12.06., Samstag: Spirit of Tasmania - Goodbye Tassie
Wie schon gestern, ist die Sonne noch nicht aufgegangen, als wir früh am Morgen aus dem Zelt kommen. Doch das war Teil des Plans. Heute Abend geht es mit der Fähre zurück auf das Festland. Unsere letzten Stunden hier auf Tasmanien wollen wir bestmöglich nutzen. Zum Frühstück gibt es Spiegelei und Toast. Anschließend machen wir den Abwasch und packen das Zelt ein. So weit ein ganz normaler Tag.
Bevor wir abfahren, steht die Wanderung durch den Leven Canyon auf dem Programm. Koby lassen wir daher zunächst, wo er ist. Um kurz vor neun laufen wir los. Bis zum Cruishank Lookout gilt es eine ordentliche Steigung zu überwinden. Zu der verhältnismäßig frühen Stunde und mit vollen Mägen eine ganz schöne Qual. Doch der Ausblick entschädigt für unsere Mühen. Von einer frei schwebenden Plattform aus können wir den Canyon bewundern. Unten in der Schlucht fließt der namensgebende Leven River. Seit Jahrtausenden bahnt er sich seinen Weg durch die Umgebung und formt dabei ihr Antlitz. Es ist ein reißender Fluss. Selbst von hier oben können wir die wilden Stromschnellen deutlich erkennen. Sicherlich kein Ort für ein gemütliches Bad. Insgesamt ein sehr schöner Aussichtspunkt. Wir sind bereits jetzt froh, uns gestern noch für einen Besuch des Leven Canyons entschieden zu haben.
Vom Cruishank Lookout geht es über 697 Stufen hinab zum Edge Lookout. Statt über hundert sind wir hier nur noch 20 Meter vom Boden entfernt. Jetzt erkennt man auch Details und hört das Rauschen des Flusses. Hier unten kommt man sich ziemlich klein vor, um ehrlich zu sein. Das war ebenfalls ein sehr gelungener Lookout.
Der Rundwanderweg an sich gefällt uns im Gegensatz dazu überhaupt nicht. Es geht erneut steil bergauf, bis wir zurück am Parkplatz sind. Hätten wir das gewusst, wären wir lieber anders herum gelaufen. So läuft man beide Strecken bergab. Die 697 Stufen hätten wir sportlich gesehen. Wir hätten vermutlich trotzdem weniger geschwitzt, als es jetzt der Fall ist. Nach 40 Minuten und 2,3 gelaufenen Kilometern kommen wir wieder bei Koby an. Cecil entledigt sich so schnell er nur kann seiner Thermounterwäsche. Ein paar Minuten später sind wir einigermaßen abgekühlt und können losfahren.
Die Preston Falls liegen nur eine kurze Fahrt entfernt. Eigentlich haben wir schon jetzt keine Lust mehr zu laufen. Die letzten Tage haben deutliche Spuren in der Muskulatur hinterlassen. Doch es ist angeblich nur ein sehr kurzer Weg und einen Wasserfall lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Der ist zwar am Ende mit nur etwa acht Metern Höhe nicht sehr spektakulär, sieht aber trotzdem schön aus. Gelegentlich funkelt das Wasser im Sonnenschein wie Diamant.
Bis wir zur Fähre müssen, haben wir noch ordentlich Zeit. Wir entscheiden spontan erneut nach Latrobe zu fahren. Mit etwa Glück bekommen wir nochmal ein Schnabeltier zu Gesicht. Auf dem Parkplatz ist es dieses Mal total voll. Erst jetzt erinnern wir uns, dass Wochenende ist. Wenigstens müssen wir uns nicht mit allen um den besten Platz am Flussufer streiten. Die überwältigende Mehrheit ist zum Mountainbiken hier.
