21.07., Dienstag: Bluewater Park Rest Area - Magnetic Island
Wenn man bereits um 5 Uhr morgens aufstehen muss, geht das im Grunde gegen die Natur des Menschen. Draußen ist es noch so dunkel, dass jede Faser deine Körpers dir zu sagen scheint: “Es ist noch Nacht. Du musst noch nicht aufstehen. Schlaf noch ein wenig.” Doch wenn man einen guten Grund für dieses atypische Verhalten hat, fällt es nicht so schwer. Selbst das Einpacken des Zeltes klappt erstaunlich gut. Das “nächtliche” Zuklappen unserer Autotüren erfreut sicherlich unsere Nachbarn. Wir versuchen es in einem erträglichen Rahmen zu halten. Nach ein wenig Verwirrung, ausgehend vom Navi, und kleiner Diskussion auf dem Parkplatz über den Verlauf der Sonne (wichtig für die optimale Positionierung von Koby, um maximale Solar-Power zu kriegen), sind wir um Punkt 6 Uhr am Fährterminal. Das Parken direkt am Hafen kostet uns zwar 8$, doch immerhin ist der Platz bewacht. Ein gutes Gefühl, wenn man den Großteil seines Hab und Guts im Auto zurücklässt.
Nachdem wir pünktlich um 06:15 Uhr abgelegt haben, werden wir auf offener See von einem spektakulärem Sonnenaufgang empfangen.
Gerade mal 20 Minuten später erreichen wir Magnetic Island. Auf diesem beschaulichen Eiland vor der Küste Townsvilles wird einem von nahezu allen Reiseführern und Prospekten eine Koala-Sichtung garantiert. Daher sind wir dementsprechend zuversichtlich. Wir wollen die Insel per Fahrrad erkunden. Da wir an einem normalen Tag bereits einen Großteil desselbigen im Auto verbringen, fällt diese Option aus. Das Fahrrad hat den Vorzug vor einem Motorroller erhalten, da wir uns so gleich noch ein wenig körperlich betätigen. Eine unerwartete körperliche Betätigung erwartet uns allerdings bereits auf dem Weg zum Verleih. Gute 15 Minuten müssen dahin zunächst zu Fuß zurückgelegt werden. Immerhin stehen draußen noch einige Räder. Die sind sicher nicht alle reserviert.
Als wir im Laden nach zwei Fahrrädern fragen, halten wir die Antwort des Verkäufers daher zunächst für einen Scherz. Er meint es seien keine Räder mehr verfügbar. Ungläubig schauen wir auf die gut 12 Fahrräder, die vor dem Laden stehen. Nach kurzer Konversation stellt sich heraus, dass es wohl nur kein Fahrrad mehr ins Cecils Größe gäbe, da viele schon vorgebucht sind. Wir schauen uns draußen an, was noch verfügbar ist und befinden die uns angebotenen Räder für gut. So schnell lassen wir uns nicht von unserem Plan abbringen, die Insel aus eigener Kraft zu befahren. Wir kriegen noch Helme und ein Schloss.
Dann geht es auf die Sättel und in nördliche Richtung über einen ersten ordentlichen Hügel zum Brenner Point in der Geoffrey Bay.
Trotz der frühen Morgenstunde sind wir nicht die ersten. Eine Gruppe Spanier hat sich bereits an dem, bei Touristen sehr beliebten, Küstenabschnitt eingefunden. Die Anziehungskraft dieses ansonsten eher unspektakulären Ortes, geht von einer ansässigen Kolonie Rock-Wallabies aus. Ganz dem Klischee dummer Touristen entsprechend, füttern die Spanier die Wallabies an, um ein möglichst gutes Foto zu kriegen. Wir würdigen den possierlichen Tieren daher nur spärliche Blicke, um unsere Abneigung gegen die Fütterung zu zeigen. Am Ende des Piers sind wir allein und widmen uns erst einmal unserer eigenen Nahrungsaufnahme in Form unserer Sandwiches. Auf dem Rückweg ist die junge Reisegruppe zum Glück weitergezogen. Die Wallabies kommen uns auch ohne Futter recht nah.
Doch ganz offensichtlich nur weil sie ebendieses bei uns vermuten. Immerhin lernen wir von einem Schild am Parkplatz, dass es Lebensmittel gibt, die auch Rock-Wallabies vertragen. Wenn man also schon die Tiere füttern “muss”, so sind Karotten und Süßkartoffel noch am ehesten geeignet. Wir halten trotzdem weiter nichts von dieser unnatürlichen Praxis. Eine halbe Karotte, die uns von einer Touristin angeboten wird, lehnen wir mit einem gequältem Lächeln ab und schwingen uns wieder auf die Räder.
Der folgende Weg gen Norden führt uns über einen Bergrücken, der sich scheinbar von Westen nach Osten über die ganze Insel erstreckt. Es ist teils extrem steil und selbst im kleinsten Gang kommen wir nur sehr mühsam voran. Ab und zu spielen wir mit dem Gedanken abzusteigen und besser zu schieben. Dazu heizen die Autos in verhältnismäßig mörderischem Tempo an uns vorbei. Das heißt mit etwa 20 km/h. Wir beißen die Zähne zusammen und schaffen es auf den Parkplatz, der Ausgangspunkt für den “The Forts Walk” ist. Davon, dass es wohl eine unmenschliche Anstrengung darstellt die Insel per Fahrrad zu erkunden, hat uns keiner der Reiseführer oder Prospekte etwas erzählt. Bevor wir das nächste Mal ein aus eigener Kraft angetriebenes Gefährt mieten, werden wir in jedem Fall eine topographische Karte zurande ziehen. Ein wichtige Lektion haben wir daher bereits gelernt. Das hilft allerdings nicht dagegen, dass unsere Beine schon jetzt streiken, noch bevor wir einen müden Kilometer gewandert sind.
Zum Glück gilt es den Wanderweg, der zu den Überresten einer Funkstation aus dem 2. Weltkrieg führt, ohnehin eher langsam anzugehen. Auf dem Weg soll es die besten Chancen auf die Sichtung eines Koalas geben. Angestrengt halten wir Ausschau, doch entdecken nichts Lebendes, weder in den Bäumen, noch am Boden. Wir entdecken auch nur wenig Eukalyptus-Bäume, die den Lebensraum der gemütlichen Tiere darstellt. Immerhin haben wir von den alten Funkstationen einen schönen Blick über die Insel und den Ozean. Auf dem Rückweg werden wir von fast allen Wanderern gefragt, ob wir Koalas gesehen haben. Zumindest waren wir nicht die einzigen dummen Touris, die in der Hoffnung auf eine Sichtung die Insel besuchen.
Vom Parkplatz des Wanderwegs geht es gute 10 km steil bergab an die Nordküste der Insel zur Horseshoe Bay. Trotz teils erschreckend lautem Quietschen, halten die Bremsen die Strapazen durch. Unsere Gesäße melden sich dagegen bereits deutlich spürbarer. Die Sättel sind viel zu hart und die Räder verfügen über keinerlei Federung. Als Belohnung für die erste Kamm-Überquerung gibt es an der Strandpromenade ein leckeres Eis. Hier merkt man einen Hauch von Nebensaison. Viele Läden haben geschlossen oder machen zumindest einen entsprechenden Eindruck. Zudem ist man relativ ungestört. Bei einem anschließenden Strandspaziergang treffen wir, zu unserer Freude, auf nur wenig andere Menschen. Anschließend schwingen wir uns wieder auf die Fahrräder und fahren die Strecke zurück.
Am Parkplatz vom “The Forts Walk” (ja, es war wieder tierisch anstrengend den Berg hoch zu radeln) lassen wir die Räder stehen. Die steil abfallende Gravelroad, die hinunter zur “Arthur Bay” führt, wollen wir bestimmt nicht mit dem Rad befahren. Weder runter und schon gar nicht wieder hoch. Die Strecke ist mehr Loch als Straße und laufen tut den Beinen auch erstmal gut. Immerhin erspähen wir am Wegesrand etliche Eukalyptus-Bäume. Unsere Hoffnung, einen Koala zu sehen, flammt erneut auf. Zumindestens auf dem Hinweg bleibt diese allerdings erneut unerfüllt.
