08.06., Dienstag: Bakers Point Narawntapu NP - Die Auferstehung des Schnabeltiers

Langsam ist es wirklich nicht mehr schön. Es hat erneut die ganze Nacht durchgeregnet. Als der Wecker klingelt, ist unsere Motivation aufzustehen verständlicherweise sehr gering. Um halb acht können wir uns dann aber aufraffen. Das Rührei bereiten wir schnell mit unserem Gaskocher bei Koby zu. Für das folgende Toast ziehen wir in die Camperküche um. In diesem Moment regnet es gnädigerweise etwas weniger. 
Die Küche befindet sich in einem offenen, aber immerhin überdachten Pavilion. Es gibt nur einen Esstisch und der wurde von einem anderen Camper bereits vollständig in Beschlag genommen. Auf seinem Laptop kann Sarah ein ihr bekanntes Programm erkennen. Offenbar ein Programmierer. Wenig später startet er einen Video-Chat mit Kollegen. Wir sind bald ziemlich genervt. Einerseits weil wir wieder im Stehen essen müssen. Andererseits, weil das Gelaber nervt. 
 
 
Unsere erste Runde Toast landet mit Tomate, Käse und Wurst belegt anschließend im Sandwich-Toaster. Cecils Idee, das Brot vorher schon etwas zu Toasten, erweist sich als schlecht. Das Toast ist am Ende total hart. Aber auch das vom Campingplatz zur Verfügung gestellte Gerät hat schon bessere Zeiten gesehen. Die jeweils zweite Scheibe Toast essen wir lieber wieder klassisch getoastet und belegt. Für ein paar Vitamine naschen wir nebenbei Himbeeren. Danach erledigen wir zackig den Abwasch und sehen zu, dass wir wieder zu Koby kommen. Wir können den Typen am Tisch keine Minute länger mehr ertragen. 
Während wir unsere Utensilien wieder im Wagen verstauen, regnet es ordentlich rein. Der Niederschlag ist wieder stärker geworden. Da wir nun ohnehin bereits nass sind, entscheiden wir noch kurz zum Strand zu gehen. Die Wellen haben wir durchgängig von unserem Platz aus gehört. Jetzt wollen wir sie auch mal sehen. Tatsächlich ist die See sehr aufgewühlt. Badewetter ist das heute nicht. 
 
 
Als wir zum Zähneputzen in den kleinen Sanitärbereich gehen, treffen wir dort auf die Verwalterin des Caravan Parks. Die unterhält sich angeregt mit einem Gast. Hier haben wir anscheinend fast nirgendwo unsere Ruhe. Immerhin gibt uns die Frau die Erlaubnis etwas länger auf unserem Stellplatz zu bleiben. Falls wir es nicht zu 10 Uhr schaffen auszuchecken, wäre das gar kein Problem. Tatsächlich brauchen wir am Ende ein wenig mehr Zeit. Vor allem das Zelt einzupacken ist daran schuld. Das trieft und tropft vom Dauerregen. Jeder Handgriff dauert unter diesen Bedingungen ein klein wenig länger. Am Ende ist aber auch das geschafft und wir Rollen um 10:20 Uhr vom Hof. 
Natürlich regnet es noch immer, als wir vom Platz aus starten. Das geht jetzt schon seit fast vier Tagen so. Wir haben langsam kaum noch trockene Sachen und das Zelt weicht immer weiter durch. Wenn das so weitergeht, erreichen wir wohl bald unsere Grenzen. Physisch und vor allem psychisch. Aber wir versuchen die Hoffnung auf etwas Sonnenschein noch nicht ganz aufzugeben. Vielleicht können ein paar Pinguine erneut unsere Stimmung aufhellen. Wir fahren wieder zum Strand, an dem wir auch gestern Abend waren. Doch leider können wir heute keinen der kleinen Frackträger entdecken.
In Devonport müssen wir beim Baumarkt halten. Wir haben es mit unseren Gasvorräten bis hierher geschafft, aber jetzt muss dringend Nachschub her. Bei Supercheap Autos geben wir im Anschluss den Eiskratzer zurück. Den haben wir bei unserer Ankunft auf Tasmanien gekauft. Gebraucht haben wir ihn allerdings nie. Außerdem wollen wir einen Tankzusatz kaufen. Diese versprechen Motoren und Leitungen von Dreck und Ablagerungen zu befreien. Die Auswahl in diesem Segment ist riesig und erschlägt uns jedes Mal aufs Neue. Am Ende entscheidet Cecil es erneut mit einem Reiniger zu probieren, der von außen aufgesprüht wird. Der kostet nur 7$, während man für einen Tankzusatz locker 20-45$ hinlegen muss. An einer Tankstelle prüfen wir noch schnell den Luftdruck, dann kann es weitergehen. 
Der Ort Latrobe gilt als Hotspot für Schnabeltiere und liegt eine halbe Stunde Fahrt entfernt, südlich von Devonport. Wir sind gerade angekommen, da wird der Regen nochmals stärker. Das sollten wir noch durchziehen lassen, bevor wir uns auf den Weg machen. Die Zeit nutzen wir für unser Mittagessen. Käse, Salami, Cracker und Dips kann man auch wunderbar vorne im Auto essen. Danach gehen wir erneut den Plan für unsere verbleibenden Tage durch. Als auch das abgehakt ist, hilft es nichts mehr. Wir lassen uns vom Regen nicht weiter im Auto einsperren. Viel nasser können wir sowieso kaum noch werden und ewig Zeit haben wir auch nicht. 
Ein schmaler Pfad führt durch das hohe Gras direkt am Flussufer entlang. Es dauert nur wenige Minuten bis Cecil eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnimmt. Im ersten Moment können wir es kaum glauben, doch es ist tatsächlich ein Platypus. Wir haben sogar noch Zeit das Fernglas herauszuholen, so lange bleibt es über Wasser. Das Tier können wir damit eindeutig identifizieren, kurz bevor es wieder abtaucht. 
Nach nur ein paar weiteren Metern haben wir bereits drei weitere Schnabeltiere gesichtet. Diese sind ausschließlich am gegenüberliegenden Ufer aufgetaucht und oft nur sehr kurz an der Oberfläche. Aber immerhin. Wir müssen unsere Aussage, das Platypus sei ausgestorben, wohl revidieren. Zumindest hier auf Tasmanien gibt es sie noch. 
Bei Wiki-Camps haben viele Nutzer berichtet, dass es in der Nähe eines Picknicktisches besonders viele Schnabeltiere zu sehen gibt. Diese sollen sich hier in einer Art Pool tummeln. Für uns sieht der Fluss aber durchgängig so aus wie an jeder anderen Stelle. Einen Pool finden wir nicht. Dafür taucht direkt vor uns ein weiteres Platypus auf. Dazu schützt uns ein großer Baum etwas vor dem Regen. Sarah traut sich daher ihre Kamera herauszuholen und bekommt sogar ein paar Aufnahmen von dem scheuen Tier. 
 
 
Man könnte wohl noch ewig am Ufer weiterlaufen. Uns reicht es jedoch für den Moment und wir gehen den Rückweg an. Cecils Schuhe sind schon wieder total durchnässt. Darüber hinaus macht ihm seine Blase am großen Zeh noch immer zu schaffen. Diese ist mittlerweile wirklich riesig und mit Blut gefüllt. Total eklig, wenn man Sarah fragt. 
Ein letztes Mal stoppen wir und halten Ausschau. Am anderen Ufer ist ein Schnabeltier munter am Tauchen. Für Fotos ist es leider zu weit weg. Doch dann taucht ein weiteres direkt neben uns auf. Nur etwa zwei Meter von Cecil entfernt, treibt es auf dem Wasser. Sarah bekommt davon nichts mit. Sie hat ihre Augen noch immer auf die andere Seite des Flusses fixiert. Anstatt ein Video zu machen, versucht Cecil ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, damit sie das Tier auch sieht. Beim dritten Mal ruft er ihren Namen anscheinend etwas zu laut. Das Platypus taucht blitzartig unter. Im ersten Moment ärgert sich Cecil, wie er seine Prioritäten gesetzt hat. Doch lange hegt er diesen Groll nicht. Es war trotzdem ein unglaubliches Erlebnis.
Bis wir zurück bei Koby sind, gibt es keine weiteren Sichtungen zu vermelden. Mittlerweile ist es halb drei und wir entscheiden schon jetzt zu unserem nächsten Campingplatz zu fahren. Immerhin vierzig Minuten brauchen wir dorthin. Unterwegs gibt es eine unerwünschte Überraschung. Sarah spürt etwas glibschiges an einer Hand. Sie schaut nach und entdeckt einen Blutegel. Schwarz und schleimig, ist er gerade dabei sich festzusaugen. Doch Sarah bekommt ihn gerade noch mit einem Taschentuch zu fassen. Cecil ist davon so abgelenkt, dass wir glatt unsere Ausfahrt verpassen. Außerdem löst das Ereignis bei uns beiden eine ordentliche Paranoia aus. Plötzlich krabbelt es überall und wir erwarten jeden Moment einen weiteren Egel zu finden. Aber wir bleiben zum Glück verschont. 
Ohne weitere Zwischenfälle erreichen wir das Visitor-Center im Narawantapu NP. Hier haben wir bereits unsere erste Nacht auf Tasmanien verbracht. Der Platz wimmelte damals vor süßen Pademelons. Darauf hoffen wir natürlich auch heute wieder. Während wir uns einen Platz buchen, kommt es fast zu einem Streit, als wir nach einer Postleitzahl gefragt werden. Wir erklären der Frau, dass wir aus Deutschland kommen und keinen Wohnsitz in Australien angeben können. Bisher wurde das immer so akzeptiert. Nicht aber heute. Sarah und die Dame hinter dem Schalter geraten daraufhin etwas aneinander. Cecil kann zum Glück schnell schlichten und wenig später haben wir unsere Camperlaubnis. 
Auf dem kurzen Weg bis zum Platz sichten wir am Straßenrand bereits etliche Kängurus und Filander. So gefällt uns das. Anschließend brauchen wir ein wenig eine passende Stellfläche zu finden. Wir brauchen eine die halbwegs eben ist und am besten über eine Feuerstelle verfügt, die wir mit dem Awning gegen Regen schützen können. Dreiviertel der Plätze fallen bei diesen Kriterien raus. Doch wer sucht, der findet. 
Ausnahmsweise regnet es mal nicht, während wir Zelt und Awning aufbauen. Sarah nutzt diese Gelegenheit gleich noch dazu einige Fotos von nassen Beuteltieren zu schießen. 
 





 
Cecil kümmert sich derweil um Koby. Eine Glühbirne muss gewechselt werden. Dazu stellt er fest, dass ordentlich Bremsflüssigkeit aus dem Reservoir ausgetreten ist. Vielleicht hat die Werkstatt nach der Reparatur der Scheiben zu viel eingefüllt. Cecil schöpft die überschüssige Flüssigkeit mit einem Löffel ab und reinigt anschließend alles. Danach ist das EGR-Ventil dran. Mit Hilfe des Reinigers kann ein Großteil des Drecks darin gelöst werden. Mit etwas Glück ist das Problem damit behoben. 
Sarah hat derweil mit ihrem Sport begonnen. Die Trainingseinheit heute erweist sich als sehr hart. Mit Hilfe von zwei 1,5-Liter Flaschen, die als Hanteln fungieren, steigt die Belastung bei vielen Übungen deutlich. Cecil versucht währenddessen die größten der verbliebenen Holzscheite zu zerkleinern. Doch es fehlt ihm schlicht das richtige Werkzeug. Er zieht daher los, um bei den anderen Campern nach einer Axt zu fragen. 
Auf halber Strecke stößt er auf einen Haufen Äste, die nicht sehr nass wirken. Damit könnte man zunächst einen Versuch wagen. Mit einem Grillanzünder setzt er die ersten Zweige in Brand. Das geht eine Weile gut, doch dann geht das Feuer wieder aus. Kurzentschlossen kippt Cecil etwas Reinigungsalkohol über die Äste. Es gibt eine ordentliche Stichflamme und danach läuft es. Wir können immer mehr und immer größere Stücke auflegen. Schon bald brennt einer der größeren Scheite. 
Während wir es uns in der Nähe des Feuers gemütlich gemacht haben, werden die Tiere um uns herum aktiver. Ein paar Filander gehen offensichtlich einem Paarungsritual nach. Ein Jungtier können wir dabei beobachten, wie es bei seiner Mama trinkt. Nebenbei unterhalten wir uns, hören ein wenig Musik und lassen uns teilweise zum Mitsingen hinreißen. 
 


 
Die ganz dicken Holzstücke, trocknen wir auf dem Grill über dem offenen Feuer. Mit dieser Vorbehandlung und etwas Geschick bekommen wir selbst diese irgendwann zum Brennen. Halbwegs trocken und aufgetaut, ist es an der Zeit zu essen. Es gibt die letzte Portion unserer Reispfanne. Die schmeckt wieder gut, doch insgeheim freuen wir uns schon auf morgen. Da gibt es dann endlich wieder Carbonara. Seit einiger Zeit eines unserer Lieblingsgerichte. 
 
  
 
Gegen Abend beginnt es erneut zu regnen. In regelmäßigen Abständen sind wir gezwungen das Awning und das Zelt vom aufgestauten Wasser zu befreien. Nach dem Abwasch, gegen 21:30 Uhr, widmet sich Cecil dem Schreiben der heutigen Stichpunkte. Sarah kämpft da bereits gegen die Müdigkeit. Immer öfter verliert sie diesen Kampf und nickt kurz ein. Sie hat aber auch keine Lust hoch ins kalte und nasse Zelt zu gehen. Hier am Feuer ist es derzeit noch deutlich gemütlicher. 
Der Regen wird immer doller, doch durch das Awning ist das Feuer ausreichend geschützt. Nachdem Cecil mit den Stichpunkten fertig ist, holt er sein Buch raus. Mehr als ein paar Kapitel schafft er aber nicht mehr. Dann ist auch er bettreif. Dazu wird es trotz des Lagerfeuers langsam unangenehm kalt hier draußen. Es ist auch schon fast alles abgebrannt. Um halb ein ziehen wir uns zurück. Wir lassen heute sogar die Regenjacken an, so bitterkalt ist es. Zu Recht fürchten wir daher, dass die kommende Nacht nicht sehr erholsam wird.
 

 

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