12.06., Freitag: Wooldridge Recreation and Fossicking Area - Leuchtende Augen auf dem Baum
Die Nacht war ziemlich kalt, aber solange man unter der Decke blieb, war es auszuhalten. Immerhin hat es nicht geregnet und es regnet auch jetzt nicht. Cecil geht als erstes hinaus und checkt die Lage. Kein Bodenfrost, kein Regen, aber leider auch keine Sonne. Sarah liest von oben aus dem Zelt den Wetterbericht vor. Heute soll es teils bewölkt sein, doch gegen 10 Uhr kommt die Sonne raus. In freudiger Erwartung auf diesen Moment frühstücken wir.
Auch wenn das Wetter nicht so gut ist wie erhofft, bleiben wir heute trotzdem hier. Wäsche waschen können wir auch noch morgen. Am liebsten würden wir beide unsere Bücher weiterlesen, doch nach der ersten Stunde im Freien ist uns trotz heißem Tee und Kaffee langsam bitter kalt. Besonders die Füße sind schlimm. Doch da können wir für Abhilfe sorgen. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg in den Wald und holen etwas Feuerholz. Gestern haben wir, bis auf die ganz dicken Stämme, fast alles verfeuert. Für Nachschub ist so schnell gesorgt und das Feuer, dank eines Grillanzünders (die sind wirklich Gold wert), mühelos entzündet. Während Cecil weiteres Holz zerkleinert, macht es sich Sarah am Feuer gemütlich und hält es am Laufen. Neben viel Kleinzeug hat Cecil einen recht dicken Ast zu unserem Camp geschleppt. Da muss die Säge ran. Doch der Ast wehrt sich erheblich. Nach ungefähr 20 Minuten hat Cecil den Kampf gewonnen und braucht erstmal kein wärmendes Feuer, sondern lieber eine kalte Dusche. Ein Gutes hat es aber: der Ast besteht aus Hartholz und wird uns heute Abend lange warmhalten.
Da eine kalte Dusche aktuell nicht zur Verfügung steht und das Wasser im Fluss bestimmt kalt ist, aber nicht sehr einladend wirkt, kühlt sich Cecil fern vom Feuer beim Abwaschen ab. Anschließend kochen wir Tortellini für unser Abendessen der kommenden Tage. Natürlich folgt darauf wieder eine Runde Abwasch. Doch im Gegensatz zu den letzten Tagen ist das hier gar kein Problem. Zum einen haben wir noch Regenwasser (mit kleinem Aufguss aus einem Hahn am Parkplatz der Apsley Falls), zum anderen gibt es hier an den Toiletten einen Hahn. Kein Trinkwasser zwar, aber damit sind wir versorgt. Noch dazu gesagt, würden wir auch nicht davor zurückschrecken mit Flusswasser den Abwasch zu erledigen.
Mittlerweile ist es kurz nach 11 Uhr. Bis vor wenigen Minuten schien die Chance heute überhaupt noch die Sonne zu sehen, verschwindet gering. Doch plötzlich ein Stück blauer Himmel. Cecil beginnt bereits, sehr optimistisch, sich zwei seiner drei Jacken zu entledigen. Kurz darauf ist es dann tatsächlich soweit und die Sonne zeigt sich. Es ist herrlich. Endlich ist auch wieder genug Strom für die Kühlbox vorhanden. Mit etwas mürrischem Getöse springen die Lüfter an und innerhalb weniger Minuten ist alles auf 2 Grad abgekühlt. So soll es sein, so kann es bleiben.
Völlig mit diesem Ereignis überfordert, sind wir hin- und hergerissen. Sollten wir die Sonne genießen oder das Licht nutzen und die Umgebung erkunden? Wir entscheiden uns für letzteres und machen uns abmarschbereit.
Zunächst folgen wir den gewohnten Spuren der Allradautos durch den Wald. Doch bald darauf verlassen wir diese Pfade und suchen uns unseren eigenen Weg durch den Bush. Der Boden ist nur vereinzelt mit Gräsern bewachsen und das Gelände sehr hügelig. Überall liegen teils riesige Felsblöcke in der Landschaft. Ob diese aus einer Eiszeit stammen oder vulkanischen Ursprungs sind, müssen wir noch recherchieren. Als wir am Rande eines Grabens entlanggehen, scheuchen wir eine Wildkatze auf. Schwarz-graues Fell, etwa einen halben Meter Körperlänge. 2-3 Sekunden können wir sie verfolgen, wie sie mit ungehäurem Tempo den gegenüberliegenden Hang hinaufhetzt und dann mit wenigen Sätzen im Wald verschwindet. Kurz sind wir unsicher, was wir da gerade gesehen haben. Doch die Bewegungen waren zu katzentypisch und der lange Schwanz lässt uns einen Hasen ausschließen. Das Fell war auffällig dick und buschig. Bei den winterlichen Temperaturen in NSW aber auch nachvollziehbar.
Bereits nach 15 Minuten müssen wir feststellen, dass das Gebiet doch nicht so riesig ist, wie wir gedacht hatten. Zäune und eine Farm markieren die Grenze an der anderen Seite, zu einer weiteren stoßen wir bald auf die Straße, die uns hergeführt hat. Wir laufen noch eine weitere halbe Stunde kreuz und quer durch das Gelände und dann zurück zu Koby. Cecil hat unterwegs noch zwei Hasen erspäht. Leider immer erst, als sie bereits auf der Flucht waren. Da hat man keine Chance noch die Kamera zu zücken. Die Kängurus, die hier gestern so zahlreich unterwegs waren, sträunern zur Zeit wohl noch durch andere Gebiete.
Zurück bei Koby stellen wir unseren Tisch wieder ans Flussufer. Cecil schreibt Tagebuch, Sarah macht Sport und Yoga. Wir haben hier einen echt schönen Platz gefunden.
Die Flussbiegung ist gesäumt von Gum-trees und hohen Gräsern, die golden im Sonnenlicht schimmern. Dazu keine laute Straße oder andere Camper in der näheren Umgebung. Wir sind hier ganz allein in der freien Natur und genießen es in vollen Zügen.
Einziger Nachteil: Durch den Wald im Westen verlässt uns bereits gegen 14 Uhr die wärmende Sonne und in Verbindung mit einem leichten Wind, wird es schnell recht kühl. Bereits gegen 15 Uhr sehen wir uns daher gezwungen das Lagerfeuer in Gang zu setzen.
Nach dem Abendessen sitzen wir noch um besagtes Feuer. Völlig unvermittelt, ertönen schaurige Geräusche aus dem Wald. Wie damals an den Tia Falls, haben wir zunächst einen Koala im Verdacht. Mit Hilfe der starken Taschenlampe versuchen wir der Sache auf den Grund zu gehen. Tatsächlich können wir die Reflektion eines Augenpaares in der Dunkelheit erspähen. Ohne zu zögern, schnappen wir uns die Kameras und machen uns querfeldein auf den Weg. Wir können das Tier im Baum finden und denken im ersten Moment, dass es doch ein Koala ist. Doch das Gesicht wirkt anders und der Schwanz ist viel zu lang. Irgendwann hören wir auf darüber zu diskutieren, ob es nun ein Koala ist oder nicht und versuchen nur noch bestmögliche Sicht und Aufnahmen zu kriegen. Dann rennt das unbekannte Tier über ein paar Äste davon.
Eine halbe Stunde später leuchten wir den Wald erneut mit der Taschenlampe ab. Wir haben Glück! Wieder ein reflektierendes Paar Augen auf dem selben Ast wie bereits zuvor. Sofort sind wir auf den Beinen und bahnen uns einen Weg durch das Unterholz und können diesmal sogar ganz gute Aufnahmen machen. Aus einer Eingebung heraus, vermutet Cecil, dass es sich um einen Fuchskusu handelt. Durch Recherche am Folgetag können wir das bereits bestätigen.
Bis spät in die Nacht sitzen wir ums Feuer und sprechen immer wieder über dieses kleine Abenteuer. Wir fühlen uns priviligiert dieses Tier heute Nacht gesehen zu haben. Als Privileg kann man es durchaus auch betrachten, dass wir, während unserer übermotivierten Stolperei durch den nächtlichen Wald, nicht in irgendwelche Gräben oder Löcher gefallen sind oder von einer Schlange begrüßt worden sind. Was für ein Tag.
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