30.06., Dienstag: Breamer Park - Höhen und Tiefen
Wir verlassen die Lilydale Camping Area mit gemischten Gefühlen. Solch einen guten Platz verlässt man nur ungerne. Flusswasser so klar, dass wir es bedenkenlos trinken könnten, ausreichend Platz und Sonne satt.
| Hier auch endlich mal ein paar Fotos vom Fluss. Gerade noch rechtzeitig ;) |
Doch wir sind nicht zum Campen nach Australien gekommen. Wer Abenteuer erleben will, der muss raus aus der Komfortzone. Wir machen uns auf den Weg zum Richmond Nationalpark, kurz vor der Grenze zu Queensland.
Vor der Abfahrt hat Sarah nur einen groben Wegpunkt im Navi gesetzt. Das führt dazu, dass wir zu früh vom Highway abbiegen. Nur wenige Kilometer weiter, hätten wir das Städtchen Mallanganee erreicht. Von dort aus wären es lediglich 12 km in nördliche Richtung zu der Rest Area gewesen, von der aus die Wanderwege starten. Wir wählen, eher unfreiwillig, den deutlich längeren Weg, der uns zunächst an der westlichen Grenze des Parks gen Norden führt und dann über eine 22 km lange Gravelroad, aber ausgeschilderte Scenic Road, südlich zu besagtem Parkplatz. Wenigstens haben wir Koby's Benzinverbrauch wieder unter Kontrolle und müssen keine Sorgen haben Mitten im Nirgendwo liegen zu bleiben. Am Ende benötigen wir für den Weg von insgesamt 150 km satte 3 Stunden. Gut eine Stunde davon verlangen uns die 22 km durch den Regenwald ab.
Für die bevorstehende Wanderung, ein 2,5 km länger Rundweg, soll laut Schild ebenfalls eine gute Stunde eingeplant werden. Wir laufen durch dichte Vegetation und passieren beeindruckende Bäume und Pflanzen.
Gelegentlich sind deren Charakteristika auf kleinen Schildern neben dem Pfad zu finden. So lernen wir über den “Stranger Fig”-Baum (zu deutsch: “Würgefeige”), das er nicht wie ein gewöhnlicher Baum vom Boden heranwächst. Viel mehr werden seine Samen von Vögel in den Baumkronen “platziert”. Von dort aus ranken sie an ihrem Wirt herab und bilden dabei faszinierende Muster. Bei dem Sandpapierfeigen-Baum hingegen ziehen die Blätter alle Aufmerksamkeit auf sich. Deren Beschaffenheit erinnert bei Berührung an Sandpapier. Tatsächlich haben die Aborigines sie zu genau diesem Zweck verwendet und damit ihre Holzarbeiten geschliffen.
Abgesehen von der Flora scheint hier auch die Fauna erstaunlich aktiv zu sein. Leider können wir sie größtenteils nur akustisch warnehmen. Immer wieder hören wir die charakteristischen Hüpfgeräusche eines Kängurus oder Wallabies im Unterholz. Doch erst kurz bevor wir wieder am Parkplatz ankommen, können wir eines der kleinen Beuteltiere für einen kurzen Moment auch sehen.
Die 12 km Gravelroad nach Mallanganee führen schon bald nicht mehr durch dichten Regenwald, sondern über einen luftigen Bergkamm. Weniger abenteuerlich ist das allerdings nicht. Die einspurige Straße ist durchgehend begrenzt durch mannshohe Gräser. Trifft man hier auf Gegenverkehr, ist man wohl oder übel zu einer sehr langen Rückwärts-Fahrt gezwungen. Abgesehen davon ist es jedoch ein sehr schöner Weg. In Casino tanken wir auf. Mit nur 14,3 Litern erreichen wir einen Spitzenwert. So kann es weitergehen. Nach 2 Stunden Fahrt erreichen wir dann auch endlich den Campingplatz kurz vor dem Border Range NP. Auf dem Weg dorthin haben wir es gewagt und die Nachrichten gelesen. Zu unserer Erleichtungerung bleiben, trotz des jüngsten Corona-Ausbruchs in Victoria, die Pläne zur Öffnung der Grenze von Queensland unangetastet. Ab dem 10.07. darf jedermann einreisen, vorausgesetzt man hat sich in den letzten 14 Tagen nicht in Victoria aufgehalten. Auch das Northern Territory bleibt dabei und öffnet ab dem 17.07. seine Grenzen. Wir sind erleichtert. Es wird langsam.
Nur kurz darauf schlägt die Stimmung um. Wir stehen am dem Campingplatz vor verschlossenen Toren. Natürlich wegen des Corona-Virus. Nach unserem herrlichen Platz von gestern ist das ein heftiger Rückschritt. In der Umgebung gibt es ansonsten nur kostenpflichtige Plätze. Bei denen sind im Durchschnitt 12 $ pro Kopf und Nacht fällig. Da sie sich alle im Border Range NP befinden, kommen noch 8 $ Park-Eintritt dazu. Der nächste kostenfreie Stellplatz liegt etwa 80 km entfernt. Da wir morgen hier im Nationalpark wandern wollten, wären das daher 160 km. Gehen wir sicherheitshalber weiter von einem durchschnittlichen Verbrauch von 15 Litern auf 100 km aus, kommen wir allein für Benzin auf gute 22 $. Etwas zerknirscht, machen wir uns daher daran einen der Campingplätze zu buchen. Das würde uns zwar nicht unbedingt Geld, aber in jedem Fall Zeit sparen. Doch auch die bezahlpflichtigen Plätze haben alle geschlossen. Jetzt ist die Laune endgültig im Keller.
Auf dem Weg zu dem 80 km entfernten Campingplatz, passieren wir eine kleine Ortschaft an einem Fluss. Direkt zwischen Straße und Ufer entdecken wir einen Tisch und Bänke aus Holz. Das schauen wir uns genauer an. Nachdem wir keine Schilder finden können, die das Campen hier verbieten, überlegen wir die Nacht hier zu verbringen. Natürlich ist es relativ laut, doch immerhin wären wir morgen früh recht schnell zurück im Border Ranges NP und könnten dort wandern gehen. Allerdings sind wir nicht sicher, ob das Campen in Ortschaften generell verboten ist. Daher lassen wir das Zelt zunächst eingepackt.
Nach dem Abendessen versuchen wir bei Wiki-Camps mehr über den Platz herauszufinden. Es gibt viele Kommentare von Reisenden, die über Nacht geblieben sind. Auffällig viele berichten aber von unfreundlichen Einheimischen und mindestens zwei Camper wurden mit Eiern beworfen. Am Ende einigen wir uns darauf, die morgige Wanderung abzublasen. Wahrscheinlich wartet dort wieder “nur” ein weiteres Stück Regenwald auf uns, für die wir zudem 8 $ Eintritt berappen müssten. Wir nehmen wieder die Rest Area in Angriff. Dort können wir sicher sein, dass es legal ist und auch vor eierwerfenden Hinterwäldlern sind wir dort besser geschützt.
Wir erreichen den Platz in absoluter Dunkelheit. 6 Stunden haben wir heute im Auto verbracht. Mehr als genug. Dafür, dass der Platz ungemütlich nah am Highway liegt, ist hier einiges los. Nachdem wir eine geeignete Stellfläche gefunden haben, stoßen wir auf die bevorstehende Grenzöffnung an. Wie es scheint, nimmt unsere Reise endlich Fahrt auf.
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