09.06., Dienstag: Tia Falls - Camping zu Zeiten von Corona

Die Nacht war nicht so kalt und die anderen Camper nicht so laut wie befürchtet. Dafür begrüßt uns der Tag mit kräftigem Wind und gelegentlichen Sturmböen. So schlimm, wie es im Zelt klingt, ist es dann aber gar nicht. Selbst der Gaskocher präsentiert sich in bestem Licht. Nachdem die dazugehörigen Gas-Kartuschen in den letzen Tagen immer wieder eingefroren sind und daraufhin ihren Dienst verweigert haben. 
Nach dem Frühstück ähneln wir, bis auf die äußere Erscheinung, in soweit einen Eiszapfen, dass wir tatsächlich überlegen Koby zu verkaufen. Für das erhaltene Geld kaufen wir dann einen winzigen Caravan. Oder wenigstens einen Heizpilz… 
Während wir das Zelt einpacken regnet und windet es in einer Tour. Kaum fertig, retten wir uns ins Auto, völlig durchnässt und mit schlammigen Schuhen. Just in diesem Moment wechselt das Wetter schlagartig und die Sonne brennt uns ein zynisches Lächeln in die Frontscheibe.

Nach einem kurzen Abstecher zum “Hanging Rock Lookout”, an dem wir bei bestem Willen nichts erkennen, was diesen reißerischen Namen rechtfertigen könnte, führt unser Weg in Richtung des kleinen Örtchens Nowendoc. 


Die Gravelroad führt durch ein Rodungsgebiet und ist teils äußerst ruppig. Unterwegs quert zweimal ein Wallaby die Straße. Zum Glück immer mit einem gebührenden Abstand.

Nachdem wir in Nowendoc lediglich für eine kurze Pinkelpause halten, stoßen wir kurze Zeit später auf einen Abzweig zu einem Campingplatz, der ausdrücklich nur mit Allrad-Fahrzeugen angefahren werden darf. Sofort ist unser Interesse geweckt. Ein weiteres Schild besagt, dass man aufgrund der neuesten Corona-Regeln nur nach vorheriger Buchung dort Campen darf. Bevor wir die Katze im Sack kaufen, wollen wir uns den Platz angucken. Ganze 5,5 Kilometer fahren wir über eine Schlammpiste bergab. Immer wieder gerät Koby leicht ins Rutschen und ein paar der größeren Bodenwellen sagen kurz, aber deutlich hörbar, dem Unterboden hallo. 
Im Tal angekommen erwartet uns eine kleine Lichtung mit 3-4 Stellplätzen. So ganz kann man diese im hohen Gras nicht ausmachen. Viel Verkehr scheint hier nicht zu sein. In einer kleinen Hütte befindet sich aber sogar eine Spüle mit fließendem Wasser und das Plumpsklo ist nicht schlimmer als die auf weniger abgelegenen Plätzen. Nur Empfang haben wir hier keinen und einfach ohne Buchung, also illegal, hier zu campen ist uns dann doch zu heiß.


Also geht es den ganzen Weg wieder hoch. Jetzt kann Koby mal so richtig zeigen, was in ihm steckt. Mit Betty, unserer Familienkutsche des letzten Australien-Trips, hätten wir es wohl nicht die schlammige Steigung hinauf geschafft. Dann passiert auch noch der Worstcase: Auf halber Strecke kommt uns ein Auto entgegen. Wir schaffen es jedoch recht gut und unbeschadet aneinander vorbei. Kurz halten wir auf Augenhöhe an und der Fahrer des anderen Wagens fragt uns, ob noch weitere Camper unten auf dem Platz sind. Er und seine Begleiterin wirken sichtlich unglücklich darüber, dass sie die Nacht wohl alleine verbringen. Als wir kurz darauf selbst diesem Gedanken nachhängen, kommen auch wir zu dem Schluss, dass das bestimmt ganz schön gruselig sein könnte.

Zurück in Nowendoc checken wir im Internet, ob wir dem Pärchen heute Nacht Gesellschaft leisten können bzw. wollen. Normalerweise ist der Platz kostenlos. Jetzt werden 6$ Buchungsgebühr verlangt. Wir fühlen uns etwas vor den Kopf gestoßen. Noch wenige Monate vorher konnte jeder diesen Platz gebührenfrei nutzen. Jetzt, unter dem Vorwand der Corona-Epedemie, wird dafür plötzlich Geld verlangt. Angeblich sorgen sie so für unsere Sicherheit.

Stattdessen kehren wir zu unserem ursprünglichen Plan zurück und steuern wieder auf die Tia Falls zu. Statt 113 km über den monotonen Highway, wählen wir eine Route über eine Gravelroad, die nur 61 km lang ist. Das wahrt zumindest die Chance auf eine tierische Begegnung. Tatsächlich stoßen wir schon früher als gedacht auf eine ganze Herde Schafe, die über die ganze Straßenbreite verteilt sind. Die Tiere werden offensichtlich zu einer Farm oder eine andere Weide getrieben. Neben einem Pickup und einem Offraod-Buggy sorgen vier Hunde, die zu unserer Überraschung Maulkörbe tragen, dafür, dass die Schafe nicht vom Weg abkommen. Als wir uns dem ganzen Spektakel nähern, verursachen wir zusätzliche Unruhe. Immer wieder kommt es zu tumultartigen Szenen. Auf deren Höhepunkt springt eines der Schafe quer über die Motorhaube des Pickups. Ein beachtlicher Satz für solch ein Wollknäuel. Etwa 5 Minuten hängen wir hinter der Herde, bevor die Farmer sie an einer geeigneten Stelle an den Straßenrand treiben und wir passieren können.


