05.05., Dienstag: Barkala Farmstay - Eine ungeahnte Möglichkeit

Wir sind wie gewohnt gegen 07:15 Uhr im Café und frühstücken. Noch vor wenigen Tagen war ein Grund für dieses sehr zeitige Frühstück, dass wir bereits um 8 Uhr unseren Arbeitstag begonnen haben. Da wir nun dazu angehalten sind, die vorgegeben Arbeitszeiten einzuhalten, beginnen wir erst um 9 mit der Arbeit. Trotzdem quälen wir uns jeden Tag eine Stunde eher als alle anderen aus dem Bett, um beim Frühstück unsere Ruhe zu haben. Zu unserem Unbehagen wird es gegen halb 8 ungemütlich voll im Café. Wir haben nicht bedacht, dass heute eine kleine Gruppe in die Stadt fährt und am Pub arbeitet. Dazu gehören Regina und Johannes. Natürlich haben sie auch ihre Kinder im Schlepptau. Für einen gewissen Lärmpegel haben sie also schon mal gesorgt. Obendrauf bildet sich eine Schlange am Kaffeeautomaten und, dieser Schlange geschuldet, kommt man nur noch schwer bis gar nicht an den Toaster über dem Ofen. Wir verdrücken unsere Brote daher in Rekordzeit und nehmen Tee und Kaffee gleich mit zurück ins Studio. Hauptsache weg hier.

Der Arbeitstag beginnt und Cecil trägt die zweite Schicht Bond-Crete auf sein Fenster auf. Gegen halb 12 ist er damit fertig und spricht mit Maria und Regina über eine neue Aufgabe. Bereits ein paar Tage zuvor hat er auf dem Wochenplan bei den To-Do's eine herausfordernde Aufgabe gesehen: Der große Ventilator in der Küche muss gesäubert werden. Das klingt erstmal nach einer recht undankbaren Aufgabe. Doch Cecil reizt daran der Vorher-Nachher-Effekt. Proaktiv schlägt er vor diese Aufgabe zu übernehmen und sofort willigen beide ein. Noch weiß er nicht, welch harte Aufgabe er sich da gerade selber aufgebürdet hat. 
 Sarah ist heute wieder in der Töpferei eingesetzt. Sie bemalt wieder Schalen mit dem grünen Zeug. Einige der bereits gebrannten Schalen müssen von innen auch nochmal überstrichen werden. Die eingesetzte Glasur im Inneren der Schale hat Risse gebildet im Ofen. Morgen soll sie dann mit Franco los und weiter Wege instand halten. Als Kerry das letzte Mal mit Franco unterwegs war, hat er danach durchblicken lassen, dass Franco etwas nachlässig war. Marias Idee ist daher, dass Sarah es ihm nochmal richtig zeigt.

Nach dem Mittagessen macht Cecil weiter den Ventilator sauber. Genau das wird er wohl auch die nächsten Tage mache. Das Teil ist bei näherer Betrachtung so verdreckt, dass es wohl eine ganze Weile dauern wird. Nachdem das Gerät mit nur wenigen Handgriffen auseinander genommen ist, wird die eigentliche Schwierigkeit klar. Der Gitterschutz besteht aus zahllosen Streben. Man muss sich nur einen handelsüblichen Ventilator vorstellen. Ein Ventilator, der in einer Restaurant-Küche für frische Luft sorgen soll, ist natürlich ein gutes Stück größer. Genauer gesagt, etwa doppelt so groß, geschätzte 60 Zentimeter im Durchmesser. Der Gitterschutz besteht daher aus hunderten Streben. Immer wieder unterbrochen von stabilisierenden Querstreben. Jede einzelne dieser Streben ist umhüllt von Dreck und vor allem Fett. Über Jahre hat es sich dort in Schichten abgelagert. Das Alter der ersten Schicht würde Cecil auf vorsichtig geschätzte 10 Jahre datieren.
Während Cecil sich im übertragenen Sinne um die Küche kümmert, widmet sich Sarah dem Garten. Gemeinsam mit Brenda zupft sie Unkraut im sogenannten sogenannten “White Garden” / “weißen Garten" hinter dem Studio.

Nach Feierabend überlegen wir, ob es nicht doch an der Zeit ist weiterzuziehen. Mittlerweile befinden wir uns in einer Art Alltagstrott, den wir bereits aus vergangenen Tagen in Berlin kennen. Immer wieder gibt es Momente, in denen wir uns freuen hier zu sein, aber so richtig glücklich sind wir mit all den Umständen und der allgemeinen Situation nicht. Daher nimmt Cecil Kontakt zu Stew auf, dem Freund von Roseannas Ehemann. Diesen Kontakt haben wir von Roseanna nach dem Polizei-Spektakel bekommen, als Cecil ihr geschrieben hat. Stew antwortet auch sofort und das Angebot bei ihm in Newcastle oder bei seinen Eltern in Tamworth zu campen steht immer noch. Abstruserweise fürchtet Cecil sich auf einmal davor, dann zu wenig zu tun zu haben. Ganz unberechtigt ist die Sorge aber nicht. Keiner weiß, wie lange der Lockdown noch anhält. Hier auf der Farm haben wir immerhin eine Beschäftigung. Cecil fragt daher auf subtile Weise, ob wir auch dort auf der Farm helfen könnten. Da Newcastle eine recht große Küstenstadt ist, haben wir das Gefühl in Tamworth auf der Farm seiner Eltern zunächst besser aufgehoben zu sein.Wir sind etwas überfordert mit der schnellen Reaktion. Aber auf jeden Fall sind wir erleichtert, dass das Angebot immer noch steht. Zutun gibt es auch etwas. Er baut derzeit ein Haus in Tamworth und am kommenden Freitag braucht er Hilfe das Dach fertigzustellen. Sollten wir darüber hinaus noch Arbeit suchen, kennt er auch viele Farmer und Leute in der Stadt, die eventuell Jobs haben. Bereits kommenden Freitag ist uns dann doch irgendwie zu kurzfristig. Aber hier scheint sich eine echte Alternative aufzutun. Vor allem scheint Arbeit nur ein Angebot, aber keine Pflicht zu sein. Wir müssen einfach nochmals betonen, dass wir nicht arbeitsscheu sind, aber wir sind definitiv auch nicht darauf angewiesen. Die wenigen Stunden Tageslicht wüssten wir auch anders zu füllen.

Zum Abendessen genießen wir eine leckere Quiche von Charlotte. Begleitet wird das Ganze von einem netten Gespräch mit Cole. 
Zurück im Studio, geht Sarah direkt auf die Toilette. Cecil setzt sich ins Wohnzimmer und will gerade das Handy zücken. Da steckt Belen den Kopf aus ihrer Zimmertür und fragt, ob Cecil Angst vor Fledermäusen hat. Der verneint zögerlich, aber hat auch keine Idee, worauf diese Frage eigentlich zielt. Zeit darüber nachzudenken bleibt aber auch nicht, denn Belen hat ihn schon am Arm gepackt und in ihr Zimmer gezogen. Und hier erklärt sich alles von selbst, als ein kleines schwarzes etwas direkt vor Cecils Augen durch den Raum kreist. Mit Handtüchern wollen wir die kleine Fledermaus einfangen. Immer wieder sind wir kurz davor, dass einer von uns sie kriegt. Es wirkt alles etwas unbeholfen und wir lachen uns gegenseitig aus. Von außen klingt es wohl wie ein paar Jugendliche im Zeltlager, die gerade Spaß haben. Zumindest berichtet Sarah es so Tage später, die alles geduldig von draußen anhört, nachdem sie im Wohnzimmer angekommt, sich aber schon fragt, was zur Hölle da drinnen eigentlich los ist. Nach etlichen Versuchen hat Belen die Fledermaus endlich unter ihrem ausgeworfen Handtuch “begraben”k önnen. Vorsichtig versuchen wir zu ertasten, ob sich das Flattervieh wirklich unter dem Handtuch befindet. Es ist gänzlich dunkel im Zimmer. Nur eine Lichterkette brennt. Den Fang könnte bei diesen Lichtverhältnissen keiner bestätigen ohne nach der Beute zu tasten. Nach altem Jäger-Kodex darf Belen nach der Beute tasten. Immerhin hat sie das Teil vermutlich gefangen. Als sie die kleine Fledermaus dann tatsächlich in dem ausgeworfen Handtuch fühlt, erschreckt sie sich total, springt zurück, reißt dabei das Handtuch mit und das Tier ist wieder im Zimmer unterwegs. Zum Glück dauert es nicht sehr lange und Belen hat sie wieder mit dem Handtuch erwischt. Dieses Mal übernimmt Cecil die Aufgabe zu ertasten, ob der Wurf erfolgreich war und er kann das kleine Tier im Handtuch fühlen. Eingepackt im Handtuch bringen wir die Fledermaus durch das Wohnzimmer hindurch zur Tür und lassen sie frei.

Nach dieser Aufregung fällt die Spannungskurve ab. Sarah bearbeitet Bilder für den Blog und Cecil schreibt Stichpunkte der vergangenen Tage. Wir übertragen noch die auf dem Handy geschnittenen Videos, doch das Internet ist zu schlecht, um etwas zu posten. Wir verschieben daher die Aktion und wollen es vor dem Abendessen im Café probieren.
Angefixt von der ersten Folge “The Marvelous Mrs. Maisel”, schauen wir heute gleich die zweite. Dann geht das Licht aus.

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