Die Arthur Bay, an der wir jetzt sitzen, besteht aus einem etwa 500 Meter langem Sandstrand, der an beiden Seiten von großen Felsblöcken begrenzt ist. Bis auf zwei Speerfischer in Neoprenanzügen sind wir die einzigen Menschen vor Ort. Den ganzen Tag schleppen wir bereits unsere Schnorchel-Ausrüstung mit. Doch bevor wir uns unter Wasser wagen, setzen wir uns an den Strand und genießen ein wenig das Rauschen des Meeres. Zunächst kaum spürbar beginnt es zu regnen. Dazu frischt der Wind auf. Als die Tropfen immer größer werden, sind wir kurz davor einfach wieder zurück zu gehen. Doch wir überwinden uns und ziehen unsere Badesachen an. Im Internet haben wir gelesen, dass neben Koalas in den Bäumen auch häufig Schildkröten im Wasser gesichtet werden. Diese Chance lassen wir uns nicht entgehen.
Nachdem wir unseren Drysack mit allen wirklich wichtigen Utensilien befüllt haben, machen wir uns auf zum Ufer. Kurz bevor wir hinter ein paar Felsen verschwinden (zwischen denen wir auch den Drysack verstecken wollen), spricht einer der Fischer Sarah an. Während seiner Tauchgänge hätte er mehrere Quallen gesehen. Vor denen sollten wir uns in acht nehmen. Wenn man bedenkt, dass die Berührung einiger Quallen-Arten, die sich in den küstennahen Gewässern von Australien aufhalten, durchaus tödlich enden kann, hätten wir vielleicht spätestens zu diesem Zeitpunkt umdrehen sollen. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Kurz gesagt halten wir es keine 15 Minuten im Wasser aus. Nicht weil wir zu jeder Zeit eine tödliche Qualle fürchten, sondern das Wasser ist schlichtweg zu kalt, die Brandung recht hoch und die Sicht nicht zuletzt dadurch mehr als begrenzt. Mangels Sonnenlicht erscheint zudem alles grau und wenig einladend. Außerdem ist ziemlich tote Hose unter Wasser. Aber immerhin haben wir es probiert!
Mit dem Rad qäulen wir uns bei teils starkem Regen über den Bergkamm zurück in die Nelly Bay. Erneut statten wir den Rock Wallabies einen Besuch ab und zum Glück, lässt der Regen zu diesem Zeitpunkt etwas nach. Wieder ohne lockendes Futter können wir trotzdem nochmals eines sehen. Tatsächlich kommt es ziemlich nah und springt dann recht spektakulär über die schroffen Felsen davon. Diese kleinen Beuteltiere sind echt super putzig.
Eigentlich hätten wir mittlerweile schon genug vom Radfahren. Doch am Nachmittag soll man in der “Cockle Bay”, im Süd-Westen der Insel, bei Ebbe bis zu einem Schiffswrack wandern können. Trotz tierischem Hunger radeln wir daher weiter. An der “Picnic Bay”, eine Bucht vor Ziel, halten wir an der Promenade. Dort, weit weniger gut besucht als die Nelly Bay, in der die Fähre anlegt, haben die wenigen Restaurants zwischen 15-17 Uhr geschlossen. Es ist 14:55 Uhr. Mit Glück kriegen wir noch eine Portion Pommes und Knoblauchbrot.
Mit neu geschöpfter Energie versuchen wir über den Strand in die “Cockle Bay” zu gelangen, in der das Wrack liegt. Nach nur wenigen Metern erwarten uns hier, wie zuvor schon in der “Arthur Bay”, große Felsen. Davon lassen wir uns zunäscht nicht abschrecken, doch irgendwann stoßen auch unsere Kletterkünste an Grenzen. Von diesem Rückschlag lassen wir uns allerdings nicht abhalten. Wir wählen stattdessen den Landweg und erreichen die Bucht nach erneut sehr anstrengenden Kilometern kurz darauf mit dem Fahrrad.
