25.12., Freitag: Glen Mervyn Dam - Das Biscuit-Mysterium

Geweckt werden wir heute morgen nicht vom Wecker, sondern von ungewohnten Geräuschen vor unserem Zelt. Nachdem wir es geschafft haben die Augen ausreichend weit zu öffnen, können wir eine Schar Papageien dafür verantwortlich machen. Systematisch picken sie alles auf, was sie finden können und scharren hier und da mit ihren Krallen auf dem Schotter. Es gibt sicher schlechtere Arten geweckt zu werden. 
Der Kühlschrank läuft bereits wieder, als wir einen Blick in den Kofferraum werfen. Gestern Abend hatte er irgendwann den Geist aufgegeben. Oder besser gesagt die Batterie. Immerhin wurde zuvor bis auf 8 Grad heruntergekühlt. Jetzt sorgt anscheinend das Solarpanel auf dem Dach von Koby schon für ausreichend Energie. Noch ist uns auch nichts verdorben. Wir hoffen es bleibt dabei, doch mit jedem Tag schwinden die Chancen darauf, dass wirklich alles frisch bleibt. 
Nach dem Frühstück geht es an den Abwasch. Der scheint uns im ersten Moment mit schierer Masse erschlagen zu wollen, nachdem wir gestern Abend zu faul waren unser dreckiges Geschirr und die Kochutensilien zu reinigen. Aber es hat sich eine Routine entwickelt, mit der wir offensichtlich auch die größten Abwaschberge in kürzester Zeit bezwingen können. Sarah nimmt den Schwamm in die Hand, Cecil spült im Anschluss ab. Das Abtrocknen und Einräumen übernehmen wir gemeinsam. Eine beispielhafte Teamleistung. 
 
 
Bevor wir den Nationalpark verlassen, steht eine 10 km lange Wanderung auf dem Programm. Die startet nicht direkt am Campingplatz, aber führt an diesem vorbei. Entgegen der Annahme von Cecil, ist jedoch keine Day-use-Area zu finden. Da wir unseren Platz bis 10 Uhr geräumt haben müssen, bleibt uns nichts anderes übrig als alles zusammen zupacken. Bevor es los geht, verabschiedet Sarah sich von ihren alten Wanderschuhen. Wollen wir doch mal sehen, ob das neue Paar ihr auch so viel Freude bereitet.
 
 
 
Vom Parkplatz in der Nähe des Staudamms machen wir uns anschließend auf den Weg. Gleich auf den ersten Metern laufen wir ohne Vorwarnung durch einige Spinnennetze. So weit so bekannt. Allerdings setzt sich dieser Trend fort und bald sehen wir keinen anderen Ausweg mehr als dauerhaft mit einem Stock vor unseren Nasen herumzuwedeln. Wer bereits einmal mit dem Gesicht voraus in ein dickes Spinnennetz gelaufen ist, wird das verstehen. Und hier passiert einem das am laufenden Band. Wir sind heilfroh das die Netze immer leer waren. Zumindest bisher.
Für eine Wanderung ist das Wetter schon fast zu gut. Die Sonne strahlt als gäbe es kein Morgen mehr und der Wind macht ausnahmsweise mal eine Pause. Zwar sind wir in einem Wald unterwegs und daher ein wenig geschützt, doch das hilft nicht viel. Schnell geraten wir ordentlich ins Schwitzen. Dazu geht es gelegentlich ganz ordentlich bergauf. Irgendwie haben wir es vermisst.
Im Wald und auf dem Weg ist bis auf die Spinnennetze nicht viel los. Nur einmal sichten wir ein Tier, völlig überraschend und aus direkter Nähe. Wir haben gerade eine Schneise durchquert, durch die eine Reihe von Masten Strom- oder Telefonkabel tragen. Parallel dazu verläuft eine Wasserleitung, über die wir steigen müssen, um danach unseren Weg durch den Wald fortsetzen zu können. Cecil hat sich gerade über das Rohr geschwungen, da regt keinen halben Meter neben ihm etwas großes im Laub. Da man hier in Australien nie ahnen kann, wie gefährlich die Situation werden könnte, ist erst einmal höchste Alarmstufe angesagt. Eine Schlange wäre wohl das fatalste, was da so aufgeregt neben Cecils linkem Bein raschelt. Die Aufregung legt sich allerseits jedoch schnell, nachdem das Tier etwas Sicherheitsabstand gewonnen hat und wir es als Känguru-Joey erkennen können. Es beäugt uns für einen kurzen Moment ungläubig, dann reißt es sich zusammen und hopst davon. 
Gegen Ende der Wanderung lauert erneut alle paar Meter ein Spinnennetz. Natürlich muss Cecil vorgehen und natürlich sieht er nicht jedes. Schon von oben bis unten mit den klebrigen Fasern bedeckt und kurz vor einem kleinen Anfall, erreichen wir endlich Koby. Zumindest Cecil ist dazu total durchgeschwitzt. Ihm reicht für heute. 
 
