11.04., Samstag: Coonabarabran - Osterbesuch von der Polizei

Für heute ist Sonnenschein angesagt. Dementsprechend motiviert stehen wir auf. Beim Frühstück warten wir sehnsüchtig auf die ersten Strahlen, aber entgegen der Voraussage ist es stark bewölkt. Immerhin regnet es nicht. Über Nacht ist der Pegel des Flusses wieder massiv gesunken. Morgen wird man bereits nicht mehr erahnen können, dass er noch gestern einem reißenden Strom glich. Nach den Sintfluten gestern, haben wir entschieden heute noch nicht wieder auf Wanderschaft zu gehen. Wenn wir an die Flussüberquerungen und Bergbesteigungen nach dem letzten Regen denken, sind einige davon heute bestimmt unmöglich zu schaffen.
 
Wir lassen den Tag also entspannt angehen. Die Ruhe hat jedoch ein jähes Ende, als gegen Mittag die Polizei an uns vorbei fährt und an der hinteren Einfahrt auch noch auf die Picknick-Area einbiegt. Wir ahnen sofort, welche Stunde geschlagen hat.

Gegen 23 Uhr, gestern Nacht, ist noch ein weiterer Camper auf das Gelände gekommen. Bei diesem hält die Polizei zuerst. Wir beobachten, wie die beiden Camper mit der Polizei reden und anscheinend auch ihre Ausweise vorzeigen. Mehr als abwarten bis wir an der Reihe sind, können wir nicht. Das Zelt ist noch aufgebaut und eine Flucht vor der Polizei wäre wohl sowieso nicht das Klügste.

Nach wenigen Minuten hält der Polizist bei uns. Wir begrüßen uns freundlich und er möchte wissen, wo wir hinfahren. Wahrheitsgemäß antworten wir, dass wir keine Ahnung haben. Am liebsten würden wir hier bleiben. Hier stören wir niemanden und haben keinen Kontakt zu anderen Menschen. Auch wir müssen unsere Ausweise überreichen und er fotografiert sie mit einem Handy. Wegen des Corona-Virus ist aktuell das Campen an öffentlich Plätzen allgemein verboten. Wir bekommen eine Verwarnung, da es unser erster Verstoß ist und er ein netter Typ. Theoretisch könnte er uns auch sofort eine Geldstrafe von mindestens 1.300 $ aufbrummen. So eine Strafe wird gleichzeitig mit unserem Visum verknüpft. Das mache sich nicht so gut. Dann rät er uns noch unseren Botschafter zu kontaktieren und ihn zu fragen, wie wir uns verhalten sollen. So richtig kann er uns das auch nicht sagen. Man darf höchstens für eine Nacht campen (und auch das nur unter besonderen Voraussetzungen). Man soll aber auch nicht umherreisen. Für die heutige Nacht müssen wir entweder auf Privatland oder bei einem der beiden Campingplätze in Coonabarabran unterkommen. Heute Nacht hat er keinen Dienst und die Kollegen sind eventuell nicht so nachsichtig.

Wieder einmal sitzen wir ziemlich ratlos da. Der Polizist ist wieder weg und die Sonne kommt gerade heraus. Doch wir sind der Verzweiflung nahe. Immerhin sind wir mit einer Verwarnung davon gekommen und konnten eine Woche hier stehen. Die zwei Jungs im anderen Camper hatten da nach nur einer Nacht wohl weniger Glück. Ohne einen Plan, wo wir jetzt hin sollen, fangen wir langsam an alles einzupacken. Anschließend verabschieden wir uns von unserem wunderbaren Platz und fahren in die Stadt. Sicherheitshalber kaufen wir noch einmal ein. Eier gibt es immer noch nicht. Auf dem Parkplatz vor Woolworths versuchen wir dann den Mann von gestern anzurufen. Doch die Nummer ist nicht vergeben. Wir hätten sie ihm zur Bestätigung noch einmal vorlesen sollen. Jetzt ist guter Rat teuer. In unserer Not lassen wir nichts unversucht und rufen im Visitor Center des Warrumbungle NP an. Immerhin arbeitet er dort. Wir kennen zwar nicht seinen Namen, aber vielleicht können wir ihn so erreichen. Obwohl das Center geschlossen hat, erreichen wir jemanden. Cecil erklärt der Dame am Telefon die Geschehnisse von gestern. Sie hat nichts von dieser Geschichte gehört, aber er soll die erhaltene Telefonnummer durchgeben. Sie schlägt vor die erste Ziffer (eine 8?) durch eine 0 zu ersetzen. Falls es nicht klappt, sollen wir uns erneut melden. Vielleicht hat sie die Nummer ins System eingegeben und ist so auf die richtige gestoßen? Schnell ist die korrigierte Nummer eingegeben. Doch wir hören nichts. Kein Tuten, keine Mailbox, kein Rauschen aus den Tiefen einer Hosentasche. Wirklich nichts. Ein paar Minuten starren wir einfach durch die Frontscheibe ins Leere. Das kann es doch jetzt nicht sein. Da haben wir einen Kontakt, der uns vielleicht aufnimmt oder wahrscheinlich zumindest helfen würde und wir haben die falsche Nummer. Cecil probiert die gleiche Nummer nochmal. Da stimmte beim ersten Versuch doch etwas nicht. Und tatsächlich: nach erneuten Momenten der absoluten Stille meldet sich eine Stimme, die uns beiden bekannt vorkommt. Leider nur die Mailbox, aber immerhin. Cecil stellt sich als einer der Camper von gestern vor, erzählt das wir tatsächlich von der Polizei verjagt wurden und wir seine Hilfe gebrauchen könnten. Er hinterlässt noch unsere Nummer und legt auf. Mit etwas Glück ruft er uns bald zurück und alles wird gut.

Um etwas Zeit zu überbrücken, fahren wir zur Tankstelle um die Ecke. Auch wenn wir in nächster Zeit wohl keine weiten Strecken zu fahren haben, kann ein voller Tank nicht schaden. Anschließend stehen wir bei der Tankstelle auf dem Parkplatz und suchen erneut etwas im Netz umher. Sarah findet eine Website, auf der Stellplätze auf Farmen ähnlich wie bei Airbnb angeboten werden. Bei einigen finden wir den Zusatz, dass sie weiterhin geöffnet haben und Camper ohne festen Wohnsitz auch mehr als eine Nacht bleiben können. Eine dieser Farmen ist nur 33 km von uns entfernt. Dort könnten wir eventuell auch unterkommen. Zunächst wollen wir es aber hier in der Stadt bei den Caravanparks probieren.

Am ersten Caravanpark angekommen, erwartet uns ein “Closed”-Schild an der Tür des Büros. Wenn's mal läuft, dann läuft's halt. Eine Frau kommt auf unser Auto zu und Cecil steigt aus. Sie stellt sich als die Besitzerin heraus und ist sehr nett. Durch die ganze Krise sind auch sie ziemlich gebeutelt, erfahren wir. Sie dürfen nur noch sogenannte “essential travelers” aufnehmen. Darunter fallen Reisende, die auf ihrem direkten Weg nach Hause sind, Arbeiter (vor allem wohl Fernfahrer) oder falls man todkranke Verwandte zu pflegen hat. Generell darf nur eine Nacht Aufenthalt gewährt werden. In dieser Zeit schien die Gelegenheit günstig, ihren Toiletten-Block für die Camper zu renovieren. Wir könnten höchstens ein richtiges Zimmer für 110 $ die Nacht buchen. Im Verlauf des Gesprächs ist auch ihr Mann dazugekommen. Wir unterhalten uns sehr gut und beide sind bemüht eine Lösung für unser Problem zu finden. Am Ende können sie uns aber auch nur den Tipp geben, bei dem zweiten Caravanpark in der Stadt um Asyl zu bitten. Deren Toiletten seien noch offen und für eine Nacht müssten sie uns aufnehmen. Tatsächlich können wir hier für 22 $ eine Nacht bleiben. Gegen 16 Uhr checken wir also auf unseren ersten bezahlpflichtigen Campingplatz ein. Am Rande einer Stadt, direkt an der Hauptstraße. Aber immerhin sind wir für 24 Stunden sicher.

Positiv zu berichten sind die in der Tat funktionierenden Toiletten und Duschen sowie der Handy-Empfang. Wir googeln also was das Zeug hält. Wie ist die genaue Situation in Australien? Was können Camper ohne Wohnsitz jetzt machen? Wir suchen zudem nach Jobs und möglichen Unterkünften. Cecil fragt über Facebook sogar bei einer alten Schulfreundin aus der Oberschule nach Hilfe. Diese wohnt seit ein paar Jahren in Western Australia. Wie gesagt, lassen wir nichts mehr unversucht.

Nach dem Essen chatten wir noch ein wenig mit Familie und Freunden. Zum ersten Mal rufen wir sogar zu Hause an. Wir beide telefonieren abwechselnd mit unseren Eltern und Schwestern. Sarah schreibt dem Mann von gestern nochmal eine SMS und schickt eine Anfrage an die Farm in der Nähe.

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