03.09., Donnerstag: Victoria River Ford (Dashwood Crossing) - Die Offroad-Maschine
Bereits während des Frühstücks wird es wieder unangenehm warm. Zu unserer Überraschung kommt eine Rangerin auf den Platz gefahren. Nachdem sie die Toilette gereinigt hat, leert sie die “honesty box”, in der man die Campinggebühren entrichten soll. Wer sich nicht mehr erinnert: Wir haben nicht gezahlt, da der Platz laut der offiziellen Internetseite des Parks kostenlos ist. Trotzdem werden wir jetzt ein wenig nervös. Tatsächlich kommt die Rangerin kurz darauf bei uns vorbei. Es folgt ein wenig Small-Talk. Ob wir schon lange hier campen, will sie am Ende wissen. Nur für die vergangene Nacht, antworten wir wahrheitsgemäß. Wir erzählen ihr, dass wir davon ausgegangen sind, dass der Platz hier kostenlos sei. Sie sieht das ganz entspannt. Manche zahlen, manche nicht. Eigentlich ist sie auch nur vorgefahren, um uns zu empfehlen besser in den Schatten umzuziehen. Es wird ein heißer Tag, sagt sie.
Puh, das ist nochmal gut gegangen. Aber wir sind auch der Meinung, dass sie ihre Fakten eindeutig beschreiben sollen, um solche Missverständnisse zu vermeiden.
Im Anschluss starten wir auf den 1,8 km langen Rundwanderweg, der direkt am Campingplatz beginnt. Dieser führt uns durch das Gelände auf eine Anhöhe. In einer kleinen Schlucht überraschen wir zwei Euros, eine hier verbreitete Känguru-Art, die schleunigst vor uns davon hüpfen. Wir gehen noch kurz zum Fluss herunter, doch es ist nichts bemerkenswertes zu entdecken. Statt der veranschlagten 1,5 Std. sind wir bereits nach 45 Minuten zurück bei Koby. Für ein Foto posieren wir abwechselnd vor einem stattlichen Boab. Zur Erinnerung: Diese sind wegen ihrer markanten Form auch als “bottle-trees” bekannt.
Die Hitze ist mittlerweile brutal. Es geht auf den beschwerlichen Rückweg. Unterwegs nehmen wir noch den kurzen “Calcite Flow Walk” mit. Nach gerade mal 300 m erreichen wir einen Lookout, von dem aus man die weißen “Wasserfälle” in der Ferne erkennen kann. Dabei handelt es sich jedoch viel mehr um Ablagerungen vergangener, regenreicher Zeiten. Das Wasser führte ungewöhnlich hohe Mengen Kalzium mit sich, die sich auf dem Stein ablagerten. Wir lassen Alli aufsteigen und schauen uns das noch aus der Nähe an. Anschließend probieren wir uns beim Wandern zu filmen. Gar nicht so einfach die Drohne zu fliegen, während man zeitgleich schauen muss wo man hintritt.
Zurück auf der Gravelroad erreichen wir nach kurzer Zeit den Abzweig zum “Tuwakam Track”. Noch ahnen wir nicht, auf was für ein Abenteuer wir uns einlassen, als wir den Blinker setzen und auf die 4WD-Piste abbiegen.
Zunächst geht es allerdings durch flaches Gelände und der Weg ist recht glatt. Vereinzelt säumen Bäume und golden schimmernde Gräser die Piste. Die Idylle hält aber nicht lange und die erste felsige Passage wartet auf uns. Die Platten und Steine sind gute 10-15 cm hoch. Wir lassen die Sache ganz langsam angehen. Teils muss sich Cecil aus dem Fenster lehnen, um die Reifen um größere Brocken herum zu zirkeln. Manchmal führt jedoch auch kein Weg daran vorbei und wir müssen große Steine in einem bestmöglichen Winkel überfahren. Bisher fühlt es sich an wie ein cooles 4WD-Abenteuer und macht sogar Spaß.
