24.06., Donnerstag: Waldrons Swamp Rest Area - Kaputtes Radlager
Heute kommen wir deutlich besser aus dem Bett. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir Koby um 10 Uhr in der Werkstatt in Batemans Bay abgeben müssen. Da können wir es uns nicht leisten zu verschlafen. Auch so ist der Zeitplan straff ausgelegt. Jeder Handgriff muss sitzen, um Verzögerungen zu vermeiden. Dabei liegt der Fokus natürlich besonders auf dem Zelt. Doch heute klappt alles. In einer ansehnlichen Choreografie tanzen wir förmlich um das Auto und verpacken das Zelt in unter zehn Minuten.
Um 08:45 Uhr sind wir abfahrbereit. Damit bleibt uns noch genug Zeit einen der Rucksäcke für den Tag zu packen. Natürlich landet darin mal wieder hauptsächlich Technik und Netzteile. Dann bereiten wir sogar noch ein Lunchpaket vor. Salami-Sticks, Käse, Cracker und Dips werden griffbereit verstaut. Wir hoffen zwar, Koby zur Mittagszeit schon wieder abholen zu können, sichern uns aber trotzdem lieber ab.
Bevor es losgeht prüfen wir noch sämtliche Lampen am Auto. Sollte eine davon defekt sein, können wir sie später selber wechseln. Dafür brauchen wir keinen Mechaniker bezahlen. Bis auf eines der Bremslichter hinten links, funktionieren aber auch alle Birnen noch. Das entsprechende Licht wird aber aus bleiben. Die Schrauben an der Abdeckung sind komplett rund. Schon mehrfach hat Cecil erfolglos probiert sie zu lösen. Da ein Stück darüber ein weiteres Bremslicht installiert ist, können wir damit leben.
Als wir die Werkstatt erreichen, sind wir eine gute halbe Stunde zu früh dran. Trotzdem können wir Koby bereits abgeben. Mit einem jungen Mechaniker bespricht Cecil alle Details. Vor allem wollen wir endlich wissen, warum die “Check Engine” Lampe wieder leuchtet. Und dann wären da noch die Geräusche im Bereich der Vorderachse. Aktuell haben wir keine Ahnung, was es sein könnte. Nur die Befürchtung, dass es sehr teuer werden könnte.
Anders als wir dachten, befindet sich die Werkstatt nicht in der Nähe der Bibliothek. Diese liegt drei Kilometer östlich und zu Fuß werden wir knapp 40 Minuten dorthin brauchen. Wir machen uns trotzdem auf den Weg. Eine Filiale von McDonalds ist zwar deutlich näher und bietet sicher ebenfalls Wlan. Doch wir bezweifeln, dass wir dort Steckdosen finden. Dabei ist es essentiell, dass wir heute den Laptop laden. Wir haben also kaum eine Wahl. Los geht der Marsch.
Wie so viele australische Städte, ist auch Batemans Bay keinesfalls fußgängerfreundlich. Vor allem Bürgersteige vermissen wir durchgängig. Es bleibt uns oft nichts anderes übrig, als auf der Straße zu laufen. Dazu ist das Terrain überraschend hügelig. Immer wieder geht es recht steil auf und ab. Immerhin kommen wir so schnell auf Temperatur. Ansonsten würden wir bei diesem Wetter wohl schnell frieren. Noch unterwegs bemerken wir, dass wir vergessen haben unser Lunchpaket aus dem Kühlschrank zu holen. Hoffentlich haben wir Koby zum Mittag zurück. Hunger haben wir jetzt schon.
Bei der Bibliothek angekommen, müssen wir mehrere Hürden überwinden, bevor wir eintreten dürfen. Als erstes müssen wir eine App herunterladen. Mittels dieser können wir einchecken. Anschließend wird von einem Computer unsere Körpertemperatur gemessen. Erst danach wird uns Einlass gewährt. Am Schalter bekommen wir zwei Zugangscodes, die uns jeweils zwei Stunden Wlan versprechen. Nicht gerade ideal, aber wir werden uns damit arrangieren können. Deutlich besser ist dagegen unser Platz. In einer sogenannten “Quiet-Zone” finden wir ausreichend Steckdosen für all unsere Geräte. Endlich mal wieder eine normale Bibliothek. An vielen anderen Orten wurden wir von dem Lärm anderer Menschen belästigt. Es war nicht unüblich lautstark zu telefonieren oder Musik über die Lautsprecher zu hören. Hier ist es angenehm ruhig.
