16.02., Dienstag: Parkplatz vor dem Kalbarri NP - Pink Lake

Wir schaffen es früh aus dem Bett. Draußen ist der Himmel zwar durchgehend bewölkt, doch es ist trotzdem schon sehr warm. Den Fliegen, die uns bereits zahlreich erwarten, macht das natürlich nichts aus. Wir schaffen es trotzdem einigermaßen normal zu frühstücken und selbst das Einpacken des Zeltes geht heute recht leicht von der Hand. Der Reisverschlussverschluss hat wohl Angst gegen den neuen ausgetauscht zu werden. Um 08:20 Uhr sind wir auf dem Weg in den Kalbarri Nationalpark.
Auf halber Strecke in den Ort Kalbarri zweigt eine Stichstraße in den NP ab. Kurz nachdem wir in diese eingebogen sind, fahren wir auf ein Hindernis mitten auf der Fahrbahn zu. Cecil denkt zunächst an ein totes Tier. Doch plötzlich bewegt sich der bisher leblose Haufen. Statt nur knapp an dem vermeintlichen Kadaver vorbeizufahren, leitet Cecil ein waghalsiges Ausweichmanöver ein. Sarah hat noch im Vorbeifahren eine große Echse ausmachen können. Cecil erkennt sie erst im Seitenspiegel. Das Tier wirkt darin immer noch riesig. Ohne Frage handelt es sich um einen Perentie. Wir sind völlig aus dem Häuschen. So ruhig wie es nur geht, wird ein Wendemanöver eingeleitet. Der Perentie setzt derweil unbeirrt seinen Weg quer über den Asphalt fort. Selbst als wir uns nähern, die Kameras im Anschlag, lässt er sich nicht davon abbringen. Es widerspricht zwar unseren Prinzipien, doch viel Zeit darüber nachzudenken bleibt eh nicht. Der Perentie droht im hohen Gras abzutauchen. Wir versuchen ihn gezielt zurück auf die Straße zu locken, um bessere Aufnahmen zu kriegen. Doch unser perfider Plan bleibt erfolglos. Nur ein paar Schritte weiter verschwindet das Reptil in einem Wasserrohr.

 
 


 

 
Obwohl wir nur wenige Minuten in der Nähe des Tieres verbracht haben, sind wir noch immer völlig geflasht, als wir zurück bei Koby sind. Einen Perentie haben wir bisher noch nie gesehen. Dieses Exemplar hatte gut und gerne eine Körperlänge von einem Meter. Dazu der Schwanz, der sicher nicht viel kürzer war. Von einem gewöhnlichen Waran setzt sich der Perentie dazu durch die extrem ausgeprägten Beine und den prominenten Kehlsack aus. Es ist einfach unglaublich. Wir haben einen Perentie gesehen!

Nur wenige Minuten später ebbt unsere Freude allerdings abrupt ab. Das Highlight des Kalbarri NP, ein Rundwanderweg durch ein Flussbett und zurück entlang einer Klippe, wurde ab 7 Uhr morgens wegen extremer Hitze für Wanderer geschlossen. Wir sind gut zwei Stunden zu spät. Wir ärgern uns extrem, als wir kurz darauf auf dem Parkplatz ein Schild lesen, auf dem steht, dass der Weg im Sommer generell ab 7 Uhr gesperrt wird. Da hätten wir uns im Vorfeld wohl besser informieren müssen. Immerhin ist der Weg bis zum Nature's Window frei. Die Anfahrt war damit nicht ganz sinnlos.
Kurz darauf sind wir unterwegs. Zu Beginn des Weges stoßen wir auf ein weiteres Schild. Der Rundwanderweg ist nur teilweise begehbar. Etwa drei Kilometer vom Parkplatz entfernt, ist der Pfad dermaßen überschwemmt, dass er ab dort gesperrt werden musste. Für uns ist das ausnahmsweise eine gute Nachricht. Wir müssen uns nicht mehr ganz so doll ärgern, dass wir im Grunde zu spät waren.
Auf dem Weg zum Nature's Window kommen uns etliche Menschen entgegen. Ein gutes Zeichen. Dann haben wir den Ort mit etwas Glück für einen kurzen Moment für uns allein. An dem Steinbogen, durch den man hinunter auf den Fluss schaut, sind wir wenig später tatsächlich ungestört. Während wir leise vor uns hin schwitzen und die Szenerie genießen, fühlen wir uns unweigerlich in unsere Zeit im Northern Territory oder den Budjamulla NP zurückversetzt. Die Natur hier ist sehr vergleichbar. Nach den gefühlt endlosen Tagen in der Stadt, sind wir froh wieder draußen zu sein.
 



