04.12., Freitag: The Hive Hostel - Weihnachtskängurus

Gegen halb 8 bewegt Sarah Cecil dazu aufzustehen. Ab 8 Uhr müssten wir theoretisch wieder Geld in die Park Uhr auf der anderen Straßenseite werfen, wo wir Koby geparkt haben. Der Plan ist bereits vorher auf den Parkplatz vom Hostel zu wechseln, in der Hoffnung, dass schon ein Platz für uns frei ist. Während Cecil sich anzieht, hat Sarah erneut Kontakt zum Support von Decathlon. Angeblich soll auch der Rest ihrer Bestellung am kommenden Montag abgeschickt werden. Am 11.12. wird das Paket voraussichtlich ankommen. Genau wie die Flipflops. Vielleicht hat diese Geschichte am Ende doch noch ein Happyend. Wir müssen uns nur noch überlegen, wo wir die Zeit bis zum 11.12. verbringen, bis wir das Paket von Cecils Freundin Roseanna abholen können. Aber da fällt uns schon noch etwas ein. 
An der Rezeption trifft Cecil wenig später zum Glück auf den Hotelmanager, wie man den jungen Mann wahrscheinlich nennen könnte, und nicht erneut auf den verplanten Neuling von gestern. Ein Stellplatz ist noch nicht direkt verfügbar, aber wir können uns trotzdem schon auf den Hof stellen. Sobald ein anderer Gast ausparken muss oder unser Platz frei wird, werden wir benachrichtigt. Da wir zunächst noch hier im Hostel frühstücken wollen, ist das kein Problem für uns. 
Probleme bereitet uns da eher das Frühstück selber. Oder besser gesagt die Küchenutensilien, die das Hostel zur Verfügung stellt. Da jeder dazu angehalten ist sein Geschirr selbst zu reinigen, befindet es sich in einem entsprechenden Zustand. Es dauert eine Weile bis wir saubere Teller und Besteck finden. Noch dazu finden sich wenig später ein paar weitere Figuren in der Küche und dem angrenzden Zimmer ein, die offensichtlich keine Morgenmenschen sind. Wir werden Zeuge einer recht skurrilen Aufführung. 
Ein Mann betritt die Küche und schaltet den Wasserkocher ein. Daraufhin verlässt er die Küche wieder. Kurz darauf betritt ein anderer Mann die Küche. Das Wasser ist bereits heiß. Er nimmt den Wasserkocher und füllt seine Tasse mit einem Teebeutel darin. Der erste Mann betritt wieder die Küche und stellt erbost fest, dass der Kocher bereits geleert wurde. Ein Streit entbrennt, doch kurz darauf trennen sich die beiden Protagonisten wieder. Die dampfenden Teetasse steht noch immer im Esszimmer, als beide verschiedene Wege gehen. Doch nicht lange, denn kurz darauf entleert der erste Mann ihren Inhalt in die Spüle. Erneut prallen die beiden im Essensraum aufeinander. Wir sitzen ziemlich nah an den beiden Streithähnen, versuchen aber uns desinteressiert zu zeigen, um nicht selbst in den Fokus zu rücken. Zu guter Letzt muss der Manager eingreifen und kann nur mit Mühe eine Schlägerei verhindern. Kurz darauf sehen wir zu, dass wir Land gewinnen. Das war mal ein entspanntes Frühstück...
Auch sonst strahlt das Hostel eine seltsame Atmosphäre aus. Das verwinkelte Gebäude wirkt bedrückend und ist alles andere als sauber. Die meisten Bewohner sind bei weitem zu alt um noch als Backpacker durchzugehen. Viel mehr wirken sie auf uns wie am Leben gescheiterte Außenseiter. Cecil würde sogar so weit gehen bei dem ein oder anderen Mitbewohner einen Hang zu Drogen zu unterstellen. 
 
Wir machen uns so schnell es geht fertig und auf den Weg Richtung Innenstadt. Die befindet sich nur wenige Gehminuten vom Hostel entfernt und doch hat man das Gefühl in eine ganz andere Welt einzutauchen. 
Es ist noch recht früh am Morgen und wir finden uns sozusagen im Berufsverkehr wieder. Die Bürgersteige sind voll mit Männern in Anzügen und Frauen in schicken Kostümen. Die Fassaden bestehen weitestgehend aus Glas und glänzen wie frisch poliert. Schnell vergessen wir den Mief und die unangenehme Gesellschaft, der wir zuvor ausgesetzt waren. Unser Ziel ist der “Bell Tower” am Hafen von Perth. Allerdings schaffen wir es nicht einmal ansatzweise bis dorthin. Ein Souvenir-Shop erweckt Sarahs Aufmerksamkeit und wir verbringen die nächste halbe Stunde damit uns durch Tshirts, Basecaps und süße Kuscheltiere zu wühlen. 
Nachdem wir uns endlich losreißen konnten, geht es ein paar Straßen weiter in das Besucherzentrum von Perth. Hier versuchen wir näheres über Rottnest Island herauszufinden. Das Online-Buchungssystem für den dortigen Campingplatz ist wirklich grauenvoll, doch leider kann uns hier auch nicht weitergeholfen werden. Noch dazu bestätigt sie unsere Befürchtung, dass während der Weihnachts- und Ferienzeit die Chancen minimal sind noch einen Platz zu ergattern. Außerdem finden wir auch heraus, dass unsere Informationen korrekt sind und die Nationalparks im Norden Western Australia's im Sommer geschlossen sind. Die müssen also leider noch warten. Etwas enttäuscht treten wir den Rückzug an. Natürlich nicht ohne einen ganzen Batzen an Prospekten und Informationsmaterial einzusacken.
 
 
Als wir das Zentrum wieder verlassen, ist es bereits kurz vor 12 und wir sind gerade mal zwei Blöcke vom Hostel entfernt. Wir erinnern uns daran, dass um Punkt 12 Uhr der “Ben&Jerrys” Eisladen ganz bei uns in der Nähe öffnet. Cecil will dort unbedingt noch hin. Denn dort gibt es noch seine Lieblingssorte, die bei uns Deutschland bereits vor Jahren aus unerfindlichen Gründen aus dem Sortiment genommen wurde. “New York Super Fudge Chunk”. Der heilige Gral, wenn es um Schokoladeneis geht. Gespickt mit Stückchen von Vollmilch- und weißer Schokolade sowie mit Schokolade überzogenen Walnüssen und Mandeln. Ein Traum. Dafür fährt Cecil auch schonmal bis nach Australien ;)
Vom Eis gestärkt, gehen wir nur einen kurzen Umweg, um das ganze Informationsmaterial in unserem Hostelzimmer abzulegen. Dann starten wir den zweiten Anlauf zum “Bell Tower” und dieses Mal schaffen wir es. Allerdings kann uns der Glockenturm, der in einem Blättchen als “größtes Musikinstrument der Welt” angepriesen wurde, nicht wirklich beeindrucken. Ja, er sieht schön aus, aber die Erwartungen lagen weit höher. 
 
 
Immerhin können wir danach gemütlich am Hafen entlang schlendern und genießen schöne Blicke über die Skyline von Perth von der künstlichen Insel “The Island” aus. 
 