Tatsächlich ermöglicht uns die Ebbe eine ansehnliche Strecke trockenen Fußes über das Watt zurückzulegen. Doch noch bevor wir überhaupt nur annähernd nah genug dran sind, um vernünftig Aufnahmen machen zu können, wird der Meeresboden zunehmend unfreundlicher. Immer wieder versinken wir im Schlamm und müssen durch Wasserflächen waten. Auch wenn unsere Schuhe bereits versaut sind, brechen wir die Watt-Wanderung ab.
Cecil hat daraufhin ein kleines Tief. Wetter doof, Weg zum Wrack doof, keine Koalas auch doof. Bewusst nicht kommunikativ, wenn auch zwangsläufig, da wir immerhin nicht auf einem Tandem unterwegs sind, fahren wir zurück in die Nelly Bay und geben die Fahrräder ab.
Unsere Fähre zurück nach Townsville legt um 17:10 Uhr ab. Die Fahrt genießen wir erneut ungestört auf dem Oberdeck. Natürlich herrscht hier oben ein kräftiger Wind und ab und zu kriegt man ein wenig Gischt ins Gesicht. Doch uns stört das nicht. Im Gegenteil, wir fühlen uns genau hier lebendig. Offensichtlich sind wir mit dieser Einstellung allein, denn außer uns befindet sich niemand auf dem Oberdeck. Als sollten wir dafür belohnt werden, kommen wir unverhofft in den Genuss eines doppelten (kurzzeitig sogar dreifachen) Regenbogens.
Koby steht, treue Seele die er ist, noch immer dort, wo wir ihn abgestellt haben. Der Winkel zur Sonne war optimal und so läuft der Kühlschrank auf angebrachten 4 Grad. Zurück auf dem Platz von letzter Nacht hat sich hier wenig verändert. Unsere kleine Bucht ist zwar bereits vergeben, doch ganz in der Nähe finden wir ein geeignetes Plätzchen. Nach dem Essen haben wir keine große Lust mehr auf Abwaschen. Stattdessen widmen wir uns der Einkaufsliste für morgen.
Direkt am Baum neben uns, entdeckt Cecil unvermittelt ein katzenartiges Geschöpf. Um dem Licht der Stirnlampe zu entgehen, hüpft es vom Baum auf den Boden und verschwindet hinter dem Stamm. Alles ging so schnell, dass sich Cecil noch gar nicht sicher ist, was er da gerade gesehen hat. Doch auf jeden Fall gilt es dem nachzugehen.
Tatsächlich entdeckt er das Tier auf der anderen Seite des Stammes wieder und hält es zunächst für ein Wallaby. Das Stichwort, welches auch Sarah dazu bewegt sich aus ihrem Stuhl zu erheben. Doch schon kurz darauf sind wir beide sicher, dass es sich eher wieder um einen Fuchskusu handelt. Für die eindeutige Identifizierung holt Sarah ihre Kamera und Cecil die Taschenlampe (danke Papa/Thomas, die Lampe ist wirklich die Beste). Mit den entstehenden Bildern wollen wir anschließend die genaue Art identifizieren (-> Common Brushtail Possum).
Um das Ganze noch spannender zu machen, kommt plötzlich ein zweites Exemplar dazu. Da wir kurz darauf entdecken, dass sich bei unserer Erstentdeckung ein kleiner Joey im Beutel regt, handelt es sich dabei wohl um ein Männchen. Immer wieder versucht es sich an das Weibchen anzunähern, doch wird oft harsch abgeblockt. Einige Äste entfernt hält sich sogar noch ein weiterer Kusu auf. Dieser hält sich allerdings vornehm im Hintergrund. Mehr als eine halbe Stunde verbringen wir damit die Tiere zu beobachten. Es ist eine heiden Freude und wir freuen uns über unser Glück.
Während wir an einem Trinkbrunnen in der Nähe des Toiletten-Blocks unsere Zähne putzen, kommt eines der Tiere (wir vermuten der bisher zurückhaltenden Dritte) auf uns zu. Keinen halben Meter von Sarah entfernt kommt er zum stehen, schnuppern kurz, und umkurvt uns dann im engen Bogen. Einen Koala haben wir zwar nicht gesehen, doch bezüglich unserer heutigen Tiersichtungen, können wir uns wirklich nicht beschweren.
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