Den nächsten Stopp legen wir am Skywalk ein. Zwei Aussichtsplattformen über der Schlucht, die erst 2020 eröffnet wurden, trotz der Reisebeschränkungen schon jetzt das neue Highlight im Kalbarri NP. Tatsächlich bieten sich gute Ausblicke, doch Nervenkitzel, wie zum Beispiel der Granite Skywalk auf dem Castle Rock im Porongurup NP, bleibt hier aus. Dafür ist man schlicht nicht hoch genug über dem felsigen Hang, der zum Flussbett hin abfällt. Immerhin sind die Plattformen für einen kurzen Moment menschenleer. Die perfekte Gelegenheit für einen kleinen Rundflug mit Alli.
 

 

Anschließend fahren wir spontan zu einem Ort, der sich “Z Bend” nennt. Über einen 1,2 km langen Wanderweg erreicht man einen Lookout, von dem man den Fluss durch einen Z-förmigen Einschnitt fließen sieht. Tatsächlich hat sich das Wasser an dieser Stelle mit erstaunlicher Präzision seinen Weg durch das Tal gebahnt. Ein Z ist klar zu erkennen und der Fluss verläuft teilweise über mehrere hundert Meter schnurgerade. Ein anderes Paar erreicht neben uns den Lookout und sind erstaunt über das Bild, welches sich ihnen heute bietet. Angeblich waren sie bereits gestern hier und das gesamte Tal sei da noch trocken gewesen. Jetzt fließt ein reißender Fluss hindurch. Wir haben keinen Grund an ihren Worten zu zweifeln. Man fragt sich eher, wo über Nacht das ganze Wasser hergekommen ist.
 


Die Mittagssonne ist zwar bereits dabei uns gnadenlos jeden ungeschützten Zentimeter Haut zu verbrennen, doch wir entscheiden trotzdem noch einen Abstecher hinunter zum Fluss zu unternehmen. Der Weg dorthin gestaltet sich allerdings abenteuerlicher als gedacht. Wir manövrieren uns durch enge Felsspalten und klettern steile Leiter hinunter, deren Handläufe so glühend heiß sind, dass wir kaum wagen uns festzuhalten. Doch alle Mühen sind vergessen, als wir am Ende des Weges am Ufer des Flusses stehen. Wir erkunden ein wenig das Gebiet und lassen uns danach von dem Blick auf das rauschende Wasser hypnotisieren. 

 



 


Den inländigen Teil des Kalbarri NP haben wir damit abgeschlossen. Der Marsch vom Fluss zurück zum Parkplatz war schweißtreibend und kräftezehrend. Wir brauchen Schatten und etwas zu essen. Bis zum gleichnamigen Ort Kalbarri brauchen wir mit Koby gute 30 Minuten. Beim dortigen Supermarkt gönnen wir uns ein Eis. Zwar haben sie kein Cookies&Cream, aber Vanilla Brownie erscheint eine gute Alternative. Das Eis basiert sogar komplett auf Pflanzen. Am Ende kann uns aber die dunkle Schokolade nicht überzeugen. Trotzdem sind wir danach bereit für weitere Abenteuer.
In der Nähe vom i-Site entdecken wir zwei Kängurus unter einem Baum dösen. Der Tag wird wirklich immer besser. Nachdem wir ordentlich Broschüren und Flyer eingesammelt haben, hat sich sogar noch ein drittes Beuteltier der kleinen Gruppe angeschlossen. Da wir trotz Eis noch immer ein wenig Hunger haben, gibt es jetzt ein paar Cracker mit Käse und Dip. Während wir munter vor uns her mümmeln und die Kängurus beobachten, überlegen wir, wo es als nächstes hingeht. Direkt vor dem Informationszentrum haben wir auf einer Karte der Umgebung einen Ort entdeckt, der sich “Pink Lake” nennt. Den hatten wir zuvor nicht auf dem Schirm, aber es scheint einen Umweg wert zu sein.

Eine halbe Stunde später erreichen wir den See. Statt zum offiziellen Lookout zu fahren, der sich noch weitere 20 km entfernt befindet, entdeckt Cecil einen kleinen Feldweg, der ebenfalls zum See führt. Dieser endet zwar wenige Meter darauf vor einem Zaun, doch der See liegt direkt dahinter. Etwas enttäuschend ist, dass dieser allerdings überhaupt nicht pink aussieht. Die Farbe des Wassers geht eher in Richtung braun. Vielleicht liegt es an den Wolken, die sich passenderweise ausgerechnet jetzt vor die Sonne geschoben haben. Vielleicht aber auch nur am Blickwinkel. Alli wird das sicher aufklären können. Tatsächlich bietet sich aus der Luft ein ganz anderes Bild. Der See erscheint plötzlich in seiner vollen Pracht in Pink. Andere Bereiche gehen ins rötliche und Orange. Vom Boden aus können wir das höchstens erahnen, wenn doch mal ein Sonnenstrahl nach unten durchdringt. Danke Alli!