In Schrittgeschwindigkeit bewegen wir uns langsam vorwärts. Im Grunde folgt der Pfad einen sich immer wiederholenden Muster. 200 m müssen wir über Felsen klettern und an spitzen Steinen vorbei navigieren. Es folgen 200 m normaler Feldweg und wir können kurz entspannen. Dann wartet das nächste, scheinbar unüberwindbare “Minenfeld” auf uns. Die Reifen werden bis an die Grenzen der Belastbarkeit gedrängt. Es ist beängstigend, wie sehr sie sich verformen, während wir über Felskanten und Steine rollen.
Unterwegs erinnern wir uns an die Beschreibung des “Tuwakam Tracks” im offiziellen Informationsblatt. Die Strecke würde teilweise über den nackten Fels führen, sei aber generell flach und leicht befahrbar. Von Timber Creek aus wäre es ein netter Tagesausflug. Wir können uns nicht vorstellen, was für Menschen diese Tortur als “netten Tagesausflug” beschreiben würden. Allerdings ist Koby auch voll beladen und hat zudem ein Zelt auf dem Dach. Mit einem brandneuen Allradfahrzeug und höchstens ein paar Snacks und kalte Getränke im Kofferraum, ist die Strecke sicherlich um einiges angenehmer. Wir haben jedenfalls schon lange keinen Spaß mehr.
Für die ersten 5 km des Tracks benötigen wir eine geschlagene Stunde. Es geht fast ausschließlich über nackten Fels. Ob die Reifen das überleben ist mehr als fragwürdig. Immerhin sorgen ein paar tierische Begegnungen für einen kurzen Moment der Ablenkung. Zwei größere Laufvögel, Bush stone-curlew (deutsch: Langschwanztriele), waten über die Piste. Außerdem treffen wir auf einen Esel. Später sogar auf ganze Herden. Das mag nicht so exotisch sein, aber wir freuen uns trotzdem über diese Begegnungen und sind überrascht, dass es hier wilde Esel gibt. Wer hätte das gedacht? Sarah kann sogar einen Babyesel erspähen. Zudem sehen wir auch immer wieder Wildpferde. Sogar Drohnenaufnahmen können wir zwischendurch von den Herden machen.
Der Allradweg zeigt sich jedoch weiterhin von seiner schlechtesten Seite. Cecil verzweifelt teils regelrecht. An einigen Passagen gibt es absolut keine Möglichkeit reifenschonend zu fahren. Es gibt keinen Weg drumherum. Also Augen zu und durch. Wir rechnen jede Sekunde mit einem Platten und kontrollieren das dementsprechend oft. Immer wieder steigen wir zudem aus, um das Gelände zu scnannen. Manche Stellen muss man sich aus nächster Nähe ansehen, um den besten Weg zu finden. Teilweise räumen wir besonders große Brocken eigenhändig aus dem Weg. Dann hängen wir beide den Kopf aus dem Fenster und geben uns Anweisungen, was für die jeweilige Seite am besten ist. Ihr könnt euch vorstellen, dass nicht immer alle Reifen glücklich sein können. Für den besonderen Kick sorgt dann noch die Temperatur. Wir müssen wirklich dringend die Klimaanlage reparieren lassen. Da wir nur voran schleichen, gibt es keine Hoffnung auf Fahrtwind. Und auch wenn der Weg überwiegend steinig ist, staubt es teils ordentlich.
Dem Kilometerstand nach müssten wir bereits das Ende des Tracks erreicht haben. Dieser hält jedoch noch eine finale Prüfung für uns bereits. Ein ausgetrocknetes Flussbett liegt vor uns. Der Boden, natürlich, voller Steine. Auf der gegenüberliegenden Seite führt die Böschung fast senkrecht hinauf. Sarah steigt zum Filmen aus. Sie meint im Nachhinein, dass es von außen gar nicht so spektakulär aussah. Für Cecil am Steuer hingegen, wirkt es zwischendurch als würde er in einer Rakete sitzen, die gerade abhebt. Es geht das Flussufer hinauf und er sieht nur noch den blauen Himmel über ihm. Hoffentlich verlieren wir jetzt nicht den Grip. Doch Koby meistert die Situation ohne zu murren. Eine wahre “Offroad-Maschine”.