Als erstes kümmern wir uns um ein Schreiben von unserer Hausverwaltung vom 20.04.2021. Da haben unsere Untermieter ganz schön geschlafen. Wir sind deswegen ziemlich enttäuscht. Im Grunde hatten wir das Gefühl, den neuen Mietern vertrauen zu können. Vor allem ist es ärgerlich, da der Brief überaus wichtige Informationen transportiert hat. Der Mietendeckel wurde zurückgenommen und uns steht eine saftige Nachzahlung bevor. Insgesamt sollen wir fast 3.500€ schuldig sein. Wir hatten Zeit bis zum 05.05. die ausstehende Forderung zu begleichen. Anschließend wird uns mit rechtlichen Schritten gedroht. Für einen Moment schwirrt uns ordentlich der Kopf. Wer weiß, ob wir nicht bereits ein Kündigungsschreiben im Briefkasten hatten und auch dieses einfach nicht weitergeleitet wurde?
Kurz darauf haben wir uns wieder einigermaßen gefangen. Für den Moment wollen wir davon ausgehen, dass unser Mietvertrag noch nicht gekündigt wurde. Aktuell zählt es unsere Mietschulden so schnell wie möglich zu begleichen. Doch auf den zweiten Blick macht uns der Betrag doch stutzig. Nach Verabschiedung des Mietendeckels haben wir 228€ pro Monat weniger bezahlen müssen. Das Gesetz war für fünf Monate aktiv. Etliche Male rechnen wir das Ganze durch. Am Ende kommen wir immer zu dem Schluss, dass die verlangte Nachzahlung viel zu hoch ist. Erst nach viel weitreichender Recherche bemerken wir, dass wir im Januar und Februar diesen Jahres gar keine Miete überwiesen haben. Wir können es selbst kaum glauben. Normalerweise läuft die Zahlung über einen Dauerauftrag. Doch nachdem wir alles ein weiteres Mal geprüft haben, ist es sicher. Neben der Nachzahlung Schulden wir zwei komplette Monatsmieten. Am Ende wundern wir uns am meisten darüber, warum die Hausverwaltung uns diesbezüglich nicht schon viel früher kontaktiert hat. Das sollte uns jetzt aber nicht weiter ablenken. Wir überweisen den ausstehenden Betrag umgehend und schicken noch eine Mail, in der wir uns erklären und für die Säumnisse entschuldigen. Damit sollte hoffentlich alles geklärt sein.
Nachdem wir das Thema mit der Miete einigermaßen verdaut haben, können wir uns auf die normale Arbeit stürzen. Sarah beginnt damit die vorbereiteten Tage zu posten. Cecil nutzt das Wlan, um Musik für die Videos herunterzuladen. Problemlos können wir zwischendurch noch einen weiteren Zugangscode für das Tablet besorgen. Gegen 12 Uhr bekommen wir dann den ersehnten Anruf von der Werkstatt. Erwartungsgemäß sind die vorderen Bremsbeläge durch. Die Scheiben haben ebenfalls bereits Schaden genommen, müssten aber nicht direkt gewechselt werden. Wir belassen es daher zunächst bei dem Wechsel der Beläge. Obendrauf hat der Mechaniker mehrere Öllecks entdeckt. Keines davon sei bedrohlich, aber natürlich ist das auch nicht schön. Immerhin die “Check Engine” Lampe wurde erneut von einem defekten EGR-Ventil ausgelöst. Damit werden wir selber fertig. Bis wir Koby abholen können, braucht der Schrauber trotzdem noch ein paar Stunden. Wir erhalten erneut einen Anruf, sobald er fertig ist.
Cecil überbringt die schlechten Nachrichten an Sarah. Sie hat ebenfalls keine erfreulichen Nachrichten. Während des Telefonats hat sie ein wenig im Internet recherchiert. Demnach hat Sydney weiterhin mit dem Corona-Virus zu kämpfen. Es droht sogar ein Lockdown. Das würde alle unsere Pläne durchkreuzen. Von Sydney aus wollten wir zurück nach Berlin fliegen. Koby sollte dort verkauft werden. Im besten Fall hätten wir sogar ein neues EGR-Ventil zu unserer Freundin in Bondi Beach liefern lassen können. Diese Pläne wirken plötzlich ziemlich unrealistisch. Für einen kurzen Moment überlegen wir sogar weiter nach Brisbane zu fahren. Den Gedanken verwerfen wir allerdings schnell wieder. Noch ist es nicht nötig in Panik zu verfallen. Vielleicht bekommt man den Ausbruch noch unter Kontrolle. Hoffen wir einfach das Beste.
