13.06., Sonntag: Bear Gully Camp Site - Es geht tierisch weiter auf der Nordinsel

Erwartungsgemäß war die vergangene Nacht eisig kalt. Cecil hatte trotzdem keine Probleme zu schlafen. Sarah hat dagegen seit etwa drei Uhr kaum noch ein Auge zugetan. Man mag es nicht glauben, aber wir freuen uns schon darauf wieder in unserem Zelt zu schlafen. 
Die Fähre ist bereits im Begriff in den Hafen von Melbourne einzulaufen. Auf den letzten Metern bis zum Pier klappt Sarah nochmal den Laptop auf. Bis wir die Fähre verlassen können, dauert es noch gute dreißig Minuten. Cecil aktualisiert die Stichpunkte. Was wir haben, haben wir. Ganz gemütlich können wir daher noch Zähne putzen und unsere Sachen zusammenpacken. 
Genau pünktlich sind wir mit allem fertig. Bei Koby angekommen, verstauen wir die Rucksäcke und warten darauf vom Deck fahren zu können. Wir nutzen die Zeit eine Einkaufsliste zu schreiben. Wenige Minuten später können wir losfahren. In der Morgendämmerung rollen wir vom Schiff auf das Festland. Abgesehen von ein paar Joggern und Radfahrern, ist die Region um den Hafen von Melbourne wie ausgestorben. Von einem nahen Parkplatz aus können wir ungestört noch ein Foto der Fähre schießen.
 
 
Danach machen wir uns direkt auf den Weg. Raus aus dem Corona-Hotspot. Melbourne befindet sich offiziell noch immer im Lockdown. Wir haben keine Lust Opfer der Umstände zu werden. 
Die Straßen der Metropole sind auch heute wieder eine Herausforderung. Bis zu sechs Spuren sind hier keine Seltenheit. Dazu herrscht selbst sonntags um sieben Uhr am Morgen dichter Verkehr. Zu allem Überfluss ist es auch noch Fahrradfahrern gestattet die Straße zu nutzen. Absolut erstaunlich, dass die Unfallstatistik hier trotzdem recht überschaubar ist. 
Nervenaufreibende 45 Minuten später verlassen wir die Innenstadt von Melbourne. Vor uns erstreckt sich eine friedliche, einspurige Landstraße. Endlich können wir die Sandwiches essen, die wir uns gestern vorbereitet haben. Vorher musste sich Cecil zu einhundert Prozent auf das Fahren konzentrieren. 
Unser erstes Ziel heute ist Leongatha. Eine recht große Stadt und hier findet man den ersten Aldi westlich von Melbourne. Einen Woolworths gibt es praktischerweise auch. Als nächstes stehen Burger auf der Speisekarte. Die sind jedes Mal ein Highlight. Wir freuen uns jetzt schon sehr darauf.
Nachdem wir bei Aldi waren, geht es weiter zu Woolworths. Hier ist ein guter Teil des Ladens mit Flatterband abgesperrt. Angeblich weil im Moment die Regale aufgefüllt werden. Die gesamte Abteilung mit gekühlten Lebensmitteln bleibt uns damit verwehrt. So etwas haben wir noch nie erlebt. Cecil zeigt dafür gar kein Verständnis und dreht direkt ab. Dann halt nicht. Sarah dagegen springt über ihren Schatten und schnappt sich eine der Mitarbeiterinnen. Immerhin unsere geliebten Chris-Dips bekommen wir dadurch. Auf Hähnchenbrust und Käse müssen wir zunächst verzichten.
Leider waren die guten Brötchen für unsere Burger bei Aldi bereits ausverkauft. Auch bei Woolworths müssen wir zu einer Notlösung greifen. Daher nehmen wir nur eine Packung. Die andere Hälfte besorgen wir bei einem Bäcker um die Ecke. Allerdings sehen die Backwaren von dort nicht gerade schmackhafter aus. Sarah wählt ein Brötchen mit besonders hohem Proteingehalt. Für Cecil landet eines mit Sesam in der Tüte. Wir sind gespannt. Das Einkaufen hätte in jedem Fall besser laufen können. 
An einer Tankstelle halten wir sowohl für Benzin als auch für Trinkwasser. Letzteres zapfen wir einfach aus einem Hahn neben einer der Säulen. Immerhin ist kein Schild darüber angebracht, welches vor dem Verzehr warnt. Eine erste Geschmacksprobe fällt positiv aus. Das wird schon passen. Letzte Amtshandlung hier in der Zivilisation: die Buchung eines Stellplatzes. 
Der Campground am Bear Gully befindet sich am nächsten zum Wilson Promontory NP. Aktuell ist der Nationalpark noch geschlossen. Aber mit etwas Glück wird er in den nächsten Tagen wieder geöffnet. Dann stehen wir in erster Reihe. Von Leongatha aus fahren wir ungefähr fünfzig Minuten. Der letzte Teil ist für die Nordinsel ungewöhnlich kurvig. Eine kleine Hommage an Tasmanien, möchte man meinen. Das Wetter schlägt in dieselbe Kerbe. Es regnet recht beständig. Wir haben dieses Wetter so satt.
Auf dem Campingplatz angekommen, erwartet uns eine fast flächendeckende Schlammschicht. Vor allem auf der von uns gebuchten Stellfläche steht das Wasser. Es ist ausgeschlossen, dass wir dort nächtigen. Ohne großes Fehlerlesen stellen wir uns auf den Platz nebenan und hoffen, das niemand anderes Anspruch erhebt. Wir bauen das Zelt auf. Hauptsächlich um uns einen Unterstand zu schaffen. Zunächst verankern wir die Halteseile nicht im Boden. Sollte wirklich noch jemand kommen, können wir so schneller das Feld räumen.
Nachdem wir uns einen kleinen Snack zum Mittag gegönnt haben, ist kein Ende des Regens in Sicht. Zusätzlich zum Zelt bauen wir das Awning auf. Der Wind fegt den Regen allerdings vertikal übers Land. Schutz finden wir daher weder unter dem Zelt, noch unter dem Awning. Es ist zum verrückt werden. Das Einzige, was wir machen können, ist uns dick einzupacken und zu hoffen. Zu hoffen, dass der Regen oder wenigstens der Wind bald nachlässt. In jedem Fall ist es Zeit für unsere Thermo-Unterwäsche. 
Auch in Hinsicht auf den Wilson Promontory NP bleibt uns nichts anderes übrig als abzuwarten. Angeblich wird dieser am 16.06. wieder eröffnet. Vielleicht finden wir bis dahin noch etwas Schönes, um uns zu beschäftigen. Eigentlich hatten wir geplant dem Mount Kosciuszko oder Mount Buffalo einen Besuch abzustatten. Allerdings kommen wir dafür zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Im Winter ist man dort besser mit Skiern statt Wanderschuhen unterwegs. Bei ständigen Minusgraden ist es darüber hinaus wenig empfehlenswert in einem Dachzelt zu nächtigen. Wir werden uns diese Ziele wohl abschminken müssen. 
Am Nachmittag lassen Wind und Regen etwas nach. Sarah absolviert ihr Sportprogramm trotzdem lieber unter dem Awing. Cecil kommt es allerdings sehr entgegen, dass es weniger nass ist. Er nimmt sich wieder einmal das EGR-Ventil zur Brust. Nachdem es ausreichend gereinigt ist, wird auch gleich noch der Luftansaugtrakt geprüft und von Schmutz befreit. Sollte das Problem trotzdem weiterhin bestehen, müssen wir uns um ein neues Ventil kümmern. 
Jetzt wo er schon dabei ist, will sich Cecil auch gleich noch das Fenster auf der Fahrerseite anschauen. Das lässt sich kaum noch öffnen und schließen. Die Verkleidung der Tür ist nicht so leicht abzubauen, wie es bei den hinteren Türen der Fall ist. Vor allem die Konsole mit den elektrischen Schaltern für die Fensterheber und der Lautsprecher leistet Widerstand. Am Ende aber ist das Innenleben der Tür freigelegt und Cecil kann WD40 auf die beweglichen Teile sprühen. Schon beim ersten Test läuft der Mechanismus jetzt deutlich reibungsloser. Der Zusammenbau ist erneut nicht leicht, gelingt aber zu guter Letzt. 
 

 
Sarah hat ihr Workout mittlerweile beendet und räumt ein wenig auf. Als sie damit fertig ist und sieht, dass Cecil noch immer am Werkeln ist, setzt sie sich zum Strand ab. Es hat aufgehört zu regnen. Mit Meerblick und etwas Wellenrauschen im Hintergrund hört und beantwortet sie Sprachnachrichten ihrer Freunde. 
 
 
Cecil ist bei der Tür hinten links angekommen. Hier funktioniert die Klinke nicht richtig. WD40 soll es auch hier richten. Die Verkleidung lässt sich deutlich leichter entfernen. Nur das Problem lässt sich nicht im ersten Anlauf lösen. Vielleicht braucht das Kriechöl aber auch schlicht etwas mehr Zeit, um seine Wirkung zu entfalten. Für heute hat Cecil erst einmal genug. Er baut alles wieder zusammen. Mit etwas Glück löst sich das Problem über Nacht in Luft auf. 
Um 16:30 Uhr ist es dann soweit. Es ist Zeit für Burger. Die Brötchen sind leider erwartungsgemäß nicht so lecker. Viel zu süß. Hoffentlich hat das keine zu großen Auswirkungen auf das Gesamterlebnis. Abgesehen davon läuft alles nach Plan. Auf dem ersten Burger landet klassisch ein Beef-Patty. Danach gönnen wir uns heute nach langer Zeit mal wieder einen zweiten mit Hähnchen. Beide schmecken hervorragend. Die Brötchen bleiben zu süß, doch es tut der Sache keinen zu großen Abbruch. Satt und zufrieden versinken wir für einen Moment in unseren Campingstühlen. 
 

Während wir noch in Gedanken an den nächsten Burger schwelgen, bleibt uns ein verräterisches Rascheln nicht unbemerkt. Kurz darauf können wir die Verursacher ausmachen. In einem Baum direkt bei unserem Camp flitzen Ringelschwanzbeutler durch die Baumkrone. Genauer gesagt “common ringtail possums”. Bisher haben wir nur “brushtails” gesehen. Sie unterscheiden sich nur anhand ihrer Schwänze. Beide Arten sind mehr als süß. Es kommt sogar noch ein drittes Exemplar dazu. Wir sind wunschlos glücklich. 
 
 
Nach der tollen Aufruhr können wir uns wieder aufraffen. Sarah übernimmt das Tablet und schreibt die Stichpunkte von heute. Gegen halb acht ist sie damit fertig. Wir sind gerade dabei zu überlegen, wie es morgen weitergeht, da zieht ein Possum erneut unsere Aufmerksamkeit auf sich. In einem Moment hält es sich nur mit seinem Schwanz an einem dünnen Ast fest und baumelt so etwa zehn Meter über dem Boden. Wir haben keine Ahnung, warum es das macht, aber es sieht verdammt cool aus. Dann beginnt es abermals zu regnen und wir müssen unter das Awning flüchten. Die kleinen Beutler ziehen sich ebenfalls zurück. Das war es wohl mit den Tierbeobachtungen.
Für Sarah war es das damit. Sie putzt sich die Zähne und will hoch ins Zelt. Noch mit der Bürste im Mund entdeckt sie einen Wombat auf dem Platz. Per Zeichensprache gibt sie die Information an Cecil weiter. Der versteht und holt die Taschenlampe heraus. Wir holen den kleinen Kerl an einem Zaun ein. Er wollte wohl die Flucht ergreifen, doch das Gras dort war offensichtlich zu verlockend. Gut für uns. Der Wombat ist überraschend dunkel und hat ziemlich lange Beine. In jedem Fall unterscheidet er sich deutlich von seinen Artgenossen auf Tasmanien. Nach ein paar Minuten lassen wir ihn wieder in Ruhe. Der stärker werdende Regen tut sein übriges. 
 
 

Gegen 20 Uhr ist Sarah im Bett. Cecil zieht ins Home Office um. Zunächst aktualisiert er die heutigen Stichpunkte. Anschließend wird ein weiterer Tag ausgeschrieben. Gut 1 ½ Stunden benötigt er, dann ist er mit dem 13.04.2021 fertig. Nachdem die vergangenen Nächte tendenziell kurz und wenig erholsam waren, ist Cecil heute vernünftig und geht danach ebenfalls ins Bett.
Gute Nacht.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

02.08., Montag: Über den Wolken - Es geht zurück nach Berlin

14.08., Freitag: Leliyn Campground (Edith Falls) – 99% krokodilfrei = Good Enough

14.07., Dienstag: Bedford Weir Camping Area - Die “Empty”-Marke