23.03., Dienstag: RAC Exmouth Cape Holiday Park - Hai-Alarm beim Schnorcheln
Der Morgen verläuft ganz normal. Es ist leicht windig, doch das Rührei schmeckt trotzdem besonders gut. Mehr ist an dieser Stelle kaum erwähnenswert. Bevor wir den Platz verlassen, legen wir einen kurzen Stopp bei den Mülltonnen ein. Da sich in direkter Nähe der Caravan der Camp-Hosts befindet, entsteht fast zwangsläufig erneut eine kurze Unterhaltung mit den beiden. Wirklich ein nettes Pärchen. Sie machen uns ein wenig Mut bezüglich des bald anstehenden Verkaufs von Koby. Unser Aufbau sei so gut, wir würden definitiv einen Käufer finden.
In Richtung Norden verlassen wir den Cape Range NP. Unterwegs halten wir am Jurabi Turtle Centre. Dieses befindet sich an einem Strand, der ein Mal jährlich von Schildkröten zur Eiablage aufgesucht wird. Nach mehreren Wochen unter der Erde, schlüpft der Nachwuchs dann zwischen Januar und März. Wir hoffen daher berechtigterweise Zeuge dieses Ereignisses zu werden. Leider haben wir heute kein Glück. Weder an Land, noch im Wasser ist eine Schildkröte zu sehen. Nur ein paar hundert Meter weiter schöpfen wir allerdings erneut Hoffnung. Hier entdecken wir immerhin die charakteristischen Spuren im Sand, die ein Muttertier auf ihrem Weg zum Nest hinterlässt. Für den Moment geben wir uns damit zufrieden. Die besten Chancen Jungtiere zu sichten hat man sowieso eher ganz früh am Morgen oder nach Sonnenuntergang. Vielleicht kommen wir zu einer dieser Zeiten erneut hierher.
Den nächsten Halt legen wir am Surfers Beach ein. Von Wellen ist heute leider wieder kaum eine Spur zu sehen. In etwas Entfernung sehen wir einige Surfer im Wasser. Viel Spaß scheinen die auch dort nicht zu haben, doch vielleicht schauen wir an dieser Stelle auf dem Rückweg noch einmal vorbei. Davor geht es zum Wrack der Mildura. Auf dem kleinen Frachter wurden Anfang des 20. Jahrhunderts Rinder transportiert, als es in der Folge eines Sturm auf Grund lief. Seitdem liegen die Überreste nur wenige hundert Meter von der Küste entfernt und sind bei Ebbe sogar vom Ufer aus zu sehen. Bilder aus Katalogen und Informationsblättern haben uns neugierig gemacht. Außerdem bekommt man wohl selten die Gelegenheit an einem Wrack zu schnorcheln.
Vom Parkplatz aus ist es nur ein kurzes Stück bis zu einer Aussichtsplattform. Einige Tafeln informieren über die Geschichte des Schiffs. Draußen im Ozean, so nah, dass es fast logisch erscheint, dass man dort auf Grund laufen wird, liegt das Wrack. Von unserer Position aus ist es gut zu erkennen. Wir können es kaum erwarten dorthin zu schwimmen. Obwohl ein Wrack auch immer eine gruselige Aura in sich trägt. Der Gedanke an Tod und Disaster schießt einem in den Kopf. Sicherheitshalber checkt Cecil daher zunächst mit Alli die Lage. Aus der Luft sieht es toll aus. Zeit uns fertig zu machen.
Im Gegensatz zu Cecil, der mittlerweile total aufgekratzt ist, könnte Sarah im Grunde gut und gerne eine Pause vom Schnorcheln gebrauchen. Doch natürlich lässt auch sie sich die Gelegenheit nicht entgehen. Ein Schiffswrack hat sie bisher noch nie aus nächster Nähe gesehen. In voller Montur machen wir uns auf den Weg zum Ufer. Der Einstieg ist recht steinig, doch dank unserer Badeschuhe wird es nicht zu unangenehm. Wir versuchen trotzdem so schnell es geht in eine Schwimmlage zu kommen.
Sofort bemerken wir eine starke Strömung, die uns unablässig zurück ans Ufer drücken will. Schon nach wenigen Metern brennen unsere Muskeln von dem ständigen Kampf dagegen. Noch scheint das Wrack in unerreichbar Ferne. Dazu ist die Sicht schlecht und abgesehen davon, ist unter Wasser nichts zu sehen als ein paar Steine und Algen. Für eine gefühlte Ewigkeit schwimmen wir gegen die Strömung und immer weiter in Richtung des gesunkenen Frachters. Das gibt Zeit zum Nachdenken. Wie es der Zufall will, kommt Sarah der Film “Findet Nemo” in den Sinn. Dort haben ein paar Haie ein Wrack als Basis ausgewählt. Dieser Gedanke bleibt den Umständen geschuldet jedoch zunächst ungeteilt. Bis wir nach ca. zwanzig Minuten paddeln kurz vor dem Ziel sind und der Film zur Realität wird.