Irgendwann müssen wir ein weiteres Mal um einen Zugangscode bitten. Daraufhin bekommen wir direkt Zugang für den ganzen Tag und 10 Gigabyte Datenvolumen. Warum nicht gleich so? Cecil checkt unser Inserat auf Facebook. Dieses wurde noch immer nicht freigeben. Es ist zum verrückt werden. Aber in diesem Fall sind uns die Hände gebunden. Sarah versucht schon seit geraumer Zeit die Videos auf den Blog zu laden. Doch auch dabei gibt es immer wieder Probleme. Nachdem wir uns nach Campingmöglichkeiten in der Nähe von Batemans Bay umgesehen haben, schwirrt uns langsam der Kopf. Für den Moment haben wir genug und brauchen schlicht etwas frische Luft. Auf gut Glück machen wir uns auf den Rückweg zur Werkstatt.
Wir sind nur wenige Schritte von der Bibliothek entfernt, da bekommen wir den ersehnten Anruf der Werkstatt. Koby ist fertig, aber angeblich stimmt etwas mit dem Radlager nicht. Cecil kann den Mechaniker neben dem Verkehr allerdings kaum verstehen. Er schlägt vor die Details vor Ort zu klären. In etwa 40 Minuten sind wir da. Über die meiste Zeit regnet es. Das Wetter passt gut zu unserer Laune. Bisher war es ein anstrengender und kostspieliger Tag. Mit gesenkten Köpfen trotten wir schweigend nebeneinander die Straßen entlang. Langsam aber sicher durchdringt die Nässe unsere Schuhe.
Bei der Werkstatt angekommen, bringt uns der Mechaniker auf den aktuellen Stand. Die vorderen Bremsbeläge musste er wechseln. Dazu hat er zwei Schläuche ersetzt, aus denen Öl ausgetreten ist. Um das defekte EGR-Ventil kümmern wir uns selber. Woher das knarzende Geräusch kommt, konnte auch er nicht genau feststellen. Seiner Meinung nach ist es das Radlager hinten rechts. Um sicher zu gehen, müsste er die Achse ausbauen. Das Teil an sich kostet nur 150$. Aber die Arbeitszeit würde uns teuer zu stehen kommen. Mindestens drei Stunden würde der Vorgang dauern. Noch dazu könnte das entsprechende Ersatzteil wahrscheinlich erst am Montag geliefert werden. Damit würden wir für drei Tage in der Region festsitzen. Andererseits könnte die Achse schaden nehmen, wenn wir das Problem zu lange ignorieren.
Nachdem wir uns mehrfach versichert haben, dass wir trotz des vermeintlichen Schadens noch fahren können, setzen wir unser Reise zunächst fort. Sollte sich der Verdacht auf ein defektes Radlager verhärten, können wir auch in der nächsten Stadt eine Werkstatt ansteuern. Für den Moment wollen wir nichts überstürzen. Immerhin haben wir in den letzten zwei Monaten schon rund 1500$ für Reparaturen hingelegt. Zudem wirkte der Mechaniker mit dem Problem überfordert. Er ist sich selbst nicht sicher, ob es das Radlager oder sogar das Differential ist. Sollte es das Letztere sein, könnte er es nicht einmal reparieren. Wir sind wohl besser damit beraten, eine zweite Meinung einzuholen.
Auf den paar Metern zum Parkplatz von Bunnings knarzt nichts mehr. Vielleicht hat sich das Problem wieder einmal in Luft aufgelöst. Für den Moment fühlen wir uns jedenfalls in unserer Entscheidung bestätigt. Wir werden die Fahrt zunächst fortsetzen. Nach einem sehr späten Mittagssnack kaufen wir im Baumarkt noch schnell Gaskartuschen. Das Fiberfix, mit dem wir den Zeltboden reparieren wollen, gibt es leider auch hier nicht. Danach gilt es einen Platz für die kommende Nacht zu finden.