 
Nachdem wir uns in einer Bar am Hafen einen Drink gegönnt haben, zieht es uns zurück in die pulsierende Innenstadt. Die King Street gleicht einer Alt englischen Gasse. Einspurig und beiderseits gesäumt mit teuren Boutiquen, Restaurants und hippen Bars. Wir werden schlussendlich von einem Schild gelockt, welches ein Pint Bier für 8$ anpreist. Am Ende kostet es doch 11$, aber wir verkneifen uns eine Diskussion mit dem Barkeeper. Vielleicht lesen wir das nächste Mal besser das Kleingedruckte. Zudem wissen wir sofort, dass wir nicht länger als einen Drink in der Bar bleiben werden. Zwar sitzen wir schön im ersten Stock auf der Terrasse, doch die Musik ist dermaßen laut, dass wir uns nur schreiend unterhalten können. Was wir nach ein paar Versuchen dann auch sein lassen. Außer uns scheint es jedoch niemanden der anderen Gäste sichtbar zu stören. Wir sehen zu unsere Gläser schnellstmöglich, aber doch genussvoll, zu leeren und ziehen dann weiter. 
Nach diesem wenig prickelnden Erlebnis haben wir genug von Experimenten. Es zieht uns daher zurück ins “Old Faithful”. Einige der Kellner von gestern erkennen uns sogar wieder. Fast könnte man meinen wir seien alte Stammgäste. Zumindest fühlen wir uns hier sehr willkommen und die Lautstärke der Musik lässt eine Unterhaltung zu. Da wir unser Abendessen auf einem Food-Market besorgen wollen, der während der Weihnachtszeit jeden Freitag in Perth aufgebaut wird, gibt es im Restaurant nur eine kleine Vorspeise. Genau wie beim Eis heute Mittag ist auch hier eher Cecil für die Auswahl ausschlaggebend. Wir teilen uns eine Portion “Mac&Cheese”. Ein heimliche Lieblingsgericht von Cecil seit er es als Kind während einer Reise in Amerika es das erste Mal gegessen hat. Damals kam es noch aus der Mikrowelle, doch es war Liebe auf den ersten Biss. Die Variante des “Old Faithful” kann durchaus mit dem amerikanischen Vorbild mithalten. 
Kurz darauf finden wir uns auf dem “Twilight Hawkers Market” auf dem Forrest Place in Perth wieder. Von Corona ist wieder einmal nichts zu merken. Dicht an dicht drängen wir uns mit anderen Menschen durch die Gänge vorbei an den Imbiss-Ständen. Gerichte aus Asien dominieren das Angebot und wir teilen uns zunächst ein paar Mini-Frühlingsrollen. Nicht der absolute Hit, aber für den Moment reicht es. Der Forrest Place wird von einem Shoppingcenter eingerahmt und Sarah entscheidet spontan noch etwas einkaufen zu wollen. Cecil steht der Sinn eher nach einem weiteren Gerstensaft. Daher verabreden wir Treffpunkt und Uhrzeit und trennen uns zunächst. 
Als wir uns kurze Zeit später wieder treffen, trägt Sarah eine kleine Tüte mit neuer Unterwäsche und Leggings bei sich. Cecil ist ebenfalls auf seine Kosten gekommen, doch die Bar, in der er war, hatte eher den Charme eines Nachtclubs. Zumindest am Tresen, denn dort musste man wirklich kämpfen um bis nach vorne zu kommen und dann auch noch von der Bedienung Beachtung zu finden. 
Weiter geht unsere Tour über den Markt. Wir einigen uns darauf eine Portion Pad-Thai zu teilen. Gute 15 Minuten müssen wir warten und leider ist auch diese kein Highlight. Wir verlieren daraufhin die Lust am Essen. Zudem scheint es immer voller zu werden und die Schlangen dementsprechend noch länger. 
 

 
Stattdessen machen wir uns auf die Suche nach den Weihnachtskängurus. Tatsächlich finden wir nur einen kurzen Fußmarsch weiter eine Anordnung der Beuteltiere auf einer Wiese vor einem Regierungsgebäude. Gefertigt aus Metallstangen sind sie überlebensgroß und mit leuchtenden Kugeln gefüllt. Genau wie bei lebenden Exemplaren scheut sich Sarah nicht davor sich für ein gutes Foto oder Video schmutzig zu machen. Ganz ungeniert posiert sie auf dem Rasen vor ihren Lieblingstieren.
 



 
Auf dem Rückweg zum Hostel passieren wir einen großen Lichtertunnel. Es ist ein magischer Moment, den wir ausnahmsweise nicht mit unseren Kameras festhalten. Es fehlt lediglich ein wenig kühle Luft oder im besten Fall sogar ein Schneeflöckchen, dann wäre die weihnachtliche Stimmung annähernd perfekt, die hier verstrahlt wird. 
Gegen Mitternacht sind wir zurück in unserer Zelle und versuchen so schnell es geht zu schlafen. 


Kommentare

  1. Hallo liebe Sarah, nachdem ich gestern dein wunderschönes Foto auf FB gesehen habe, bin ich auf Umwegen auf deine/eure Seite gestoßen und bin beeindruckt von all euren Abenteuern und mit wie viel Liebe ihr dieses Online-Tagebuch mit Inhalten befüllt.
    Da ich 2013 während meines Auslandssemsters in Singapur für 2 Wochen in WA war, wollte ich natürlich sofort wissen, was ihr hier so erlebt habt. Als ich dann noch vom The Hive gelesen habe, kam ich aus dem Grinsen gar nicht mehr raus. Genau hier habe ich mit meiner Mitbewohnerin vor 8 Jahren (Wo ist nur die Zeit hin?) auch übernachtet und ich sehe, es hat sich kein bisschen verändert. :D Auch damals waren hier schon merkwürdige Gestalten zu finden. Die meisten, so konnten wir in Gesprächen herausfinden, hielten sich dauerhaft in Perth auf und haben hier quasi gewohnt, da der Übernachtungspreis günstiger war als die Miete für eine Wohnung. Auf den zweiten Blick waren die meisten Leute sogar recht liebenswert und wir haben tolle und auch etwas verrückte Stunden auf der Dachterrasse (Gibt es die noch?) verbracht.
    Ganz liebe Grüße aus Berlin und macht weiter so!
    Deine Schulfreundin Laura

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