Das Wasser ist unvermittelt deutlich tiefer geworden. Die Sicht war zuvor schon schlecht, doch in der Folge sehen wir nicht einmal mehr den Grund. Cecil streckt kurz den Kopf über Wasser. Das Wrack müsste jeden Moment vor uns auftauchen. Doch wieder unter der Wasseroberfläche erblickt er stattdessen die Silhouette eines Haies.
In über 100 Tauchgängen sah sich Cecil schon dem ein oder anderem Hai gegenüber. Allerdings niemals einem so großen. Zum Glück dreht der Raubfisch ab und Cecil sich abrupt zu Sarah. Durch den Schnorchel hindurch schreit er nur ein Wort, “Hai”! Sarah denkt im ersten Moment das wäre etwas Gutes. Bisher haben wir immer Haie gesichtet, die im Grunde ungefährlich für Menschen sind. Im Normalfall nehmen wir die Verfolgung auf, sobald wir einen Hai sichten. Doch dann sieht sie die Panik in Cecils Augen. Er nimmt den Schnorchel aus dem Mund. “Der ist viel zu groß! … Wir müssen hier weg!”, ist alles was er noch sagen muss.
Es folgt eine panische Flucht ans Ufer. Wir schwimmen buchstäblich um unser Leben. Immer wieder werfen wir einen Blick über die Schulter. Hinter uns sehen wir aber nur trübes Wasser. Wir schlucken mehr Salzwasser, als einem menschlichen Organismus zuträglich ist. Doch es hilft alles nichts. So schnell wie nur möglich ans Ufer zu gelangen, ist alles was zählt. Es fühlt sich an, als hätte die Strömung sich gegen uns gekehrt. Plötzlich hindert sie uns nicht mehr daran zum Wrack zu kommen, sondern das komplette Gegenteil ist der Fall. Obwohl Sarah sicher die Fittere von uns beiden ist, schlägt Cecil ein so hohes Tempo an, dass er sich schon bald von ihr absetzt. Vielleicht liegt es daran, dass er die Gefahr mit eigenen Augen gesehen hat und Sarah seinem Beispiel lediglich folgt. Doch natürlich lässt Cecil seine Verlobte nicht einfach zurück. Stattdessen spricht er ihr gut zu und sie kann sich wieder sammeln. Kurz darauf hat Cecil selbst Probleme. Sein Schnorchel ist von Algen verstopft. Mit letzter Kraft schaffen wir es ans Ufer und sinken erschöpft in den Sand.
Es braucht ein paar Minuten bis wir wieder einigermaßen bei Atem sind. Solche Lebensangst hatten wir wohl noch nie. Im Grunde sind wir froh noch über all unsere Gliedmaßen zu verfügen und endlich aus dem Wasser zu sein. Sarah, die sich lediglich Cecils Panik angeschlossen hat, fragt nach, was eigentlich los war. Tatsächlich ist der ganze Vorfall in wenigen Worten erklärt.
Wir schwimmen auf das Wrack zu. Da die Sicht extrem schlecht ist, schaut Cecil immer wieder über Wasser wie nah wir sind. Die Szenerie wirkt gespenstisch und im Kopf verbindet man den Tod mit einem Wrack. Kurz bevor wir das Schiff erreichen, wird das Wasser deutlich tiefer. Cecil wagt einen letzten Blick, das Wrack kann keine drei Meter mehr entfernt sein, den Kopf wieder unter Wasser sieht er das hintere Ende eines Hais. Die Schwanzflosse, die als markantestes Merkmal in seinem Kopf verbleibt, lässt auf einen Hai deuten, der etwa vier Meter groß ist. In dieser Größenordnung können sie dem Menschen durchaus gefährlich werden. Der Rest ist Geschichte.
Völlig fertig, körperlich als auch mental, machen wir uns auf den Rückweg zu Koby. Cecil lässt Alli aufsteigen und fliegt mit ihr direkt zum Wrack. Es gibt keine Aufnahmen der ursprünglichen Begegnung. Vielleicht ist aus der Luft noch eine im Nachhinein möglich. Doch es ist nichts zu sehen.
Obwohl uns die Angst noch spürbar in den Knochen steckt, steuern wir erneut den Surfers Beach an. Cecil wagt sich tatsächlich wieder ins Wasser und das obwohl der Hai keine 200 Meter entfernt seine Kreise gezogen hat. Doch er weiß nicht, wann sich ihm die nächste Gelegenheit bietet, daher muss jede Chance genutzt werden.
Sarah würde auch gerne mit an den Strand, doch ein Hund befindet sich in unmittelbarer Sichtweite. Sie findet stattdessen einen Platz oben auf den Dünen, von dem aus sie Cecil ebenfalls gut im Blick hat. Der paddelt raus. Ein ganzes Stück raus. Doch eine Welle kriegt er trotzdem nicht. Der Rhythmus ist schlicht zu unregelmäßig. Relativ erfolglos, bricht Cecil die Session ab. Er möchte Sarah auch nicht zu lange warten lassen.