Unser Weg Richtung Sydney führt im Grunde stets gen Norden. In dieser Region finden wir jedoch schlicht keinen kostenlosen Campingplatz. Wir entscheiden daher zurück zu der Rest Area zu fahren, auf der wir bereits die vergangene Nacht verbracht haben. Das bedeutet zwar einen Umweg von gut 40 Kilometern, doch die Kosten für Benzin liegen weit unter denen für einen kostenpflichtigen Stellplatz. Unterwegs halten wir noch in Mogo. Dort kann man angeblich auf einem Parkplatz campen. Auf uns wirkt das Ganze allerdings nicht gerade einladend. Die Fläche befindet sich mitten im Ort. Neben dem vielen Verkehr sorgt außerdem eine Baustelle für ordentlich Lärm. Wir entscheiden, lieber noch weitere 10 km zu fahren. Der Platz dort ist auch nicht gerade schön, aber immerhin offiziell anerkannt und die letzte Nacht dort war erträglich.
Auf der Rest Area angekommen, steht der selbe Van wie gestern dort geparkt. Eigentlich haben wir keine Lust auf Smalltalk, aber das wird sich wohl nicht vermeiden lassen. Schon gestern kamen wir mit der Besitzerin kurz ins Gespräch. Um der Sache zu entgehen, bleibt Sarah zunächst im Auto sitzen. Sie geht auf dem Handy ihre heruntergeladenen Workouts durch. So richtig weiß sie aber noch gar nicht, ob sie sich heute zum Sport motivieren kann. Cecil fasst sich derweil ein Herz und quatscht kurz mit der jungen Frau aus dem weißen Van. Sie lässt gnädigerweise früh von ihm ab. Der Hund muss Gassi geführt werden.
Als es wenig später anfängt zu tröpfeln, bauen wir sicherheitshalber schnell das Zelt auf. Derweil parkt ein weiteres Fahrzeug gegenüber von uns. Cecil grüßt den Fahrer höflich, während er die Kissen aus dem Auto holt. Direkt wird er daraufhin in das nächste Gespräch verwickelt. Es beginnt damit, dass er unsere Ausstattung und Ordnung lobt. Am Ende kennt Cecil seine halbe Lebensgeschichte. Der Mann befindet sich etwa in unserem Alter, hat früher Motoren für Windkraftanlagen bei Siemens gebaut und verdient sein Geld jetzt damit Bitcoins zu handeln. In seinem Auto herrscht aktuell noch ziemliches Chaos. Das kennen wir noch in etwa so aus unseren ersten Tagen. Das wird schon noch. Ein paar Minuten darauf düst er wieder los. Der Platz hier schien ihm nicht zugesagt zu haben. Jetzt kehrt endlich Ruhe ein.
Für einen Moment machen wir einfach mal gar nichts. Der Tag war auf seine Art anstrengend. Denken wir an die Zukunft, sieht diese nicht gerade vielversprechender aus. Der anstehende Autoverkauf und unsere Abreise stimmt uns melancholisch bis missmutig. Um uns von diesen dunklen Gedanken abzulenken, beginnt Cecil damit Stichpunkte zu schreiben. Sarah rätselt erst ein bisschen und holt dann ihr Strickzeug heraus.
Gegen 19:30 Uhr entscheiden wir das Abendessen einzuschieben. Nach dem späten Mittag haben wir allerdings nicht sehr großen Hunger. Da passt es gut, dass wir deutlich mehr Füllung haben, als in unsere restlichen Wraps passt. Für heute reicht uns eine kleine Portion davon. Man könnte es ohne Wrap als Chili con carne bezeichnen. Es folgt der Abwasch und wir packen auch Tisch und Stühle schon weg. Um kurz nach acht zieht Cecil ins Home Office und Sarah geht ins Zelt.
Etwa eine Stunde später ist ein weiterer Tag ausgeschrieben. Es folgt ein gut einstündige Telefonat zwischen Cecil und seinen Eltern. Eigentlich war geplant uns nur schnell zu der Mietnachzahlung auszutauschen. Aber man kennt das ja. Am Ende redet man doch wieder über Gott und die Welt. Sarah hat sich währenddessen einen Film auf ihr Handy kopiert. Sie schaut den Pferdeflüsterer. Da kommen Kindheitserinnerungen auf. Cecil schreibt noch bis kurz vor Mitternacht weiter am Tagebuch. Danach schaut er ebenfalls noch einen Film. Zusammenfassend gehen wir beide viel zu spät schlafen. Das wird eine kurze Nacht.
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