19.08., Mittwoch: Red Lilly Billabong - Be Crocwise


Nach dem hektischen Tag gestern lassen wir es heute bewusst ruhig angehen. Nach dem Frühstück will Sarah den Umstand nutzen, dass wir hier Handy-Empfang haben. Allerdings macht ihr der Laptop einen Strich durch die Rechnung. Nach nur wenigen Minuten beginnt der Bildschirm bedrohlich zu flackern und kurz darauf ist alles schwarz. Hoffentlich ist nur der Akku leer. 
Cecil hat über Nacht schlechte Nachrichten erhalten. Das Problem mit dem Laptop wird in den kommenden Tagen wohl unserere kleinste Sorge sein. Einer der Untermieter muss Berlin aus “dringenden persönlichen Gründen” verlassen. Doch er könne einen Nachmieter stellen und fragt uns, wie wir das vertraglich Abwickeln könnten. Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet. In den kommenden Tagen werden wir kaum Empfang haben. Unter diesen Umständen mit einem abtrünnigen Untermieter herumzuschlagen wird sicherlich eine wahre Freude. Das müssen wir erstmal verdauen...
Der Campingplatz, den wir uns für die kommende Nacht ausgeguckt haben, liegt nach einer groben Schätzung von Cecil ca. 60 km entfernt. Wie sich mit Google Maps herausstellt, sind es eher 150 km. Jetzt sind wir schon so lange hier, doch bei den Entfernungen verschätzen wir uns trotzdem noch ab und zu. Immerhin haben wir unsere Rundtour bereits vor einigen Tagen simuliert. An der Gesamtkilometerzahl, die es zurückzulegen gilt, ändert sich daher nichts. Wir brauchen daher keine Sorge haben mit einem leeren Tank liegen zu bleiben.
Bevor es losgeht verabschieden wir uns noch von den alten Tellern.
 
 
Kurz nach unserer Abfahrt erreichen wir das “Window to the Wetlands”, wie sich das Besucherzentrum hier nennt. Auf dem Dach des Gebäudes lädt eine Terrasse zu einem Blick auf die umliegenden Feuchtgebiete ein. Daher der recht vielversprechende Name. Im Untergeschoss durchstreifen wir zunächst eine kleine Ausstellung über die hiesige Flora und Fauna. Infomaterial wie Flyer oder Wanderkarten gibt es komischerweise keins. Und auch die Aussichtsplattform ist nicht so spektakulär wie gedacht. Man kann diesen Abstecher daher auch getrost weglassen.
Die Informationstafeln, die wir auf unserem weiteren Weg in den Park passieren, widmen sich entweder ausschließlich der hiesigen Aborigines-Kultur oder sind unerreichbar, da das Roadhouse vor dem sie stehen derzeit geschlossen ist. Uns bleibt nichts anderes übrig als mit unseren bisher gesammelten Informationen zu arbeiten. 
 
Am Abzweig, der zu unserem Campingplatz führt, ist kein Schild zu sehen. Wir rauschen daher beim ersten Anlauf daran vorbei. Zum Glück hat Sarah das Navi angeworfen, nur zu spät reagiert. Nachdem wir gewendet haben, biegen wir auf die enge Gravelroad ab. Die wird nach kurzer Zeit auch noch extrem kurvig. Sie schlängelt sich regelrecht durch die trockenen Ebenen. Es sind keine natürlichen Hindernisse am Straßenrand zu entdecken, die die kurvige Fahrt rechtfertigen können. Vielleicht wurde die Strecke absichtlich so angelegt, um übermütige Besucher an einer zu schnellen Fahrt zu hindern. Mit einer Geschwindigkeit zwischen 40-50 km/h brauchen wir für die 20 km daher eine gute halbe Stunde.
Auf dem “Red Lilly Campground” angekommen, sehen wir nur einen weiteren Camper, der zudem noch direkt am Eingang geparkt hat. Wir fahren ein gutes Stück weiter hinein und suchen nach den Toiletten, können aber nichts sehen. Gute 300 m von unseren Nachbarn entfernt, stellen wir uns halb unter einen Baum. So bekommt Koby Schatten und das Solarpanel Sonne. Zum Fluss lassen wir gute 25 m Abstand. Der Kakadu NP ist Heimat für die größte Population von Salzwasser-Krokodilen in Australien. Entgegen des Namens fühlen sich diese gefährlichen Zeitgenossen aber im Süßwasser ebenso pudelwohl. 
Wir sputen uns Zelt und Awning aufzubauen. Es ist wieder brutal heiß. Zwar hat Cecil das benötigte Permit noch nicht erhalten, doch der Platz hier ist so menschenleer, dass er trotzdem die Drohne aufsteigen lässt und ein wenig die Umgebung aus der Luft erkundet. Sarah packt derweil unsere Einkäufe von gestern aus und sortiert alles ein. Gestern Abend hatten wir nicht mehr die Kraft und Lust dazu. 
Ein paar der gekauften Sachen gilt es auch noch anzubringen bzw. zu testen. Zunächst widmet sich Cecil dem Zipper für den Reißverschluss. Nachdem es gestern gar nicht klappen wollte, geht es heute total leicht. Endlich können wir die Plane wieder vernünftig schließen. Im Anschluss tüfteln wir eine Konstruktion aus, mit deren Hilfe wir das neue Mückennetz aufhängen können. Wir entscheiden uns dazu eine der Metallstangen, die wir damals mit Koby erworben haben zwischen Dach und Zelt einzuklemmen. An dieser können wir das Netz dann mittels eines Hakens anhängen. Bei dieser Variante sitzen wir zwar direkt vor dem lauten Kühlschrank, doch etwas Besseres fällt uns aktuell noch nicht ein. 
 