Die ist allerdings wirklich froh endlich vom Hund erlöst zu werden, der schon seit einer gefühlten Ewigkeit um sie herumscharwenzelt. Sobald Cecil ins Wasser war und sie sich hingesetzt hat, hat das Tier an ihr geschnüffelt und sich daraufhin eine Hälfte auf ihrem Strandstuhl gesichert. Eine wirklich unangenehme Situation, wenn man Hunde so gar nicht leiden kann. Vor dem Hintergrund der kürzlichen Begegnung mit einem Hai allerdings lediglich eine Randnotiz.
Zurück in Exmouth erledigen wir ein paar kleine Besorgungen und suchen anschließend erneut die Tauchbasis auf. Noch immer ist unsere Tauchtour nicht bestätigt. Es fehlen noch zwei Teilnehmer. Zur Not könnten wir beide Touren um einen Tag verschieben. Wir werden sehen. Noch geben wir de Hoffnung nicht auf.
Danach gilt unsere Aufmerksamkeit dem defekten Solarpanel. Wir müssen mehrere Stationen ablaufen, bevor wir das Panel bei “Mumbys Auto-Electrics”, abgeben können. Es wird uns eine Reparatur bis zum nächsten Tag versprochen.
Bereits vor unserem Besuch des Cape Range Nationalparks haben wir uns einen Platz auf dem RAC Holiday Park in Exmouth gebucht. Unser Stellplatz liegt angenehm zentral. Camperküche und Toiletten sind nicht weit entfernt. Das WiFi, welches zur Verfügung gestellt wird, ist auf einen Gigabyte Datenvolumen pro Tag begrenzt. In der Zeit von Flatrates und dergleichen wohl nicht mehr zeitgemäß, doch wir können zur Not auf unser eigenes Datenvolumen zurückgreifen.
Bei einem späten Nachmittags-Snack überlegen wir einen Notfallplan, falls die für morgen gebuchte Tauchtour nicht stattfindet. Nach langem hin und her entscheiden wir im Notfall noch eine Nacht länger zu bleiben, in der Hoffnung dann am Freitag tauchen zu können. Noch besteht allerdings Hoffnung. Es ist zu diesem Zeitpunkt 16:15 Uhr und der Tauchladen hat bis 17 Uhr geöffnet.
Während Sarah ein Workout macht, wird Cecil ungeduldig und ergreift die Initiative. Kurzerhand ruft er bei dem Tauchladen an. Völlig überraschend bekommt er gute Nachrichten. Die Tour findet wie geplant statt. Damit haben wir schon kaum noch gerechnet und freuen uns dementsprechend sehr.
Cecil recherchiert anschließend, um welchen Hai es sich heute am Wrack gehandelt haben könnte. In der Gegend sind selbst weiße Haie keine Seltenheit. Doch wahrscheinlicher hat es sich um einen Bullenhai gehandelt. In jedem Fall war er groß. Der Gedanke an die kurze Begegnung lässt uns immer wieder Gänsehaut bekommen.
Als Sarah mit Sport fertig ist, beginnt die Arbeit am Blog. Cecil bearbeitet Videos, während Sarah Korrektur liest, Posts vorbereitet und den morgigen fertiggestellt. Aus dem Augenwinkel bemerken wir irgendwann ein paar Emus, die ganz selbstverständlich über den Campingplatz wandern. Nach einem Stopp bei den Nachbarn, die dämlicherweise die Emus füttern, steuern sie zielgerichtet auf uns zu. Die etwa 1,5 Meter hohen Laufvögel kommen uns sehr nahe. Das ist schon etwas gruselig. Immerhin verfügen sie über einen massiven Schnabel und Krallen an den Füßen. Doch es ist auch ziemlich cool. So dicht kamen wir den Tieren bisher noch nie. Zum ersten Mal fallen uns die verkümmerten Flügel auf. Als den Emus dämmert, dass sie von uns kein Futter bekommen, ziehen sie weiter.
In der Camperküche wärmen wir uns am Abend die letzte Portion Tortellini mit Pesto auf. Es herrscht reges Treiben, doch die Küche ist zum Glück groß genug für alle. Um anschließend weiter arbeiten zu können, benötigen wir dringend Strom. Daher ziehen wir von Koby in den sogenannten Games Room um. Hier sind einige Tische mit Steckdosen ausgestattet. Fürs erste haben wir den gesamten Raum für uns. Cecil sucht die nächsten Videos für den Blog heraus und Sarah schreibt die Stichpunkte von heute.
Eine halbe Stunde nach uns belegen zwei Frauen einen weiteren Tisch und beginnen einen Film zu schauen. Die Lautstärke halten sie in Grenzen, doch Sarah kann sich in der Folge trotzdem nicht mehr aufs Schreiben konzentrieren. Sie bricht für den Moment ab und entscheidet noch schnell unter die Dusche zu springen. Cecil beendet seine Arbeit an den Videos.
Sarah geht wenig später ins Zelt und guckt noch eine Folge ihrer Serie. Cecil ergänzt die fehlenden Stichpunkte von heute und schaut dann ebenfalls noch etwas auf dem Tablet. Um kurz vor zwölf ist Feierabend.
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