Gleich darauf gilt es ein weiteres, jedoch weitaus harmloseres, Flussbett zu durchqueren. Dann haben wir es geschafft. Der “Buchanan Highway” liegt vor uns. Wir fahren zunächst an den Straßenrand und lassen ein wenig das Adrenalin abklingen. Koby und seine Reifen haben augenscheinlich alle Strapazen gut überstanden. So sieht also ein echter 4WD-Track aus. Wir sind in jedem Fall um eine Erfahrung reicher und um 4 Stunden ärmer.
Leider geht der Stress auf dem “Highway” gleich weiter. Die Corrugations sind extrem unangenehm. Dazu lauern auch hier immer wieder große Steine mittem auf der Straße. Wir haben langsam die Nase voll. Wir wollen endlich einen Platz zum Campen finden. Doch auch das wird nicht ganz so leicht, wie wir uns das dachten. Der ausgeschilderte Campingplatz ist geschlossen. Der nächste Campingplatz, den wir erreichen, stellt sich lediglich als “Day-use-Area” heraus. Campen ist auf solchen Plätzen verboten. Wenige Meter weiter führt ein Pfad in den Busch. Wir wagen einen Blick, sind jedoch unsicher. Immerhin befinden wir uns noch im Nationalpark. Hier darf man nicht “wild” campen. Zwangsläufig setzen wir unseren Weg fort. Kurz darauf verlassen wir den Nationalpark. Ab hier ist die Straße jedoch fast durchgehend auf beiden Seiten eingezäunt. Keine Chance für uns ein Buschcamp aufzuschlagen.
Die Gravelroad rüttelt weiter an unseren Nerven. Wir fahren den “Buchanan Highway” weiter Richtung Osten und erreichen schlussendlich eine Campsite, die wir bei “Wiki-Camps” gefunden haben. Kurz vor einem Fluss führen Reifenspuren in das, an dieser Stelle trockene, Flussbett. Der Untergrund besteht aus massivem Fels. Wir könnten heulen. Doch weiterfahren ist auch keine Option mehr. Wir sind total fertig.
In Schrittgeschwindigkeit navigieren wir vorbei an den tiefsten Löchern und den schärfsten Kanten. Noch ein paar Mal rangieren, damit wir nicht ungünstig auf einem Stein stehen. Dann haben wir es endlich geschafft. Das erste Bier und der erste Cider gehen recht schnell durch. Das haben wir uns aber auch verdient nach so einem Tag. Gerne würden wir auch Koby etwas Gutes tun, der scheint sich jedoch pudelwohl zu fühlen. Was für eine treue Seele. Danke Koby, dass du uns erneut nicht im Stich gelassen hast. Du “Offroad-Maschine”!
Langsam geht die Sonne unter. Wir bekommen Besuch von ein paar Kängurus. Die sind sichtlich überrascht uns hier anzutreffen. Eines lugt immer wieder ungläubigen Blickes hinter einem Busch hervor. Super witzig. Offensichtlich kommen sie regelmäßig her, um am Fluss zu trinken. Ziemlich gewagt finden wir. Sie sollten nicht vergessen, dass in jedem Fluss Krokodile leben könten.
Im Verlauf des Abends werden es immer mehr Beuteltiere. Sechs können wir in jedem Fall sicher ausmachen.
Einfachhaltshalber entscheiden wir uns heute gegen kochen und machen nochmal Suppe warm. Im Anschluss geht es ganz ohne Stricken oder Tagebuch schreiben hoch ins Zelt. Immerhin schaffen wir es dort noch zwei Folgen “Dark” zu gucken. Auch wenn Cecil schon teilweise mit Sekundenschläfen zu kämpfen hat. Sarah löst danach sogar noch Sudokus. Gegen 22 Uhr geht dann auch für sie das Licht aus.
Schaut euch bitte nicht das Chaos an, sondern diesen Staub. Er ist einfach überall. |
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