24.08., Montag: Malabanjbanjdju Camping Area - Gefangen im GIF
06:15 Uhr. Es ist noch recht dunkel und trotzdem stehen wir bereits unten. Sarah fragt, welches Workout heute gemacht werden soll. Cecil ist sichtlich überfordert. In einem Anflug von Jugendlichkeit hat er gestern vorgeschlagen am nächsten Morgen noch vor dem Frühstück Sport zu machen. Jetzt hat er den Salat. Wir absolvieren ein 20-minütiges HIIT-Training. Cecil muss ab und zu ganz schön kämpfen, doch wir ziehen beide gut durch.
Die Straße zu den “Jim Jim Falls” ist kaum als solche zu bezeichnen. Zugegeben handelt es sich auch um eine Gravelroad. Die Currogations sind extrem hart. Wir und alles im Wagen wird ordentlich durchgerüttelt. Bereits am Anfang sehen wir auf einem Schild, dass die Straße zu den “Twin Falls” gesperrt ist. Interessiert uns aber zunächst nicht. Wir wollen nicht mit dem Auto, sondern mit dem Boot zu den Wasserfällen.
An einem Campingplatz endet die Gravelroad. Ab hier wartet eine 4WD-Strecke bis zu den “Jim Jim Falls” auf uns. Bevor wir diese angehen, fragen wir beim Manager des Campgrounds nach dem Boot zu den “Twin Falls”. Leider ist der Zugang noch mindestens bis zum Ende des Jahres gesperrt. Das Wasser steht zu hoch, um den Fluss mit einem Auto zu durchqueren und die Bootstouren sind aktuell eingestellt. Wir vermuten, weil es sich in der aktuellen Situation nicht rentiert. Immer wieder lässt Corona grüßen. Die “Jim Jim Falls” sind aber weiterhin erreichbar. Der Name stammt übrigens von den dort wachsenden Süßwasser-Mangroven. In der Sprache der Aborigines heißen diese “Jim Jim”.
Über einen Knopf auf dem Armaturen-Brett lässt sich der Allradantrieb ganz bequem zuschalten. Nicht schlecht für einen Wagen Baujahr 1999. Die tiefen Fahrrinnen verlangen wirklich einiges an Bodenfreiheit. Dazu eine ordentliche Schräglage in der ein oder anderen Kurve, ein paar kleinere Wasserlöcher und etliche steinige Passagen rechtfertigen, dass diese Strecke ausschließlich für Geländefahrzeuge freigegeben ist.
Unsere Odyssee mit den sechs kaputten Reifen innerhalb von sechs Tagen ist noch nicht ganz überwunden. Besonders wenn es über steiniges Terrain geht, fürchten wir daher um die Unversehrtheit unserer Reifen. Nur ganz langsam und vorsichtig geht es daher vorwärts. Die langsame Fahrt und das anspruchsvolle Gelände sorgen dafür, dass uns die Fahrt wie eine Ewigkeit vorkommt. Doch endlich erreichen wir den Parkplatz. Der erste Blick nach dem Aussteigen fällt auf die Reifen. Alle vier sehen noch gut aus. Das sind doch mal gute Nachrichten.
Schnellstmöglich legen wir eine neue Schicht Sonnencreme auf und packen den Rucksack. Dabei haben wir die Drohne, 2 Liter Wasser und etwas extra Sonnencreme. Als Erstes steht der “Barrk Marlam Walk” auf dem Programm. Ein insgesamt 6 km langer Weg, für den stolze 4-6 Stunden eingeplant werden sollen. Nach unseren jüngsten Erfahrungen handelt es sich dabei sicherlich wieder um eine ziemliche Übertreibung. Wir schätzen, dass wir gute drei Stunden benötigen.
Gleich zu Beginn überqueren wir über ein paar größere Steine im Flussbett den fast trockenen “Jim Jim Creek”.
Anschließend führt uns der Pfad in den Wald und wird zunehmend steiler. Schon bald geht es fast senkrecht eine Felswand hinauf. Gute 45 Minuten klettern wir empor. Dann geht es wieder etwas moderater zu.
Wir sind gerade dabei wieder zu Atem zu kommen, als wir den schützenden Wald verlassen müssen. Ab jetzt geht es über das nackte Felsplateau und wir sind der Sonne schutzlos ausgeliefert. Der Weg ist nur spärlich mit pinken Bändern markiert, die hier und da an einer Stange oder einem Ast befestigt wurden. Wir balancieren von Stein zu Stein, kämpfen uns durch tiefen Sand und springen über Felsspalten.
Bald schon kommt es uns vor, als würde der Pfad niemals enden. Hinter jeder Kuppe und nach jeder Kurve entdecken wir in der Ferne ein weiteres Bändchen im Wind flattern. Sarah meint schon sie wäre gefangen in einem GIF, eine Abfolge der immer gleichen Bilder. In diesem Fall: Bilder, auf denen sie sich auf das pinke Band zubewegt und im nächsten Moment zum Ausgangspunkt zurückgeworfen wird. Das pinke Band wieder etliche Meter entfernt. Man läuft und läuft, doch das Ziel scheint man nie zu erreichen.
Cecil entdeckt in der Ferne das EDC (Emergency Call Device), doch dort angekommen, ist hier noch nicht Ende. Wir erreichen den vermeintlichen “Upper Pool”, doch gute 20 m entfernt sehen wir wieder ein Bändchen in einem Baum hängen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir kurz davor einfach umzudrehen. Alles sieht gleich aus. Nichts regt sich außer die Zweige im Wind. Wasser müssen wir hier ebenso nicht erwarten. Eine Gruppe Wanderer, die wir unten im Wald getroffen haben, haben uns diese Hoffnung bereits genommen. Was soll also noch kommen?
Doch da ist es. Ein Schild und darauf der erlösende Satz: “End of Walking Track”. Wir stehen an einem kraterähnlichen Becken. An einer Seite ist die Felswand offen. Von dort stürzt während der Regenzeit das Wasser gute 200 m in die Tiefe. Auch ohne Wasser ist es ganz nett hier. Aber es war ein ganz schöner Marsch und die Hitze wird langsam unerträglich. Wir lassen es uns dennoch nicht nehmen, quasi zum Zeichen unseres Erfolgs, ein paar Aufnahmen mit Kamera, GoPro und sogar der Drohne zu machen.
Der Rückweg zieht sich gefühlt noch länger und wir merken beide die Erschöpfung. Während des steilen Abstieg zurück in den Wald beginnen die Knie zu schmerzen. Am Ende zittern uns teils die Beine und man muss zusehen sich nicht zu vertreten.
Völlig fertig und gefühlt leicht wankend, erreichen wir die Wegkreuzung, an der es sich jetzt entscheidet. Nach rechts geht es zum unteren Pool des Wasserfalls, nach links zurück zum Parkplatz. So schnell kommen wir wohl nicht nochmal hierher. Also Augen zu und durch.
Der 2 km lange Weg zum “Lower Pool” ist überraschend anspruchsvoll. Wieder geht es über Geröll und große Felsen. Genau das Richtige für unsere ohnehin bereits geschundenen Beine. Es ist ein erneuter Kraftakt, doch dann liegt er vor uns: Der riesige Jim Jim Falls Plunge Pool, ein nahezu kreisrundes Wasserbecken eingefasst von 200 m hohen senkrecht aufragenden Felswänden.
Uns kann nichts mehr zurückhalten. Kurzerhand ziehen wir uns bis auf die Unterwäsche aus und springen ins kühle Nass. Da der Pool größtenteils ganztägig im Schatten liegt, ist es wirklich sehr kühl. Was für eine belebende Erfrischung! Am liebsten würden wir das Wasser auch gleich noch trinken. Unsere Vorräte sind nämlich schon längst aufgebraucht. Nach guten 15 Minuten im Wasser geht es auf den beschwerlichen Rückweg.
Kurz bevor wir das Tal verlassen, will Cecil es riskieren und trotz der anderen Menschen eine Drohnenaufnahme machen. Leider ist das GPS-Signal zu schwach. Alli weigert sich daher höher als 5 Meter zu steigen. In dieser Höhe schafft sie es nicht mal über den nächsten Felsbrocken. Was für eine Enttäuschung. Die Tücken der Technik.
Der Rückweg über den 4WD-Track erscheint uns deutlich steiniger als zuvor. Daher sind wir noch langsamer unterwegs. Die Gravelroad mit ihren Corrugations ist nicht weniger unangenehm. Auf halber Strecke zum Highway fahren wir auf ein Auto auf. Es ist offensichtlich langsamer unterwegs als wir, aber doch zu schnell, um zu einem erfolgreichen Überholmanöver anzusetzen. Uns bleibt nicht viel übrig als in der Staubfahne des Wagens vor uns zu fahren. Bei Cecil liegen die Nerven langsam blank. Es ist wirklich erstaunlich, wie kräftezehrend diese Strecken sind, die durchgehend allerhöchste Konzentration verlangen. Dazu noch der Lärm und die Vibrationen.
Die Stimmung rauscht allerdings erst so richtig in den Keller, als wir am Campingplatz ankommen. Auf einem Schild lesen wir: “saisonal geschlossen”. Kurz gehen wir unsere Optionen durch, doch die sind alles andere als zahlreich. Am sinnvollsten ist es 33 km zurück zum Campground von gestern zu fahren. Mit etwas Glück können wir dort sogar erneut kostenlos übernachten.
Als wir den Platz erreichen, halten wir direkt Ausschau nach größeren Gruppen und den Franzosen von letzter Nacht. Doch wir entdecken lediglich ein paar ältere Camper, mit denen wir voraussichtlich gut klarkommen werden. Zum Kochen fehlt uns die Kraft. Auch wenn es sich nur um Nudeln handelt. Stattdessen gibt es für Cecil einen Becher Instant-Asia-Nudeln und für Sarah eine Suppe. Beides ist etwas zu scharf und deutlich zu wenig. Doch blutrünstigen Mücken in extremer Zahl zwingen uns dazu ins Zelt zu gehen.
Während wir noch ein paar Folgen unserer Serie gucken, gibt es zum Ausgleich ein paar Chips. Noch schnell Zähne putzen und dann wollen wir nur noch schlafen.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen