30.03., Dienstag: Karijini Toll Assembly Area - Zwei Gesichter der Natur
Um halb sechs reißt uns der Wecker aus der Tiefschlafphase. Kurz meinen wir Regen auf dem Zeltdach zu hören, doch zum Glück ist es nur der Wind. Draußen herrscht noch totale Finsternis. Erst während wir das Zelt zusammenbauen und uns bereit für die Abfahrt machen, beginnt es zu dämmern. Im Gegensatz zu gestern sind heute bereits früh ein paar Fliegen unterwegs. Wir lassen uns davon allerdings nicht groß stören. Um zehn nach sechs verlassen wir den Platz und liegen damit perfekt im Zeitplan.
Im gleißenden Gegenlicht der aufgehenden Sonne essen wir unsere vorbereiteten Sandwiches während der Fahrt. Um kurz nach halb sieben erreichen wir den Parkplatz am Fuße des Mount Bruce. Zähneputzen, eincremen, Rucksack packen, Wanderschuhe anziehen und los. Die Uhr zeigt 07:05 Uhr als wir den ersten Kilometer angehen. Noch geht es seicht bergauf, doch Sarah hat trotzdem ihre Mühen. Immerhin trägt sie vier Liter Wasser im Rucksack. Normalerweise hat lediglich Cecil einen Rucksack und dementsprechend das Wasser auf dem Rücken. Es braucht eine Weile, bis sie sich an das Gewicht gewöhnt hat.
Auf dem Rücken des Berges geht es weiter in Richtung Gipfel. Schon jetzt können wir herrliche Aussichten genießen. Links von uns erstreckt sich der Karijini Nationalpark. Zu unserer Rechten befindet sich ein Tagebau, in dem Eisenerz abgebaut wird. Von hier oben wirken die kilometerlangen Züge fast schon klein, aber dennoch beeindruckend. Etwa alle halbe Stunde fährt ein Zug ein, während ein anderer den Bahnhof der Mine in Richtung des Hafens von Dampier verlässt. Von dort aus wird das Erz an Kunden auf der ganzen Welt verschifft, aber hauptsächlich nach Asien. Unglaublich welche Massen hier tagtäglich transportiert werden.
Im Gegensatz zu den Gleisen am Boden können wir unseren weiteren Weg kaum ausmachen. Man mag den Gipfel erkennen, doch es scheint kein Pfad hinauf zu führen. Je höher wir steigen, desto windiger wird es. Sarah hat ihren Hut bereits an ihrem Rucksack befestigt. Cecil muss sein Cappie immer wieder vom Kopf nehmen, um es davor zu retten davon geweht zu werden. Bald darauf wandern wir nicht mehr, es gleicht eher einer Klettertour. Völlig ungesichert steigen wir an Felsblöcken hinauf oder schieben uns über schmale Pfade seitwärts voran. Der Abgrund, nicht selten mehr als hundert Meter tief, ist dabei oft sehr prominent in unserem Sichtfeld. Wir können nicht anders, als es irgendwie gut zu finden. Noch ist es nicht zu gefährlich und wir stehen ja irgendwie auf diese Art von Nervenkitzel.
Nach einer kurzen Passage, die etwas sanfter über lose Steine geführt hat, geht es die letzten 1,5 km erbarmungslos steil bergauf. Etwas außer Atem erreichen wir den Gipfel. Immerhin 5,4 km waren es bis hier oben, die wir in 1:35 Stunden bewältigt haben. Erwartungsgemäß ist es hier oben sehr stürmisch, doch die Aussicht ist atemberaubend schön. Grüne Oasen mischen sich mit dem roten Sand des australischen Outbacks. Während wir unseren Blick schweifen lassen, leeren wir die erste 2l-Flasche. Damit haben wir noch weitere 4 Liter, oder besser vier Kilogramm, in den Rucksäcken.
Bevor es auf den Rückweg geht, will Cecil noch eine Runde mit Alli drehen. Der starke Wind hat gerade etwas abgeebbt, daher scheint die Gelegenheit perfekt. Die kleine Drohne ist gerade in der Luft, da kommen heftige Sturmböen auf. Es folgen dramatische Sekunden, in denen Alli schon fast soweit abgetrieben wird, dass sie außer Kontrolle geraten zu droht. Nur mit viel Mühe und großem Risiko kann Cecil sie wieder landen und alles bleibt heil. Genug der Aufregung. Wir machen uns besser auf den Rückweg.
