01.09., Dienstag: East Baines River Rest Area - Keep River NP

Die vergangene Nacht waren es durchgängig über 25° in unserem Zelt. An Schlaf war kaum zu denken. Dementsprechend gerädert, klettern wir gegen 7 Uhr die Leiter herunter. Die Sonne zeigt sich bereits leicht am Horizont. In wenigen Minuten könnten die ersten Sonnenstrahlen auf den Felsen am westlichen Ende unseres Campingplatzes treffen. Cecil schickt die Drohne in die Luft. Sarah packt ihre Kamera aus. Tatsächlich erstrahlt das rötliche Gestein schon kurz darauf in einem golden Schimmer.
 

 
Noch bevor wir mit dem Frühstück starten, stoßen unsere Freunde, die Fliegen, zu uns. Zum Glück sind es hauptsächlich die ganz normalen. Ihre fiesen, stechenden großen Brüder schlafen wohl größtenteils etwas länger. Trotzdem wird der Morgen unschön. Unser Toast hat die Temperaturen offensichtlich nicht gut überstanden. Mehrere Scheiben müssen wir im Ganzen entsorgen. Bei anderen schneiden wir großzügig die betroffenen Stellen weg. Wir sind uns bewusst, dass der Pilz wahrscheinlich bereits die ganze Scheibe infiziert hat, doch sind wir auch sicher, dass wir das überstehen werden. Heute werden die Scheiben in jedem Fall etwas länger getoastet. 
Ohne weitere Zwischenfälle und nachdem wir zusammengepackt haben, machen wir uns auf den Rückweg zum Highway. Allerdings gilt es noch drei Wanderwege zu gehen, bevor wir den Park verlassen. Der erste von ihnen, der Jenemoom Walk, führt uns 1,5 km in eine Schlucht. In der Regenzeit fließt durch deren Mitte der Keep River. Heute stoßen wir lediglich auf einen kleinen Tümpel, keine 5 Meter lang und offensichtlich ohne viel Leben darin. Der Weg führt überraschend anspruchsvoll über schroffes Gestein. Wir haben die richtige Entscheidung getroffen noch in unsere Wanderschuhe zu wechseln. Mit Turnschuhen hätte man den ein oder anderen Stein sicherlich schmerzhaft durch die dünnen Sohlen hindurch gemerkt. 
Der Boden der Schlucht ist zwar überwachsen mit grünen Gräsern und gesunden Bäumen, doch Tiere sind nicht viele unterwegs. Lediglich die obligatorischen Grashüpfer auf dem Weg und ein kleiner Zug Gelbhaubenkakadus sind zu entdecken. 
Im Reiseführer hat Cecil gelesen, dass oft gut ausgetrampelte Pfade zur Felswand führen und man dort Malereien entdecken kann. Einen solchen Abzweig erreichen wir auf halber Strecke. Wieder prangt ein gut erkennbarer Emu am Felsen. Hoffentlich haben sie nicht alle bei der Jagd erwischt und wir kriegen noch einen zu Gesicht. Kurz darauf stehen wir unter einem großen Felsüberhang. Da der weitere Verlauf der Schlucht wichtige Kultstätten der Aborigines beinhaltet, endet der Wanderweg an dieser Stelle. Wieder sind Malereien zu entdecken. Vor allem zwei Zeichnungen von Flusskrebsen sind gut gelungen. Diese dienten hier in der Regenzeit als wichtige Nahrungsquelle. 
Auf dem Rückweg fällt unser Blick auf die teils riesigen Boabs am Wegesrand. An einigen sind kleine Quadrate aus Jute angebracht. Vielleicht sollen damit Einritzungen verdeckt werden, um Nachahmer zu vermeiden. Es scheint ein großer Trend solch geistreiche Kommentare wie “Jack was here, 2017”, in die Rinde der wehrlosen Bäume zu ritzen. Wir wagen einen Blick hinter eins der Qudrate, können jedoch nur eine rötliche Verfärbung erkennen. Vielleicht ein Pilzbefall oder Ähnliches. Was die Jute da helfen soll, können wir uns nicht erklären. Viel interessanter ist auch der gut 15 cm große Gecko, der sich wohl hinter dem Stoff vor der Sonne schützt. Es gibt sie also doch noch. Die etwas größeren Tiere. Ein Gecko in dieser Größe müssen wir schon zu unseren bemerkenswerteren Entdeckungen zählen. Aber wir wollen uns mal nicht zu sehr beschweren.  
 
 
Nur wenige Kilometer vom Jenemoom Walk entfernt, erreichen wir den Goorandalng Walk, der am gleichnamigen Campground startet. Der zwei Kilometer lange Loop führt uns auf einem Plateau entlang eines kleinen Gebirges. Auf der anderen Seite erstrecken sich Flesformationen, die in ihrer Form an Bienenkörbe erinnern. Oder wie auch schon gestern an die Formationen der “Lost Cities” im Limmen NP. Abgesehen von der Hitze, ist es wirklich schön hier.
 




 


 
Zurück bei Koby ist es kaum noch zu ertragen. Sobald man in die Sonne tritt, spürt man förmlich wie die Haut verbrennt. Gesicht, Schultern und Knöchel stehen ganz da oben auf der Liste. Auch wenn wir uns mehrmals täglich eincremen, ist ein durchgängiger Sonnenbrand kaum zu verhindern. Im Grunde sollte man bei diesem extremen Temperaturen wohl gar nicht wandern. Doch es steht noch ein Weg auf der Liste. 
Der “Ginger's Hill Walk” führt allerdings nur 200 m auf einen kleinen Hügel und wieder zurück. Oben angekommen, wurde eine kleine Hütte aus Steinen nachgebaut. Diese wurde von den Ureinwohnern zum Jagen von Wildvögeln genutzt. Auf die kreisförmige Mauer wurde mit Stöcken ein loses Dach gelegt. Mittels einen kleinen Feuers wurden Falken und ähnliche Jäger angelockt. Ein Stock an dem ein paar Federn befestigt wurde, diente als finaler Köder. Mit diesem wurde der Vogel auf die Stöcke gelockt. Mit einer schnellen Bewegung konnten die Ureinwohner dann den Vogel von unten packen und töten. An und für sich eine spannende Sache. Doch wir müssen das alles im Schnelldurchgang lernen. Die Sonne brennt oben auf dem Hügel gnadenlos und wir wollen so schnell es geht wieder runter. 
Damit haben wir alle Wanderwege im Keep River Nationalpark erkundet. Unseren letzten Stopp legen wir erneut am Trinkwasserhahn ein. Ein gutes Gefühl, dass wir zumindest nicht dursten müssen. Zwar trinken wir wohl immer noch deutlich zu wenig, aber wir arbeiten daran und versuchen uns gegenseitig ans Trinken zu erinnern. Mit vollen Tanks geht es auf die letzten Kilometer Gravelroad zum Highway. Kurz bevor wir diesen erreichen, schauen wir aus dem Auto heraus auf die Infotafel des Parks, die täglich von den Rangern aktualisiert wird. Es ist nichts mehr davon zu lesen, dass der Gregory NP auf Grund der Wetterbedingungen gesperrt ist. Unserem Besuch steht damit nichts mehr im Wege. 
Wir sind zurück auf asphaltiertem Untergrund und können endlich die Fenster öffnen und ein wenig kühle Luft genießen. Auf der Schotterpiste ist das wegen des vielen Staubs nicht zu empfehlen. Zwar ist der Luftzug extrem laut, doch für den Moment überwiegt die Freude über die Abkühlung. Wir müssen das Problem mit der Klimaanlage schnellstmöglich lösen!
 
Als wir die Grenzkontrolle des Northern Territory erreichen, wird es nochmal spannend. In weiser Voraussicht haben wir bereits unsere “border passes” auf Cecils Handy rausgesucht. Der Polizist kommt zu uns ans Fenster und möchte wissen, ob wir bereits das nötige Formular für eine Einreise ausgefüllt hätten. Sarah erklärt, dass wir lediglich im Keep River NP waren und nicht über die Grenze gekommen sind. Damit ist die Sache geklärt. Wenn das so ist, müssten wir hier nichts ausfüllen, sagt er und wünscht uns noch eine gute Reise. Wäre es nur andersrum, nach Western Australia, auch so einfach. 
Unser finales Ziel für heute ist die “Saddle Creek” Rest Area, auf halber Strecke nach Timber Creek. Dort müssen wir tanken und das Internet für die Klärung unsere Untermiete nutzen. Als wir nur noch wenige Kilometer vor besagtem Rastplatz sind, ist es erst halb 2. Spontan entscheiden wir noch weitere 60 km zum nächsten Platz zu fahren. Das spart uns morgen ein wenig Fahrerei und wir erreichen unsere Schlafplatz trotzdem noch verhältnismäßig früh. 
 
Gegen 14:15 Uhr kommen wir an der “East Baines River” Rest Area an. Wir stellen fest, dass es hier keine Toiletten gibt, doch damit kommen wir klar. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier heute Nacht unter uns bleiben, ist hoch. Noch immer prangt die Sonne nahe des Zenits. Unter größter Anstrengung und einigen Flüchen schaffen wir es Zelt und Awning aufzubauen. 
 

Im rettenden Schatten gönnen wir uns einen kleinen Mittagssnack, bestehend aus Müsliriegeln, Pistazien und zum Abschluss einem Stück Schokolade. So gestärkt geht es in die zweite Hälfte des Tages. Nachdem das Chaos aus etlichen Prospekten in Cecils Tür ihn schon seit längerem stört, wird mal ordentlich aussortiert. Prospekte und Kartenmaterial aus den i-Site von Nationalparks, die wir schon lange hinter uns haben, werden weggeschmissen. Während wir die Flyer und Karten durchforsten, bietet es sich natürlich an gleich die weitere Route zu planen. Allerdings stellen wir schnell fest, dass bevor irgendetwas detaillierter geplant werden sollte, müssen wir zunächst die knapp 1.000 km bis nach Tennant Creek zurücklegen. Dazwischen wartet lediglich der Gregory NP auf uns, der hauptsächlich aus 4WD-Tracks besteht und weniger aus Wanderwegen. Eine Durchquerung ist daher bereits für morgen geplant. 
Nachdem wir uns von ein wenig Papier trennen konnten, macht sich Cecil daran die lästige Sache mit dem Wechsel des Untermieters anzugehen. Er arbeitet die Anmerkungen von seinem Vater in den ersten Entwurf ein. Sobald wir morgen in Timber Creek Empfang haben, geht das Schreiben erneut raus und die Sache ist so gut wie geklärt. Dann bleibt nur noch die Hausverwaltung zu informieren. Wir hoffen, dort nicht auf Widerstand zu treffen. 
Während Sarah fleißig an ihrem Oberteil weiter strickt, schreibt Cecil Tagebuch. Die letzten Tage probiert er doch wieder das erlebte direkt auszuformulieren, anstatt zunächst Stichpunkte zu schreiben. Mal sehen, welchen Effekt das hat. 
Es ist kurz vor 20 Uhr. Das Solarpanel kriegt keine Sonne mehr, doch wir können noch im schwindenen Tageslicht unser Abendessen genießen. Der Abwasch erfolgt heute am hiesigen Regenwassertank. Fast all unsere Flaschen sind mittlerweile mit Trinkwasser gefüllt. Da nehmen wir diese Gelegenheit nur zu gerne wahr, bevor wir das kostbare Nass für das dreckige Geschirr verwenden müssen. 
Entgegen der Erfahrungen der letzten Tage sind wir trotz der fortgeschrittenen Stunde erstaunlich wach. Also zumindest Cecil. Sarah kämpft immer noch gegen den Schlafmangel und die zahlreichen Mückenstiche. Dessen ungeachtet, schafft sie es noch weiter Korrektur zu lesen. Immerhin haben wir zum Abend deutlich angenehmere Temperaturen als gestern.
Cecil baut währenddessen ein Gewirr aus Kabeln um sie herum auf. Es gilt Daten von A nach B und von dort weiter nach C zu kopieren. Vor allem auf Cecils Handy hat sich ein nicht so leicht zu entwirrendes Netz aus Videodaten ausgebreitet. Nur mühsam findet er heraus, welche Videos davon bereits verarbeitet sind, welche gepostet und welche noch Aufmerksamkeit benötigen. Zudem gilt es noch etliche Videos für den Blog vorzubereiten. 
Kurz nachdem Sarah ins Zelt gegangen ist, raschelt es verdächtig im Gebüsch direkt vor Cecil. Dann ein lautes Knacken. Mit Hilfe der Stirnlampe sucht er das Gelände ab. Tatsächlich leuchtet im Schein der Lampe plötzlich ein Augenpaar auf. Dingo, denkt Cecil sofort und etwas Unbehagen macht sich breit. Überall um ihn herum ertönen Geräusche. Es müssen zwei bis drei Tiere sein. Schnell holt er die Taschenlampe aus dem Korb, der oben im Dachzelt steht. Sarah schläft bereits und kriegt von allem nichts mit. Die Dingos scheinen Koby bereits umkreist zu haben, denn auf einmal ertönen die Geräusche im Unterholz hinter Cecil. Vorsichtig geht er auf das Gebüsch zu und… stößt auf eine Gruppe Wallabies. Kurzer Blickkontakt, dann hüpfen sie auch schon weiter. 
Es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass nicht auch ein Dingo in der Nähe war. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Fantasie ein wenig mit ihm durchgegangen ist. Auf jeden Fall ist ordentlich Adrenalin ausgeschüttet worden und Cecil wieder hellwach. Bis 23:30 Uhr werden noch fleißig Videos bearbeitet, bevor er Sarah im Zelt Gesellschaft leistet.

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