Die Sonne strahlt heute mit voller Kraft. Für unser Vorhaben ist das allerdings nicht wirklich hilfreich. Von der spiegelglatten Wasseroberfläche reflektiert das Licht, so dass man kaum etwas erkennen kann. Um ein Platypus zu erspähen, ist es wohl besser, wenn es regnet. Aber auch so dauert es nicht lange, bis wir das erste Exemplar sehen. Es schwimmt sogar auf unserer Seite des Flusses. Wir nehmen direkt die Verfolgung auf. Natürlich so leise und langsam wie möglich, um das Tier nicht zu verschrecken. Für einen kurzen Moment taucht es nur wenige Meter vor Sarah auf. Endlich haben wir ein gutes Bild im Kasten. Wir sind jedenfalls happy.
Eine gute halbe Stunde probieren wir es noch weiter. Immer wieder können wir dabei Schnabeltiere sehen, aber meistens sind sie sehr weit weg. Würden sie nicht nach kurzer Zeit wieder abtauchen, könnte man sie auch für Treibholz halten. Wir sind ohnehin bereits zufrieden und froh, nach so vielen vergeblichen Versuchen das sagenumwobene Platypus gesehen zu haben. Außerdem haben wir riesigen Hunger. Diesen wollen wir in Devonport stillen.
Die Henkersmahlzeit hier auf Tasmanien ist für uns Pizza. Nach ein paar Runden um den Block finden wir endlich einen Parkplatz in der Nähe des Ladens. Das ist hier in der Stadt alles andere als einfach. Fast überall stehen Parkuhren. Aber wir Sparfüchse finden natürlich einen kostenlosen. Unsere Pizza essen wir dann auch von Koby's Motorhaube. Nicht sehr idyllisch, aber bis wir etwas anderes gefunden hätten, wäre das Essen sicher kalt geworden.
Im Anschluss flitzen wir schnell bei Woolworths rein. Ein paar Snacks für die Überfahrt wollen noch besorgt werden. Etwas Obst und Getränke, hauptsächlich. Aber auch Chips und Schokolade, für den Fall das wir erneut ins Kino gehen. Nachdem wir alles eingepackt haben, geht es weiter zu McDonald's. Dort angekommen suchen wir jedoch vergeblich nach dem Wlan. So ein Reinfall. Wir bleiben trotzdem. Dann müssen wir halt unser eigenes Datenvolumen nutzen.
Als erstes Beantragen wir das Border Permit für Victoria. Das brauchen wir spätestens Morgen, wenn wir in Melbourne von der Fähre kommen. In diesem Zuge recherchieren wir die aktuellen Corona-Restriktionen. Es scheint als wäre der Lockdown im Staat beendet. Nur direkt in Melbourne gelten noch immer verschärfte Regeln. Für uns bleibt es daher dabei, dass wir so schnell wie möglich die Stadt hinter uns lassen wollen. Für einen kurzen Schreckmoment sorgt eine SMS, die Sarah von der DKB bekommt. In dieser wird behauptet das 1.500€ von ihrem Kreditkartenkonto abgebucht wurden. Panisch schaut sie direkt nach. Aber es wurde nichts abgebucht. Es handelt sich offenbar um eine Betrugsmasche. Wir atmen einmal tief durch, dann wollen wir weiter. Ohne Wlan können wir nichts Sinnvolles mehr im Internet machen. Unsere Fangemeinde in Deutschland muss sich bis zum nächsten Post leider noch etwas gedulden.
Da wir in Melbourne nicht halten wollen, tanken wir noch hier in Devonport auf. Langsam steigt der Verbrauch in einen besorgniserregende Höhe. Sobald wir mal etwas Luft haben, will Cecil das Ventil erneut reinigen. Hilft das nicht, muss ein neues her. Wie wir das organisieren, ist ein Problem für unsere zukünftigen Ichs. Für 1,52$/Liter tanken wir gerade so viel, dass wir es bis nach Leongatha schaffen sollten. Die Stadt befindet sich kurz vor unserem nächsten Ziel und es gibt dort nach Melbourne den ersten Aldi. Es gibt bald wieder Burger und wir freuen uns jetzt schon darauf.
