02.06., Mittwoch: Old School Parc - Herausforderungen der Natur

Da das Wetter laut Vorhersage erst ab heute Mittag besser wird, können wir es heute morgen wieder etwas ruhiger angehen lassen. Später wollen wir auf den Gipfel des Mount Eliza. Wir haben wenig Lust wieder keine Aussicht zu haben. Daher warten wir lieber ab, bis sich die Wolken verzogen haben. Nach dem Frühstück packen wir unsere Bücher aus und lesen eine ganze Weile. Es ist viel zu lange her, dass wir uns dafür das letzte Mal die Zeit nehmen konnten. 
 

 
Bis zum Mount Eliza brauchen wir etwa eine Stunde mit Koby. Wir schauen noch kurz, wo wir die kommende Nacht verbringen können, dann erledigen wir den Abwasch. Um kurz nach zehn fangen wir an einzupacken und eine halbe Stunde später sind wir abfahrbereit. Unterwegs liest Sarah die Kommentare zur Wanderung bei Wiki-Camps. In einem wird behauptet, dass der Track aktuell geschlossen ist. Wir halten nochmal an und schauen im Internet. Tatsächlich ist der Wanderweg derzeit gesperrt. Das ist sehr ärgerlich, aber wir haben es immerhin gerade noch rechtzeitig erfahren. Jetzt brauchen wir dringend einen Plan B. Auf der Suche nach Inspiration entscheiden wir zunächst das Besucherzentrum am Eingang des Mount Fields NP anzusteuern. 
Im Zentrum angekommen, stellen wir fest, dass unser ganzer Plan von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Die Wanderung auf den Mount Eliza wird mit 4-5 Stunden Dauer angegeben. So spät, wie es jetzt bereits ist, hätten wir das vor Sonnenuntergang gar nicht mehr geschafft. Da sind wir schon fast 1 ½ Jahre unterwegs und machen trotzdem noch solche Anfängerfehler. Es ist fast schon ein Glück, dass der Weg gesperrt ist. Sonst wären wir vielleicht auf die dumme Idee gekommen, es trotz der späten Stunde noch anzugehen. Darüber hinaus sind weitere Wanderungen derzeit nicht möglich. 
 

Am Ende entscheiden wir uns den Mount Field East zu besteigen. Dieser Weg ist ebenfalls mit 4-5 Stunden angegeben. Der Berg ist jedoch nicht so weit entfernt, wie der Mount Eliza. Trotzdem sollten wir uns ranhalten. Es ist bereits halb zwölf. 
Über enge Serpentinen schlängeln wir uns kurze Zeit später einen Hang hinauf. Die Kurven sind so eng und die Steigung so extrem, dass wir nur im Schritttempo vorankommen. Das passt uns natürlich überhaupt nicht in den Zeitplan, aber wir sind in diesem Fall machtlos und Sicherheit geht vor. Als wir endlich den Parkplatz erreichen, ziehen wir uns in Rekordzeit um und laufen los. Mittlerweile ist es kurz vor 12 Uhr. Hinter dem Stausee Lake Fenton beginnt der Aufstieg zum Gipfel des Mount Field East. 
 
 
Wie bereits auf unserer gestrigen Wanderung, wird auch hier der Weg oft von Wasser überspült. Wo es nicht direkt herunterkommt, ist der Boden total aufgeweicht und schlammig. Das macht es natürlich nicht gerade leichter. Dabei wäre die Wanderung wohl auch ohne Nässe und Matsch bereits anspruchsvoll genug. Die Steigung lässt unsere Beinmuskeln schon nach kurzer Zeit brennen. Dazu ist das ständige balancieren über ein paar Steine in den Pfützen eine hohe Belastung für die Gelenke. Doch irgendwie lieben wir ja auch genau das. Für uns darf es nicht zu leicht sein. 
Auf dem Weg zum Gipfel führt ein kurzer Abstecher zum Seagers Lookout. Rückblickend würden wir diesen nicht weiterempfehlen. Man hat keine besondere Aussicht. Für einen Moment überlegen wir, ob wir vom Berg einen schöneren Weitblick erwarten können. 
 

 
Wir werden es herausfinden. Jetzt schon umdrehen, kommt für uns nicht in Frage. Leider will nicht so recht Freude aufkommen. Da man ständig aufpassen muss wo man hintritt, laufen wir im Grunde durchgehend mit gesenktem Kopf. Von der Natur um uns herum bekommen wir daher so gut wie nichts mit. 
Als wir das Windy Moor erreichen, wird der Weg nackenfreundlicher. Hier führt ein Holzsteg über Schnee, Matsch und die vereisten Pfützen. Unsere Schuhe und Füße sind zu diesem Zeitpunkt zwar bereits total nass, aber endlich können wir während des Laufens den Blick etwas schweifen lassen. Einen Wombat entdecken wir trotzdem nicht. Dabei verraten uns eindeutige Spuren, dass sie hier durchaus verbreitet sind. 
 
 
Der Steg hört am Fuße des Mount Field East auf. Von da an geht es wieder durch Wasser und Schnee. Es dauert nicht lange und wir stehen vor dem Abzweig zum Gipfel. Ein Schild kündigt an, dass dieser noch 20 Gehminuten entfernt ist. Etwas überraschend führt der direkt über ein großes Feld aus Geröll. Einen offiziellen Weg scheint es hier nicht mehr zu geben. Wir nutzen zur Orientierung stattdessen kleine Pyramiden aus Steinen und aufrecht gestellte Äste. Diese wurden hier wahrscheinlich von anderen Wanderern errichtet. 
Auf dem Gipfel angekommen, pfeift der Wind mit brutaler Härte. Zum Glück finden wir hinter einer Mauer aus losen Steinen, die hier im Kreis aufgeschichtet wurden, ausreichend Schutz. Wir lassen uns auf den kalten Boden sinken und gönnen uns eine kleine Stärkung. Dabei haben wir leider keine sehr tolle Aussicht. Den besten Blick hat man genau in die andere Richtung. Doch aus dieser kommt eben auch der Wind. Für ein paar Aufnahmen stellen wir uns diesem erneut entgegen. So richtig genießen können wir es hier oben aber leider nicht. Viel Zeit können wir uns aber sowieso nicht lassen. Es ist schon nach 14 Uhr. Besser wir machen uns auf den Rückweg. 
 

 
Nachdem wir das Geröllfeld hinter uns gelassen haben, überlegen wir auf welchem Weg es weitergeht. Wir befinden uns auf einem Rundwanderweg. Allerdings ist dieser insgesamt 3,4 km länger, als wenn wir einfach wieder umdrehen. Unseren Beinen würde das sicher gefallen. Am Ende entscheiden wir uns trotzdem für die lange Route. Wir haben keine Lust zurück durch Wasser und Schlamm zu waten. Vielleicht wird der Weg besser, wenn wir weitergehen. 
Zu Beginn wird diese Hoffnung noch enttäuscht. Auch hier ist der Untergrund stark aufgeweicht. Im weiteren Verlauf wird es dann aber doch freundlicher. Bald betreten wir einen Wald. Der Boden hier wurde von den Baumkronen größtenteils vor dem Schnee geschützt. Es ist spürbar trockener und dadurch viel angenehmer zu laufen. Dazu beschwingt es unsere Laune, offenbar die richtige Entscheidung getroffen zu haben. 
Von jetzt an kommen wir gut voran. Wir passieren den Lake Rayner und erreichen wenig später Lake Nichols. Die sind beide sehr schön. Von hier gilt es einen kleinen Bach zu passieren, was aber kein Problem ist. Mehrere große Findlinge im Flussbett bilden eine Art natürliche Brücke. 
 

 
Im ordentlichen Tempo wandern wir weiter. Es dauert nicht lange bis wir den Abzweig zum Beatties Tarn erreichen. Ein weiterer See. Zehn Minuten dauert die einfache Strecke dorthin. Im Grunde hatten wir uns bereits gegen diesen Abstecher entschieden, doch jetzt nehmen wir ihn spontan doch mit. Der sehr flache See ist an allen Seiten vom Wald umgeben. Wir würden es auch nicht unbedingt als Highlight bezeichnen, aber bereuen den Umweg auch nicht. Vielleicht liegt es auch am mittelmäßigen Wetter. Alles wirkt grau und ausgestorben. Bei etwas mehr Sonnenschein wirkt es bestimmt freundlicher. 
Von nun an führt der Weg stetig bergab. Das kommt uns von Anfang an komisch vor, denn gefühlt befinden wir uns bereits wieder auf dem Niveau des Parkplatzes. Es schwant uns daher übles. Höchstwahrscheinlich müssen wir das am Ende auch alles wieder hoch laufen. Dabei lassen unsere Beine bereits jetzt verlauten, dass es ihnen im Grunde jetzt reicht. 
Wie befürchtet, führt der letzte Teil der Wanderung steil bergauf. Erst parallel zur Straße, der letzte Kilometer sogar über die Straße. Das hat schon im Auto keinen Spaß gemacht, ist zu Fuß aber wahrlich eine Quälerei. Wir müssen ganz schön die Zähne zusammenbeißen. Nach vier Stunden, in denen wir 11,9 km zurückgelegt haben, ist es endlich geschafft. Koby taucht hinter einer der Serpentinen auf. Jetzt muss er noch einmal zeigen, was er kann. 
Der Rückweg den Hang hinab ist nicht besser als hinauf. Die Fahrt zieht sich wie Kaugummi. Dazu werden die Bremsen bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht. Teilweise machen sie Geräusche, die nichts Gutes ahnen lassen. Wenn wir Pech haben, müssen wir noch hier auf der Insel einen weiteren Werkstatttermin vereinbaren. Falls wir überhaupt noch eine Stadt passieren, bevor es von Devonport aus zurück nach Melbourne geht. Wir werden sehen. 
Zurück am Besucherzentrum legen wir nochmal einen Stopp ein. Wir brauchen noch einen Schlafplatz für die Nacht. In der näheren Umgebung des Nationalparks sind keine freien Campingplätze zu finden. Der offizielle Campground gleich um die Ecke schlägt mit satten 20$ zu Buche. Viel zu teuer, wie wir finden. Vor allem da es schon fast Schlafenszeit ist und wir morgen früh zeitig los wollen. Es geht daher zurück nach Ellendale. Dabei verbrauchen wir zwar mehr Benzin, es rechnet sich aber dennoch. 
Auf unserem Platz von gestern steht bereits ein anderes Auto. Wir haben allerdings keine Probleme eine andere Fläche zu finden. Ohne weitere Umschweife bauen wir das Zelt auf und beginnen das Abendbrot vorzubereiten. Das müssen wir heute zum Glück nur kurz aufwärmen. Denn eigentlich wollen wir nur noch hoch ins Zelt. Unsere Füße sind total aufgeweicht, der Rest durchgefroren. Auf mehr als ein paar Folgen unserer Serie haben wir keine Lust mehr. 
Aus gegebenem Anlass schaut Sarah noch während des Essens nach den Standorten von Bunnings. Wir haben nur noch vier Gaskartuschen. Leider gibt es zwischen Hobart und Devonport keine Filiale. Noch so ein Anfängerfehler. Gestern sind wir durch die Stadt gefahren, haben aber schlicht nicht mehr daran gedacht. Wir können nur hoffen, dass wir mit dem Gas hinkommen. Denn an Tankstellen oder kleineren Supermärkten werden für die Kartuschen oft astronomisch hohe Preise verlangt. 
Da Sarah das Internet ohnehin bereits an hat, checkt sie noch schnell ihre Emails. Wieder ein Fehler, denn sie hat abermals eine Rechnung vom Krankenhaus bekommen. Dabei ist der Vorfall bereits zwei Monate her. Für Bluttests werden von ihr 72$ verlangt. Eine verhältnismäßig sehr kleine Summe, aber es verhagelt ihr trotzdem ganz schön die Laune. Cecil kann das nur zu gut verstehen. Was hier abgezogen wird, grenzt langsam an Schikane. Selbst nach so langer Zeit flattern noch Rechnungen rein. Hört das denn nie auf?
Wenigstens die Suppe schmeckt wieder gut und wärmt uns ein wenig auf. Trotzdem ist die Stimmung im Camp auch nach dem Abwasch weiterhin im Keller. Oben im Zelt schickt Sarah die Rechnung weiter an die Krankenkasse. Wir sind gespannt, was die dazu sagen. Um erstmal etwas runter zu kommen, strickt Sarah anschließend. Cecil schreibt so schnell es geht die Stichpunkte von heute. Nach gut 35 Minuten ist er fertig. Gerade noch rechtzeitig bevor die Schmerzen im Rücken und den Beinen zu groß werden. Dieses Zelt ist einfach nicht dafür gemacht darin zu sitzen. 
Nach drei Folgen The Good Doctor ist es an der Zeit die Zähne zu putzen. Es kostet uns einiges an Überwindung noch hinaus in die Kälte zu gehen, aber es hilft ja nichts. Cecil ist als erster fertig und steht schon wieder auf der Leiter, da entdeckt Sarah einen Fuchskusu. Der befand sich direkt im Baum neben Koby, ist aber genau in diesem Moment zu dem daneben gewechselt. Cecil braucht ein wenig bis er ihn auch sieht. Dann aber sichtet er das graue Tier. Es folgt eine kurze Diskussion. Sarah meint er sei eindeutig schwarz. Am Ende haben wir beide recht, denn es handelt sich um zwei Tiere. Aus den verschiedenen Blickwinkeln konnten wir lediglich das jeweils andere nicht sehen. 
 


  

Die zwei Possums, vermeintlich ein Pärchen, verharren geduldig im Baum. Wir hatten auf etwas Show gehofft. Eine Jagd durch die Äste oder ähnlichem. Doch die beiden warten damit wohl, bis sie wieder unter sich sind. Immerhin lassen sie sich von uns aus allen Perspektiven aufnehmen. Es sind schon süße Tiere mit ihren großen, treuen Augen und dem kleinen rosa Näschen. Nach einer ganzen Weile lassen wir die Turteltauben dann allein. Ein durchaus versöhnlicher Abschluss des Abends. 
Von diesem überraschenden Ereignis belebt, ist an Schlafen zunächst nicht mehr zu denken. Wir schlagen stattdessen noch die Bücher auf. Beim Lesen geht es dann ja oft schneller als einem lieb ist, dass doch die Augen zufallen. Tatsächlich schaffen wir beide nur noch ein paar Seiten. Dann geht auch bei uns im Zelt das Licht aus.

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