Bergab ist wie immer unangenehmer als hinauf. Der Gang ist unweigerlich unsicherer und die Belastung für alle Gelenke höher. Selbst Cecil hat bei den kurzen Kletterpassagen teilweise weiche Knie. Offensichtlich werden wir doch langsam alt. Nachdem wir etwa die Hälfte des Rückweges hinter uns haben, kriegt Alli eine weitere Chance. Cecil filmt ein wenig die Umgebung und dann uns beim Wandern. Hoffentlich ist nicht zu erkennen, wie schwer unsere Beine geworden sind.
Vier Stunden haben wir gebraucht um auf den Gipfel des Mount Bruce zu steigen und wieder zurück zu Koby zu wandern. Zu diesem Zeitpunkt ist es gerade erst 11 Uhr am Vormittag. Wir entscheiden daher noch weiter in den Park zu fahren und die ersten Schluchten zu besichtigen, für die Karijini so berühmt ist. Außerdem kann man sich dort in einem der Wasserlöcher abkühlen. Durch den Wind wurde uns zwar nicht zu heiß, doch einer Erfrischung wären wir dennoch nicht abgeneigt.
Etwa 40 km legen wir bis zu unserem ersten Ziel zurück. Die Straße ist größtenteils asphaltiert, doch immer wieder gilt es überschwemmte Floodways zu durchqueren. Diese sind durchzogen von großen Steinen. Es wir dadurch ganz schön rumpelig, aber Koby lässt uns wie gewohnt nicht hängen. Unser erster Gang führt uns vom Parkplatz aus in die Weano Gorge. Nach einem 1,2 km langen Wanderweg wartet dort der Handrail Pool auf uns.
Es geht zunächst steil bergab hinunter in die Schlucht. Unten angekommen, führt der Pfad entlang eines schmalen Flusses. Schon bald wechseln wir von unseren normalen Schuhen auf die Badeschuhe. Unsere Sneaker lassen wir einfach am Rand der Schlucht zurück. Hoffentlich sind sie später noch an Ort und Stelle. Es ist einfach viel entspannter direkt durch das flache Wasser zu waten, anstatt am Ufer entlang zu klettern. Dabei würden wir außerdem Gefahr laufen abzurutschen und ins Wasser zu fallen. Unseren Handys, Kamera und Alli würde das sicher nicht gefallen.
Gegen Ende des Weges verengt sich die Schlucht bis der Durchgang kaum mehr als drei Meter misst. Bald darauf erreichen wir das namensgebende Geländer, die “Handrail”, an der wir uns festhalten, während wir weiter zum Pool hinab steigen. Der Felsspalt, durch den wir gehen, ist keinen Meter breit. Dahinter öffnet sich die Schlucht wieder und offenbart ein kreisrundes Gewölbe. In der Mitte befindet sich der Handrail Pool. Die Atmosphäre an diesem Ort scheint magisch. Ohne groß zu überlegen, legen wir unsere Sachen ab und balancieren über die rutschigen Steine am Ufer ins Wasser.
Aus der engen Schlucht, durch die wir gerade hindurch gelaufen sind, plätschert ein dünner Wasserfall. Am anderen Ende erreicht sogar ein wenig Sonne den Pool. Von hier aus führt erneut ein schmaler Strom ins Nirgendwo. Cecil macht sich auf diesen Teil der Schlucht noch weiter zu erkunden, doch dreht schon bald um. Es wird dort bald stockdunkel und es scheint die Mühe nicht wert. Nachdem wir noch ein kleines Fotoshooting abgehalten haben, machen wir uns auf den Rückweg. Unsere Straßenschuhe können wir zum Glück wieder einsammeln, wo wir sie zurückgelassen haben.
Kurz bevor wir wieder am Parkplatz sind, fangen uns ein paar Ranger ab. Sie fragen, ob wir unten in der Weano Gorge eine Schlange gesehen hätten. Andere Besucher hätten ein Tier gemeldet. Wir können nur verneinen und sind fast schon etwas enttäuscht kein Exemplar zu Gesicht bekommen zu haben.
Bei Koby verstauen wir unsere Straßenschuhe und Alli muss ebenso da bleiben. Drohnen sind im Park generell nicht erlaubt und jetzt sind wir uns auch noch der Anwesenheit von Ranger bewusst. Das Risiko ist es nicht wert. Nach einer kleinen Stärkung machen wir uns nur Minuten später auf den Weg in die Hancock Gorge.