Voller Tatendrang geht es im Anschluss dem EGR-Ventil erneut an den Kragen. Neben dem Ventil baut Cecil dieses Mal auch den Luft-Ansaugtrakt aus und reinigt alles gewissenhaft. Da das “neue” Ventil vom Schrottplatz in Darwin total verdreckt ist, fokussiert er sich auf das Originalteil. Vom Grad der Verschmutzung macht das noch den besten Eindruck. Zudem scheint die Mechanik einwandfrei zu funktionieren. Ist es am Ende ein Problem in der Steuerung? Für den Fall der Fälle werden alle drei Ventile so gut es geht gereinigt. 
 
 
Nachdem alles wieder zusammengebaut ist, gilt es noch das Problem mit der defekten Beleuchtung des Armaturenbretts zu lösen. Der erste Gedanke geht bei einem solchen plötzlichen Ausfall in Richtung der Sicherungen. Tatsächlich findet Cecil gleich zwei defekte Bauteile. Zum Glück haben wir noch zwei passende Sicherungen dabei. Das heißt, es gibt nur einen Versuch. Beim Einschalten der Beleuchtung knallt eine der Sicherungen direkt wieder durch. Jetzt müssen wir wohl damit leben, bis wir wieder in der Zivilisation sind. Zudem ist Cecil völlig verwirrt, welche der Sicherungen nun eigentlich das Problem ist. Am Ende ist er jedoch sicher, dass die der hinteren Beleuchtung Probleme macht. Wirklich Sinn ergibt das nicht. Aber wir haben ja auch eine Blinkanlage, die nur rechts blinkt. Wir wundern uns über solche Sachen langsam nicht mehr. Am Ende muss sich das wohl doch mal ein Profi ansehen. Das kommt auf die Liste mit Dingen, die spätestens vorm Verkauf repariert werden müssen. Diese wächst leider immer weiter an.
Indessen beginnt Sarah mit ihrem heutigen Workout. Zwischen zwei Übungen fällt ihr Blick auf den Fluss. Da bewegt sich doch etwas. Ein Krokodil? Ja, wirklich. Da schwimmt ein bestimmt 3 m langes Krokodil durch den Fluss genau vor uns. Sie alarmiert sofort Cecil. Schnellstmöglich bringt er die Drohne in die Luft. Es kommt uns kaum real vor, doch mit Hilfe von Alli kriegen wir das Kroko noch zweimal auf dem Bildschirm des Handys zu Gesicht bevor es elegant unter der Wasseroberfläche verschwindet. Fieberhaft such Cecil die nächsten 15 Minuten den Fluss ab. Hier und da springen Fische aus dem Wasser. Ein Zeichen, dass das Krokodil dort Unterwasser jagt? Doch es taucht nicht nochmal auf. Trotzdem waren allein diese wenigen Sekunden bereits eine irre Erfahrung. Wir haben unser erstes Krokodil in freier Wildbahn gesehen. 3 m lang und nur 25 m von unserem Camp entfernt. Schaurig schön.
 


Die Sichtung setzt erneut Energie in uns frei. Sarah beginnt ein neues Strickprojekt. Als nächstes wird ein Oberteil gestrickt. Doch bis sie die teils verwirrende Anleitung, die zudem noch in Englisch ist, versteht, wird es noch einige Rückschläge geben. Cecil macht sich derweil daran die Zeltplane zu nähen. Eine Naht an einer der Ecken ist aufgegangen. Heute bohrt er mit Hilfe einer dicken Nadel die Löcher vor. Morgen wird dann der Faden eingezogen.

Völlig vertieft in unsere Tätigkeiten, merken wir kaum, dass es bereits dämmert. Erst das immer zahlreicher werdene Viehzeug macht uns darauf aufmerksam. Zeit unter das neue Mückennetz zu flüchten. Tatsächlich hilft es enorm, auch wenn ein paar Viecher mit unter das Netz geschlüpft sind. Eine kleine Herausforderung ist es zudem alles, was wir zum Kochen brauchen, unter das Netz zu bekommen, ohne das zu viele Mücken mit hereingelangen. Das Kochen selbst ist ebenfalls deutlich anstrengender als normal. Doch es ist die Mühen wert. Unter keinen Umständen wollen wir lieber da draußen bei den blutrünstigen Viechern sitzen und uns zerstechen lassen.
Nach dem Essen fordert dieser durchaus aktive Tag seinen Tribut. Wir sind so fertig, dass wir sogar den Abwasch auf morgen verlegen. Da wir planen noch einen Tag hier zu verbringen, ist morgen genug Zeit dafür.
Während wir einpacken, findet Sarah einen kleinen Frosch auf der Stange, an der wir das Netz befestigt hatten. Als wir die Stühle ins Auto legen, entdecken wir zwei weitere der Hüpfer. Cecil schafft es sie herauszuholen. Hoffentlich haben nicht noch mehr den Weg ins Auto gefunden. Für den Moment sieht es gut aus und wir machen schnell alle Türen zu.
 

Zum Abschluss des Tages warten die letzten zwei Folgen der ersten Staffel “Dark” auf uns. Nach dem Zähneputzen geht dann das Licht aus. Gute Nacht.

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