 

 

Sarah schaut bei dem kleinen Kiosk am Parkplatz, ob wir ein Eis zur Belohnung kaufen können, doch der Laden hat zu. Hier in Australien ist der 25.12., wie in Deutschland, ein großer Feiertag. Wir hatten damit bereits gerechnet, sind aber trotzdem ein wenig enttäuscht. 
Wieder einigermaßen trocken, setzt sich Cecil hinters Steuer und wir machen uns auf den Weg zurück zum Glen Mervyn Dam. Uns hat es dort so gut gefallen, dass wir unbedingt noch einen Tag dort verbringen wollen. Hoffentlich ist unser Platz noch frei. 
Am Ufer angekommen, sind noch drei weitere Autos bei der ohnehin schon großen Gruppe zu unserer Linken dazugekommen. Aber unser Platz ist noch nicht belegt. Dieses Mal graben wir auf der vom See abgewandten Seite von Koby Löcher für die Reifen. Da das Ufer leicht abfällt und wir das letzte Mal schon ordentlich Schräglage ertragen haben, soll dieses Mal alles perfekt sein. Mit unserer Klappschaufel ist es auch gar kein großer Aufwand und kurze Zeit später stehen wir eben und mit perfektem Blick auf den See. 
Die Temperatur ist noch ein Stückchen geklettert. Bevor wir uns daran machen das Zelt und das Awning aufzubauen, gönnen wir uns daher ein erfrischendes Bad im See. Anschließend sitzen wir im Schatten des Awnings und beobachten etwas neidisch die anderen Menschen, die mit ihren Booten und Jetskis über den See flitzen. Als wir es nicht mehr ertragen können, nehmen wir unsere Bücher zur Hand. Es folgt eine ausgedehnte Phase des Lesens, nur unterbrochen durch kurze Abkühlungen im See. 
Am frühen Nachmittag holt Sarah ihr Telefon aus dem Flugmodus und wir checken die neuesten Nachrichten. Cecil hat bereits sein deutsches Führungszeugnis erhalten. Das ist lupenrein. Ihm fällt ein Stein vom Herzen. Sarah muss Wohl oder Übel noch auf ihres warten. Es folgen noch ein paar Angelegenheiten zur Wohnung. Zum Beispiel haben wir nach der Anfrage von Cecils Papa einen Kostenvoranschlag für eine Reinigung bekommen. Die würde mit 320€ zu Buche schlagen. Zum Glück haben wir die Kaution noch nicht zurück überwiesen. 
Nachdem wir erneut im Wasser waren, ist es Zeit die restlichen Sachen ins aufgebaute Zelt zu buchsieren. Im Zuge dieses Vorgangs lässt Cecil aus Versehen den sogenannten “Bett-Korb” fallen. Bücher, Stirnlampen, Cremes und sonstiges Kleinzeug landet im Sand. Ohnehin schon etwas mürbe von der Hitze, lässt das Fass ein wenig überlaufen. Sarah hat ebenso ihre Mühen. Oben im Zelt herrschen gefühlt 50 Grad, während sie versucht Decken und Kissen in Position zu bringen. 
Genau in diesem Moment kommt unser Nachbar von der rechten Seite herüber und spricht uns an. Er lädt uns zu einem “Biscuit” ein. Zumindest verstehen wir ihn so. Etwas überfordert mit der aktuellen Situation und seinem plötzlichen Auftauchen, lehnen wir das Angebot dankend ab. Er scheint sichtlich irritiert. Sollten wir es uns anders überlegen, sind wir jederzeit herzlich eingeladen. Während wir das Chaos mit dem Korb wieder in Ordnung bringen, kommen wir bereits ins Grübeln. War das unsere Chance mit auf dem Boot zu fahren. Oder sogar auf einem der aufblasbaren Dinger über den See gezogen zu werden? 
Nachdem wieder alles in Ordnung gebracht ist und wir uns eingeredet haben, dass das keine verpasste Gelegenheit war, macht Sarah Sport und Cecil schreibt Stichpunkte. Langsam bedecken ein paar Wolken den Himmel. Das sorgt für eine etwas weniger drückende Temperatur, doch wir haben im gleichen Zuge wieder berechtigte Sorge um unseren Kühlschrank. Der läuft seit dem Morgen allerdings wieder annähernd normal. Gegen halb 6 zeigt er 8 Grad und die Batterie steht bei 12,5V. Nicht so schlecht. 
Die Nachbarn zu unserer Linken starten nochmal ihr Boot für eine letzte Runde an diesem Tag. Wir hören, wir ein Kind zum Papa sagt: “Ich möchte nochmal auf das Biscuit”. Als sie ein großes Wasserluftkissen an ihr Boot hängen und losdüsen, fällt der Groschen. Wir wurden vorhin tatsächlich gefragt, ob wir auch eine Runde hinterm Boot hergezogen werden wollen. Und wir haben dieses Angebot abgelehnt, obwohl wir seit vorgestern uns nichts sehnlicher gewünscht haben. So ein Ärger. Das müssen wir morgen unbedingt nochmal richtig stellen.
 
 
Am Abend entscheiden wir spontan auch den morgigen Tag hier zu verbringen. Die direkte Nähe zum Wasser ist herrlich, das Wetter lädt geradewegs dazu ein am See zu bleiben und vielleicht springen wir doch noch über unseren Schatten und Freunden uns mit den bootfahrenden Nachbarn an. Außerdem müssen wir noch ordentlich aufräumen. Es fliegen noch etliche Dinge durch den Innenraum von Koby, die nach einem Platz in einer Kiste verlangen. 
Während wir den Sonnenuntergang beobachten, essen wir die zweite Portion Kartoffeln mit Quark. Die schmeckt heute fast noch besser als gestern. Ein einfaches aber immer wieder sehr schmackhaftes Gericht. Da es auch nachdem die Sonne weg ist noch immer angenehm warm draußen ist, gucken wir heute unter dem Awning zwei Folgen unserer Serie. Im Schein der Lichterkette lassen wir anschließend den Tag ausklingen. 
 
 
 

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

02.08., Montag: Über den Wolken - Es geht zurück nach Berlin

14.08., Freitag: Leliyn Campground (Edith Falls) – 99% krokodilfrei = Good Enough

14.07., Dienstag: Bedford Weir Camping Area - Die “Empty”-Marke