Unten in der Schlucht ziehen wir erneut unsere Badesachen an und lassen den Rucksack an einer geschützten Stelle zurück. Von hier an geht es durch eine nur wenige Meter breite Schlucht hindurch. Oft genug gilt es dabei tiefes Wasser zu durchqueren und teilweise kommen wir gar nur schwimmend voran. Als wir das erste Ufer erreichen, hat Sarah einen blinden Passagier an Board. Nur mit Mühe kann sie die gut vier Zentimeter große Spinne abschütteln, die wohl eine entspannte Überfahrt genossen hat.
Vorbei an einer Art Amphitheater und einem kleinen Wasserfall, geht es weiter in die Schlucht. Teilweise werden Klettereinlagen abverlangt und der Untergrund ist durchaus rutschig. Am Ende durchqueren wir schwimmend einen weiteren sehr kalten Pool. Dann versperrt eine Kette den weiteren Weg. Die Sicht ist nicht sehr besonders, daher bleiben wir nur kurz.
Stattdessen versuchen wir andere Stellen des Weges erneut in völliger Stille zu genießen. Doch dann kündigt sich aus der Ferne eine große Gruppe an und wir befinden uns bald darauf auf dem Rückzug.
Cecil ist bereits bei unserem Rucksack angekommen, da steigt Sarah gerade aus dem Wasser. Dabei greift sie fast in eine Schlange. Ihr Schrei bleibt zunächst ungehört. Doch als sich die Großfamilie nähert, deren Kommen wir bereits im Vorfeld vernommen haben, fühlt sich Sarah dazu berufen vor dem Reptil zu warnen. Erst dann bekommt auch Cecil Wind von der Sache.
Völlig schmerzfrei bahnt er sich einen Weg zu Sarah. Die erste Frage gilt der Farbe. Als Sarah daraufhin mit “grün” antwortet, weicht die Anspannung aus Cecils Mimik. In Australien sind die giftigen Schlangen braun bis schwarz. Außerdem sei sie ziemlich klein gewesen. Während Sarah versucht ihren Puls herunter zu fahren, macht Cecil ein paar Aufnahmen. Nachdem die Gruppe weitergezogen ist, schauen wir erneut gemeinsam. Sarah erkennt wie ungefährlich das Tier war. Aber Vorsicht ist besser als Nachsicht und bei Schlangen geht man besser auf Nummer sicher.
Um kurz nach 15 Uhr sitzen wir wieder im Auto. Unsere Körper melden den Feierabend für heute an. Wir steuern daraufhin einen kostenlosen Platz in der Nähe der Bahngleise an. Hoffentlich wird der Verkehr nicht zu schlimm. Etwas abseits des offiziellen Rastplatzes finden wir eine Stellfläche, die für heute Nacht ausreichen wird. Ohne große Lust auf weitere Bewegung widmet sich Sarah den Stichpunkten. Cecil bearbeitet Videos für die nächsten Posts. Die Mengen an Fliegen lässt sich noch einigermaßen aushalten.
Anschließend sind wir beide ziemlilch fertig. Vielleicht ist es eine gute Idee zunächst etwas zu essen. Im schwindenden Licht des Tages nehmen wir die letzte Portion unserer Reis-Pfanne zu uns. Es folgt, wie immer, der Abwasch. Sarah ist daraufhin ziemlich müde und findet auch kein Mittel dagegen. Es hilft nichts, also will sie hoch ins Zelt. Cecil hat geplant noch den Laptop aufzuklappen und Videos zu sichern. Sarah muss nur noch Zähneputzen. Sie ist gerade dabei die Zahnpasta auszupacken, da gibt sie einen hellen Schrei ab und zieht den rechten Fuß hoch. Zufällig steht Cecil genau hinter ihr, weil kurz vorher an vorderen Tür war. Am kleinen Zeh bilden sich um zwei kleine Einstiche Blut und es schmerzt heftig. Alles deutet auf einen Schlangenbiss hin.
Sarah setzt sich erstmal, während Cecil sich die Taschenlampe schnappt und kurz nach dem Reptil sucht. Falls es sich tatsächlich um einen Schlangenbiss handelt, könnte es hilfreich sein zu wissen, welche Art ihn verursacht hat. Doch die Schlange ist nicht zu finden. Daraufhin besinnt sich Cecil auf das Wesentliche. Sarah muss verarztet werden. Wir sind beide ein wenig überfordert, doch wir kommen zu dem Schluss besser den Notruf zu wählen. Wenn Gift injeziert wurde, kann jede Sekunde zählen. Zum Glück haben wir hier einen Hauch Empfang mit dem Handy.
