06.05., Donnerstag: Plantation Campground - Der langersehnte Brief

Wie geplant, klingelt der Wecker heute um halb sieben. Das gibt uns genügend Zeit ganz gemütlich wach zu werden. Um kurz nach klettern wir aus dem Zelt. Die Sonne geht wieder genau in diesem Moment auf. Zu unserer Überraschung weht heute überhaupt kein Wind. Traumhaft! Um für etwas Abwechslung beim Frühstück zu sorgen, kommt heute etwas getrockneter Schnittlauch ins Rührei. Das bringt ganz offensichtlich Cecils Routine aus dem Gleichgewicht, denn er vergisst daraufhin das Salz. Da es außerdem sehr kalt ist, brennt das Gas nur auf halber Flamme. Im Endeffekt wird das Rührei nicht gerade ein Hochgenuss. Der Start in den Tag hätte besser sein können. 
 
 
Doch eine Wendung zum Guten lässt nicht lange auf sich warten. Das Krankenhaus in Port Hedland hat Sarah ihre gesamte Krankenakte übermittelt. Sofort geht sie das seitenlange Dokument durch. Leider ist nichts darüber vermerkt, was uns als Beweis dienen könnte, dass der Transport mit dem Flugzeug zwingend notwendig war. Da es weiterhin nur Unterlagen aus dem zweiten Krankenhaus sind. Langsam zerrt das Thema an unseren Nerven. Doch eine Hoffnung haben wir noch: das erhoffte Schreiben vom RFDS. Und auch von dieser Stelle haben wir endlich eine Antwort. Frances, unser Ansprechpartner, fragt, an wen er das Schreiben adressieren soll. Wir entscheiden, dass es direkt an die Versicherung gehen soll. Es kommt ein gutes Gefühl auf. Mit einem offiziellen Statement des RFDS sollte das Thema bald abgeschlossen sein. 
Nachdem alles zusammengepackt ist, machen wir uns erneut auf in die nördlichen Grampians. Cecil versucht es weiterhin zu vermeiden, den Blinker zu betätigen, wenn es nicht absolut notwendig ist. Heute steht die Besteigung des Mount Stapylton an. Die letzten Kilometer bis zum Parkplatz geht es über eine sehr raue Gravelroad. Endlich angekommen, ist es bereits super voll. Sogar zwei kleine Busse stehen auf dem Parkplatz. Wir hoffen, dass alle den Mount Zero besteigen. Diese Wanderung startet ebenfalls von hier und scheint beliebter zu sein. Wir werden sehen. Rein in die Wanderschuhe und los gehts. Gleich zu Beginn wartet die Wanderung mit einem knackigen Anstieg auf. Auf dem anschließenden flacheren Teil stoßen wir alle paar Meter auf ein Kind am Wegesrand. Wir vermuten, es handelt sich um eine Schulklasse, doch was das Ganze soll bleibt uns ein Rätsel. Warum sitzen sie im 10m Abstand auf einem Wanderweg? Seltsam. 
Es folgt ein weiterer Anstieg. Da kaum noch ein Lüftchen weht, sind wir bald nur noch im T-Shirt unterwegs. 
 




 
Kurz vor dem Gipfel versperrt uns dann eine große Frauengruppe den Weg. Die sind sehr langsam unterwegs und die ganze Zeit über am Quatschen. An einer ziemlich steilen Stelle zögern die Frauen kurz. Die Chance nutzen wir und quetschen uns vorbei. Den Gipfel haben wir für einen kurzen Moment ganz für uns allein. Wir genießen den Ausblick und die Ruhe hier oben. Cecil überlegt noch schnell eine Runde mit Alli zu drehen, doch da haben die Frauen schon zu uns aufgeschlossen und verteilen sich laut quatschend überall. 
 



 
Mit der Idylle ist es damit vorbei und wir sehen zu schnellstmöglich wieder zu verschwinden. Der Rückweg geht ganz schön auf die Gelenke, aber noch machen die solche Strapazen mit. Insgesamt eine sehr schöne Wanderung. 
 
 
  
Unser nächstes Ziel sind die Mackenzie Falls. Noch auf dem Parkplatz stoßen wir auf drei Emus, die hier offenbar frei herumlaufen. Hoffentlich nicht, weil sie von den Touristen gefüttert werden. Apropos Futter. Es ist Zeit fürs Mittagessen. Heute auf dem Programm: Gemüsesticks und Dip. Während wir essen, beobachten wir wie ein Mann von den Emus regelrecht bedrängt wird. Offenbar hatte er ebenfalls gerade einen Snack in der Hand. Am Ende muss er die Flucht ergreifen. Daraufhin halten die Laufvögel direkt auf uns zu. Uns bleibt nicht anderes übrig als den Tisch zu verlassen und bei Koby weiterzuessen. Mit den Emus wollen wir uns lieber nicht anlegen, aber teilen wollen wir auch nicht. 
 

 
Auf halber Strecke zu den Mackenzie Falls stoßen wir auf einen Abzweig, der zum Broken Falls Lookout führt. Spontan entscheiden wir uns zunächst diesen anzuschauen. Leider versperrt dort ein Baum die Sicht. Cecil überlegt das Problem mit Alli zu umgehen, doch das Fliegen ist hier verboten und es sind viele Menschen unterwegs. Besser kein Risiko eingehen. 
 
 
Über 260 Stufen steigen wir im Anschluss hinab zum Fuße der Mackenzie Falls. Eine natürliche Brücke aus großen Felsen führt über den Fluss. Vom anderen Ufer aus hat man dann einen sehr schönen Blick auf den Wasserfall. 
 



 
Da wir noch Kraft in den Beinen haben, entscheiden wir von hier aus die 1,4 km zu den Fish Falls zu laufen. Der Weg führt entlang des Flusses, den wir gelegentlich über Metallstege kreuzen. Vom offiziellen Lookout aus sind die Fälle dann leider etwas enttäuschend. Wir wagen uns etwas abseits des Weges und landen direkt zwischen zwei Stufen des Wasserfalls. Von hier aus bietet sich und ein herrliches Bild. Wir haben den Ort für uns allein und befinden uns nur wenige Meter vom Wasser entfernt. Vor allem Cecil genießt es und springt wie ein Kind auf einem Abenteuerspielplatz hin und her. Natürlich entstehen dabei etliche Aufnahmen des Wasserfalls aus allen möglichen Blickwinkeln. 
 



 
 
Den gesamten Rückweg sind wir in eine Unterhaltung vertieft. Es kommt uns daher nur wie ein paar Minuten vor, bis wir wieder an den Mackenzie Falls angekommen sind. Die 260 Stufen zu erklimmen ist fordernd, doch wir sind gewohnt zügig unterwegs. Als letztes wartet ein Lookout auf uns, von dem aus man von erhöhter Position aus frontal auf den Wasserfall schaut. Wir sind ordentlich schnell unterwegs. Langsam wollen wir den Wandertag zu Ende bringen. Nur für ein Wallaby, welches wir wohl aus seinem Mittagsschlaf reißen, bleiben wir stehen. 
 
 
Die Sicht vom Lookout ist wirklich gut. Ein bisschen weit weg vielleicht, aber keine Entfernung, die das Objektiv an Sarahs Kamera nicht überbrücken könnte. Leider ist am Fuße des Wasserfalls gerade einiges los. Eine riesige Gruppe Wanderer tummelt sich dort. Viele mit Jacken in knalligem Rot oder Neon-Gelb. Die zerstören jedes Foto, selbst aus 500 Metern Entfernung. Etwa zehn Minuten müssen wir warten, um endlich ein Bild ohne die unerwünschten Farbkleckse zu bekommen. 
 

 
  
Vom Lookout führt der Weg weiter in den Wald. Wahrscheinlich ein Loop, über den wir zurücklaufen können. Okay, denken wir, dann nehmen wir den auch noch mit. Nach einigen hundert Metern sind wir dann aber doch unsicher. Sarah checkt die Lage mittels der Karte von Campermate. Es handelt sich tatsächlich um einen Loop, auf dem man allerdings nicht erwarten sollte weitere Highlights zu sehen. Passenderweise wurde er “useless Loop” getauft. Wir entscheiden darüber zu lachen, anstatt uns über diese unnötigen Extrameter zu ärgern. Zurück auf dem Hauptweg, geht es dann jedoch schnellstmöglich zurück zum Parkplatz. Dort werden wir nochmal aufgehalten. Aber diesmal von Kängurus und Emus. Da sagen wir nicht nein.









Bei Koby checken wir kurz die Campingplätze, die für die kommende Nacht infrage kommen. Wir entscheiden uns für den Plantation Campground. Dort standen wir bereits 2020 und dort begann für uns der Anfang vom Ende, kann man sagen. Wenig später ist Corona auch in Australien endgültig angekommen und hat unsere Reisepläne total auf den Kopf gestellt. Trotzdem haben wir gute Erinnerungen an diesen Platz. Immerhin waren dort täglich ein paar Kängurus unsere direkten Nachbarn. 
Bereits kurz bevor wir den Platz erreichen, treffen wir auf zahllose Roos. In dem kleinen Ort Halls Gap bevölkern sie in Scharen den Cricketplatz. Wir halten natürlich kurz an und beobachten die Beuteltiere für eine Weile. Auch auf dem anschließenden Weg zum Platz, müssen wir immer wieder abbremsen, da sich die Tiere am Straßenrand zeigen. Und das am hellichten Tag. Ein gutes Zeichen, dass sie hier in der Gegend noch immer zahlreich sind. 
 
 

Unser Platz vom letzten Mal, von dem aus man exzellenten Blick auf eine große Wiese hat, die oft von Kängurus zum Grasen genutzt wird, ist leider bereits belegt. Doch wir müssen nicht lange suchen, bis wir eine Alternative finden. Nachdem wir für Koby eine gute Position gefunden haben, schnappen wir unsere Stühle und setzen uns auf die nahe Wiese. Zwei Kängurus können wir dort beim Fressen zusehen. 
 

 
Inspiriert von ein paar anderen Campern macht sich Cecil etwas später auf in den Wald, um Feuerholz zu sammeln. Es dauert nicht lange, bis er fündig wird. Nachdem es in handliche Stücke gesägt ist, bauen wir das Zelt auf und widmen uns anschließend dem Abendessen. Bei der Kälte ist es mal wieder nicht leicht unsere heutigen Portionen warm zu kriegen. Sofort nach dem Abwasch macht sich Cecil daran das Feuer zu entfachen. 
Die leeren Eierkartons, die er sonst immer dafür genutzt hat, haben wir blöderweise gestern entsorgt. Doch es klappt auch wunderbar mit einem alten Pizzakarton. Während sich Cecil darum kümmert das Feuer weiter anzufachen, checkt Sarah erneut ihre Mails. Tatsächlich hat sie das Schreiben vom RFDS erhalten. Darin ist erklärt, dass jeder Schlangenbiss sehr ernst genommen wird und daher ein Transfer in das nächste Krankenhaus, welches für die Behandlung ausgelegt ist, Standardprozedere ist. Unterschrieben ist es vom “Head of Medical” (Medizinischer Direktor) des RFDS. Das sollte hoffentlich ausreichen, um die Versicherung dazu zu bewegen, die Kosten für den Transport mit dem Flugzeug zu übernehmen. Sarah verfasst sofort eine entsprechende Mail und schickt den Brief vom RFDS im Anhang mit. Wir haben ein gutes Gefühl. Es geht wieder bergauf. Und hoffentlich ist dann dieses leidige Thema vom Tisch und wir können diese schreckliche Nacht abschließen. 
Endlich können wir das Lagerfeuer richtig genießen. Wir quatschen dabei ein wenig. Erst nach einer ganzen Weile holt Cecil das Tablet heraus und beginnt damit die Stichpunkte von heute zu schreiben. Um kurz vor neun ist er damit fertig. Danach sitzen wir noch eine weitere Stunde am Feuer. 
 
Nicht so nette Gesellschaft auf der Toilette.

Erst gegen 22 Uhr begibt sich Sarah ins Zelt. Cecil wirft sich zusätzlich noch ein paar Decken über und zieht Handschuhe an. Er möchte noch versuchen etwas Tagebuch zu schreiben. Allerdings schafft er gerade mal ein paar Absätze zu tippen, bevor er seine Finger kaum noch spürt. Das hat heute wohl keinen Sinn mehr. Etwas geknickt, da er sich für heute mehr vorgenommen hatte, geht auch er ins Bett. Immerhin hatten wir ein schönes Lagerfeuer und haben uns gut unterhalten. Es war also auch so ein schöner Abend. 

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