweig vorbeigefahren. Bevor wir uns überlegen, zu welchem Platz es stattdessen geht, möchte Coen unten am Fluss die Angel auswerfen.
Keine 100 Meter von unseren Autos entfernt erreichen wir den gut 15 m breiten Fluss. Der Weg ging recht beschwerlich durch tiefen Sand. Dazu halten wir angestrengt die Augen offen. Wir sind im Northern Territory. Hier ist in jedem Gewässer mit Krokodilen zu rechnen. Da wir noch keinerlei Erfahrung dahingehend haben, begleitet uns ein recht mulmiges Gefühl.
Während Coen sein Glück probiert, sitzt Sarah angespannt in ihrem Stuhl und checkt das Ufer ab und Cecil fliegt eine Runde. Weit kommt Alli allerdings nicht. Nach kurzer Zeit in der Luft spielt die Kamera verrückt. Offensichtlich hat die Bruchlandung vorhin doch mehr Schaden angerichtet als zunächst gedacht. Der Flug wird daher schnellstmöglich beendet. Da um uns herum nur Sand ist, versucht Cecil auf dem kleinen Koffer, mit dem er die Drohne transportiert, zu landen. Leider übersteigt dieses Kunststück die noch wenig erprobten Flugkünste und Alli landet im Sand. Damit steht vor dem nächsten Flug zunächst eine aufwendige Reinigung an.
Zu unserer Überraschung fängt Coen tatsächlich einen Fisch. Nachdem wir gut 45 Minuten am Fluss gesessen haben, hatten wir schon nicht mehr damit gerechnet. Uns tut das arme Ding ein wenig Leid. Coen hingegen ist sichtlich stolz. Der Fisch ist nur gute 25 cm lang, doch für sein Abendessen wird es wohl reichen.
Bevor wir allerdings noch ein armes Fischlein sterben sehen, gehen wir zurück zum Auto. Ganz ist uns der Appetit nicht vergangen. Es gibt Joghurt mit Müsli und Apfel.
Kurz darauf ist auch Coen zurück und wir besprechen das weitere Vorgehen. Coen hat sich spontan überlegt etwas Strecke zu machen. Es zieht ihn doch früher als gedacht nach Darwin. Mindestens bis nach Katherine, was noch gute 300 km von unserem derzeitigen Standort entfernt ist, möchte er heute fahren. Für uns ist das ein wenig weit, aber wir wollen ihn nicht aufhalten. Zudem haben wir es zwar genossen sich mit einem Gleichgesinnten auszutauschen, aber die zwei Tage haben uns eigentlich auch gereicht. Zum Abschied überreicht uns Coen eines seiner Reifen-Notfall-Reparatur-Kits. Er hätte zwei und könnte daher locker eines abgeben. Wir statten ihn im Gegenzug noch mit einem Notfall-Bier aus, nachdem sein letztes den gestrigen Abend nicht überlebt hat. Dann trennen sich unsere Wege.
Bleibt für uns zu klären, wo wir heute Abend unser Lager aufschlagen. Zurück zum freien Camp würde einen Umweg von 20 km bedeuten. Auf Grund unserer recht knappen Benzinversorgung fällt diese Option allerdings flach. Die nächste kostenfreie Option befindet sich in der Nähe von Roper Bar. Laut Wiki-Camps befindet sich dort ein Gravel Pit. Bis dorthin fährt man gute 3 Stunden. Mal sehen, wie weit wir heute kommen. Zur Not müssen wir doch auf einen bezahlpflichtigen Platz oder ein anderes Buschcamp finden.
Die Gravelroad ist in einem sehr wechselhaften Zustand. Mal fährt es sich recht ruhig. Dann treten urplötzlich Corrugations auf, so hoch, dass wir auf unseren Sitzen auf und ab hüpfen. Noch schlimmer sind jedoch die Stellen, die übersät sind mit scharfkantigen Steinen. Man könnte genauso gut über eine Käsereibe fahren. In jedem Fall werden Koby und vor allem die Reifen maximal strapaziert. Noch 60 km bis Roper Bar. Ab da soll die Straße asphaltiert sein. Durchhalten Koby!
Leider bleiben unsere Gebete unerhört. Einem großem Stein kann Cecil nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Es gibt einen Schlag und ein lautes Zischen. Sofort stoppen wir. Der Reifen hinten rechts ist komplett luftleer. Kurz halten wir das für einen schlechten Scherz. Der dritte Platte in drei Tagen. Es darf nicht wahr sein. Nur gut, dass wir nicht ohne Ersatzreifen unterwegs sind. Sekunden vor dem Unglück hat Sarah gedacht, wir könnten bald Coen eine SMS schreiben, dass wir alles gut überstanden haben. Der Text muss wohl gründlich überarbeitet werden.
Immerhin ist der Untergrund recht eben. Wir stellen das Solarpanel auf und machen uns ans Werk. Wir haben uns bereits eine beachtliche Routine erarbeitet. Keine 30 Minuten später ist der Reifen gewechselt. In dieser Zeit ist kein weiteres Auto vorbeigekommen. Der Schaden am Reifen kann dieses Mal wohl nicht mehr geflickt werden. Ein gut sieben Zentimeter langer Riss im Mantel der Innenseite bedeutet wohl das Ende für diesen Reifen.
Wir steigen ins Auto ein und plötzlich fällt Sarahs Sonnenblende ab. Aber gut. Die war ohnehin nur mit einem Wattestäbchen fixiert. Trotzdem ist es irgendwie bezeichnend für die Gesamtsituation.
Mit maximal 60 km/h, oft sind es eher 30-40 km/h, fahren wir extrem vorsichtig weiter. In unserem Kopf rattert es pausenlos. Noch sind wir nicht auf Asphalt. Was wenn noch ein Reifen beschädigt wird? Immerhin haben wir genügend Vorräte für den Fall der Fälle. Es ist eine Tortur für unsere Nerven. Die Landschaft um uns herum muss im Sonnenuntergang spektakulär aussehen. Doch keiner von uns hat momentan ein Auge dafür. Vielmehr scannen wir pausenlos und möglichst ohne zu blinzeln den Untergrund vor uns. Die tiefstehende Sonne macht uns das nicht gerade leicht. Teilweise sieht Cecil so gut wie nichts mehr und ist gezwungen im Schritttempo mehr oder weniger nach Gefühl zu fahren. Einziges positives Highlight: Ein großer Büffel, der erst mitten auf der Straße steht und dann vor uns ins Gebüsch flüchtet. Gute Bilder kriegen wir durch das hohe Gras nicht, doch für einen kurzen Moment vergessen wir alle Sorgen und bestaunen dieses massige Geschöpf.
Endlich erreichen wir den Abzweig nach Roper Bar. Laut dem Schild an der Kreuzung hat der dortige Laden allerdings nur bis 17 Uhr geöffnet. Da kommen wir wohl mindestens eine halbe Stunde zu spät. Abgesehen davon ist nichts von Benzin zu lesen. Wir haben noch ca. 230 km im Tank. Bis zur nächsten, sicheren, Tankstelle sind es noch 180 km. Das muss reichen. Den Umweg nach Roper Bar sparen wir uns daher direkt.
Kurz darauf die vermeintliche Erlösung: Die Straße ist asphaltiert. Doch schnell stellen wir fest, dass wir uns zu früh gefreut haben und wir sind wieder auf der Gravelroad. Anscheinend wurde nur ein kurzes Stück vor und hinter einer Brücke geteert. Es heißt weiter zittern.
Nach weiteren 5 km erreichen wir einen Schotterplatz, der uns von Wiki-Camps vorgeschlagen wurde. Es ist wirklich alles andere als einladend. Überall liegt Müll herum. Ein ausgeschlachtetes Autowrack steht aufgebockt auf ein paar Ziegelsteinen. Doch für heute muss das reichen. Wir sind fertig mit der Welt.
Etwas überraschend finden wir uns kurze Zeit später auf der Matte wieder. Trotz aller Strapazen konnten wir uns gegenseitig motivieren noch die heute Plank-Challenge zu absolvieren. Im Anschluss studiert Cecil erneut alle zur Verfügung stehenden Karten. Tatsächlich ist auf manchen zu erkennen, dass erst kurz hinter Roper Bar die asphaltierte Strecke beginnt. Man muss schon sehr genau hinsehen. Cecil schätzt, dass wir noch etwa 60 km Gravelroad vor uns haben. Wenn wir dann Mataranka erreicht haben, müssen wir hoffen dort einen neuen Reifen zu kriegen. Es macht den Anschein als wäre es nicht mehr als ein kleines Dorf. Aber für den Moment würde uns Asphalt bereits reichen. Zur Not könnten wir dann bis nach Katherine fahren. Mit mehr als 20.000 Einwohnern stehen die Chancen auf einen neuen Ersatzreifen spätestens dort ganz gut.
Nach dem Essen überlegen wir wie es, abgesehen vom Reifen, weiter geht. Bei Mataranka könnten wir den Elsey NP erkunden. Zudem gibt es dort einen Campingplatz mit Duschen. Zwar kostet dieser 6,60$/Person, doch für eine Dusche wäre es uns das mittlerweile wert. Danach würde es weiter nach Katherine gehen. Dort kriegen wir hoffentlich einen neuen Reißverschluss für die Zeltplane und können Reiniger für das EGR-Ventil besorgen. Dazu bräuchte Koby auch mal wieder eine gründliche Reinigung. Es wäre leicht die To-do-Liste noch weiter zu füllen, doch für heute haben wir genug. Wir sind platt könnte man sagen, wenn der Wortwitz derzeit nicht etwas unangebracht wäre.
Ein letztes Mal bündeln wir unsere Kräfte und schreiben die Stichpunkte von heute. Die Säuberung der Drohe brennt Cecil zwar unter den Nägeln, muss aber noch warten. Gegen kurz nach 22 Uhr schleppen wir uns ins Zelt. Kein Serie mehr, nicht mehr lesen, nur noch schlafen.
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