Nachdem Cecil der Dame am anderen Ende mitgeteilt hat, womit wir es zu tun haben, bekommt er Anweisungen für die Erstversorgung. Sarah soll Fuß und Bein so ruhig wie möglich halten. Es ist ein gutes Zeichen, dass sie ansprechbar und ihr nicht übel ist. Wenn möglich soll eine Bandage angelegt werden, um den Blutfluss zu mindern. Anschließend versucht die Frau herauszufinden wo genau wir uns befinden. So gut es geht versucht Cecil ihr eine Ortsbeschreibung durchzugeben. Die nahen Bahngleise und die Mine dienen als gute Eckpunkte. Cecil erinnert sich dann daran, dass bei Wiki-Camps die genauen Koordinaten der eingetragenen Plätze vermerkt sind. Spätestens damit sollte es kein Problem sein, uns hier draußen zu finden. Gegen Ende des Gesprächs muss Cecil noch Fragen zu Corona beantworten. Er ist deswegen zwar leicht irritiert, doch beantworten diese wie im Autopilot. Die Frau versichert, dass ein Rettungswagen unterwegs ist. Bis zur Ankunft sollen wir ruhig bleiben. Leichter gesagt, als getan.
Kurz berichtet Cecil von dem Gespräch, doch das meiste hat Sarah sowieso mithören können. Um auch alles zu verstehen, hat Cecil die Lautstärke des Handys auf das Maximum hochgefahren. Jetzt gilt es eine Bandage anzulegen. Zum Glück haben wir eine in unserem Erste-Hilfe-Set. Cecil bandagiert den Fuß ein, wickelt dann das Bein bis hoch zum Knie ein, bis die Bandage komplett ausgerollt ist. Zwischendurch versucht er so gut es geht Sarah zu beruhigen. Der steht der Schock immer noch ins Gesicht geschrieben und Tränen kullern über ihre Wangen. Im besten Fall soll sie sich hinlegen. Doch sicher nicht hier auf den Boden und hoch ins Zelt zu gehen wäre zu viel Bewegung. Sie bleibt daher ruhig auf ihrem Campingstuhl sitzen. Aber die Schmerzen im Fuß sind ziemlich stark. Für einen kurzen Moment herrscht Stille. Wir müssen daran denken, wie wir vor Kurzem, nach einem Gespräch über Schlangen, extra noch die Batterien in unseren Stirnlampen gewechselt haben, damit wir die Biester nachts besser sehen. Doch selbst die hellste Lampe nutzt nichts, wenn sich das Tier unter dem Auto versteckt.
Die Minuten ziehen sich qualvoll lang. Cecil ist bereits dabei ein paar Sachen einzupacken. Selbst wenn kein Gift injeziert wurde, wird Sarah sicherlich ins Krankenhaus nach Tom Price gefahren. Von dort muss Cecil sie dann abholen. Unterdessen rät Sarah, dass er besser Schuhe anzieht. In der ganzen Aufregung hat er das völlig vergessen und rennt noch immer in Flipflops durch die Gegend. Die wechselt er besser gegen die stabilen Wanderschuhe. Wer weiß, ob die Schlange wirklich weg ist. Kurz darauf versuchen wir beide ein wenig herunterzukommen. Vielleicht wird doch alles nicht ganz so schlimm und Sarah kann sogar hier bleiben. Wenig später sehen wir Blaulicht auf der Straße. Cecil läuft los, um dem Rettungswagen den Weg zu weisen.
Schon auf dem Weg bemerkt Cecil, dass der Wagen viel zu schnell unterwegs ist. Er wird doch nicht etwa vorbeifahren? Immerhin haben wir die genauen Koordinaten angegeben. Doch das Fahrzeug wird nicht langsamer. Cecils Gang wird immer schneller, bis er zu rennen beginnt. In den Wanderschuhen ist er dadurch trotzdem nicht sehr schnell unterwegs. Verzweifelt schreit er nach Hilfe, wedelt mit den Armen und versucht sogar mit der Taschenlampe des Handys auf sich aufmerksam zu machen. Es hilft alles nichts. Als Cecil die Straße erreicht, biegt der Rettungswagen bereits um die nächste Kurve. Ungläubig starrt er dem grellen Licht hinterher, bis alles um ihn wieder in Dunkelheit versinkt.
Ein paar Sekunden bleibt Cecil am Straßenrand stehen. Vielleicht fällt der Irrtum auf und der Wagen dreht um. Doch es gibt keine Anzeichen darauf. Obwohl er nicht mal eine SIM-Karte in seinem Handy hat, lässt es Cecil darauf ankommen und wählt erneut den Notruf, während er sich auf den Rückweg macht. Tatsächlich kommt er durch. Angeblich wurden zwei Ambulanzen geschickt. Es wird versucht das erste Fahrzeug zu kontaktieren, doch bessere Chancen haben wir, dass der zweite Wagen uns findet. Cecil ist noch nicht weit gekommen, da wird der Nachthimmel erneut von Blaulicht erhellt. Er kann erkennen, dass der Wagen auf die Rest Area einbiegt. Wieder heißt es rennen und mit der Taschenlampe wedeln. Dieses Mal klappt es und der Rettungswagen folgt bis wir Sarah erreichen.
Die Sanitäterin stellt sich als Emily vor. Ein weiterer Sanitäter steht ihr bei. Als erstes erhalten wir ein Lob für den Druckverband. So etwas hat sie in solchen Fällen selten erlebt. Wir sind geschmeichelt. Um einen Blick auf die Wunde zu werfen, muss sie ihn etwas öffnen. Während Emily die Wunde inspiziert, fragt sie wie es zu dem Biss kam und Sarah erzählt die kurze Geschichte. Die Einstiche sind kaum noch zu erkennen. Allerdings ist der kleine Zeh deutlich geschwollen. Emily wickelt über unsere Bandage eine spezielle Bandage gegen Schlangenbiss um den Fuß und das gesamte Bein hoch. Ihrer Meinung nach ist es gut möglich, dass es sich lediglich um einen Biss zur Warnung gehandelt hat und kein, oder nur wenig, Gift injiziert wurde. In jedem Fall muss Sarah ins Krankenhaus nach Tom Price gefahren werden. Nach einer ersten Behandlung ist es darüber hinaus sehr wahrscheinlich, dass sie ins Krankenhaus nach Port Hedland oder sogar nach Perth geflogen wird. Unsere Gedanken beginnen sich daraufhin zu überschlagen.
Um den Transport nach Tom Price einzuleiten, muss Emily einen Vorgesetzten nach einer Freigabe fragen. Im ersten Rettungswagen saß so ein ranghöherer Paramedic und dieser hätte gleich vor Ort entscheiden können. Doch dieser befindet sich jetzt im Funkloch, welches sich über den Großteil des Karijini NP erstreckt. Zum Glück erreicht Emily einen weiteren Ansprechpartner für solche Fälle. Um die Ernsthaftigkeit des Vorfalls besser einschätzen zu können, wird Sarah nach ihren Schmerzen gefragt. Auf einer Skala von 1 bis 10 soll sie wählen. Stufe 10 wird gerne mit dem Schmerz einer Geburt verglichen. Wenn dazu keine Referenz besteht, soll man sich vorstellen der Schmerz wäre bei einer zehn so groß, dass man den Fuß am liebsten abhacken würde. Sarah antwortet mit einer sechs. Das ist schon nicht ohne. Kurz darauf ist es entschieden. Sarah wird nach Tom Price gefahren.
Während Emily am Telefon war und Sarah Fragen gestellt hat, hat Cecil bereits damit begonnen das Nötigste für seine Verlobte zusammenzupacken. Ausweis, Impfpass, die Pille und eine Kreditkarte wandern in dieses spontane Notfall-Paket. Wir einigen uns darauf, dass Cecil zunächst vor Ort zurückbleibt. Sarahs Handy mit der SIM-Karte bleibt bei Cecil. Sarah versucht dann aus dem Krankenhaus Meldung zu geben, wie es weitergeht. Falls Sarah über Nacht bleiben muss oder wirklich ausgeflogen wird, ist es besser Cecil schläft eine Runde, bevor er die Verfolgung aufnimmt. Dann wird Sarah auf eine Trage gelegt und in den Krankenwagen verfrachtet. Die Türen schließen sich, der Wagen fährt ab. Sarah ist nur mit dem Nötigsten ausgestattet und mit einem vermeintlichen Schlangenbiss unterwegs in ein Krankenhaus in einer fremden Stadt. Mitten im Outback von Western Australia. Cecil bleibt allein auf dem Platz zurück. Das gesamte Camp noch für die Nacht aufgebaut. Die Stille und die Dunkelheit sind im ersten Moment kaum zu ertragen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen