20.06., Sonntag: Genoa Camp Park - Gibt es ein erneutes Treffen mit einer Schlange?
Es ist gespenstisch ruhig, als der Wecker am Morgen klingelt. Das vertraute Prasseln von Regen auf dem Zelt ist heute nicht zu hören. Wir haben dementsprechend gut geschlafen und starten munter in den Tag. Entspannt genießen wir das Frühstück mit Blick auf den Fluss. Sogar das Zusammenpacken und Zähneputzen können wir ganz in Ruhe erledigen. Wenig später sitzen wir im Auto und sind bereit abzufahren. Wir müssen nur noch klären, wo es hingehen soll.
Sarah blättert erneut unser Infomaterial durch. Cecil schaut in unseren Apps nach Sehenswürdigkeiten in der Umgebung. Es gibt einiges zu entdecken. Doch auf den zweiten Blick ist einiges aktuell für die Öffentlichkeit gesperrt. Entweder sind dafür Schäden eines Buschfeuers oder einer Flut verantwortlich. Nicht selten auch beide Naturkatastrophen kurz nacheinander. Unser Ziel heißt am Ende Genoa. Dort gibt es neben einem Wasserfall auch einen Hügel, von dem eine schöne Aussicht haben soll. Das klingt als könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Geschlagene 1 ½ Stunden dauert die Fahrt zu dem Wasserfall. Nach den kurzen Entfernungen, die wir auf Tasmanien zurücklegen mussten, sind wir das kaum noch gewohnt. Am Ziel angekommen, gibt es keinen Parkplatz. Es ist vielmehr ein unscheinbares Gravelpit, direkt neben dem Highway. Für einen kurzen Moment zweifeln wir, ob wir überhaupt richtig sind. Doch dann entdecken wir ein Schild, welches wir als Wegweiser interpretieren. Laut unserer Information ist der Pfad nur ein paar hundert Meter lang. Da er von Wasser überzogen ist und daher sicher sehr schlammig ist, ziehen wir trotzdem schnell die Wanderschuhe an. Außerdem sind wir damit besser vor dem Biss einer Schlange geschützt. Angeblich wurde hier vor kurzem eine Copperhead (australischer Kupferkopf) gesichtet. Diese Schlangenart hat sich auf die kalten und nassen Gefilde hier im Süden spezialisiert. Wie alle Schlangen sind sie sehr scheu. Hat man trotzdem das Pech auf ein Exemplar zu treffen, kann das bei einem Biss injizierte Gift, auch bei Erwachsenen, tödlich wirken.
Cecil wird auserkoren vorauszugehen. Nach bekannten Ereignissen sind wir nicht gerade heiß darauf auf Schlangen zu treffen. Wir sind daher sehr bewusst und vorsichtig unterwegs. Kurz darauf und ohne unerwünschte Begegnungen erreichen wir die Genoa Falls. Oder besser gesagt die Genoa Kaskaden. Denn statt über eine großen Stufe zu stürzen, fließt das Wasser über mehrere kleine. Es ist trotzdem ein sehenswerter Ort, wenn man in der Gegend ist. Man kann nach Herzenslust am Wasserlauf entlang klettern. Nur auch hier sollte man vorsichtig sein. Schlangen erwarten wir keine mehr. Dafür aber jeden Moment auf dem glitschigen Gestein auszurutschen.
Wir sind vertieft darin immer neue Winkel zu finden, aus denen wir unsere Aufnahmen machen können. Dazu überdeckt das Rauschen des Wassers jegliche andere Geräusche. Daher erschrecken wir uns ein wenig, als plötzlich ein fremder Mann neben uns auftaucht. Der erste Schreck ist aber schnell verdaut und Cecil grüßt daraufhin höflich. Ein Fehler, denn sofort wird er von dem Fremden in ein Gespräch verwickelt. Er sei Künstler, erzählt er, und wohne ganz in der Nähe. Schon seit Jahren kommt er hierher. Der Ort sei so voller Farbe und alles so organisch. Auf uns wirkt das alles ziemlich speziell. Dann erzählt er noch von einer Zeit, die er in Deutschland gelebt hat. Sarah ist mittlerweile dazugekommen. Am Ende kennen wir gefühlt seine halbe Lebensgeschichte. Zum Glück lässt er irgendwann wieder von uns ab. Wir entscheiden, alles gesehen zu haben und treten lieber den Rückweg an.
Der Genoa Peak befindet sich nicht weit vom Wasserfall. Eine sieben Kilometer lange Gravelroad führt zum Parkplatz, von dem aus die Wanderung auf den Hügel startet. Die Straße befindet sich allgemein in einem guten Zustand. Ohne Probleme können wir bis zu 60 km/h schnell fahren. Nur gelegentlich überraschen uns Auswaschungen. Diese überfliegen wir meist einfach. Koby schlägt sich sehr gut. Am Ende der Straße parken wir und machen uns bereit für die Wanderung. In dem Moment kommt ein anderes Pärchen vom Hügel. Sie meinen, die Aussicht sei durchaus lohnenswert. Wir sind gespannt.
Da es recht kühl heute ist, starten wir beide mit angelegten Jacken. Diesen müssen wir uns jedoch ziemlich schnell wieder entledigen. Die Steigung ist schnell ordentlich und wir sind dementsprechend früh auf Betriebstemperatur. Immerhin ist der Untergrund trocken. Wir kommen gut voran und verlangen unseren Beinen alles ab.
Auf dem Genoa Peak wurden zwei Aussichtspunkte errichtet. Unser Ziel ist natürlich der höhere von beiden. Den unteren lassen wir daher auf dem Hinweg links liegen. Nach weiteren 300 Metern bergauf erreichen wir die erste von drei Leitern. Oben angekommen stehen wir auf einer recht kleinen Plattform. Für die Aussicht lohnt sich der Aufstieg tatsächlich. Man sieht grüne Berge, soweit das Auge reicht. Informationsschilder an den Geländern verraten uns ihre Namen. Dreht man sich um 180 Grad, erstreckt sich die Küstenlinie vor einem. Sogar das Wetter spielt mit. Ab und zu lässt sich die Sonne blicken.
Auf dem Rückweg sind wir getrieben von unseren knurrenden Mägen. Trotzdem nehmen wir auch den unteren Lookout noch mit. Dem oberen kann dieser jedoch nicht das Wasser reichen. Also schnell weiter in Richtung Parkplatz. Wir legen einen Zahn zu und erreichen Koby schon nach 25 Minuten. Ohne Umschweife bauen wir unseren Tisch auf und bereiten uns Müsli mit Joghurt zu. Nicht einmal für den Aufbau der Stühle nehmen wir uns noch Zeit. Gegessen wird im Stehen.
Satt und zufrieden, verrät uns ein Blick auf die Uhr, dass es bereits fast drei ist. Für weitere Unternehmungen ist damit keine Zeit mehr. Stattdessen steuern wir den nächsten Campingplatz an. Gleich in der Nähe befindet sich der Genoa Camp Park, der sich über Spenden finanziert. Bei Wiki-Camps ist er gut bewertet. Das wollen wir uns anschauen.
Unser Weg führt uns durch den Ort Genoa. Doch schon bald stehen wir vor einer gesperrten Straße. Es finden Bauarbeiten an der historischen Brücke statt. Auf den ersten Blick entdecken wir keine alternative Route. Das kommt uns aber komisch vor, da wir nichts von einer Sperrung des Platzes gelesen haben. Fast immer sind die Informationen unserer Apps diesbezüglich sehr genau. Wir schauen nochmal genauer hin und entdecken eine Zufahrt von der anderen Seite des Platzes. Vier Minuten später rollen wir auf das Gelände.
Das Gelände ist komplett leer. Wir finden ohne Probleme einen guten Platz mit eigener Feuerstelle. Das Sanitärgebäude liegt ebenfalls nicht weit entfernt. Sofort sucht Cecil den Platz nach Feuerholz ab. Sarah dagegen bleibt noch eine Weile im warmen Auto. Sie sucht nach einem passenden Training für heute. Eher etwas für den Oberkörper. Die Beine wurden im Grunde bereits genug beansprucht. Doch nachdem sie etwas gefunden hat, kommt das Wetter in die Quere. Es beginnt zu regnen. Damit wir ein wenig Schutz haben, bauen wir zunächst Zelt und Awning auf. Auch wenn es am Ende nur ein kurzer Schauer war, sind wir damit zukünftig auf der sicheren Seite.
Zum Sport zieht Sarah trotzdem unter das Dach eines Pavillons. Dort ist auch der Untergrund deutlich besser geeignet. Cecil macht es sich unter dem Awning gemütlich und schmökert in einer Zeitschrift. Gegen kurz nach vier wird das Wetter dann auch ohne Regen zunehmend unangenehmer. Zeit die Thermowäsche anzulegen. Wenig später ist auch Sarah zurück und wir entscheiden mit dem Kochen zu beginnen.
Heute bereiten wir eine Gemüse-Hähnchen-Pfanne mit Reis zu. Irgendwie macht uns die ganze Schnippelei heute keine Freude. Am Ende dauert es aber gar nicht so lang und das Ergebnis schmeckt. Dazu ist es schön heiß und wärmt von Innen nach. Ein gutes Gericht für winterliche Zeiten. Nach dem Essen teilen wir die Portionen für die kommenden zwei Tage auf. Es folgt der allseits beliebte Abwasch. Aber was uns im ersten Moment als monströser Haufen dreckigen Geschirrs erscheint, ist das unserer eingespielten Abläufe schneller als gedacht wieder sauber.
Das frühe Abendprogramm kommt heute in Form einer organisatorischen Aufgabe daher. Diese duldet keinen weiteren Aufschub. Wir müssen den Border Pass für einen Grenzübergang nach NSW beantragen. Dafür zücken wir unsere Handys und machen uns zeitgleich ans Werk. Am aufwendigsten ist es die Adressen aufzulisten, an denen wir uns in den letzten 14 Tagen aufgehalten haben. Dank Sarahs gutem Gedächtnis und unseren Aufzeichnungen am Ende aber kein Problem. Nachdem wir unsere Anträge abgeschickt haben, heißt es jetzt warten. Hoffentlich bekommen wir unsere Erlaubnis rechtzeitig. Schon morgen wollen wir die Grenze zwischen Victoria und New South Wales passieren.
Anschließend sind wir unsicher, wie wir den weiteren Abend gestalten sollen. Mittlerweile haben wir Nachbarn bekommen und die haben unangenehm helle Lichter an ihrem Van. Ein Lagerfeuer wäre unter diesen Bedingungen wohl wenig romantisch. Zumindest Cecil ist jedoch auch noch nicht gewillt ins Bett zu gehen. Wer hätte es gedacht. Sarah dagegen hat damit keine Probleme. Um kurz vor neun verabschiedet sie sich. Im Bett liest sie ein wenig, dann versucht sie zu schlafen.
Cecil zieht ins Home Office um. Mit dem Schreiben der Stichpunkte von heute ist er gegen 21:30 Uhr fertig. Danach versucht er die Motivation aufzubringen, die zum Schreiben eines Tages nötig wäre. Doch er schafft es nicht. Es soll heute nicht sein. Eine Folge der Formel 1 Serie geht aber noch. Aber nur eine. Danach geht es verhältnismäßig früh ins Zelt.
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