 


Für einen kurzen Moment überlegen wir hier am See zu campen. Es ist unwahrscheinlich, dass uns hier jemand entdeckt. Doch ein Blick auf die Karte verrät uns, dass wir uns noch immer im Gebiet des Nationalparks befinden. Sollte uns hier doch jemand finden, könnte es daher teuer werden. Illegales Camping wird mit mindestens 1000$ bestraft. Wir machen uns daher auf den Rückweg nach Kalbarri. Unterwegs halten wir an der Natural Bridge, eine sehenswerte Felsformation am Rande einer eindrucksvollen Steilküste. Leider ist es hier für Alli deutlich zu windig. Auch der Castle Rock, den wir kurz darauf auch noch mitnehmen, ist einen Besuch wert. Weitere Stationen entlang der Küstenstraße nach Kalbarri, wie Rock Island, Rainbow Valley und Mushroom Rock, kann man unserer Meinung nach getrost links liegen lassen.

 



 

Kurz vor der Stadt legen wir einen letzten Stopp an einem Strand namens Jake's Point ein. Der ist ein wahrer Hotspot für Surfer. Tatsächlich kommen hier schöne Wellen rein, aber es ist auch dementsprechend voll. Außerdem ist es schon recht spät. Cecil ringt mit sich selbst, ob er es mit dem Bodyboard wagen soll. Nachdem Sarah ihr Okay gegeben hat, gibt es allerdings kein Halten mehr und er spurtet ins Wasser. Mit respektvollem Abstand zu den Surfern paddelt er hinaus in die Wellen. Es sollte der Ort werden, an dem Cecil endlich eine Welle erwischt und diese auch ordentlich surft. Mit noch besserer Technik wäre eine noch längere Line möglich gewesen, aber Cecil ist trotzdem sehr froh. Was für ein Hochgefühl. Noch voller Adrenalin hält er Ausschau nach Sarah, doch kann sie nirgends entdecken. Die ist nach einem kurzen Versuch auch Richtung Wasser zu kommen, lieber bei Koby geblieben. Am Strand liefen etliche Hunde durch die Gegend. Ihr blieb dadurch eine Abkühlung verwehrt. Sarah's Laune ist dementsprechend schlecht. Nachdem Cecil sein Equipment abgespült hat, bietet er an, in Kalbarri einen weiteren Strand anzusteuern, an dem Sarah ins Wasser kann. Gesagt, getan. Am Chinamans Beach springt Sarah ins Wasser. Das ist hier zwar nur knietief, aber trotzdem erfrischend. Es gibt sogar eine Dusche, unter der sich anschließend das Salzwasser abspülen lässt. Jetzt gilt es nur noch zu tanken.
Auf dem Weg zur Tankstelle verfahren wir uns leicht. Dadurch entdecken wir aber eine Tankstelle, die auf keiner unserer Karten eingezeichnet ist. Mit 1,54$/L ist sie aber zu teuer. Wenig später stehen wir daher an einer BP. Leider hat diese bereits zu. Es ist kurz nach 18 Uhr. Die Tankstelle beim Supermarkt hat damit auch schon geschlossen. Die Zeiten hat Cecil vorhin gesehen, als wir das Eis gekauft haben. Bis zur nächsten Tankstelle sind es etwa 200 km. Wir haben noch geschätzte 230 km im Tank. Sicherheitshalber entscheiden wir noch 10 Liter bei der teuren Tankstelle aufzufüllen. Die hat immerhin 24/7 geöffnet. Allerdings wird hier weder Sarahs noch Cecils Kreditkarte akzeptiert. Es bleibt uns nichts anderes übrig als mit dem verbleibenden Benzin bis zur nächsten Tankstelle zu fahren. Hoffen wir, dass es reicht.

Trotz des akuten Benzinmangels fahren wir noch zwei Aussichtspunkte im Kalbarri NP an. Beide sind allerdings nicht sonderlich sehenswert. Das Licht der untergehenden Sonnen schwindet bereits. Vielleicht wäre der Blick bei Sonnenschein schöner, doch viel haben wir sicher nicht verpasst. Die Ausblicke, die wir im Verlauf des Tages hatten, können mit denen von den Lookouts durchaus mithalten.

 

 

Bis zur Rest Area kurz vor dem Highway müssen wir noch 8 Kilometer zurücklegen. Die Kängurus werden langsam aktiv und oft genug sehen wir welche nah am Straßenrand hüpfen. Cecil versucht vollste Konzentration zu wahren und am Ende geht auch alles gut. Wir erreichen den Platz kurz bevor es komplett dunkel wird. Es ist nicht mehr als ein kleines Gravelpit neben der Fahrbahn, doch für heute Nacht wird es ausreichen. Ein letztes Mal grillen wir zum Abendessen und heute wird alles nochmal so richtig gut. Wir bleiben allerdings dabei, dass vier Tage am Stück zu grillen etwas viel ist.

Es ist fast 21 Uhr nachdem wir mit dem Abwasch und dem anschließenden Aufbau des Zeltes fertig sind. Doch es gibt immer etwas zu tun. Cecil denkt nicht groß nach und startet besser gleich mit dem Schreiben der Stichpunkte. Sarah geht direkt ins Bett. Cecil folgt ihr nach getaner Arbeit. Schnell und mit einem breiten Grinsen im Gesicht schlafen wir ein. Was für ein Tag.

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