20.05., Mittwoch: Hallsville - Fahrradtour nach Tamworth


Der Wecker klingelt, doch wir bleiben noch eine Weile liegen. Wir genießen es in unserem Dachzelt zu sein und es fühlt sich richtig an. Gegen 8 Uhr bereiten wir unser 5-Gänge-Frühstücks-Menü zu. Das ist zwar so gut, wie es klingt, bekam den Titel aber größtenteils wegen der mehreren Kochvorgänge, die dafür nötig sind. Unser Gaskocher besitzt nun einmal nur eine Kochfläche.
Zuerst wird Wasser für Tee und Kaffee aufgekocht. Es folgt ein Kochvorgang für wahlweise Spiegel- oder (bevorzugt) Rührei. Als dritten Gang wird Toast und/oder Toasties auf dem Camping-Toaster zubereitet. Belegt mit Avocado, Hähnchenbrust, Tomate, Gurke und diversen Dips und Aufstrichen. Den Abschluss bilden zwei kalte Gänge: Müsli mit Apfel und Joghurt, als Dessert Banane mit Nutino.
Es ist jedes Mal ein wahrer Genuss und dauert nur etwa 2 Stunden, wenn man den zwangsläufig folgenden Abwasch mit einbezieht. Doch diese Zeit muss man sich dann halt nehmen. 
Kurz nach diesem kulinarischen Highlight und noch vor dem Abwasch, kommt Wendy vorbei und beglückt uns mit 12 Eiern aus eigener Haltung. Wir haben zwar selbst, bevor wir herkamen, vorsichtshalber 24 Stück gekauft, aber Eier können wir nun wirklich nie genug haben. Zudem teilt sie uns mit, dass die Fahrräder beide fahrtüchtig sind. Sogar zwei Helme hat sie gefunden. Das ist in NSW fast noch essentieller, als die Verkehrstauglichkeit des Drahtesels, denn hier herrscht Helmpflicht für Radfahrer. Das begrüßen wir prinzipiell sehr und sind froh dementsprechend ausgerüstet zu sein.
Im Anschluss zeigt Wendy Sarah, wo der Kompost zu finden ist, bei dem wir unseren Bio-Müll abladen können. Zurück kommt sie mit einem Kürbis. Davon hätten sie hier etliche und wissen gar nicht wo hin damit. Sarah fällt dafür sicherlich etwas ein und freut sich herzlich über dieses Geschenk.
Nachdem der Abwasch vom Frühstück erledigt ist, machen wir uns mit den Rädern auf den Weg in die Stadt. Sarah braucht spezielle Nadeln, um den gestrickten Schal zu einem Loop zusammenzunähen. Tamworth ist in etwa 9 km von unserem Standort entfernt. Frohen Mutes radeln wir los. Doch nach wenigen Metern, müssen wir beide kleinere Defizite am Material feststellen. Bei Sarahs Fahrrad funktioniert die Gangschaltung nicht. Die arbeitet bei Cecils Rad tadellos. Doch auch hier gibt es einen Haken. Er muss dafür auf eine Hinterrad-Bremse verzichten. Es sind schlichtweg keine Bremssättel montiert. Diese kleine Radtour könnte aufregender werden als geplant.
Wir wählen eine Route die parallel zum Highway führt. Immerhin dürfen die Autos hier nur mit 80 statt 100 km/h an uns vorbeibrettern. Es ist erstaunlich hügelig. Da wir die Gangschaltung beide nur wenig bis gar nicht benutzen können, sind wir bereits nach etwa 2 km an dem Punkt, an dem wir am liebsten wieder umdrehen würden. Zumindest fragen wir uns im Stillen alle 10 Sekunden was zur Hölle wir uns dabei gedacht haben. Mit dem Fahrrad in die Stadt fahren. Sind ja nur 10 Kilometer. So ungefähr könnte man unsere Gedanken vor der Abfahrt artikulieren. Als wir jetzt diesem etwa 2 km langen Anstieg nähern, bereuen wir unsere Selbstüberschätzung. Auf halber Strecke, nach einem verzweifelten Versuch doch den Gang zu wechseln, springt Cecil auch noch die Kette heraus. Mal kurz das Rad schieben, tut aber in der Tat ganz gut.
Nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir den wortwörtlichen Höhepunkt unserer Tour erreicht. Ab jetzt geht es nur noch bergab. Steil bergab. Über recht stark befahrene Straßen, ohne vertrauenswürdige Bremsen am Rad. Fast wünschen wir uns wieder vor einer unbezwingbar wirkenden Anhöhe zu stehen. Da kann man wenigstens jederzeit sagen: “Ne, ist mir viel zu steil da hoch. Mach ich nicht”. Jetzt hilft nichts mehr außer beten.
Voller Adrenalin, aber unbeschadet erreichen wir Spotlight. Hier kriegt man alles von Stoffen und Wolle, über Schnittmuster für die Hobby-Schneiderin bis Zubehör wie Nadeln und Knöpfe. Sarah bekommt ihre gewünschte Wolle und neue Nadeln und schwebt im Strickhimmel. Cecil ersteht etwas Faden, um die Plane vom Dachzelt zu reparieren. Eine Haarschere gibt es leider auch hier nicht.
Im “Discount Chemist” gegenüber, sind die Haarscheren ausverkauft. Es soll einfach nicht sein. Wir durchstreifen noch die weiteren Gänge, ohne nach etwas Bestimmten zu suchen. Man kann sich den Laden wie einen Drogeriemarkt in Deutschland vorstellen. Sollten wir das nächste Mal neues Shampoo oder Deo benötigen, kommen wir auf jeden Fall hierher. Es ist sehr viel günstiger als bei Woolworth's.
Auf dem Rückweg besorgen wir bei einem kleinen Gemüsehändler, angelockt von einer Angebotstafel, drei kleine Avocados für 5 $. Kurz darauf halten wir noch bei Coles, um Brot und Saft zu besorgen. Eine normalgroße Avocado kostet hier 2 $. Unser vorheriger Kauf entpuppt sich daher als nicht sehr lohnenswert. Dafür haben wir einen lokalen Händler unterstützt und mal etwas außerhalb eines Supermarktes besorgt. Belassen wir es dabei, dass wir dadurch an Erfahrung gewonnen haben.
Der Coles Supermarkt, aus dem wir jetzt kommen, liegt in einem kleinen Shoppingcenter. Das besteht neben Coles allerdings gefühlt nur aus Fressbuden. Da gibt es einen Burger-Laden, einen Asia-Schnellimbis, gleich zwei Bäckereien und Domino's Pizza. Nur Minuten zuvor haben wir dem inneren Drang wiederstanden zu McDonald's zu fahren. Hilfreich war dabei, dass kein McDonald's in der Nähe war und wir nicht noch weiter in die Stadt fahren wollten. Doch jetzt liegt alles zum Greifen nahe. Wir knicken ein und entscheiden uns für Pizza. Die ist noch dazu unverschämt günstig. Für 5 $ ordern wir eine Schinken-Käse-Pizza. Der Käserand kostet mit 3,45 $ fast nochmal so viel. Aber für Cecil gehört das dazu. Wenn man schon Pizza bei so einem Laden kauft, dann ist der Käserand obligatorisch.
Die Folgen von Corona sind auch hier zu erkennen. So müssen wir vor dem Laden warten. Lediglich zum Bestellen darf man herein. Gezwungenermaßen essen wir unsere Pizza im Stehen bei unseren Fahrrädern.
Für den Rückweg entscheiden wir diesmal den Highway zu nehmen, wie Wendy es empfohlen hat. Hier Rauschen die Autos zwar noch schneller an einem vorbei, dafür haben wir mit dem Standstreifen eine Art Fahrradweg und wir gehen von einer weniger hügeligen Strecke aus. Tatsächlich ist es nach kleineren Bergauf-Passagen am Anfang recht flach und wir kommen gut voran. Leider nur bis Sarah einen Platten bemerkt. Wir biegen gerade in die kleine Seitenstraße ein, die uns parallel zum Highway zur Farm führt. Etwa 3 km vor unserem Ziel ist keine Luft mehr auf dem Vorderrad. Unsere Versuche das Rad zu entlasten und die Einkäufe aus dem Korb am Lenker zu nehmen, bringen nicht den erhofften Erfolg. Cecil ist etwas genervt, da wir fast da sind. Außerdem wäre der direkte Weg über den Highway kürzer gewesen. Aber wir wollten die längere, ruhigere Strecke nehmen. Er reißt sich aber kurz darauf zusammen. Sarah hat sich den Platten ja nicht mit Absicht eingefahren. Nach einer knappen halben Stunde erreichen wir zu Fuß die Farm.
Während Sarah Yoga macht, repariert Cecil seinen Campingstuhl mit Nadel und Faden. Bevor es an die Zeltplane geht, übt er an diesem kleineren Projekt. An seinem Stuhl ist eine Armlehne teilweise ausgerissen und das wird nun wieder zusammengenäht. Selbst diese kleine Stelle ist sehr anstrengend, da schwer erreichbar. Wie soll es da erst bei der Plane werden. Dort ist das Material noch dicker und die Risse deutlich länger. Bevor dafür ein Plan geschmiedet werden kann, beginnt es zu regnen.
Wir retten uns unter das Dachzelt und überlegen was wir essen. Die Pizza ist zwar noch nicht ganz verdaut, aber so ganz ohne Abendessen kommen wir auch nicht über die Runden. Am Ende entscheiden wir uns doch für die zweite Runde Wraps. Zusätzlich, zu Halloumi und Hähnchen, gibt es heute Rührei. Nächstes Mal könnten wir uns sogar noch Mais und selbstgemachte Guacamole vorstellen. Doch schon jetzt ist es super gut. Da kann kein Fastfood mithalten.
In einer kurzen Regenpause erledigt Cecil den Abwasch. Abtrocknen und Einräumen erledigen wir anschließend gemeinsam. Da wir noch nicht ins Bett wollen, hängen wir unsere Lampion-Lichterkette unter dem Zelt auf. Das sorgt für heimeliche Atmosphäre auf unseren 2qm. Immerhin bleiben wir hier trocken. Sarah löst Sudokus, Cecil schreibt Stichpunkte für den heutigen Tagebucheintrag. Irgendwann zieht es uns dann aber doch ins Zelt.

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