Als wir den Tia Falls Campground erreichen, werden wir von dem gleichen, schon jetzt verhassten, Schild begrüßt. Auf Grund des Corona-Virus darf hier nur noch nach vorheriger Buchung gecampt werden, ist sinngemäß darauf zu lesen. Auch hier war das Campen vor Corona noch kostenlos. Da es in der Umgebung an Alternativen mangelt und es bereits späterer Nachmittag ist, beschließen wir die 6$ zu investieren, um den Platz zu buchen. Immerhin wäre der Wasserfall am nächsten Tag fußläufig zu erreichen und es steht Feuerholz zur Verfügung. Eigentlich schwer zu glauben, dass hier vorher kein Geld verlangt wurde.

Wir brauchen eine ganze Weile, um auf dem von uns ausgewählten Stellplatz eine ebene Parkposition einzunehmen. Nur um kurz darauf feststellen zu müssen, dass Sarahs Handy zwar Netz anzeigt, wir aber keine Chance haben die entsprechende Internetseite zum Buchen des Platzes aufzurufen. Das verhagelt uns gründlich die Laune. 

Um den ganzen Weg nicht ganz umsonst gefahren zu sein, machen wir uns trotzallem auf dem Weg zum Waterfall Lookout.



Der ist gerade mal 450 Meter entfernt. Der Anblick, der sich uns von dort bietet, hebt die Stimmung spürbar. Der Wasserfall wirkt imposant und die Aussichtsplattform ist ungewöhnlich gut platziert. Frontal zum Fall und kein einziger Baum im direkten Sichtfeld.




Den ganzen Weg entlang haben wir das Handy nicht aus den Augen gelassen, doch leider haben wir nirgendwo Netz. Es hilft nichts. Wir müssen wieder abfahren. Etwa 9 Kilometer entfernt, befindet sich eine kleine Rest Area am Rande des Highways. Hier kriegen wir endlich eine Verbindung. Aus reiner Neugier, schauen wir uns den Preis für zwei Nächte an. Tatsächlich handelt es sich wohl um eine reine Buchungsgebühr. Da buchen wir doch glatt zwei Nächte. Wir Füchse ;) Selbst wenn wir morgen doch weiterfahren, bleibt es dabei das wir 6$ zahlen. Wenn man in Ruhe darüber nachdenkt, sind 6$ (ca. 3€) auch nicht viel. Doch am Anfang ging es uns einfach ums Prinzip. Mittlerweile sind wir aber zu erschöpft noch weiter zu fahren. Und es wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen Feuerholz im Wert von 6$ zu verbrennen. Das gibt ein schönes Feuer heute abend. 

Zurück am Tia Falls Campingplatz hat sich nichts während unserer Abwesenheit geändert. Wir kriegen erneut unseren auserwählten Stellplatz und finden dieses Mal deutlich schneller eine annehmbare Parkposition. Franz wurde, wahrscheinlich während unseres Abstechers zum Jacky Barker Campground (4x4-Gruselplatz) unter der Spülmittel-Flasche, Handtüchern und Pappe begraben, doch es scheint ihm den Umständen entsprechend gut zu gehen. Auch Koby ist nicht ganz unversehrt geblieben. Bis zu den Türklinken ist er mit Matsch und Staub bedeckt. Während wir das Zelt und das Awning aufbauen, wischen wir jedoch einen großen Teil davon mit unseren Anziehsachen bereits wieder ab. Praktisch! 




Nach dem Abendessen kriegen wir, mit etwas Geduld und der Hilfe eines halben Eierkartons, das Lagerfeuer in Gang. Für eine gute Weile starren wir geistesabwesend ins Feuer. Doch ein recht skurriles Geräusch reißt uns jeh aus unserem Wach-Koma. Es klingt wie ein wilder Hirsch auf dem Höhepunkt der Brunft-Zeit. Wir erinnern uns an eine Dokumentation über die Beuteltiere Australiens und kurz darauf ist klar: das sind Koalas. Die Rufe sind teilweise wirklich gruselig und man kann sich kaum vorstellen, dass solch ein possierliches Tierchen, einen solchen markerschütternden Schrei hervorbringen kann. 

Gegen halb 6 umgibt uns völlige Dunkelheit. Cecil schreibt Tagebuch und Sarah strickt. Morgen hoffen wir auf einen Sonnenaufgang, der den Tia Fall beleuchtet. Ansonsten gibt es noch einen 5 km langen Wanderweg zu erkunden und ein paar Kubikmeter Feuerholz, die es zu verbrennen gilt. In jedem Fall werden wir wohl auch noch die zweite gebuchte Nacht hier verbringen. 

Leichter Regen treibt uns unter das Awning. Hier bleiben wir zwar trocken, doch es fehlt das wärmende Lagerfeuer. Regen ist wirklich immer ein ziemlicher Stimmungs-Killer beim Campen. Wir machen uns Bett fertig und kommen so recht unverhofft noch dazu ein paar Seiten zu lesen. Dann machen wir das Licht aus und können es kaum erwarten morgen zum Frühstück ein schönes Lagerfeuer zu haben. Vorausgesetzt es regnet nicht!


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