In der Nähe des Hafens hat Sarah mit Hilfe unserer Camper-Apps eine kostenlose Dusche ausgemacht. Zur Belohnung darf sie diese auch als erste nutzen. Cecil bereitet derweil die restliche Pizza und einen Apfel für die Fähre vor. Danach ist er dran. Allerdings wird es für ihn alles andere als ein Vergnügen. Das Wasser ist so kochend heiß, dass er sich nicht direkt darunter stellen kann. Sarah fand es dementsprechend natürlich super. Da passt der Spruch wie die Faust auf's Auge: Des einen Freud ist des anderen Leid. Aber auch Cecil ist anschließend wieder frisch.
Während Cecil duschen war, hat Sarah weitere Sachen herausgelegt, die wir auf der Fähre mit zu unseren Plätzen nehmen wollen. Das ist neben noch mehr Verpflegung hauptsächlich Technik. Immerhin werden wir eine Steckdose haben. Das gilt es zu nutzen. Gemeinsam gehen wir nochmal alles durch und teilen es dann auf die Rucksäcke auf.
Das Boarding beginnt schon ab 16:30 Uhr. Zwanzig Minuten zuvor machen wir uns auf den Weg zum Hafen. Bevor wir uns an der Fähre anstellen können, müssen wir die Tickets finden. Das dauert deutlich länger als gedacht. Sarah findet sie schlicht nicht. Erst nach über fünf Minuten findet sie die entsprechenden Daten auf ihrem Handy. Wir hätten aber auch noch mehr Zeit gehabt. Das Boarding hat noch nicht begonnen. Wir reihen uns hinter den anderen wartenden Autos ein und harren der Dinge die da kommen.
Völlig unvermittelt rauscht kurz darauf Sarahs Laune in den Keller. Sie hat begonnen die Fotos auf ihrem Handy zu sichten. Dabei musste sie feststellen, dass sich auf allen Aufnahmen der vergangenen Woche ein Wasserzeichen des Handyherstellers befindet. Sie googelt kurz, ob man dieses nachträglich entfernen kann, findet aber nichts. Cecil sucht ebenfalls nach einer Lösung. Ohne Erfolg. Natürlich sorgt das für ziemlich miese Stimmung. Etliche sehr schöne Aufnahmen sind damit wohl nicht mehr zu gebrauchen. Aber noch geben wir nicht ganz auf. Nur für den Moment haben andere Dinge Priorität. Das Boarding hat begonnen.
Während wir uns langsam der Ticketkontrolle nähern, steigt unsere Angst. Bei der Buchung, vor ein paar Monaten, konnten wir für die Rückfahrt keinen Platz mit extra Höhe buchen. Wir haben daraufhin bei der Herfahrt einen der Deckmitarbeiter gefragt, ob das ein Problem werden könnte. Dieser hat uns damals beruhigt und meinte das sei kein Ding. Hoffentlich sieht das die Belegschaft hier in Devonport auch so entspannt.
Der Mitarbeiter in dem kleinen Häuschen neben der Schranke scannt unsere Tickets. Die Spannung steigt. Tatsächlich weist er uns darauf hin, dass wir unsere extra Höhe bei der Buchung nicht angegeben haben. Aber wir hätten Glück, denn es sind noch passende Plätze vorhanden. Das nächste Mal sollten wir es aber unbedingt schon bei der Buchung angeben. Im Zweifel würde man uns sonst nicht mitnehmen können. Hätten wir die Möglichkeit gehabt, hätten wir das auch gerne so gemacht. Aber egal. Wir sind durch und das Dachzelt kann drauf bleiben.
Bei der Fahrzeugkontrolle folgt das übliche Spiel. Wir werden beispielsweise gefragt, ob wir Waffen dabei haben. Die Frage nach mitgeführtem Gas bejahen wir wahrheitsgemäß und Cecil muss unsere Vorräte dem Kontrolleur zeigen. Auch auf den Reinigungsalkohol und das Feuerzeuggas lässt er den Mann einen Blick werfen. Nur die Grillanzünder verschweigt Cecil. Die wären ansonsten wohl in den Müll gewandert. Damit haben wir auch diese Kontrolle hinter uns.
In der uns zugewiesenen Schlange warten wir erneut zwanzig Minuten. Am Ende landen wir auf dem gleichen Deck, wie bereits auf der Hinfahrt. Dort stehen nur wenige Fahrzeuge mit Aufbauten auf dem Dach. Der Großteil besteht aus normalen Kleinwagen. Wir verstehen die Aufregung um unser Dachzelt immer weniger. Mit unserem Gepäck unterm Arm machen wir uns auf den Weg zur Recliner-Lounge.
Statt uns mit den anderen, oft dicklichen, Passagieren in den Fahrstuhl zu quetschen, nehmen wir wie immer die Treppen. Eigentlich kaum zu glauben, dass die Fahrstühle in Zeiten von Corona überhaupt noch im Einsatz sind. Noch enger kann man ein paar Menschen kaum zusammenpferchen. Da laufen wir lieber. Auch wenn die fünf Decks mit unseren geschundenen Beinen zugegeben eine ganz schöne Herausforderung sind.
Wie beim Parkplatz, haben wir auch erneut die gleiche Sitzreihe bekommen, die vorderste und ohne eigene Steckdose. Nur dieses Mal auf der anderen Seite des Schiffes. Da wir mittlerweile etwas Erfahrung haben, schnappen wir uns einfach wieder den Stromzugang der Reihe hinter uns. Die ersten Geräte werden direkt angesteckt. Dann ist es an der Zeit auch unsere Akkus erneut zu laden. Zeit für das Abendessen. Die Pizza schmeckt auch kalt noch gut.
Das Tablet geht heute zuerst an Sarah. Sie liest Korrektur, während Cecil sich informiert, ob er die Bremsbeläge von Koby selbst wechseln könnte. Das scheint aber komplizierter als vermutet. Da muss wohl doch ein Profi ran. Danach bekommt er das Tablet und macht sich daran die Stichpunkte von heute zu schreiben. Sarah macht am Laptop weiter. Wir haben entschieden doch unser Datenvolumen für die nächsten Posts zu verwenden. Als das Schiff gegen 19 Uhr ablegt, sind wir beide mit unseren Aufgaben fertig.
Das Kinoprogramm konnte uns heute nicht überzeugen. Wir bleiben daher häuslich und gucken später eher noch etwas auf dem Tablet. Zunächst lesen wir jedoch ein wenig. Danach geht es mit der Arbeit weiter. Sarah liest weiter das von Cecil geschriebene gegen. Der kümmert sich um die Sicherung von Videos und Fotos. In gewohnter Manier übernimmt Sarah die Sicherung der Aufnahmen auf unseren Handys und ihrer Kamera. Die Zeit vergeht dabei wie im Flug. Als wir das nächste Mal auf die Uhr schauen, ist es bereits 23:30 Uhr. Für heute machen wir Feierabend.
Unsere Rucksäcke packen wir auch dieses Mal über Nacht in ein Schließfach. Das machen nur sehr wenige der Passagiere, aber uns ist das nichts. Vor allem den Verlust unserer Festplatten und damit allen Aufnahmen der Reise, würden wir wohl nicht überwinden. Mit 5$ für die Nacht sind die Kosten dazu sehr überschaubar. Sarah versucht dann direkt zu schlafen. Cecil schaut eine Folge seiner Serie. Um kurz vor halb eins probiert er dann auch etwas Schlaf zu bekommen. Es ist kälter als bei der Hinfahrt und viel lauter. Wir erwarten keine besonders erholsame Nacht.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen