04.06., Freitag: Lake King William Campground - Die weiße Hölle

Wie zu erwarten war, ist es noch dunkel, als wir um 06:30 Uhr aus dem Zelt kommen. Die ganze Nacht über hat es geregnet. Erst kurz nachdem unser Wecker geklingelt hat, hörte es auf. Der Frieden hält aber natürlich nicht lange. Wir haben gerade alles für das Frühstück herausgeholt, da fängt es erneut an zu schütten. In Windeseile verfrachten wir alles unter das Zelt. Gänzlich geschützt vor dem kühlen Nass sind wir auch dort nicht. Von fast allen Seiten tropft es auf uns herab. Nachdem wir den Abwasch erledigt haben und gerade dabei sind das Holz zu verstauen, beginnt es sogar zu hageln. Um uns zu ärgern, lässt sich die Natur wahrlich immer wieder etwas Neues einfallen.
 
 
Auf dem Zelt hat sich eine dicke Schicht Hagelkörner gesammelt. Bis wir bereit sind das Zelt einzuklappen, ist ein Teil bereits geschmolzen. Das Tauwasser läuft und jetzt in die Ärmel. Wirklich erfrischend. Darüber hinaus sind unsere Finger bald so kalt, dass wir kaum noch voran kommen. Immer wieder müssen wir Pausen einlegen, um unseren Händen etwas Leben einzuhauchen. Die Füße gleichen ohnehin bereits Eisklumpen. Es ist kaum 9 Uhr und wir sind im Grunde schon wieder bedient… und komplett durchnässt. Das Camperleben in Australien ist kein Urlaub. 
 
 
Gegen zehn erreichen wir den Parkplatz im Lake Saint Claire NP. Am Visitor-Centre studieren wir die Karte mit den verschiedenen Wanderwegen. Trotz des bescheidenen Wetters, bleiben wir uns dabei den Mount Rufus zu erklimmen. Bis zum Gipfel und zurück bedeutet das einen Marsch über fünfzehn Kilometer. Es gibt auch die Möglichkeit einem Rundwanderweg zu folgen. Dieser wäre nochmals 3,5 km länger. Ob dafür die Kraft reicht, können wir auf dem Gipfel spontan entscheiden. Im Hinterkopf liebäugeln wir jedoch bereits mit dieser Variante. Wir sind halt ein wenig verrückt. 
Die Wanderung führt uns zunächst durch einen lichten Wald. Die Vegetation besteht überwiegend aus Eukalypten und Silberbaumgewächsen. Wie wir es mittlerweile bereits gewohnt sind, müssen wir, öfter als uns lieb ist, über kleine Steine durch Pfützen balancieren. Wenigstens unsere Wanderschuhe sind noch einigermaßen trocken. Die Betonung liegt auf noch. Langsam geht uns diese Art der Fortbewegung auch gehörig auf die Nerven. Wieder einmal bekommen wir kaum etwas von unserer Umgebung mit. 
 
 
Als wir einige Höhenmeter überwunden haben, beginnt es zu schneien. Das ist schön. Es passt einfach zu der alpinen Gegend. Darüber hinaus ist es allemal besser, als würde der Niederschlag in Form von Regen auf uns prasseln. Nach ein paar steilen Anstiege übernimmt der Schnee dann gänzlich die Kontrolle. Alles um uns herum ist von einer weißen Schicht bedeckt. 
 

 
Gut fünf Kilometer haben wir zurückgelegt als wir einen ersten Abzweig erreichen. Die letzte Chance sich gegen die Besteigung des Gipfels zu entscheiden und über eine Alternative Route direkt zurück zum Besucherzentrum zu gelangen. Aber wir wollen jetzt da hoch. Die Wetterlage hat sich leicht gebessert. Gelegentlich kommt sogar die Sonne durch. Bezüglich der Kraft in den Beinen scheint es ebenfalls zu reichen. Immerhin haben wir derzeit noch keine Beschwerden.
 

 
Langsam nähern wir uns der Baumgrenze. Am Horizont meinen wir sogar schon den Gipfel ausmachen zu können. Kurz darauf werden wir gezwungen den schützenden Wald zu verlassen. Starke Winde scheinen dahinter nur auf uns gewartet zu haben. Den folgenden Anstieg macht das in jedem Fall nicht leichter. Oben angekommen, völlig außer Puste, bleibt uns die wenige Restluft auch noch fast weg. Die Aussicht ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Hauptdarsteller ist der Lake Saint Claire. An dessen Ufern wachsen die Berge in den Himmel. 
 


 
Über den Bergrücken geht es weiter hinauf. Der Wind wird immer heftiger. Sarah hat auf dem schmalen Pfad die Führung übernommen. Wir schätzen die Schneeschicht hier auf gute zehn Zentimeter. In jedem Fall genug, um unsere Schuhe komplett zu bedecken. Schon bald müssen wir uns von trockenen Füßen verabschieden. Doch was hier nur den Charakter einer lustigen Wanderung durch den Schnee hat, sollte schon bald darauf bitterer Ernst werden. Immer höher türmt sich der Schnee vor uns auf. Es dauert nicht lange, bis wir den Weg kaum noch erkennen können. Sarah beginnt uns einen eigenen Pfad zu bahnen. Teilweise versinkt sie bis zum Knie in der weißen Schicht. Cecil muss übernehmen. Er hat die längeren Beine und seine Hose verhindert zumindest teilweise das Schnee in die Schuhe gelangt. Bald ist um uns herum lediglich eine kompakte Schneedecke zu sehen. Ab und zu stoßen Äste oder Steine durch die Oberfläche. Abgesehen davon weiß man nie, wie stabil der Untergrund vor einem ist, bis man den nächsten Schritt wagt. Oft genug befindet sich direkt unter dem Schnee eine Schicht Eis. Es braucht jetzt absolute Konzentration. Die Gefahr sich zu verletzen ist eklatant. 
 


 
Während uns der Wind so heftig um die Ohren pfeift, dass wir kaum noch etwas hören können, verlieren wir langsam aber sicher jegliches Gefühl in den Händen und Füßen und auch das Gesicht schmerzt von der Kälte. Der Gipfel liegt jetzt direkt vor uns. Doch oben angekommen, müssen wir feststellen, dass wir noch lange nicht da sind. Die Anhöhe machte lediglich den Eindruck. Die Spitze des Mount Rufus ist in Wahrheit einen weiteren Kilometer entfernt. Es ist Zeit für eine kurze Besprechung. Das ist unter diesen Umständen leichter gesagt als getan, doch vielleicht ist es die bessere Entscheidung jetzt umzukehren. Bevor doch noch etwas passiert. Doch wir sind bereits so weit gekommen. Wir schaffen das. 
Tapfer setzen wir weiter einen Fuß vor den anderen. Nur scheinen wir dem Gipfel keinen Deut näher zu kommen. Wind und Kälte werden dagegen immer unerträglicher. In unseren Köpfen jonglieren wir durchgehend mit dem Gedanken aufzugeben. Doch keiner von uns spricht es aus. Tatsächlich kommunizieren wir so gut wie gar nicht mehr. Es erfolgt nur alle paar Schritte ein Kontrollblick, ob der jeweils andere noch da ist. Tief in uns wissen wir, dass wir besser hätten umdrehen sollen. Wir haben uns dennoch dagegen entschieden. Jetzt zählt nur noch eins. Den Gipfel des verdammten Mount Rufus zu erobern. 
Die Kapuzen unserer Jacken, haben wir so weit es geht über die Gesichter gezogen. Um uns herum herrscht ein furioses Schneegestöber. Wir fühlen uns wie in einer Dokumentation über ein paar Idioten, die ohne adäquate Ausrüstung den Mount Everest besteigen wollen. Und wir sind die Hauptdarsteller. Ein ernüchternder Gedanke. Sonst haben wir uns über solche Leute lustig gemacht. Wir waren, bis heute, stets gut vorbereitet und fit. Dieser Berg zeigt und klar unsere Grenzen auf.  
Mit einem übertrieben harten Gang versucht Cecil Löcher in die Eisplatten zu stampfen. Damit hat es Sarah ein wenig leichter, auf dem glatten Untergrund einen Halt zu finden. Vermutet hatten wir einen weiteren Kilometer zum Gipfel. Mittlerweile haben wir schon mehr als zwei zurückgelegt. Für uns ist es wahrlich unglaublich, als wir endlich den höchsten Punkt des Berges erreichen. In einem Moment des Triumphs reißt Cecil beide Arme in die Luft, bevor ihn alle Kräfte verlassen. Hinter einem Steinhaufen, halbwegs vor dem Winde geschützt, können wir endlich kurz durchatmen. 
 


 
Auf Sarahs Uhr stehen neun Kilometer. Die Angaben des Besucherzentrums scheinen daher inakkurat. Selbst wenn wir jetzt umdrehen, kommen wir nicht nach 15 km wieder bei Koby an. Da können wir auch gleich dem Rundwanderweg folgen, der mit 18,5 km sogar 500 Meter kürzer wäre. Es sei denn, diese Angabe stimmt auch nicht. Doch wenigstens bliebe uns so die Hoffnung auf einen besseren Weg. Sei es auch nur ein bisschen weniger Wind. Außerdem kommen wir dann auch gleich noch am Shadow Lake vorbei. Wenn das nichts ist. Wir haben uns zumindest selbst davon überzeugen können. 
Am westlichen Hang des Mount Rufus wird der Weg durch ein paar überlange Stangen markiert. Immerhin scheint man sich hier bewusst zu sein, zu welchen Höhen sich der Schnee auftürmen kann. Abgesehen davon, ist der Wind hier noch immer nicht weniger als extrem. Wenn wir nicht aufpassen, sind wir bald tiefgefroren und damit völlig handlungsunfähig. Arme und Beine sind eiskalt. Finger und Zehen spüren wir kaum noch. Tatsächlich ist sich Sarah sehr sicher, ihren kleinen rechten Zeh bereits verloren zu haben. Doch zum Umkehren ist es zu spät. Wir wollen sicherlich nicht zurück auf die Spitze des Mount Rufus. 
Um uns herum tobt ein wahrer Schneesturm. Ohne es voneinander zu wissen, erreichen wir beide unsere Tiefpunkte. Es gibt Momente, in denen wir uns einfach unserem Schicksal hingeben wollen. Das wäre ganz leicht. Man müsste sich schlicht in den Schnee setzen, warten bis die Kälte einem wohlig warmen Gefühl weicht und einfach einschlafen. Die Tränen in den Augenwinkeln werden zu Eis. Zu unserem Glück haben wir diese Momente abwechselnd. Immer wieder motiviert einer den anderen. Nur ein paar weitere Schritte. Wir haben es sicher bald geschafft.
Bereits an den Grenzen unserer Belastbarkeit, stoßen wir auf eine umgestürzte Wegmarkierung. An dessen Ende zeigt ein Pfeil ins Nirgendwo. Wir finden keinerlei Anhaltspunkte, in welche Richtung der Wegweiser einmal gedeutet haben könnte. Wo man auch hinschaut, ist nichts weiter als Schnee. Erneut droht Panik auf zu keimen. Im letzten Moment erinnern wir uns an die Karte auf Sarahs Handy. Aber auch diese hilft nicht. Wir haben keine Ahnung, in welche Richtung wir weitergehen müssen. Die Konsequenz daraus liegt klar auf der Hand.
Cecil spricht es als erster aus. Im Zweifel müssen wir umkehren. Es wäre schlicht zu gefährlich ohne Orientierung weiter zu gehen. Für Sarah ein untragbarer Gedanke. Ihr ist bereits so kalt, dass sie sich kaum noch bewegen kann. Die Aussicht wieder über den Gipfel zu müssen, ist einfach zu viel. Sie kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Das geht natürlich nicht unbemerkt an Cecil vorüber. Es ist an ihm, einen Ausweg aus dieser unsäglichen Lage zu finden. 
Kurz entschlossen klettert er ein paar Felsen hinauf. Von hier oben kann er sicherlich einen Pfad erkennen. Doch da ist nichts. Nur weiß. Ein Gefühl der Leere überkommt ihn. Diese Wanderung droht ein totales Fiasko zu werden. Er ist schon kurz davor seinen Ausguck wieder zu verlassen, da lässt der Wind kurz nach. Im Schneegestöber tut sich eine Lücke auf. Cecil kann es selbst kaum glauben, doch in diesem Korridor entdeckt er in der Ferne eine Markierungsstange. Es gibt wieder Hoffnung. 
Während er die Anhöhe hinabsteigt, versucht Cecil krampfhaft die Position der Stange nicht aus den Augen zu verlieren. Ohne Rücksicht auf Verluste, stapfen wir daraufhin querbeet durch das Gebüsch. Die dichten Büsche bieten einen überraschend stabilen Untergrund. Trotzdem hält das Gelände natürlich ein paar Tücken bereit. Wir bleiben aber unbeschadet und nach zirka einem Kilometer befinden wir uns tatsächlich wieder auf einem offiziellen Weg. Wer aber glaubt, wir hätten damit die Strapazen hinter uns, liegt ziemlich falsch. Ungefähr so falsch wie wir damals.
Über eine Treppe geht es den ersten Hügel hinunter. Deren Holzbalken sind, bis auf ganz wenige, total verrottet. In den ausgewaschenen Stufen hat sich eine dicke Schicht Eis gebildet. Es gibt absolut keine Chance darüber zu gehen. Von unserer vorherigen Offroad-Einlage ein wenig abgestumpft, wählen wir wieder den Weg über die Botanik. Wir entschuldigen uns an dieser Stelle bei den Pflanzen, auf denen wir herumgetrampelt haben. Hoffentlich hat euch das nur noch stärker gemacht. Uns war es in jedem Fall eine große Hilfe. Trotzdem ist der Weg abenteuerlich. Mehrmals rutschen wir weg, können uns aber immer noch im letzten Moment fangen. Statt einer ernsten, tragen wir daher nur viele kleine Verletzungen davon. Doch langsam schwinden uns die Kräfte. 
Wir haben das Verlangen einen Baum zu umarmen, als wir endlich vom kahlen Bergrücken herunterkommen und den schützenden Wald betreten. Kurz darauf führt der Weg sogar über Stege aus Holz. Das Gröbste scheinen wir hinter uns zu haben. Ein schönes Gefühl. Noch spielen unsere Beine mit. Von hier aus laufen wir locker zurück zu Koby und schon bald lachen wir über diese Grenzerfahrung. Doch der geneigte Leser ahnt es schon. Ganz so leicht wird es uns nicht gemacht. Im Gegenteil.
Auf dem Steg kommen wir gut voran. Bis wir unvermittelt vor einer grünen Wand halten müssen. Der Weg ist von einer schier undurchdringlichen Wand aus Ästen und Gestrüpp überwuchert. Von hier aus geht es erneut durchaus mühevoll voran. Stufen und Kurven können wir meist nur noch erahnen. Gelegentlich müssen wir uns mit letzter Kraft gegen die mit Schnee beladenen Äste stemmen, um überhaupt weiter zu kommen. Über uns lösen wir dadurch regelrechte Lawinen aus. Wären unsere Körper nicht bereits auf Minusgrade herabgekühlt, wäre so ein Brocken Eis im Kragen sicherlich erfrischend. In der jetzigen Situation können wir darüber nur fluchen. 
Fluchen könnten wir ebenfalls, wenn wir daran denken, dass wir einen so schlecht gepflegten Wanderweg noch nie in unserem Leben gegangen sind. Die Vegetation ist völlig außer Kontrolle. Der hölzerne Steg ist größtenteils soweit verrottet, dass wir lieber daneben durch den Matsch laufen. Im Grunde müsste dieser Pfad gesperrt werden. Da gibt es keine zweite Meinung. 
Irgendwann ist alles nur noch nass. Das Wasser steht auf den Wegen genau so hoch wie in unseren Schuhen. Schweigend stolpern wir dahin. Unterwegs haben wir nichts getrunken, nichts gegessen. Wir fühlen ohnehin nichts mehr außer Schmerz und Kälte. Unsere Köpfe sind leer. Es braucht allerdings nicht mehr als einen Haufen Wombat-Kacke, um uns aus unseren dunklen Gedanken herauszureißen. Neben der Hinterlassenschaft können wir eindeutige Fußspuren entdecken. Wie zu erwarten, ist der Verursacher schon längst über alle Berge. Unsere Lebensgeister sind trotzdem wieder geweckt. 
 
 
Den Blick auf den Shadow Lake können wir nicht wirklich genießen. Von hier aus soll es noch weitere zwei Stunden dauern, bis man zurück am Parkplatz ist. 
 

 
Wir haben schon jetzt keine Energie mehr. Vor diesem Hintergrund ziehen wir das Tempo ein wenig an. Hilfreich ist dabei, dass wir nicht mehr jede Pfütze umgehen wollen. Unsere Schuhe sind ohnehin total durchgeweicht. Bei der ein oder anderen Wasserlache machen wir uns daher gar nicht erst die Mühe, sondern gehen mitten durch. 
Je schneller wir laufen, desto mehr Wärme wird erzeugt. Langsam kehrt etwas Gefühl in unsere Füße zurück. Gleichzeitig melden sich andere körperliche Bedürfnisse. Durst und Hunger wären in diesem Zuge als erstes zu nennen. Von den ächzenden Beinen mal ganz abgesehen. Aber wir müssen jetzt durchziehen. Wenn wir vor Sonnenuntergang zurück bei Koby sein wollen, müssen wir uns ranhalten.
 
  

Völlig ausgelaugt erreichen wir unser treues Gefährt wenig später. Von Anfang an hatten wir Respekt vor der Wanderung auf den Mount Rufus. Mit einer angegebenen Länge von 19 km wussten wir es wird hart. Das es so brutal wird, hätten wir allerdings nie gedacht. In 06:20 Std. haben wir am Ende 21,4 km zurückgelegt. Auf dem Gipfel hatten wir sogar ein wenig Sonnenschein. Das Gefühl, diesen Berg eventuell nie wieder zu verlassen, gab es gratis dazu. Jetzt warten neue Herausforderungen auf uns. Zum Beispiel müssen wir schauen, wie wir Socken und Schuhe jemals wieder trocken kriegen. Es gibt immer etwas zu tun. 
Bei Sarah haben sich nicht nur die Schuhe voller Wasser gesaugt. Auch die Thermo-Strumpfhose hat sich über die Zeit voll gesogen. Da unsere Hände quasi tiefgekühlt sind, dauert es ewig, bis wir uns aller nassen Kleidungsstücke entledigt haben. Das Besucherzentrum hat bereits geschlossen, doch die Toiletten sind noch nicht abgesperrt. Mit Hilfe der Händetrockner versuchen wir wenigstens Schuhe und Socken einigermaßen zu entfeuchten. Nach 20 Minuten geben wir auf. Immerhin ist kaum jemand vorbeigekommen, der dieses traurige Schauspiel bezeugen könnte. Wenigstens unsere Finger sind in dem Prozess einigermaßen aufgetaut. 
Wir verbringen die kommende Nacht auf dem Platz von gestern. Bis dahin fahren wir leider kaum zehn Minuten. Der Motor hat keine Chance etwas Wärme zu erzeugen. Abgesehen davon brauchen wir, wenn dann auch, alles für die Frontscheibe, die pausenlos droht zu beschlagen. Unser alter Platz ist noch unbesetzt. Doch in dem Moment unserer Ankunft beginnt es heftig zu regnen. Das droht unsere Moral final zu brechen. 
Bestimmt 20 Minuten sitzen wir im Auto. Total resigniert. Wir vertiefen uns immer mehr in unsere eigenen dunklen Gedanken. Vor allem aber, frieren wir. Der Kofferraum ist voller Holz. Aber wie kriegen wir jetzt ein Lagerfeuer zustande. Nachdem wir uns zusammengerauft haben, gehen wir die Optionen durch. Es bleibt nur eine Möglichkeit. Wir müssen so umparken, dass das Awning zur Feuerstelle zeigt. Gesagt, getan.
Nachdem Koby steht, bauen wir das Zelt auf. Alles ist durchgeweicht. Besonders am Kopfende ist es nass. Durch die Matratze ist die Feuchtigkeit bereits bis durch das Laken und in die Kissen gedrungen. Wahrscheinlich bleibt uns nichts anderes übrig, als heute anders herum zu schlafen. Mit dieser Thematik können wir uns aber auch noch später beschäftigen. Jetzt wäre es an der Zeit ein Feuer zu entfachen. 
 
 
Eine geschlagene Stunde versucht Cecil die Sache in Gang zu kriegen. Weder die eigens gesammelten Äste, noch das Kleinzeug unserer einarmigen Freundin wollen Feuer fangen. Das restliche Material ist schlicht zu groß. Wenn es im Kleinen schon nicht funktioniert, dann wohl auch nicht im Großen. Aber so leicht gibt Cecil nicht auf. Erst nachdem er sechs Grillanzünder verballert hat, wirft er das Handtuch. Nach so einem Tag wäre ein kleines Feuer wahrlich groß gewesen. Lediglich ein Fuchskusu, der unserem Camp zwischendurch einen Besuch abstattet, hebt kurzfristig die Laune. 
Ohne das Feuer wird es schnell zu eiskalt. Wir hatten eine Gemüse-Pfanne mit Reise auf dem Speiseplan, aber dafür fehlt uns jetzt die Motivation. Stattdessen gibt es Fastfood. Einen Asia-Nudelbecher für Cecil und eine Kürbissuppe für Sarah. Danach haben wir genug von der Natur. Mit etwas Schokolade und einer Tüte Chips unter dem Arm gehen wir hoch ins Zelt, ins sehr nasse Zelt. 
Es fühlt sich nicht richtig an, mit den Köpfen direkt an der Leiter zu liegen. Keiner der gewohnten Handgriffe sitzt mehr. Aber das andere Ende ist schlicht zu nass, um darauf sein Haupt zu betten. Um uns von dem Debakel abzulenken, schauen wir drei Folgen Good Doctor am Stück. Dabei geht eine ganze Tüte Chips drauf. Eine kleine Tüte wohlgemerkt. Unter der Decke tauen unsere Gliedmaßen ganz langsam auf. 
Es ist daher eine noch größere Herausforderung zum Zähneputzen noch einmal unser Refugium zu verlassen. Doch wer den Mount Rufus bezwungen hat, kann auch das schaffen. Mit reinen Gebissen gehen wir zu Bett. 

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