07.06., Montag: OC Ling Caravan Park - Pinguine am Strand

Es ist halb fünf, als Sarah unsanft aus dem Schlaf schreckt. Das Zelt wird vom Wind heftig durchgeschüttelt. Darüber hinaus hat sie mehrfach das Gefühl es würde reinregnen. Mit dem Licht ihres Handys prüft sie das auch einige Male, doch anscheinend war es immer falscher Alarm. Es scheint zumindestens nicht nasser, als es gestern Abend war. 
Nur widerwillig können wir uns zum Aufstehen zwingen. Zwar regnet es gerade mal nicht, doch der Wind ist unermüdlich. Im steinharten Boden des Schotterplatzes konnten wir das Vorzelt nicht befestigen. Wenn wir nicht bald etwas unternehmen, zerreißt es eine der Böen wahrscheinlich. Unsere Schuhe, die über Nacht draußen im Vorzelt hängen, sind total nass. Die Säcke, in denen wir sie aufbewahren, wurden vom Wind nach unten geschoben. Dort erreicht der Regen sie leicht. Bisher hat das System gut funktioniert. Aber jetzt wird es vielleicht Zeit die Schuhe mit ins Zelt zu nehmen. 
 
 
Erneut brechen wir ohne vorheriges Frühstück auf. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit im Innenraum, beschlägt die Windschutzscheibe pausenlos. Selbst mit dem Gebläse auf höchster Stufe, kommen wir kaum dagegen an. Eigentlich hatten wir die Hoffnung, die Heizung auf unsere Füße richten zu können. Ein frommer Wunsch. 
Nach einer halben Stunde Fahrt erreichen wir die Picnic-Area an den Guide Falls. Hier finden wir überdachte Tische in einer kleinen Hütte. Von drei Seiten schützen uns Holzlatten vor dem Wind. Unser spätes Frühstück können wir daher einigermaßen genießen. Wir finden sogar etwas Kraft unsere verbleibenden Tage auf der Insel ein wenig zu planen. Gut gestärkt und mit einem groben Plänen im Gepäck kann die erste kleine Wanderung angegangen werden. 
Der Weg zu den Guide Falls führt vom Parkplatz aus flussaufwärts. Wir kommen nur langsam voran. Die Blase an Cecils großem Zeh ist nochmal ein Stück größer geworden und tut höllisch weh. Er humpelt eher, als das er läuft. Doch auch jetzt schon sehen wir einige kleine Kaskaden und bis zu den Guide Falls ist es nicht sehr weit. Der Wasserfall stürzt mit unglaublicher Gewalt hinab. Er ist nicht sehr hoch oder breit, doch es fallen Unmengen von Wasser über die Flusskante. Schon von weitem spüren wir den feinen Wassernebel, der sich vom unteren Becken in alle Himmelsrichtungen ausbreitet. Einziger Wermutstropfen: Das Wasser ist recht bräunlich, was natürlich nicht sehr schön aussieht.
Besonders Mutige können sich dem Fall bis auf wenige Meter nähern. Wir wagen uns ein gutes Stück voran, brechen jedoch ab, bevor wir zu nass werden. Vom unteren Pool gelangt man über eine Treppe zu Aussichtspunkten oberhalb des Wasserfalls. Nachdem wir das Spektakel aus allen möglichen Perspektiven abgelichtet haben, geht es zurück zu Koby. 
 








Bevor es weitergeht, entfernt Cecil für einen Moment die Sicherung der elektronischen Steuereinheit. Damit wird der Computer zu einem Neustart gezwungen. Er hat die Hoffnung, dass danach die “Check Engine” Lampe nicht erneut aufleuchtet. 
Es geht weiter nach Brunie. Schon nach wenigen Kilometern geht die Warnlampe erneut an. Einen Versuch war es aber in jedem Fall wert. Im Ort halten wir als erstes bei Woolworths. Wir brauchen neue Vorräte. Vor allem in Hinsicht auf das Frühstück wurde es bereits langsam knapp. 
Unterwegs zum Besucherzentrum geht von den Bremsen ein ständiges Schleifgeräusch aus. Auf dem Parkplatz inspizieren wir daher die Scheiben. Selbst als Laie erkennt man, dass diese beschädigt sind. Die Kratzspuren sind nicht zu übersehen. Wir ärgern uns ordentlich. Vor allem über uns selbst. Hätten wir die Bremsbeläge früher erneuern lassen, wäre uns das Ganze erspart geblieben. Jetzt müssen wohl auch die Scheiben ausgetauscht werden. 
Zu allem Überfluss stehen wir kurz darauf am Besucherzentrum vor verschlossenen Türen. Ruhetag. Wir wollten uns zu den Pinguinen erkundigen, die hier an der Küste ihre Nachkommen ausbrüten. Dann muss halt Google die Informationen liefern. Unsere Misere setzt sich leider fort. Die Pinguine sind hier in größerer Zahl nur zwischen Oktober und März anzutreffen. Wir kommen zu spät. 
Nicht zu spät ist es hoffentlich dafür noch heute einen Termin in einer Werkstatt zu ergattern. Nachdem wir von den ersten zwei Mechanikern eine Absage erhalten haben, klappt es im dritten Anlauf. Um 14 Uhr können wir mit Koby vorbeikommen. Dazu ist die Werkstatt ganz in der Nähe. Perfekt. Bis es soweit ist, haben wir noch knapp zwei Stunden Zeit. Die wollen wir so gut es geht nutzen. 
Das geschlossene Visitor-Center liegt einen Steinwurf vom Meer entfernt. Dort soll es eine Plattform geben, von der aus man die Pinguine beobachten kann. Wenn denn welche da sind. Immerhin soll sie rund um die Uhr geöffnet haben. Einen Versuch ist es allemal wert. Doch abermals wird uns ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Nebensaison wird für Bauarbeiten genutzt. Das gesamte Gebiet in Strandnähe ist daher eingezäunt. Es gibt keine Chance auf die Plattform zu gelangen. Entnervt geben wir auf. In der Nähe von Devonport soll es ebenfalls eine kleine Kolonie geben. Der Ort ist nur 40 km von hier entfernt. Wenn es in der Werkstatt nachher nicht zu lange dauert, schaffen wir es vielleicht noch dorthin. 
Bis zu unserem Termin bleiben noch 1 ½ Stunden. Wir fahren zu McDonalds und verbringen diese im Wlan. Hauptsächlich kümmern wir uns um Nachschub für unsere Serien-Abende. Das Wichtigste vergessen wir natürlich am Ende. Unseren Offline-Karten müssen dringend aktualisiert werden. Aber damit müssen wir jetzt leben. In zehn Minuten müssen wir bei der Werkstatt aufschlagen. Unterwegs geht die “Check Engine” Lampe wieder aus. Es bleibt spannend.
Eine Viertelstunde müssen wir warten bevor Koby auf eine Hebebühne gefahren wird. Der Mechaniker meint, er bräuchte für den Job etwa ein bis zwei Stunden. Fünf Minuten die Straße herunter finden wir ein kleines Café, in das wir uns setzen. Wir gönnen uns ein Stück Apfelkuchen und eines mit Caramel. Das hebt die Laune etwas. Obwohl beide Sorten schon fast zu süß sind. Die Zeit nach dem Essen vertreiben wir uns damit am Blog weiter zu arbeiten. Für den Laptop haben wir in der Nähe des Tisches sogar eine Steckdose gefunden. 
 

Nach einer Stunde erhalten wir einen Anruf von der Werkstatt. Wie befürchtet, müssen die hinteren Bremsscheiben ersetzt werden. Die Reparatur wird daher aufwändiger als gedacht. Wir müssen mit weiteren 1 ½ Stunden Wartezeit rechnen. Das wird knapp mit dem Besuch bei den Pinguinen von Devonport. Aber Koby hat jetzt Priorität.
Es ist mittlerweile halb fünf. Von der Werkstatt haben wir bis dahin nichts weiter gehört. In einer halben Stunde schließt die Bude. Wir gehen daher auf gut Glück los. Vielleicht haben sie vergessen uns Bescheid zu geben. Es wäre nicht das erste Mal, dass uns so etwas passiert. Kurz bevor wir die Einfahrt erreichen, fährt ein Mitarbeiter mit Koby zu einer Probefahrt los. Genau in diesem Moment erhalten wir auch den erwarteten Anruf. 
Stolze 319$ müssen wir für die Reparatur hinblättern. Hätten wir die Bremsbeläge früher wechseln lassen, hätte uns der Spaß nur die Hälfte gekostet. Besonders Cecil ärgert das. Immerhin fährt er die meiste Zeit über und ist damit verantwortlich für den Wagen. Doch jetzt hilft es auch nichts mehr. Die vorderen Bremsen gehen laut des Mechanikers ebenfalls langsam die Puste aus. Nur noch etwa 25% des Belags sind auf den Sätteln. Wir nehmen uns fest vor, bei diesen nicht den gleichen Fehler zu machen. Insgeheim haben wir jedoch die Hoffnung, dass diese Reparatur nicht mehr auf unsere Kosten geht. 
Als wir vom Hof rollen, ist es 17 Uhr. Die Sonne ist schon fast am Horizont verschwunden. So schnell es geht, wollen wir zu den Pinguinen düsen. Aber davor müssen wir unweigerlich noch tanken. Die günstigste Tankstelle im Ort ist bald erreicht. Dann heißt es warten. Nur an einer Zapfsäule kann man Premium-Benzin tanken und vor uns stehen noch zwei Autos. Als wir endlich dran sind, hat Sarah Probleme am Automaten. Den Tankvorgang kann Cecil aber erst starten, wenn eine gültige Kreditkarte im System hinterlegt ist. Sarah resigniert nach mehreren Versuchen. Cecil will es probieren, muss sich aber erstmal wieder hinten anstellen. Es ist zum verrückt werden. Mit seiner Karte klappt es dann aber und beim Tanken gibt es keine weiteren Komplikationen. Sprit im Wert von fast 100$ landet im Bauch von Koby. Der junge frisst uns doch noch die letzten Haare vom Kopf. 
Weit nach Sonnenuntergang sind wir endlich auf dem Weg. Um 17:33 Uhr erreichen wir den Campingplatz, auf dem wir die Nacht verbringen wollen. Das Büro hatte laut einem Schild bis vor drei Minuten geöffnet, aber jetzt ist alles duster. Wir klingeln, doch nichts regt sich. Als wir anrufen, kommt aus dem kleinen Bungalow neben dem Bürogebäude eine Frau in Bademantel. Sie sei gleich da, ruft sie uns zu. 
Nach zwei Minuten stehen wir mit den Verwaltern des Platzes im Büro. Sie noch immer im Bademantel, er in Arbeitsklamotten. Beide wirken nicht erfreut über unseren späten Check-in. Das nächste Mal sollten wir besser vorher anrufen. Wir finden die Reaktion bei nur drei Minuten nach Ladenschluss etwas übertrieben, machen das Theater aber mit und spielen die reumütigen Touristen. Für 20$ bekommen wir einen Stellplatz ohne Strom, den Schlüssel für die sanitären Einrichtungen und können sogar noch Kleingeld für die Duschen wechseln. Da ein Sturm angekündigt ist, dürfen wir direkt hinter den Toiletten stehen. Das Gebäude würde uns etwas Schutz bieten. Eigentlich ist es ein Platz mit Strom, doch für uns wird ein Auge zugedrückt. Am Ende ist das Pärchen dann also doch ganz nett. 
Nachdem sich die beiden verabschiedet haben, fahren wir gleich wieder los. Der Lillico Beach ist fast um die Ecke und dort soll man sehr gute Chancen haben Pinguine zu sehen. Da diese tagsüber auf der Jagd im offenen Meer sind, hat man besonders in der Dunkelheit oft Glück. So gesehen ist unser Zeitplan irgendwie doch perfekt. Allerdings wissen wir ja schon, dass die Brutsaison bereits beendet ist. Danach kommen die Pinguine nur noch selten an Land. Wir wollen es dennoch nicht unversucht lassen. 
Während die Pinguine am Lillico Beach brüten, werden hier jeden Abend kostenlose Touren von Freiwilligen angeboten. Die Aussichtsplattform ist dagegen ganzjährig geöffnet. Sogar den Strand darf man betreten. Lediglich von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens ist das verboten. Bis 18 Uhr haben wir noch ein paar Minuten. Also nichts wie los.
Über eine Treppe gelangen wir zum Strand. Cecil hat die Taschenlampe im Anschlag. Ohne wirklich damit gerechnet zu haben, steht plötzlich ein Pinguin in deren Lichtkegel. Natürlich dreht Cecil die Lampe sofort weg. Immerhin wollen wir den kleinen nicht blenden. Pinguine sind äußerst lichtempfindlich. Generell sollte man sie nur schwachem und vor allem rötlichen Licht aussetzen. Da wir über kein Rotlicht verfügen, wollen wir die Tiere so wenig wie möglich mit unserer Taschenlampe stören. Das kleine Tier kommt über die Treppe direkt auf uns zu. Wir wissen gar nicht, wie wir reagieren sollen. Vielleicht geht es ihm nicht gut und es sucht deshalb die Nähe zum Menschen? Erst als der Pinguin nur noch Zentimeter von uns entfernt ist, dreht er auf der Stelle um und flitzt zurück zum Strand. Dort entdecken wir noch zwei seiner Artgenossen. Einer flüchtet sich sofort ins Meer, der andere sucht hinter einem großen Stück Treibholz Schutz. Wahrscheinlich blenden wir sie mit unserem Licht doch zu stark. Besser wir lassen sie wieder in Ruhe. Auch wenn es ein kurzes Erlebnis war, sind wir sehr froh noch hergefahren zu sein. Die süßen Tierchen einmal live zu sehen, ist schon etwas Besonderes. 
 

 
Zurück auf dem Platz, bauen wir als erstes das Zelt auf. Der Wind frischt immer weiter auf, aber noch befindet sich alles im Rahmen. Das kennen wir bereits schlimmer. Für ihr Workout zieht Sarah trotzdem lieber in den WC-Block. Dort ist im Bereich der Waschmaschinen und Trockner genug Platz für ihre Matte. Einer der Trockner läuft noch, als Sarah beginnt. Die Besitzerin der Wäsche taucht kurz danach auf. Fünf Minuten zu früh, denn so lange arbeitet das Gerät noch. Die alte Dame vertreibt sich das Warten damit, Sarah aus nächster Nähe ganz genau bei ihrem Sport zu beobachten. Ein sehr unangenehmes Gefühl. Zum Glück geht sie, nachdem die Wäsche fertig ist.
Cecil hat es sich derweil im Homeoffice gemütlich gemacht. Als erstes geht er die Zeitschrift von Coles zu Ende durch, mit der er gestern begonnen hat. Darin sind wirklich viele schöne Rezepte gedruckt. Da kann die von Woolworths herausgegebene nicht mithalten. Anschließend schreibt Cecil das Tagebuch weiter. Er ist fast mit einem weiteren Tag fertig, als Sarah zurückkehrt. Sie berichtet kurz von der Dame am Trockner und schnappt sich danach ein Sudoku. 
Im weiteren Verlauf des Abends versuchen wir den groben Plan für die kommenden Tage zu verfeinern. Auf einmal haben wir das Gefühl, dass uns doch zu wenig Zeit verbleibt. Es gibt noch so viel zu entdecken auf Tasmanien. Dazu sieht der Wetterbericht weiterhin schlecht aus. Kurz gesagt: es ist kompliziert. Heute kommen wir in jedem Fall nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Wir einigen uns darauf, es morgen erneut anzugehen. 
Um 22:30 Uhr geht Sarah ins Bett. Cecil bleibt noch ein wenig unten. Er macht sich daran die Stichpunkte von heute zu schreiben. Es läuft dabei so gut, dass er gleich im Anschluss noch zwei weitere Tage ausformuliert. Als Belohnung für diese erfolgreiche Session schaut er ein paar Folgen der Formel 1 Serie. Danach ist es auch für ihn an der Zeit ins Bett zu gehen. 
 
Da unser Laken so nass ist, schlafen wir erstmal auf einer Plastikplane. Mal sehen, wie das wird...

 


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